Gender-Vorlesungsverzeichnis der Universität Duisburg-Essen

Titel:
Arielle und ihre Schwestern: Sirene, Melusine, Undine und andere Tier-Frauen in der Literatur (Exemplarische Textanalyse II)

Fakultät:
Geisteswissenschaften

Semester:
Winter 2018

VeranstalterIn:
Florian Lehmann

Termin:
Mi., 12:00-14:00 Uhr

Ort:
A-113

Studiengang:
Germanistik

Zielgruppe:

Kommentar:
"Up on the shore they work all day / Out in the sun they slave away / While we devotin' / Full time to floatin' / Under the sea" – das wusste und sang schon Sebastian die Krabbe, seines Zeichens maritimer Helfer und Freund der Hauptfigur des gleichnamigen Disney-Klassikers Arielle. Wie so oft basiert auch dieser Disney-Film auf einem literarischen Text, Hans Christian Andersens Den Lille Havfru, seinem bekannten Märchen über die kleine Meerjungfrau, heutzutage als Bronzestatue in Kopenhagen zu bewundern. Diesen Figurentypus, der ja im wahrsten Sinne des Wortes weder Fisch noch Fleisch ist, wollen wir im Seminar ausführlich in den Blick nehmen – und werden feststellen, dass die (deutschsprachige) Literaturgeschichte voll ist von weiblichen Figuren, deren Körper zwar menschlich sind, aber eben auch tierisch. Schon Homers Odysseus sieht sich dem gefährlichen Sangeszauber der Sirenen, als Vögel und Frauen gestaltet, ausgesetzt, und in der spätmittelalterlichen Literatur des Thüring von Ringoltingen tritt die listige Melusine, eine Schlangenfrau, auf. Auch die Literatur vom 18. bis zum 21. Jahrhundert bringt Meerjungfrauen und ähnliche Figuren immer wieder variantenreich zur Darstellung, etwa in Franz Kafkas Parabel Das Schweigen der Sirenen, in Ingeborg Bachmanns Erzählung Undine geht oder in Loriots filmischer Trakl-Lyrik-Persiflage Melusine! Diese Tierfrauen werden von den Texten als Sowohl-als-auch inszeniert, als hybride Figuren, anhand derer sich normative Ordnungen in Frage stellen lassen oder deren sozialer Aufstieg, wie im Falle von Andersens berühmter Meerjungfrau, über die Leugnung oder Verschleierung gewisser körperlicher ("Passing") und kultureller ("Integration", "Assimilation") Phänomene einhergeht. Nicht nur die Gender-, Queer- und die Animal-Studies können im Kontext dieses Seminars einen gewichtigen Beitrag leisten.