IN-EAST News
28.05.2015 - 00:00
Do, 28. Mai 2015: Vortrag von Florian Coulmas über 70 Jahre Hiroshima-Komplex
Volkshochschule Darmstadt, Abendvortrag:
Prof. Dr. Florian Coulmas
70 Jahre Hiroshima-Komplex
Zum Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki in Japan, 6. und 9. August 1945
Termin: Donnerstag, 28. Mai 2015, Beginn: 19.00 Uhr, Eintritt: 5 Euro.
Ort: vhs-Gebäude 2, Holzstr. 7, Raum 10
Infos und Anmeldung: www.darmstadt.de/vhs
(vhs-Reihe "1945" (NEU): Kursnr. 102.09)
Der Komplex Hiroshima: 70 Jahre danach (1945–2015)
Am 6. August 1945, vor 70 Jahren, ist das Datum eines Wendepunkts nicht nur des 20. Jahrhunderts, sondern auch der gesamten Menschheitsgeschichte überhaupt: Um 8.15 Uhr warf ein US-Bomber eine Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima ab. Es war das erste Mal, dass diese furchtbare Massentötungswaffe zum Einsatz kam. Die fünf Tonnen schwere Atombombe, die den Namen "Little Boy" trug, fiel an einem Fallschirm und explodierte in 580 Meter Höhe über der Stadt. Diese Massenvernichtungswaffe hatte eine Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT (herkömmlichem Sprengstoff). Drei Tage später warf ein zweites Bombenflugzeug eine weitere Atombombe auf die japanische Großstadt Nagasaki. Diese hatte eine Sprengkraft von 22.000 Tonnen TNT. Die Druckwelle zerstörte fast die gesamte Innenstadt in einem Umkreis von fünf Kilometern. Ein Feuerball mit einer Temperatur von 6.000 Grad Celsius ließ alles in Flammen aufgehen. Etwa 92.000 Menschen fielen dem atomaren Inferno sofort zum Opfer, allein circa 14.000 Menschen verdampften in der Hitze der Bombe. Von ihnen blieben keine Spuren übrig. Später entdeckte man in Stein eingebrannte Schatten. In den Jahren darauf starben weitere 130.000 Menschen an radioaktiver Verstrahlung. Auch viele Jahrzehnte danach erkrankten viele Menschen an Blutkrebs, der sog. Strahlenkrankheit. Der Philosoph Günther Anders schrieb später: "Hiroshima ist überall". Der Atombombenabwurf von Hiroshima/Nagasaki markierte den Beginn des Atomzeitalters und des nuklearen Overkills: Zwar ist der 6. August 1945 heute Geschichte, doch gibt es noch immer Überlebende des ersten Atombombenabwurfs, die alljährlich im Friedenspark in der Stadt zu einer Gedenkveranstaltung zusammenkommen. Wessen wird bei dieser Gelegenheit gedacht? Im Unterschied zur überwiegend einheitlichen Bewertung des Zweiten Weltkriegs in Europa tun sich mit Blick auf die Einschätzung von Hiroshima/Nagasaki nach wie vor große Gräben auf: "Nukleare Massenvernichtung" einerseits und "segensreiche Beschleunigung des Kriegsendes" andererseits sind die Schlagwörter. Wer hat recht? Die Tatsache, dass es auf diese Frage 70 Jahre nach Kriegsende noch keine Antwort gibt, der alle zustimmen, zeigt beispielhaft, dass Geschichte nicht nur geschieht, sondern auch gemacht wird. Sie ist ein Kampfplatz, auf dem sich nicht nur Wissenschaftler tummeln, sondern politische Interessen gegeneinander stehen. Der VHS-Vortrag behandelt den Komplex Hiroshima vor diesem Hintergrund, schlägt aber auch einen Bogen zur jüngsten, diesmal "zivilen" Atomkatastrophe in Japan, dem Super-GAU von Fukushima am 11. März 2011.
Prof. Dr. Florian Coulmas
geboren am 5. Juni 1949 in Hamburg, ist Professor für Sprache und Kultur des modernen Japan an der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen in Duisburg. Er gilt als einer der führenden deutschen Japonologen. Von 2004 bis 2014 war Florian Coulmas Direktor des Deutschen Instituts für Japan-Studien in Tokio. Studium der Soziologie und Allgemeinen Sprachwissenschaft in Berlin, Oberlin, Ohio, und Düsseldorf (Habilitation 1980). Er hat an verschiedenen Institutionen in Japan, USA und Deutschland gelehrt und geforscht, u.a. am National Language Research Institute, Tokio, an der Georgetown University, Washington DC, an der Chuo-Universität, Tokio, am Deutschen Institut für Japanstudien, Tokio. Seine Publikationen in verschiedenen Sprachen beinhalten über ein Dutzend Monographien, u.a. Hiroshima. Geschichte und Nachgeschichte. C.H. Beck, München 2005, 2010. Am Deutschen Institut für Japan-Studien Tokio leitete er bis 2014 ein großes Forschungsprojekt unter dem Titel: "Glück und Unglück in Japan: Kontinuitäten und Diskontinuitäten", das durch die Atom-Katastrophe Fukushima vom 11. März 2011 einen unerwartet aktuellen Bezug bekam. Gemeinsam mit der Journalistin Judith Stalpers hat er darüber ein Buch geschrieben: Fukushima. Vom Erdbeben zur nuklearen Katastrophe, C.H. Beck, München, 2011. Zuletzt erschienen: Tokio. Vom Glück urbanen Lebens. C.H. Beck, München, 2014.