Heterogene Molekülschichten

Wenn man Moleküle auf Oberflächen mischt ...

Maren Cottin, Christian Bobisch und Rolf Möller

Die Wechselwirkungen organischer Moleküle untereinander sind sehr vielfältig: Bei organischen Molekülen spielen oft neben van der Waals-Kräften auch eletrostatische Wechselwirkungen eine entscheidende Rolle. Um die recht komplexen Wechelwirkungen zu verstehen, würde ein Theoretiker die verschiedenen Beiträge einfach ein- bzw. ausschalten. In der Realität geht dies natürlich nicht. Aber man kann natürlich die umgebenden Moleküle austauschen. Um dann noch die Dimensionalität des Experiments zu reduzieren, kann man die verschiedenen molekularen Spezies auf einer Oberfläche durchmischen und mit dem Rastertunnelmikroskop schauen, wie sie sich anordnen. Ein Rastertunnelmikroskop bietet aber auch die Möglichkeit, lokale, spektroskopische Informationen aufzunehmen. Damit lässt sich der Einfluss der lokalen Umgebung auf die energetischen Zustände individueller Moleküle quantifizieren.

wirbelstromgebremste Magnetkugel
3,4,9,10-Perylenetetracarbonsäure-Di­anhydrid (PTCDA)
thixotropen Flüssigkeit
C60 (Buckminsterfulleren)
Stoßversuch mit magnetischen Kugeln
Kupfer-Phthalocyanin (CuPC)
CuPc und PTCDA bilden auf einer Cu(111)-Oberfläche die so genannte Micky Maus Phase.

Micky Maus macht Oberflächenphysik

Ein Idealfall zum Studium der Wechselwirkung von Molekülen liegt vor, wenn diese eine Mischphase bilden. Dies ist zum Beispiel der Fall für das System CuPc-PTCDA auf Cu(111)1. Die Moleküle werden dabei durch Vakuumsublimation auf die einkristalline Oberfläche aufgebracht. Hierbei ist allerdings schon die Reihenfolge der Präparation wichtig: Die Bindung zwischen den PTCDA ist aufgrund der ausgeprägten Partialladungen des Moleküls zu stark, als das CuPc-Moleküle in eine geschlossene Schicht PTCDA hineindiffundieren können. Daher muss man zuerst CuPc und dann PTCDA aufbringen.

Insgesamt konnten wir auf diese Art und Weise bis zu vier verschiedene Mischphasen auf derselben Probe präparieren. Die Mischphasen unterscheiden sich unter Anderem in dem lokalen Mischungsverhältnis und der Moleküldichte. Das neben stehende STM-Bild zeigt die "Micky-Maus"-Phase. Hier bilden je ein CuPc- und zwei PTCDA-Moleküle eine Einheitszelle.

Das nebenstehende Bild verdeutlicht, dass die lokale Umgebung einen Einfluss auf die elektronische Struktur der Moleküle hat: Das CuPc hat eigentlich vier gleiche "Arme". In dem Bild erscheinen nur die jeweils gegenüberliegenden Arme als gleich hell. Die Unsymmetrie liegt in der Nähe zum PTCDA der zwei "Arme" begründet. Nicht klären lässt sich mit dem Rastertunnelmikroskp allerdings die Frage, ob die CuPc wirklich verbogen sind - wie es die Topografie suggeriert - oder ob es zum einem Ladungstransfer zwischen den CuPcs und den PTCDAs gekommen ist.

Einzelne CuPc-Moleküle auf einer geschlossenen Schicht C60 auf Au(111). Die STM-Bilder sind bei verschiedenen Probentemperaturen entstanden. Die schwarzen Linien verdeutlichen die Position des "zentralen" C60.

CuPc auf C60: Etwas exzentrisch

Für das System CuPc/C60 auf Au(111)2 lässt sich keine direkte Mischphase finden. Beide Molekülarten bilden hier separate, geschlossene Bereiche aus, ohne sich zu durchmischen. Allerdings bleiben einzelne CuPc-Moleküle auf den C60-Inseln hängen. Sie lassen sich dann als sternförmige Strukturen mit einer sechszähligen Symmetrie. Die sternförmige Struktur im Bild links unten stellt dabei ein einzelnes CuPC dar. Die sechseckige Form steht dabei im Kontrast zu der vierzähligen Symmetrie des Moleküls. Sie ist auch noch etwa eineinhalb-mal so groß wie ein einzelnes CuPc-Molekül.

Das STM-Bild kann dadurch erklärt werden, dass die CuPcs nicht als ruhend angesehen werden. Sie bewegen sich so schnell, dass das Rastertunnelmirkoskop sie nicht mehr auflösen kann. Die Bewegung ist natürlich nicht willkürlich: Die CuPc führen eine behinderte, exzentrische Rotation über einem zentralen C60-Molekül aus. Durch das zentrale C60 sind dabei sechs equivalente Adsorptionspositionen für das aufliegnde CuPc vorgegeben. Wir konnten die Hypothese dabei beweisen, indem wir die Rotation durch Kühlen der Probe ausgefroren haben. Außerdem zeigen Kraftfeldrechnungen übereinstimmend hiermit eine Energiebarriere von 44 meV.

Veröffentlichungen aus dem Projekt

1"Ordered binary monolayer composed of two organic molecules: Copper-phthalocyanine and 3,4,9,10-perylene-tetra-carboxylic-dianhydride on Cu(111)",
C. Bobisch, Th. Wagner, A. Bannani, R. Möller,
J. Chem. Phys. 119(18), 9804 (2003)

2"Hindered rotation of a copper phthalocyanine molecule on C60: Experiments and molecular mechanics calculations",
M. Fendrich, Th. Wagner, M. Stöhr, and R. Möller,
Phys. Rev. B 73, 115433 (2006)