Pressespiegel

Anna Katharina Hahns Veröffentlichungen haben in der Presse unterschiedliche Resonanz erhalten. Während ihre beiden Romane Kürzere Tage und Am Schwarzen Berg sehr häufig besprochen wurden, erhielten ihre Erzählbände Sommerloch und Kavaliersdelikt kaum Beachtung.

Sommerloch
Anna Katharina Hahns Debüt mit dem Titel Sommerloch wurde von der Presse spärlich, doch durchaus positiv rezipiert. Die Rezensentin Agnes Hüfner findet Lob für das Erstlingswerk der Autorin (Süddeutsche Zeitung, 18.10.2000). Besonders gefallen ihr die Erzählungen, die „mit Tempo und Witz, Stakkato, Jargon und schrägen Bildern“ daherkommen. Außerdem merkt sie deutlich positiv an, dass Hahn mit ihrem Stil „ihre Geschichten in überraschende, manchmal hanebüchene Schlusspointen“ treibe. Es sei bezeichnend, dass die Autorin hierbei ihren eigenen Ton finde und nicht „einfach große literarische Vorbilder“ kopiere. Auch Ulrich Noller (taz, 18.11.2000) findet lobende Worte für ihre Erzählungen. Ihre „eigenwilligen Erzählungen“ seien „exakt und lakonisch im Tonfall, stilsicher in den Bildern, spöttisch und mitunter durchaus böswillig im Gestus“. Auch versetze sich Hahn in „widerborstige Charaktere“, welche sie aus der Ich-Perspektive „durchaus überzeugend und glaubhaft“ darstellt. Ihr „subjektiver Blick“ erlaube es ihr „relativ unverfälscht und radikal wiederzugeben, was sie erlebt, gehört, beobachtet hat“. Auf eine „unauffällig-verschmitzte Weise“ greife sie literarisch weit über die „schwerangesagte Gebrauchsprosa“ hinaus. Und doch erzähle Hahn „auffallend oft von etwas seltsamen, im Grunde aber stinknormalen sexuellen Fantasien“. Besonders sei dabei die „ausgeklügelte fiktionale Substanz“ ihrer Texte. Aus Nollers Sicht dürfe Hahn nicht als Popliteratin missverstanden werden und so vergleicht er ihren Stil mit den „schnörkellosen Storys von Karen Duve“. Noller schließt mit der Prognose, dass man von der Debütantin „im Laufe der nächsten Zeit sicher noch einiges mehr zu erwarten“ habe.

Kavaliersdelikt
Der Erzählband Kavaliersdelikt blieb von der Presse weitestgehend unbeachtet. In einer von Florian Felix Weyh (Deutschlandfunk, 25.11.2004) verfassten Kritik wird angeführt, dass Anna Katharina Hahn zwar „durchaus etwas“ kann. Es sei für „Leser, Kritik und den Buchmarkt“ allerdings schwer, sie literarisch einzuordnen, da sie in ihren Erzählbänden eine große Vielfalt an Topoi behandelt. Sie begibt sich an „verschiedenste Orte und fördert dort groteske Abgründe zutage“. Alle acht Erzählungen seien daher „ein bisschen unheimlich und schauerlich“. Weyh meint, dass der Großteil ihrer Erzählungen zwar „technisches Können“ zeige, allerdings kein „persönliches Talent“. Eine Ausnahme bilden seiner Meinung nach die Kurzgeschichten, die im Schwäbischen (beispielsweise Ermislauh) spielen, wo Hahn lebt und arbeitet. In diesen Erzählungen würde sich eine „spezifische Stärke der Autorin“ zeigen. Während die ‚Metropolen‘-Erzählungen eher „zum Klischee“ neigen, zeigen die Provinzgeschichten „feine Nuancierungen“. Die dargestellte „Kehrseite des süddeutschen Erfolgsmodells“ sei laut Weyh dabei viel interessanter als die „geläufige Schilderung von Dauerstudenten und Szenekneipenabhängern in der Hauptstadt“.

Kürzere Tage
Anna Katharina Hahns Debütroman Kürzere Tage wurde von der Presse größtenteils positiv rezipiert. Lediglich Jürgen Bergers (Die Tageszeitung, 25.07.2009) kritisiert Hahns Roman. So klingt seine Rezension zwar interessiert, aber nicht wirklich überzeugt. Sehr stilsicher findet er die Milieus in Szene gesetzt. Allerdings kritisiert er die Passagen, in denen Hahn zu sehr in „detailgetreuen Atmosphären verweilt“.
Neben dieser kritischen Stimme stößt der Roman in anderen Rezensionen jedoch auf großen Zuspruch. Dabei wird besonders die Erzählsprache der Autorin hervorgehoben sowie ihre eindringliche Beobachtungsgabe. So empfiehlt Gisa Funck (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2009) die fesselnde und in seiner Alltäglichkeit äußerst erschreckende Lektüre. Meike Feßmann (Süddeutsche Zeitung, 17.03.2009) staunt darüber, dass die von Hahn gezeigte Einsicht in die Innenwelten der Figuren nie aufgesetzt oder schematisch wirkt. Die Autorin, so Feßmann, erzählt rasant und liebevoll, formuliert treffend und sarkastisch und weitet dabei ein „Familienkammerspiel“ zu „Welttheater auf engstem Raum“ aus. Den Lobgesang auf den Roman führt der Rezensent Paul Jandl (Neue Zürcher Zeitung, 15.04.2009) weiter. Positiv fällt Jandl Hahns Fähigkeit auf, ihre Protagonisten akribisch zu analysieren und „Milieus bis in die kleinsten Gesten“ hinein zu beschreiben. Ebenso imponiert ihm die trockene und präzise Sprache der Autorin. In Anbetracht von Hahns raffinierter Beobachtungsgabe ist der Rezensent dann aber auch etwas enttäuscht von dem Ende, das für seinen Geschmack „vergleichsweise plakativ und pointenhaft“ daherkommt. Lobende Worte gibt es auch von Ina Hartwig (Frankfurter Rundschau, 17.04.2009), die Hahns realitätsnahen Stil als „verteufelt liebevoll“ bezeichnet. Das Gegenwartsporträt aus dem Stuttgarter Mittelstandsmilieu, das ebenfalls die Migrationsproblematik mit einbezieht, trifft für die Rezensentin ins Schwarze. Sie bewundert im Besonderen Hahns Einfühlsamkeit, Beobachtungsgabe und kunstvolle Erzählweise. Dementsprechend zeigt sie sich von der dargestellten Gewalteskalation ergriffen. Anstelle von Sentimentalitäten werden die LeserInnen mit psychoanalytischer Härte und „stachelige[n] Wahrheiten“ – wie beispielsweise Selbstbetrug – konfrontiert. Ursula März (Die Zeit, 07.08.2009) schließlich lobt den Roman für seine Genauigkeit, Plausibilität und „beißende Ironie“. Ebenso erwähnt sie die „unerhörte“ Menschen- und Sozialkenntnis der Autorin positiv, die in dem Gesellschaftsroman zum Ausdruck kommt. Selten werde das neue Bürgertum, das seine „Kulturverluste mit einem Katalog minimalistischer Verhaltens- und Konsumkonzepte“ kompensiere, so genau beschrieben und verhandelt. Abgesehen von den wirklichkeitsnahen Porträts schätzt die Rezensentin an diesem Roman auch die knappe Erzählökonomie, in der sie die Hektik unserer Zeit sich spiegeln sieht.

Am Schwarzen Berg
Anna Katharina Hahns 2012 erschienener Roman Am Schwarzen Berg wird von der Presse überwiegend positiv aufgenommen. So rühmt Patrick Bahners (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.03.2012) Hahns jüngstes Werk als einen faszinierenden „Roman der Verwahrlosung“, bei dem durch die Verwendung stilistischer „Rückblende(n)“ und das Aufgreifen „zeitkritischer Topoi“ ein kritischer Panoramablick auf die „bürgerliche(n) Probleme des ungelebten Lebens“ ermöglicht wird. Judith von Sternburg (Frankfurter Rundschau, 10.03.2012) bezeichnet den Roman als einen „treffsicheren Einblick in das Stuttgarter Klima“, wobei die Autorin Hahn als „Seismograf für soziale Veränderungen“ fungiert. Martin Zing (Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2012) versteht die akribische Anhäufung nebensächlicher Details in Kombination mit dem „kühl stellenden Erzählton“ als ein „Wechselbad der Gefühle“ im positiven Sinne.
Einen Verriss erfährt Am Schwarzen Berg jedoch durch die kompromisslose Kritik von Ulrich Greiner (Die Zeit, 12.03.2012.). Greiners vernichtendes Resümee tituliert den Roman als ein „ausgesprochen tristes Werk“, bei dem die sprachliche Gestaltung äußerst „stumpf“ erscheint und die „protokollarischen Abbildung(en) des Alltags“ belanglos, langweilig und ermüdend seien.
Ina Hartwig (Süddeutsche Zeitung, 13.03.2012.) lobt hingegen das Wechselspiel von „Empathie und Sarkasmus“, welches sich in einer melancholischen und nahezu romantischen Atmosphäre entlädt. Ihre Rezension stimmt mit der Bewertung Greiners keineswegs überein. Während auch Julia Schröder (Stuttgarter Zeitung, 19.03.2012) die „ungemein detailfreudig“ und „atmosphärisch dicht“ erzählte Handlung als durchweg gelungen auffasst, klingen aber auch andere Rezensenten in Greiners kritischen Tenor mit ein. So betont Bahners in seiner ansonsten positiv gestimmten Kritik, dass sich die naturalistische Detailgenauigkeit Hahns „fast unerträglich präzise“ entfaltet. Auch Wickmann (Literaturkritik.de, 06.06.2012) verortet die stilistischen Reihungen von Adjektiven an der „Grenze des Erträglichen“ und wirft Hahn obendrein eine „Verzettelung“ in narrative „Belanglosigkeiten“ vor.
Andererseits bewundert Wickmann jedoch auch die zahlreichen sowie stimmig komponierten „Rückblenden“ innerhalb der Romannarratologie und lobt deren „psychologischen(m) Scharfsinn“. Vor allem in der „Ausarbeitung ihrer Hauptcharaktere“ liegt für Wickmann die größte Stärke von Hahns neuestem Roman. Diese Rezension hält sich somit in Bezug auf negative und positive Kritikpunkte die Waage. Trotz einiger harschen und negativen Kritiken an Hahns neonaturalistischer Schreibweise, fallen die Gesamtintentionen der Rezensionen (mit Ausnahme der Ulrich Greiners) durchaus positiv aus. Die Rezensenten sind besonders von dem gesellschaftskritischen Potential Hahns fasziniert und heben dabei immer wieder ihr feines Gespür für soziale sowie kleinbürgerliche Missstände hervor.

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