Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Forscher haben die Chromosomen-Enden im Blick

Telomere: Auf ihre Länge kommt es an

[22.10.2009] Der diesjährige Nobelpreis für Medizin ging an drei Wissenschaftler aus den USA, die bahnbrechende Erkenntnisse zur Alterung und dem Absterben von Zellen erarbeitet haben. Die Professoren Blackburn, Greider und Szostak wurden für ihre Telomer-Forschung ausgezeichnet, die unser Verständnis von den Vorgängen in der Zelle grundlegend erweitert hat und heute als Grundlage für weitere Studien dient.

Auch am Essener Universitätsklinikum zeigt die Telomer-Forschung neue Wege für die Behandlung von verschiedenartigen Krankheiten auf. Eine Forschungsgruppe in der Klinik für Hämatologie arbeitet mit den modernsten Methoden zur Messung der Telomerlänge. „Durch diese Messmethode können wir zuverlässig die Längen der Telomere bestimmen. Die Telomer-Länge gibt Auskunft über das tatsächliche biologische Alter der Menschen und kann so Aufschluss darüber geben, ob die Untersuchten zu bestimmten Erkrankungen neigen können“, erklärt Dr. Alexander Röth von der Klinik für Hämatologie am UK Essen.

Warum altern Zellen? Warum sterben Zellen?

Als Telomere werden die Enden der Chromosomen bezeichnet. Sie verkürzen sich mit jeder Zellteilung. Beim Menschen etwa gehen bei jeder Teilung zwischen 50 und 100 Basenpaare verloren. Dieser Verlust an Basenpaaren und die damit einhergehende Verkürzung der Telomer-Länge wird als End-Replikations-Problem bezeichnet. Ab einer bestimmten Teilungszahl können sich die Chromosomen wegen der dann zu kurzen Telomere nicht mehr replizieren und einige Zellen sterben ab. Wenn nicht die sogenannte Telomerase wäre: Dieses Zellkern-Enzym kann die Endstücke, die so genannten Telomerkappen, der Erbsubstanz wiederherstellen und die Telomere verlängern. „Das klingt natürlich erst einmal nach einem riesigen Vorteil, weil dadurch theoretisch das Leben der Zellen fast unbegrenzt verlängert werden kann“, sagt Dr. Alexander Röth. „Man muss dabei allerdings bedenken, dass die Telomerase auch das Leben der Zellen verlängert, die für den Körper schädlich sind“, gibt er zu bedenken. „Immerhin ist in 80 bis 90 Prozent der menschlichen Krebszellen eine krankhafte Überproduktion von Telomerase-Enzymen nachweisbar.“

Auf dem Weg zu einer neuen Krebstherapie

Die Essener Forschungsgruppe, der Dr. Alexander Röth angehört, untersucht derzeit, ob eine gezielte Unterdrückung der Telomerase in der Anti-Krebs-Therapie alleine eingesetzt werden kann, oder etwa unterstützend zu einer Chemotherapie. Mit dieser Therapie und der Hemmung der Telomerase soll eben diese Reparatur der Telomere verhindert werden – so können bösartige Zellen in den Tod getrieben werden. „Wir richten unser Augenmerk derzeit auf die Erforschung einer seltenen Leukämieart, der so genannten Prolymphozytenleukämie (T-PLL), die zu den Non-Hodgkin-Lymphomen gezählt wird“, so Dr. Röth. „Bei dieser Erkrankung trifft eine hohe Telomerase-Aktivität auf sehr kurze Telomere“, berichtet er dann. „Wir möchten diesen Zusammenhang entschlüsseln, um dadurch neue Erkenntnisse über die Telomerase und ihren genauen Wirkmechanismus zu gewinnen.“ Derzeit ist am Universitätsklinikum Essen eine Klinische Studie in Vorbereitung, bei der die Prolymphozytenleukämie mit Imetelstat, dem ersten verfügbaren Telomeraseinhibitor, behandelt werden soll.

Dr. Alexander Röth ist zuversichtlich, dass der Einsatz dieser Inhibitoren bei dieser seltenen Erkrankung nur die Spitze des Eisberges ist. „Die Forschung wird in den kommenden Jahren dahin gehen, weitere Krebsarten und Erkrankungen für den Einsatz von Telomerase-Inhibitoren aufzuspüren und erfolgreich zu behandeln.“

Weitere Informationen: Dr. med. Alexander Röth, Oberarzt an der Klinik für Hämatologie des Universitätsklinikums Essen, Tel. 0201-723-84219, alexander.roeth@uni-due.de

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