Forschungsspiegel

Postmodernismus
Die meisten Forschungstexte über Modick setzen sich mit ihm als Autor der Postmoderne auseinander, der die Postmoderne reflektiert.. Dieter Wrobel hält fest: „Sowohl Klaus Modick als auch Michael Krüger äußern sich in ihren Texten zur literarischen Praxis der Postmoderne auf zweifache Weise: zum einen befassen sich beide Texte mit Literatur, die im Prozeß des Verschwindens begriffen ist […], und zum anderen beziehen sie Position zur Diskussion um die Postmoderne. Beide schalten diesen Äußerungen jedoch Schriftsteller vor, die in ihren Texten die Hauptfiguren sind“ (Wrobel 1997, S. 236). Als ein weiteres von Modick aufgegriffenes Merkmal der Postmoderne nennt Hubert Winkels das „gleichrangige[…] Ineinander von diversen Erzählungen“ (vgl. Winkels 2010, S. 111). So lassen sich in vielen von Modicks Romanen mindestens zwei, zeitlich auseinanderliegende, Erzählstränge finden. Dass Modicks Texte fast immer einen zweiten Schauplatz besitzen, ist für Winkels offensichtlich und ein wichtiges postmodernistisches Element seiner Texte. So gehen sowohl Konzert ohne Dichter als auch Das Grau der Karolinen von einem Gemälde als zweiten Schauplatz aus. Auch in Die Schatten der Ideen gewinnt der Roman durch das Manuskript von Steinberg eine zweite Handlungsebene (vgl. Düsing 2010, S. 185) und sei somit eine „Fiktion in der Fiktion – mit dem Effekt, dass erstens die erste Fiktion logisch gleichwertig und zusammenhängend mit der eingebauten zweiten ist; und dass zweitens Klaus Modick auf der Stelle als postmoderner Schriftsteller verhaftet wurde“ (Winkels 2010, S. 111). Für Mörchen sind die postmodernen Impulse der Grund dafür, dass „Modick nie ins Triviale abrutscht“ (Mörchen 2011, S. 74). Schließlich sei tagesaktuelles Politisieren nicht seine Sache: „Aufklärung möchte er via Unterhaltung leisten“ (ebd.), aber auf einer literarischen Ebene, die Ironie, Parodie, Satire, metasprachliches und intertextuellem Spiel beinhalte (vgl. ebd.).
Zwei weitere Begriffe der Postmoderne, die auch bei Modick eine große Rolle spielen, sind Intertextualität und Zitat. Ralf Schnell schreibt dazu: „Kritiker ‚postmoderner Schreibweisen‘ sehen in der zitathaften Verwendung literarischer Traditionen entweder ein Zeichen für die Austauschbarkeit von Stillagen oder einen Mangel an Originalität. In Wahrheit geht es den Autoren der ‚Postmoderne‘ um eine besondere Form der Traditionsaneignung. Wenn in gegenwärtiger Literatur mit literarischen Traditionen spielerisch verfahren wird, dann bringt sich darin – so Klaus Modick (geb. 1951), einer der als ‚postmodern‘ geltenden jüngeren Autoren – ein ‚gebrochenes‘ Wiedererkennen von Wirklichkeit zur Geltung“ (Schnell 1993, S. 448). Modick zitiert sowohl sich selbst als auch zahlreiche andere Autoren wie Thomas Mann, Kurt Tucholsky oder Johann Wolfgang von Goethe.

Metafiktionalität – Narrative Gedankenspiele
Dirk Frank befasst sich vor allem mit den narrativen Gedankenspielen im postmodernen Roman. Es falle auf, dass „[i]n Klaus Modicks erzählerischem Oeuvre fast immer Schriftsteller und Künstler als Handelnde und Schreibende im Mittelpunkt [stehen]“ (Frank 2001, S. 199). „Diese komplexe Erzählform ist doppelsträngig konzipiert, wobei Primär- und Sekundärstrang auf engste aufeinander bezogen sind“ (Frank 2001, S. 10). In Bezug auf Modicks Werk untersucht Frank vornehmlich die Romane Ins Blaue und Weg war weg. Frank spricht von „Metafiktionalität“, die er als „Einzelwerkphänomen“ charakterisiert, genauer als eine „Form von intratextueller Kommunikation“ (Frank 2001, S. 16).Laut Frank lasse vor allem der Roman Ins Blaue thematische und strukturelle Vergleiche mit einem längeren Gedankenspiel zu, da der „Roman im Roman in direkter Auseinandersetzung mit der Schreib- und Erlebnisgegenwart entsteht“ (Frank 2001, S. 199.). Beides trifft auch auf Modicks Roman Sunset zu. Hierzu ist bisher so gut wie keine Forschungsliteratur erschienen, dennoch lassen sich auch hier einige Aspekte der Metafiktion und des Gedankenspiels finden. Zum einen stehen in Sunset die Schriftsteller Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger im Mittelpunkt, darüber hinaus ist der Roman so konzipiert, dass Feuchtwanger, aus dessen Perspektive erzählt wird, zum einen den Arbeitsprozess an seinem Roman Jefta und seine Tochter begleitet und kommentiert. Zum anderen besteht der Roman aus einem einzigen Gedankenspiel, nämlich der Erinnerung an das gemeinsame Leben und die Freundschaft mit Brecht im Laufe eines Tages. Frank konstatiert: „das Verhältnis von Realität und Gedankenspiel ist als ‚Kontrast‘ konzipiert“ (Frank 2001, S. 200). In Sunset wird dieser Kontrast durch das Gegenpaar Leben und Tod verdeutlicht. Im Gedankenspiel ist Brecht lebendig, während er in der eigentlichen Gegenwart bereits gestorben ist.
Hubert Winkels vertritt außerdem die These, dass in den meisten Texten Modicks immer zwei Schauplätze existieren. Dabei impliziere ‚Schauplatz‘ auch eine Gedankenwelt bzw. das Unterbewusste im Freud’schen Sinne (vgl. Winkels 2010, S. 110).

Autor in der eigenen Fiktion
In der Forschungsliteratur wird häufig thematisiert, dass der Autor sich bewusst in seine eigenen Texten einschriebe. Düsing stellt beispielsweise fest, dass die Namen der Protagonisten häufig Wortspiele aus Klaus Modicks Namen sind. So könnte der Name des Protagonisten Moritz Carlsen auch eine Anlehnung an die Umkehrung seiner Initialen sein (vgl. Düsing 2010, S. 184). Zudem durchziehen autobiographische Elemente die Texte. Der Schwerpunkt liegt dabei vor allem auf drei Themenbereichen: Das Schriftstellerdasein, seine Heimat Norddeutschland und Amerika. So stellt Winkels fest, dass „immer wieder das Oldenburgische“ (Winkels 2010, S. 108) eine wichtige Rolle spielt. Dass Modick seine Romane wie Die Schatten der Ideen auch häufig in Amerika ansiedelt, führt er auf dessen Biographie zurück: „Dabei ist nicht entscheidend, aber trotzdem bedeutsam, dass Klaus Modick seit über zwanzig Jahren mit der Amerikanerin Marjorie Jamison verheiratet ist, […] dass er fast jeden Sommer in den USA verbringt, dass seine älteste Tochter dort studiert und dass er vor allem Bücher amerikanischer Autoren der Moderne seit vielen Jahren erfolgreich übersetzt […]. Was zur Folge hat, dass der Schauplatz einiger Modick-Bücher tatsächlich an der Ostküste liegt, in den Neuenglandstaaten“ (Winkels 2010, S. 108f.). Auch für Düsing sind „Übereinstimmungen mit realen Personen gewollt und unvermeidlich“ (Düsing 2010, S. 184). 

Kriminal- und Universitätsroman
In Die Schatten der Ideen verbindet Modick die Gattung des Kriminal- und Universitätsromans miteinander. Diese beiden Elemente untersucht auch Düsing in seinem Aufsatz Die Universität im Spiegel des Kriminalromans. Für ihn ist diese Verknüpfung charakteristisch für den modernen Roman. Zunächst stellt er fest, dass der zum Genres der Campus-Novel gehört, „weil der Roman Vorgänge auf dem Campus eines College in Vermont darstellt“ (Düsing 2010, S. 183). Jedoch wechsele das Genre mit dem Fund von Julian Steinbergs Aufzeichnungen zum Kriminalroman, dessen Zentrum aber immer noch der Campus sei (vgl. Düsing 2010, S. 186). Carlsen werde durch seine Spurensuche immer mehr zu einem Detektiv., Für Düsing ist Lauren nicht nur Lavalles Gehilfin, sondern er interpretiert beide auch als Angestellte des FBI, so dass er das Ende als „Zusammenstoß zwischen dem Poeten und der Polizei, zwischen Geist und Macht“(Düsing 2010, S. 188) sieht.
Auch Düsing weist daraufhin, dass der Roman das James-Bond-Motiv ins Gegenteil verkehre. Carlsen und Lauren wirkten darüber hinaus „wie die Parodie eines James-Bond-Abenteuers, wozu auch gehört, dass er nicht der unbesiegbare Frauenheld und geniale Detektiv ist, sondern etwas naiv auf das schöne, intelligente Biest hereinfällt“ (Düsing 2010, S. 187). Da der Autor außerdem ein ausgezeichneter Amerikakenner sei, würde er sein Wissen und seine Haltung auch in die Geschichte miteinfließen lassen: „Diese Ereignisse haben die USA, aus der Sicht des deutschen Autors, negativ verändert“ (Düsing 2010, S. 184). Der Aufsatz thematisiert darüber hinaus auch die „aus dem Kalten Krieg stammende, geradezu paranoide Überwachungsmentalität, die heute wieder, vor allem in den USA, die Freiheit des Denkens und damit die Universität bedroht“ (Düsing 2010, S. 188). 

Familie Heimat und Erinnerungsliteratur
Viel beachtet in der Forschungsliteratur über Modicks Werk wurde auch das Thema ‚Familie‘. Hubert Winkels stellt heraus, dass sich familiäre und regionale Motive durch fast alle seine Romanen ziehen. In Klack geht es hauptsächlich um die Unterschiede zwischen den – in einem Haus lebenden – verschiedenen Generationen einer Familie. Winkels spricht sogar von der „Rückkehr der Familie“ (Winkels 2010, S.105) bei Modick: „Und es kommt noch konzentrischer: Dieses Familienleben ist eingebettet in eine Landschaft, eine historisch definierte Region, in Wind und Wetter und fürstliche und Nazi- und Nachkriegsgeschichte und immer wieder ins Oldenburgische, ins Oldenburger Land, in die Stadt Oldenburg“ (Winkels 2010, S. 108). Vor allem die Handlung von Klack konzentriert sich auf die Nachkriegsgeschichte par excellence, den Kalten Krieg und die Bedrohung einer Atomkatastrophe. So arbeitet Winkels heraus, dass Heimat bei Modick durchaus nicht im negativ-konnotierten Sinne des Provinzialismus als Konzept gesehen werden kann.
Dietmar Till befasst sich eher mit der Familie im Kontext des Nationalsozialismus und bezieht sich dabei auf Modicks Der kretische Gast und auf Bestseller. Letzterer ist laut Till wiederum eine Satire darüber, wie die Verlagsbranche Kapital aus der Erinnerungsliteratur schlägt (vgl. Till 2009, S. 34).
Ein neuer Zweig der Forschungsliteratur über Modick befasst sich mit seiner Darstellung des Exils vornehmlich in seinem 2011 erschienenen Roman Sunset über den im kalifornischen Exil lebenden deutsch-jüdischen Schriftsteller Lion Feuchtwanger. Narloch und Dickow konstatieren: „Indem Modick das Medium der Literatur einerseits als transnational und kosmopolitisch beschreibt, zugleich aber auch an einer spezifischen Stätte des historischen Exils verortet, verweist er indirekt auch auf die Notwendigkeit, Gedächtnisorte zu schaffen, an denen die Erinnerung an das Exil dauerhaft und generationenübergreifend gebunden werden kann“ (Narloch und Dickow 2014, S. 1). 

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