Informationen zum Forschungsprojekt

Kooperation von Akteuren vorbeugender Sozialpolitik - Eine Analyse am Beispiel der Berufsorientierung jugendlicher Flüchtlinge

Ziel und Aufgabenstellung

Die Diskurse um einen „neuen Wohlfahrtsstaat“ (Esping-Andersen2002) und einen „dritten Weg“ (Giddens2001) haben den Bedeutungszuwachs von vorbeugender Sozialpolitik gefördert, die Vorsorge und Inklusion in den Mittelpunkt stellt. Dabei stellt vor allem Bildung einen Schlüsselfaktor dar, um Armut und Exklusion entgegenzuwirken und für das Individuum Voraussetzungen für Teilhabe und selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Der präventive Ansatz erweitert die sozialpolitische Strategie über die klassischen sozialpolitischen Politikfelder hinaus und impliziert die Formulierung von Querschnittsaufgaben, die Lösungsbeiträge aus unterschiedlichen Politikfeldern erfordern.

Die Querschnittsaufgaben treffen jedoch auf eine Realität, die durch eine Versäulung der Systeme gekennzeichnet ist. Um diese Versäulung aufzubrechen, werden immer wieder die Vernetzung von Akteuren und die Stärkung von Kooperation gefordert. Oft geht es bei den Vernetzungsstrategien darum, durch die Ansprache von Adressat/inn/en über Regelinstitutionen (Kindertageseinrichtungen, Schulen) alle Betroffenen zu erreichen und niederschwellige Zugänge zu ermöglichen. In einigen Programmen werden Koordinierungsstellen als unterstützende Struktur eingerichtet. Diese können ihre Funktion jedoch nur dann effektiv erfüllen, wenn die Akteure in den Regelinstitutionen die Kooperationsimpulse aufgreifen und in ihrer Arbeit umsetzen. Die Fachkräfte der Regelinstitutionen wiederum benötigen Unterstützung bei der Bewältigung komplexer Herausforderungen.

Vielfach bleibt der Erfolg von Vernetzung hinter den Erwartungen zurück. Die Kooperation scheitert oft auf der Arbeitsebene, weil das Handeln der Fachkräfte durch unterschiedliche professionelle Hintergründe, Handlungslogiken, organisationale Rahmenbedingungen und gesetzliche Grundlagen geprägt ist. Deshalb müssen die Perspektiven und Unterstützungsbedarfe der beteiligten Mitarbeiter/innen berücksichtigt werden, um Vernetzungsstrategien auf der Arbeitsebene zu implementieren und zum Erfolg zu führen.

Ziel der Studie war es daher, Erkenntnisse über Koordinationsmechanismen zu generieren und Gelingens- und Engpassfaktoren für Kooperation zu identifizieren. Als empirisches Beispiel wurde ein Anwendungsfeld herangezogen, das aktuell von hoher gesellschaftlicher Relevanz ist, nämlich die Vorbereitung jugendlicher Flüchtlinge auf den Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf. Junge Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, müssen oft traumatische Erlebnisse verarbeiten, sich in einem fremden Land zurechtfinden und die Sprache erlernen und gleichzeitig den Übergang Schule-Ausbildung-Beruf bewältigen, der für alle Jugendlichen eine Herausforderung darstellt. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Programme aufgelegt, die mit unterschiedlichen Instrumenten die Integration unterstützen sollten. Die hohe Bedeutung, die dabei der Kooperation zugemessen wurde und wird, hat sich bspw. im landesweiten Ausbau der Kommunalen Integrationszentren in NRW gezeigt und bundesweit in der Förderung von kommunalen Bildungskoordinator/inn/en sowie in kommunalen Modellprojekten. Die Kommunen sind gefordert, die verschiedenen Impulse auf lokaler Ebene zusammenzuführen und zusätzlich müssen sie von den betroffenen Institutionen aufgegriffen werden. Dazu gehören zum einen Institutionen mit Querschnittsaufgaben (bspw. die Kommunalen Integrationszentren), zum anderen die Schulen sowie Akteure bspw. aus der Jugendhilfe und der Arbeitsverwaltung.

Vorgehen

Die Studie war als explorative qualitative Erhebung angelegt.

1. Exploration (6 Monate)

Interviews mit Akteuren in Querschnittsfunktionen (insbesondere Kommunale Integrationszentren; außerdem ggf. Bildungskoordinator/inn/en, Kommunale Koordinierungsstellen für das Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“, Regionale Bildungsbüros)

2. Erhebung (12 Monate)

Interviews mit Akteuren aus den Feldern

  • Schule (Berufskollegs, ergänzend mit Vertreter/inne/n der kommunalen Schulaufsicht)
  • Arbeitsmarktpolitik
  • Jugendhilfe

3. Auswertung und Transfer (6 Monate)

  • Datenanalyse
  • Durchführung einer Fachtagung unter Einbeziehung von Akteuren aus allen involvierten Feldern (Schule, Jugendhilfe, Arbeitsverwaltung)
  • Publikationen
  • Mitwirkung an Veranstaltungen des FGW und anderen landesweiten Veranstaltungen: Integration der (Zwischen-) Ergebnisse in den landesweiten Diskurs
  • Internetseite: Bereitstellung aller im Projekt entwickelten Materialien und Konzepte

 

Publikationen zum Projekt

Stöbe-Blossey, Sybille / Köhling, Karola / Hackstein, Philipp / Ruth, Marina, 2019: Integration durch Bildung als Kooperationsaufgabe. Potenziale vorbeugender Sozialpolitik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, ISBN: 978-3-658-24223-7| Info

Köhling, Karola / Stöbe-Blossey, Sybille, 2018: Berufsorientierung für jugendliche Flüchtlinge als Kooperationsaufgabe. In: FGW-Impuls Vorbeugende Sozialpolitik 13 | Lesen

Köhling, Karola / Stöbe-Blossey, Sybille, 2018: Kooperation von Akteuren vorbeugender Sozialpolitik. Eine Analyse am Beispiel der Berufsorientierung jugendlicher Flüchtlinge. Düsseldorf: FGW. Vorbeugende Sozialpolitik 13| Info | Lesen

Köhling, Karola / Stöbe-Blossey, Sybille, 2017: Integration durch Bildung: Die Berufsorientierung jugendlicher Flüchtlinge als Querschnittsaufgabe. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Forschung 2017-04 | DOI-Link| Info | Lesen

Stöbe-Blossey, Sybille, 2016: Kooperation in der Sozialpolitik: Koordinationsmechanismen an den Schnittstellen von Politikfeldern. In: Der moderne Staat dms 9 (1), S. 161-182

Köhling, Karola, 2012: Vertrauen und Wissen in Governance-Prozessen. Wiesbaden: VS-Verl., ISBN: 978-3-531-18651-1

Vorträge zum Projekt

Dr. Karola Köhling, Marina Ruth: Teilhabe von Geflüchteten: Lebenswelt und Arbeitswelt als zwei Seiten einer Medaille. "Integration durch Ausbildung = Sicherung der Fachkräfte - Geht die Gleichung auf oder scheitert sie zu oft an Rahmenbedingungen?“ Veranstalter: “Netzwerk Integration durch Ausbildung – NIDA” , Duisburg, Rathaus, 28.10.2019  Weitere Informationen

Marina Ruth: Die Wirkung von Einwanderungspolitik auf Jugendliche mit Fluchthintergrund – regionale und lokale Gestaltung von Einwanderung. „Einwanderung und Einwanderungspolitik im internationalen Vergleich“. Tagung für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am 2. und 3. Mai 2019. Arbeitskreis „Migrationspolitik“ in der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW), Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Institut für Politikwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI) an der Universität Duisburg-Essen, Münster, 03.05.2019

Marina Ruth: Die Lebenslaufperspektive als theoretische Orientierung einer ganzheitlichen Betrachtung von Migration. Überlegungen am Beispiel von jugendlichen Geflüchteten im Übergang Schule-Ausbildung-Beruf in Deutschland. Frühjahrstagung Migration und Integration des InZentIM Nachwuchsnetzwerkes, 15.03.2019  Weitere Informationen

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Transitions to Vocational and Educational Training for Young Refugees – Governance Structures and Local Cooperation. 6th Congress on Research in Vocational Education and Training: The end of VET as we know it? Skills development in times of technical and social change. 04.-06.03.2019, Swiss Federal Institute for Vocational Education and Training, Bern/Zollikofen, 06.03.2019  Vortragsfolien

Dr. Karola Köhling: Lokale Kooperationsprozesse in der vorbeugenden Sozialpolitik – Analysekategorien und Entwicklungspotenziale. Vernetzungstreffen der Sozialpolitik-Forschung in Nordrhein-Westfalen Kooperationsveranstaltung des FGW und der Sektion Sozialpolitik und Sozialökonomie der Ruhr-Universität Bochum, 22.11.2018  Weitere Informationen

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Vernetzung vor Ort –Wissenschaftliche Ansätze zum Management von Schnittstellen. Kommunale Integrationszentren –Landesweite Koordinierungsstelle Querschnittstagung 2018, Gelsenkirchen, 14.11.2018  Vortragsfolien

Dr. Karola Köhling: Integration durch Bildung: die Berufsorientierung jugendlicher Flüchtlinge als Querschnittsaufgabe. Bitte neu aufstellen! Jugendberufshilfe in Zeiten von Inklusion, Integration, Fachkräftequalifizierung und Digitalisierung. Würzburg, Fachverbände BAG EJSA, BVkE e. V., BAG KJS, EFAS e. V. und EREV e. V., 14.11.2018

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: The Transitions to VET for Young Refugees -Governance Structures and Local Cooperation. Bonn, 10.09.2018  Vortragsfolien

Dr. Karola Köhling: Migration und Integration als Herausforderung für das Bildungs- und Ausbildungssystem. Colloquium Fundamentale - "Arbeitswelten der Zukunft: Visionen, Chancen, Risisken". Karlsruher Institut für Technologie, Zentrum für Angewandte Kulruwissenschaft und Studium Generale am Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe, 12.07.2018  Weitere Informationen

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Berufsorientierung für jugendliche Geflüchtete als Kooperationsaufgabe im lokalen Netzwerk. BIBB Kongress 2018, Berlin, 07.06.2018  Vortragsfolien

Dr. Karola Köhling, Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Berufsorientierung für jugendliche Geflüchtete als Kooperationsaufgabe. Fachtagung Berufsorientierung für jugendliche Geflüchtete. Herausforderungen – Kooperationsformen – Praxisbeispiele, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 07.03.2018  Vortragsfolien

Dr. Karola Köhling, Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Strukturen für die lokale Kooperation. Fachtagung Berufsorientierung für jugendliche Geflüchtete. Herausforderungen – Kooperationsformen – Praxisbeispiele, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 07.03.2018  Vortragsfolien

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Berufsorientierung und Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf – Gelingens- und Engpassfaktoren für Kooperation zwischen Jugendhilfe, Schule und Arbeitsverwaltung. Die Zukunft im Blick – Junge unbegleitete Flüchtlinge in der Phase des Übergangs in Schule, Ausbildung und Selbstständigkeit begleiten. Münster, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, 19.12.2017  Vortragsfolien

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.09.2016 - 31.08.2018

Forschungsabteilung

Leitung:
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey

Bearbeitung:
Dr. Karola Köhling

Finanzierung:
Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW