Prof. Dr. Hermann Cölfen

Seit April 2007 ist Prof. Dr. Hermann Cölfen Kustos der Germanistik gewesen. Es waren fast 10 Jahre, in denen er diese Aufgabe mit größtem Engagement und Erfolg ausgefüllt hat. Nun hat eine schwere Krankheit sein Leben im Alter von 57 Jahren viel zu früh beendet. Die Mitglieder des Instituts trauern um einen hochgeschätzten Kollegen und Freund. Wir haben ihm viel zu verdanken. Gerechtigkeitssinn, Sachkompetenz, Tatkraft und Gestaltungsvermögen zeichneten ihn besonders aus. Sein Witz und seine Schlagfertigkeit haben die Zusammenarbeit im Institut geprägt und oft erleichtert. Wir werden ihn schmerzlich vermissen.

Prof. Dr. Jörg Wesche (Geschäftsführender Direktor)

Nachruf auf Hermann Cölfen

Statussymbole oder Äußerlichkeiten interessierten ihn nicht, Expertentum und Autoritäten stellte er gerne in Frage. Sich selbst nahm er dabei nie zu wichtig oder gar ernst. Ernst nahm er aber das Fach Germanistik. Nun ist Hermann Cölfen nach schwerer Krankheit im Alter von 57 Jahren gestorben. Die Essener Germanistik trauert nicht nur um den Wissenschaftler, apl. Professor, Kustos der Germanistik, Prodekan für Finanzen der Fakultät für Geisteswissenschaften, sondern vor allem um einen Freund.

Nach dem Realschulabschluss absolvierte Hermann Cölfen eine kaufmännische Lehre, arbeitete als Substitut in einem Warenhauskonzern, legte über den Zweiten Bildungsweg auf einem Abendgymnasium das Abitur ab und studierte Theologie. Nach langer, reiflicher Überlegung entschied er sich einen Tag vor der Priesterweihe gegen diesen Beruf und nahm ein geisteswissenschaftliches Studium in Düsseldorf auf, das er in Duisburg beendete. Wenn ein Seminar zu langweilig wurde, schlief er schon mal demonstrativ ein und fiel unter Getöse absichtlich vom Stuhl. Wenn ein hochverdienter Professor immer wieder über die Dummheit der Studierenden klagte, die heutzutage nicht mal mehr ein Latinum vorzuweisen hätten, schlug er vor, dann doch bitte altgriechische Texte im Original zu lesen. Der Prof. zeigte sich derart verdutzt, dass Hermann Cölfen beim nächsten Mal in aller verschlagenen Bescheidenheit hebräische Quellen mitbrachte, die der Lehrer im Gegensatz zu ihm überhaupt nicht lesen konnte.

Seine Magisterarbeit wurde mit der bestmöglichen Note bewertet, weil er penibel nachwies, dass die gestellte Aufgabe mit wissenschaftlichen Mitteln nicht gelöst werden konnte. Und so ging es weiter: wissenschaftlicher Mitarbeiter, Promotion, Habilitation, zahlreiche engagierte Lehrveranstaltungen, Publikationen, Herausgaben, linguistische, sprachdidaktische, fachübergreifende und praxisnahe Projekte, gewissenhafte Redaktion zweier linguistischer Zeitschriften, Mitbegründer des Linguistik Server Essen (LINSE). Der von ihm gegen allerlei Widerstände mitgegründete und -verantwortete Universitätsverlag Rhein-Ruhr (UVRR) hat bis heute eine dreistellige Zahl erstklassig lektorierter und produzierter Monographien, Sammelbände und Zeitschriften herausgebracht. Als Kustos hat er in entscheidender Weise mitgeholfen, die Essener Germanistik zu professionalisieren und zu einer der bundesweit größten auszubauen, ein äußerst kollegiales Betriebsklima zu gestalten und zahllose Alltagsprobleme zu lösen. Als Prodekan hat er der Fakultät erhebliche Finanzmittel erwirtschaftet, die sonst unbemerkt in andere Töpfe geflossen wären.

Sein kompromisslos wenig modisches Erscheinen irritierte Kollegen, die ihn nicht kannten und folglich dramatisch unterschätzten, woraus er mit diebischer Freude seinen Vorteil und den von Fach und Fakultät zu ziehen wusste. Wenn es in einem wissenschaftlichen Institut dogmatisch oder autoritär zuging, verließ er es, ohne zu wissen, was folgen würde. Wenn er an verantwortlicher Stelle bei der Vorbereitung eines internationalen Kongresses ungerecht übergangen wurde, trat er aus der Vereinigung aus und nie wieder ein.

Den Enttäuschungen im akademischen Betrieb begegnete er regelmäßig mit seiner Lieblings-Sitcom „Yes Minister“, deren sämtliche 38 Episoden er wohl auswendig kannte: Sir Humphrey habe all das doch auch schon erlebt. Sein Humor half ihm und uns immer wieder: Vor allem die relativierende Aussage „Das ist keine OP am offenen Herzen!“ konnte den Druck aus kontroversen Diskussionen nehmen.

Mit Detailversessenheit konnte er den Brühvorgang einer frisch erworbenen Kaffeemaschine ebenso schildern wie die Ungereimtheiten von Ziel- und Leistungsvereinbarungen aufdecken. Er begeisterte sich für Technik wie für Papierqualität und Typographie; er kannte Witwen und Schusterjungen, schwärmte von (historischen) Kochbüchern wie von Irland, Fotografie, gutem Whiskey, politischem Kabarett, Krimis – seine zahlreichen Interessen können nicht in Gänze aufgezählt werden.

Er hatte noch viel vor. Wir schulden ihm noch viel mehr.    

Prof. i.R. Dr. Ulrich Schmitz
Dr. Patrick Voßkamp