Forschungsprojekt
Das soziale und therapeutische Klima auf Stationen der Allgemeinpsychiatrie und des Maßregelvollzugs unter Berücksichtigung der objektiven Rahmenbedingungen
Dr. rer. nat. Norbert Schalast
Anliegen der Studie
In den Jahren der Psychiatriereform war das soziale oder therapeutische Klima psychiatrischer Stationen ein vielbeachtetes Thema. Auch wenn seine Bedeutung weiterhin jedem Praktiker evident ist, hat die psychiatrische Forschung doch über Jahre völlig andere Schwerpunkte gesetzt. Vernachlässigt wurden auch in den Untersuchungen der 70iger und 80iger Jahre die Zusammenhänge zwischen objektiven Stationsbedingungen und dem sozialen Klima / der Stationsatmosphäre. Diese zu erhellen, ist Anliegen der Studie.
Untersuchungsansatz
In die Untersuchung werden sowohl Stationen der Allgemeinpsychiatrie als auch des Maßregelvollzugs einbezogen, und zwar je etwa 50. Von den 50 allgemeinpsychiatrischen Stationen soll je etwa die Hälfte in Fachkrankenhäusern und die Hälfte in psychiatrischen Abteilungen rekrutiert werden, von den forensischen Stationen je etwa die Hälfte im § 63- und im § 64-Maßregelvollzug.
Die Erhebung ist für die Kliniken bzw. Stationen mit wenig Aufwand verbunden. Je Station soll eine Ansprechpartnerin bzw. ein Ansprechpartner benannt werden, der bzw. dem wir ein Couvert mit dem Erhebungsmaterial zuleiten. Es gelten selbstverständlich die Prinzipien Anonymität und Freiwilligkeit, niemand darf zur Mitwirkung gedrängt werden. Eine beliebige Person füllt außerdem den Erhebungsbogen zu den Stationsbedingungen aus. Zusätzlich wären wir dankbar, wenn auf der Station über einen Zeitraum von drei Wochen die Häufigkeit bestimmter problematischer Vorkommnisse gezählt werden könnte.
Mehrwert für teilnehmende Institutionen
Auf der Basis der Ergebnisse wird ein Fragebogenmanual erstellt, welches wir allen beteiligten Kliniken zur Verfügung stellen. Wenn die Kliniken und die jeweiligen Stationen dies wünschen, erhalten die Stationen außerdem eine individuelle Auswertung (ein Poster mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einer Darstellung der stationsbezogenen Befunde). Sie bekommen damit Hinweise, die zu internen Diskussionen genutzt werden können.
Erwartete Ergebnisse
Die avisierte Studie wird vielleicht keine bahnbrechenden und völlig unerwarteten Erkenntnisse liefern. Es ist aber zu hoffen, dass sich Zusammenhänge ergeben, mit denen sich Forderungen nach bestimmten strukturellen Klinikressourcen untermauern lassen.
Hintergrund
Der Initiator des Projektes Norbert Schalast hat das Merkmal Stationsklima erstmals 1993 – 1995 in einer Studie zur Arbeitsbelastung in Maßregelvollzug und Allgemeinpsychiatrie systematisch berücksichtigt und dann in einigen anderen Untersuchungen weiterverfolgt. Ein Ergebnis ist der Kurzfragebogen EssenCES, mit dem drei Merkmale der Stationsat-mosphäre eingeschätzt werden: „Erlebte Sicherheit“ auf der Station, „Therapeutischer Halt“ und „Zusammenhalt der Patienten“. Die Bedeutung dieser drei Aspekte ist im ausführlichen Expose näher ausgeführt. Sie erwiesen sich in mehreren Untersuchungen als stabile Merkmale, die sich in verschiedenen Kontexten als relativ eigenständige Facetten des Stationsmilieus beschreiben und differenzieren lassen. Da in den letzten Jahren vor allem auf Englisch über den Fragebogen korrespondiert wurde, haben alle Sprach-Versionen des Fragebogens einheitlich die Bezeichnung „EssenCES“ (Essen Climate Evaluation Schema) erhalten.
Datenschutz
Das Vorgehen ist datenschutzrechtlich geprüft und mit der Ethikkommission der Uniklinik Essen abgestimmt. Es gelten die Prinzipien Freiwilligkeit und Anonymität. Personenbezogene Daten werden nicht erhoben. Publiziert werden nur allgemeine Zusammenhänge zwischen Merkmalen und gemittelte Ergebnisse für bestimmte Praxisfelder.
Förderung
Diese Untersuchung wird von der DFG gefördert (SCHA 773/51).