Informationen zum Forschungsprojekt

Soziales Frühwarnsystem in der Jugendhilfe



Ziel und Aufgabenstellung

Das Projekt wurde im Rahmen eines Modellversuchs des Ministeriums fürFrauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen (MFJFG)mit der Stadt Herne durchgeführt. Der Modellversuch des MFJFG zielte daraufab, individuelle und soziale Risiken frühzeitig zu erkennen und durch präventivesHandeln Desintegrationsprozesse zu vermeiden. Dies sollte geleistet werden zumeinen durch eine verbesserte Kooperation der beteiligten Akteure, zum anderendurch die Entwicklung und Verstetigung von Systemen flexibler, differenzierterund bedarfsgerechter Hilfen. Der Modellversuch wurde über knapp drei Jahrevon sechs Trägern der Jugendhilfe durchgeführt. Einer dieser Trägerwar die Stadt Herne. In Herne wurde in diesem Kontext der Schwerpunkt auf diefrühzeitige Erkennung und Bearbeitung von Verhaltensauffälligkeitenvon Kindern in Tageseinrichtungen gelegt.

Das Projekt zielte auf die Beschreibung und Analyse von Möglichkeitenund Defiziten sowie auf die Entwicklung von Maßnahmen für eine frühzeitigeErkennung und Bearbeitung von Verhaltensauffälligkeiten im Kindergartenalterab. Dieser Schwerpunktsetzung lag die im Projektverlauf bestätigte Vermutungzugrunde, dass die Problematik von Verhaltensauffälligkeiten im Kindergartenaltervon wachsender Bedeutung ist. Es gab jedoch kein System, das die Früherkennungund Bearbeitung von Verhaltensauffälligkeiten strukturell unterstützthätte. Um ein solches System zu entwickeln, wurden im Projekt drei Ebenenbetrachtet:

  • die einzelne Tageseinrichtung als zentraler Ort, an dem die Früherkennungansetzen soll;
  • der Sozialraum, der eine unterstützende Infrastruktur fürdie Bearbeitung von Problemen bereitstellen soll,
  • externe Rahmenbedingungen (wie etwa rechtliche Regelungen oder Ausbildungsinhalte),die die Möglichkeiten für frühe Erkennung und Bearbeitung vonVerhaltensauffälligkeiten künftig erweitern sollen.

Vorgehen

Das Projekt wurde exemplarisch im Stadtteil Wanne durchgeführt und abEnde 2004 auf die Gesamtstadt Herne übertragen. Es wurde aktiv begleitetdurch eine Projektbegleitende Arbeitsgruppe (PAG), in der der Fachbereich Kinder- Jugend - Familie der Stadt Herne, der Allgemeine Sozialdienst, die Erziehungsberatungsstelle,die Fachberatungen der Träger, Leitungen von Einrichtungen und die HeilpädagogischeFachberatung vertreten waren. Diese Arbeitsgruppe hat das Gesamtprojekt gesteuertund in Untergruppen Materialien (Beobachtungsbögen, Fortbildungskonzept)erarbeitet.

In der ersten Phase des Projektes stand die Analyse im Mittelpunkt, in derzweiten Phase ging es um die Entwicklung von Handlungsvorschlägen und Arbeitshilfensowie um die Förderung der Vernetzung. Basis der Arbeiten waren Interviewsund eine schriftliche Befragung in den Tageseinrichtungen in Wanne, eine Elternbefragungund Interviews mit unterstützenden Institutionen im Sozialraum (bspw. Erziehungsberatungsstelle,heilpädagogische, logopädische und ergotherapeutische Praxen, Kinderärzteusw.). Zur Förderung der Vernetzung wurden gemeinsame Workshops mit unterschiedlichenInstitutionen durchgeführt und ein Handbuch über die örtlichenInstitutionen und ihre Leistungsangebote erarbeitet (ein Online-Formular zurErhebung der vorhandener Infrastruktur finden sie hier). Dieses Handbuch wurdein die "Herner Materialien" integriert, die den Einrichtungen alsArbeitshilfe ein umfassendes Set von Beobachtungsbögen, Handreichungenzum Datenschutz und Formulare für elterliche Einverständniserklärungenbezüglich der Kommunikation der mit einem Kind befassten Institutionenuntereinander bereitstellen. Zum Umgang mit diesen Materialien sowie zu verschiedenenThemen (wie Elternarbeit, Umgang mit aggressiven Kindern) wurden den ErzieherinnenFortbildungen angeboten, die in hohem Maße genutzt wurden.

Der Jugendhilfeausschuss der Stadt Herne hat nach Abschluss des Projektesbeschlossen, dass die Strukturen des Projektes weitergeführt und abgesichertwerden sollen, so dass mit einer Nachhaltigkeit gerechnet werden kann.

Publikationen zum Projekt

Esch, Karin / Stöbe-Blossey, Sybille, 2005: SoFrüh! Der Aufbau eines sozialen Frühwarnsystems zur Bearbeitung von Verhaltensauffälligkeiten im Vorschulalter: Werkstattbericht aus dem Modellstandort Herne. In: Soziales Ministerium für Gesundheit: Soziale Frühwarnsysteme in NRW – Ergebnisse und Perspektiven eines Modellprojekts. Abschlussdokumentation, S. 102–113

Stöbe-Blossey, Sybille, 2005: Bildungsbenachteiligung – Wege zur frühen Förderung im Netzwerk: Vortrag auf dem Kongress Jugendhilfeplanung des Landesjugendamtes Rheinland in Köln am 28./29. Juni 2005. In: Martin R. Textor: Kindergartenpädagogik – Online-Handbuch, S. 18 S.

Esch, Karin / Stöbe-Blossey, Sybille / Rusche, Sarah, 2004: Modellversuch der Bund-Länder-Kommission "Erprobung flexibler Unterrichtsmodelle" (FLEX): Abschlussbericht; Berichtszeitraum: 01.10.1998-30.06.2001. Herne: Stadt Herne

Esch, Karin / Rusche, Sarah / Stöbe-Blossey, Sybille, 2003: Soziales Frühwarnsystem. In: Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen: Das Magazin 14 (3), S. 29

Esch, Karin / Stöbe-Blossey, Sybille, 2003: Frühzeitige Wahrnehmung kindlicher Verhaltensauffälligkeiten in Kindertageseinrichtungen. In: Soziales Ministerium für Gesundheit: Soziale Frühwarnsysteme in NRW - wertvolle Beispiele aus der Praxis. Fachtagung 24. März 2003, S. Dokumentation | Lesen

Rusche, Sarah / Stöbe-Blossey, Sybille / Esch, Karin, 2002: Frühzeitige Wahrnehmung kindlicher Verhaltensauffälligkeiten in Kindertageseinrichtungen (Stadt Herne): Projekt 6. In: Institut für Soziale Arbeit: Modellprojekt Soziales Frühwarnsystem. Zwischenbericht, S. 22–23

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.01.2004 - 31.08.2004

Forschungsabteilung

Leitung:
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey

Bearbeitung:
Karin Esch

Finanzierung:
Stadt Herne