Themenschwerpunkt: Ewiger Wettstreit

Wozu Neugier gut ist

  • von Beate Kostka
  • 20.07.2016

Computerspiele entwickeln, Kunststoffe energieeffizient verarbeiten, Strom aus Sonnenenergie: In den Labors und Studierstuben der Uni wird viel getüftelt und erfunden, aber wieviel davon wird in der Praxis realisiert? Zu wenig, meint Forschungsprorektor Professor Dr. Thomas Kaiser.

Wie stehen die Chancen: Kann sich das Ruhrgebiet zu einer Start-up-Metropole entwickeln? Eigentlich schon, angesichts der Dichte unserer Hochschullandschaft. Um durchstarten zu können, müssen wir aber einige Rahmenbedingungen für unsere jungen Gründer/innen verbessern. Daran arbeiten wir zurzeit mit Hochdruck.

Was fehlt denn? Mehr Experimentierfelder. Man muss sich auch mal ungeniert ausprobieren dürfen: Trägt die Geschäftsidee? Finde ich genug Kunden, die mir mein Produkt abkaufen möchten? Habe ich die richtigen Mitarbeiter/innen, die das Unternehmen voranbringen? Kann ich ausreichend Ware zum Wunschtermin liefern? Und ein professionelles Coaching für ganz junge Start-ups mit dem Ziel einen Investor zu finden oder gar den ersten Leitkunden zu gewinnen.

Sind Sie selbst ein Gründer und warum? Klar, weil ich sehr neugierig bin, und wissen will, wie weit sich eine zündende, manchmal auch ziemlich spontane Idee, tatsächlich verwirklichen lässt. Eine erste Chance, mehrjährige Forschungsergebnisse praktisch umzusetzen, hatte ich 2006. Die Starthilfe für mein Start-up „mimoOn“ ergab sich durch den Wolfgang Paul-Preis der Alexander von Humboldt-Stiftung. Unser Produkt: hochkomplexe Software für die damals aufkommende vierte Mobilfunkgeneration.

Was haben sie dabei gelernt? Man benötigt gute Nerven, im Positiven wie im Negativen. So gelang es uns zum Beispiel, den Weltmarktführer an uns zu binden. Andererseits mussten wir aber auch der Finanzkrise von 2008 standhalten. Heute beschäftigt die Firma ca. 40 Mitarbeiter/innen – mittlerweile unter dem Dach des englischen Unternehmens CommAgility.

Was war Ihr Erfolgsrezept? Die Vision war stimmig und kam bei Geldanlegern und Kunden gleichermaßen gut an. Das A und O ist das strategische Denken und Handeln entlang der Marktbedürfnisse. Aber man sollte stets genau beobachten, wenn der Markt sich ändert und dann diesen Änderungen konsequent folgen.

Was zeichnet ein ideales Team aus? Das Wichtigste ist der/die visionäre Gründer/in. Der Rest kommt dann von allein. Das kann eine ganz banale Idee sein. Denken Sie nur einmal darüber nach, was Sie im Alltag nervt. Schon haben Sie die Marktlücke. Die Herausforderung ist dann, eine kommerziell realisierbare Lösung zu finden. Die besten Ideen habe ich übrigens beim Radfahren.

Worauf müssen junge Gründer/innen achten? Fundamental ist die innovative Geschäftsidee, die zugleich technologisch fortschrittlich und hoch nachgefragt sein sollte. Außerdem muss sie skalierbar, also überproportional auf Wachstum angelegt sein. Deshalb bin ich bei reinen Dienstleistungsangeboten skeptisch. Sie können einen schnell an die Leistungsgrenze führen, wenn mal ein wichtiger Kunde spontan abspringt. Außerdem besteht hier mehr Gefahr, dass einem dieses Geschäftsfeld über kurz oder lang zu eintönig wird.

Warum sollte eine Hochschule Ausgründungen fördern? Weil sie mitverantwortlich dafür ist, wissenschaftliche Erkenntnisse auch gesellschaftlich nutzbar zu machen. Außerdem profitiert die Forschung davon, wenn sie die Anwenderperspektive nicht aus den Augen verliert. Mein Ziel sind zehn Ausgründungen pro Jahr an unserer Uni.

Was macht die UDE konkret in dem Bereich? Wir werden zeitnah maßgeschneiderte Gründerzentren, sogenannte Inkubatoren, einrichten. In Duisburg an der Bismarckstraße, nah an den Ingenieurwissenschaften. In Essen sind wir am geplanten digitalen Knotenpunkt (Ruhr:HUB) im Kompetenzzentrum für Kommunikation und Informationstechnologie (ComIn) beteiligt.

Und wenn dann die eigentliche Gründung startet? Für diese zweite Stufe planen wir ein „Campus-Quartier“ auf einem 30 Hektar großen Grundstück in Duisburg-Wedau. Die Halle soll modular umgebaut werden, mit etwa 70 Quadratmeter großen transparenten Boxen. Die Jungunternehmen profitieren davon, dass alles schon vor Ort ist: beispielsweise eine Medienagentur, Steuerberatung, Kommunikationstechnologie und vor allem Forschung, Technologie und Großunternehmen. Mittelfristig soll sich das Konzept selbst tragen können, nur dann macht es für die UDE auch Sinn. Um unsere Aktivitäten im großen Stil bekannt zu machen, gibt es zu Beginn des kommenden Wintersemesters eine Gründerwoche.

Welche Disziplinen haben das größte Gründerpotenzial? Da ist niemand auszuschließen, auch wenn man natürlich zuerst immer an das Ingenieurwesen oder die Wirtschaftsinformatik denkt. Auch die Medizin und die Physik sind zunehmend aktiv. Und über das Social Entrepreneurship ergeben sich außerdem deutliche Chancen für die Gesellschaftswissenschaften, etwa auch in den Ostasienwissenschaften.

Weitere Informationen: https://www.uni-due.de/innovationhub/

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