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13.04.2018 - 10:20:02

ILoNa Forschungsprojekt

Interview: ILoNa-Forscherin Sarah Lubjuhn über Kommunikationsstrategien für eine nachhaltige Logistik

Am 2. Februar 2018 fand erneut eine Innovationsplattform des BMBF-Forschungsprojekts „Innovative Logistik für Nachhaltige Lebensstile“ statt. Diesmal stand das Forschungsteam am Center for Media & Health (CMH) in Gouda mit dem Thema „Zielgruppenspezifische Kommunikationsstrategien für Behavioural Change“ im Mittelpunkt der über den Zeitraum des Forschungsprojekts laufenden Veranstaltungsreihe. Im Interview spricht ILoNa-Teammitglied Sarah Lubjuhn über das Konzept als auch den Inhalt der vergangenen Innovationsplattform und die Ergebnisse ihrer ILoNa-Forschung.

Zur Person:
Dr. Sarah Lubjuhn arbeitet am Center for Media & Health (http://www.media-health.nl/) in Gouda und ist seit 2012 für das Forschungsprojekt „Innovative Logistik für Nachhaltige Lebensstile – IloNa" tätig. Neben nachhaltigen Lebensstilen hat sich Sarah im Rahmen ihrer Forschung auf Zielgruppenanalysen und Communication for Social Change-Strategien spezialisiert.

Sarah Lubjuhn (Foto):
https://www.uni-due.de/imperia/md/images/zlv/sarah_lubjuhn.jpg


Worum ging es auf der vierten ILoNa-Innovationsplattform?

Wir haben unsere Forschung zu zielgruppenspezifischen Orientierungsmuster im Hinblick auf nachhaltige Logistikprozesse vorgestellt, um anschließend mit den Teilnehmern darüber interaktiv zu diskutieren.

Welche Branchen und Zielgruppen werden im Projekt betrachtet?

Über unser Projektverbund haben wir uns bereits von vorneherein auf den Online-Fashion- und den stationären Lebensmittelhandel festgelegt. Auch eine dazu passende Zielgruppe hat das ILoNa-Team in den ersten Phasen des Projektes identifiziert. Das sind junge Menschen zwischen 20 und 40 Jahre, die in der Regel Kleidung online und biologische Lebensmittel im Supermarkt kaufen. Bei der Auswahl der Studienteilnehmer spielte neben dem Urbanisierungsgrad auch das Bildungsniveau eine wichtige Rolle.

Wieso ist diese Zielgruppe Kern der Forschung?

Die Zahl von nachhaltigkeits-affinen Bürgern nimmt zu, dennoch fehlen Anreize für eben diese und andere Gruppe, ihr Konsumverhalten bewusst oder unbewusst nachhaltig oder nachhaltiger zu gestalten. Wir wollten herausfinden, inwieweit Mechanismen im Handel das Kaufverhalten der Konsumenten in Hinblick auf nachhaltige Logistik positiv beeinflussen könnten. Insbesondere im Online-Handel werden dafür bisweilen zu wenige Optionen angeboten. Man kann zwar ein ökozertifiziertes Produkt kaufen, aber der Transportweg ist dabei nicht im Nachhaltigkeitsprozess einbezogen.

Welche Mechanismen könnten das sein?

Zum Beispiel eine virtuelle Anprobe von Kleidungsstücken, um zu verhindern, dass sich die Kunden mehrere Größen nach Hause bestellen und so eine Retoure von vorneherein in den Kaufprozess mit einbeziehen. Oder die Möglichkeit zum Zwecke einer CO2-armen Lieferung durch den Logistikzusteller mehr Zeit für den Lieferweg in Kauf zu nehmen. Das könnte in Form einer zusätzlichen Bestelloption, etwa eines Buttons „Nachhaltiger Lieferweg“, für den Kunden zur Auswahl stehen.

Und wie haben die Befragten auf solche Optionen reagiert?

Es kam ganz auf die Idee an. Ein weiterer Vorschlag bezog sich auf den stationären Lebensmittelhandel: In Expertenkreisen gibt es beispielsweise die Idee, Informationen über nachhaltige Logistik auf die Kassenzettel zu drucken. Diese Option haben wir auch hinterfragt und sie wurde sehr eindeutig abgelehnt, mit der Begründung, dass sie es nicht anschauen würden. Aber für den Bestellbutton zur nachhaltigen Logistik war die Resonanz durchaus positiv. Denn, und diese Info kann für den ein oder anderen Unternehmer Neuland sein, haben die Befragten ebenso eindeutig angegeben, dass sie zum Zwecke der Nachhaltigkeit auf ihre Ware längere Zeit warten würden. Die same-day-delivery-Option nutzt die ILoNa-Zielgruppe laut dieser Befragung ohnehin nur dann, wenn beispielweise ein Kleidungsstück wirklich auch zeitlich dringlich für einen wichtigen Anlass gebraucht wird.

Aber diese Strategie ist nur für eine verhältnismäßig kleine Zielgruppe erforscht? Was können Unternehmerinnen und Unternehmer aus den Erkenntnissen für ihre eigene Unternehmensstrategie gewinnen?

Absolut. Warum haben wir uns ganz bewusst für eine bestimmte Zielgruppe entschieden? Genau dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen tatsächlich, ganz konkret und gezielt erreicht werden können. In der Nachhaltigkeitskommunikation setzt sich diese Erkenntnis seit geraumer Zeit zunehmend durch. Nur wenn stärker empfängerorientiert in Zielgruppen und Unterzielgruppen gedacht und gehandelt wird, können Menschen mit nachhaltigen Themen noch effektiver erreicht werden. Fällt die Entscheidung für eine oder mehrere Gruppen, wird auf dieser Basis analysiert, welches Wissen, welche Einstellungen, Verhalten und Medienpräferenzen die Zielgruppenmitglieder besitzen und darauf hin wird die Kommunikation mit ihnen zugeschnitten.

Und was haben die Unternehmen am Ende davon?

Nachhaltige Logistik ist ein wachsender Markt und eine Wettbewerbs-Chance, die Unternehmen nicht verschlafen sollten. Viele Unternehmen leisten hervorragende Arbeit, um ihre Zielgruppe effektiv anzusprechen. Andere stehen hier noch eher am Anfang, besonders im Bereich nachhaltige Logistik. Hier wollen wir Anreize und Ideen bieten, sich ganz konkret auf die eigene Unternehmenszielgruppe zu konzentrieren und zu hinterfragen, was sie genau wollen und welche Anreize für sie ansprechend sind, um nachhaltige Logistik vermehrt zu berücksichtigen.

Wie genau läuft eine Innovationsplattform bei ILoNa ab?

Das Rahmenprogramm ist immer anders. Jedoch ist es uns wichtig, dass die Teilnehmer etwas aus der Veranstaltung mitnehmen. Neben einem Feedback zu unseren Erkenntnissen, haben wir den Teilnehmern auch bewusst Fragen zu ihrem Unternehmenshintergrund gestellt: Was sind Erfahrungen mit nachhaltigen Logistikinnovationen? Wo liegen Risiken und Chancen? Was sind Ideen für die Ausgestaltung einer nachhaltigen Logistikinnovation? Welche Faktoren beeinflussen diese Ideen? und so weiter. Somit eröffnen wir auch direkt die Debatte für jeden einzelnen Teilnehmer. Idealerweise entsteht bei der Innovationsplattform ein wechselseitiger Austausch zwischen Forschung und Unternehmenspraxis, aus dem beide Seiten lernen. Unser Ziel ist erreicht, wenn Unternehmer sowie die Forschungsseite mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass sie an den Ideen und Erkenntnissen ansetzen und sie weitertragen können.

Vielen Dank!
Die Fragen stellte Josefin Schürmanns vom ZLV.

Foto:
Vertreter der Forschungsteams ILoNa auf der Innovationsplattform v.l.n.r.:
Nomo Braun (effizienzCluster Logistik Ruhr), Gustavo de la Torre (Lehrstuhl für Technische Logistik, Universität Duisburg Essen), Pd. Dr. Ani Melkonyan und Klaus Krumme (Zentrum für Logistik und Verkehr (ZLV), Universität Duisburg-Essen), Dr. Sarah Lubjuhn und Prof. Dr. Martine Bouman (Center for Media and Health (CMH)), Rosa Strube (Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP))
https://www.uni-due.de/imperia/md/images/zlv/4._ilona_innovationsplattform_team.jpg

Hier geht es zu den Forschungsergebnissen des Center for Media & Health (CMH):
Ergebnisse des ILoNa-Arbeitspakets 3.2:
http://logistik-lebensstile.de/wordpress/wp-content/uploads/2018/02/20171102-Forschungsreport-I-Qualitative-Vorstudie.pdf und
http://logistik-lebensstile.de/wordpress/wp-content/uploads/2018/02/20171102-Forschungsreport-II-Quantitativer-Teil.pdf

*** Save the Date***
Am 17. April 2018 findet die Abschlussveranstaltung des ILoNa Projekts statt. Weitere Infos hierzu unter:
https://www.uni-due.de/apps/rss.php?id=525&db=zlv