Motordiagnostik: Minimalinvasive Detektion

Optische Diagnostik wird in vielen Forschungsbereichen seit Jahren erfolgreich für schnelle, berührungslose in-situ Messungen eingesetzt. Auch für die Motorenforschung sind optische Methoden heutzutage unentbehrlich [1]. Zur Entwicklung und Optimierung neuer laseroptischer Messverfahren sind optisch voll zugängliche Transparentmotoren gut geeignet. Die Zylinderwände und Kolben eines solchen "gläsernen Motors" bestehen weitgehend aus Quarzglas und bieten somit einen fast uneingeschränkten Einblick in den Brennraum.
Für anwendungsnähere Messungen werden in der industriellen Forschung auch Vollmotoren modifiziert, um einen Einblick in den Brennraum zu gewährleisten. Die Schaffung solcher optischer Zugänge kostet jedoch Zeit und Geld. Zudem werden durch makroskopische optische Zugänge oft auch physikalische Eigenschaften, wie Zylindergeometrie und Wärmeleitfähigkeit verändert. Zur serienreifen Weiterentwicklung von vielversprechenden Konzepten, wie Direkteinspritzung mit Schichtladung oder HCCI (homogeneous charge compression ignition) und zur Erforschung von Klopferscheinungen in neuen hochaufgeladenen Ottomotoren sind daher Messungen an minimal veränderten oder unmodifizierten Motoren unumgänglich. Hierfür werden am IVG in laufenden Kooperationprojekten mit anderen Forschungsinstituten und Industriepartnern innovative Mikrooptiken entwickelt, die erstmals eine Anwendung der laseroptischen Messverfahren selbst an seriennahen Vollmotoren ermöglichen.

Die minimalinvasiven Optiken haben Durchmesser von weniger als einem Zentimeter oder sind direkt in eine voll funktionsfähige Zündkerze integriert. In Zusammenarbeit mit dem ITO (Institut für Technische Optik, Universität Stuttgart) wurde ein neuartiges, sehr lichtempfindliches UV-Endoskop [2] und ein Zündkerzensensor [3] entwickelt. Diese Optiken werden derzeit in den Laboren des IVG erprobt und weiterentwickelt. Für die Entwicklung und Optimierung des Verbrennungsprozesses in direkeinspritzenden Ottomotoren ist es wichtig, zeitaufgelöste Messdaten zur Gemischbildung in unmittelbarer Nähe der Zündkerze zu gewinnen. Laserinduzierte Floureszens, basierend auf dem Einsatz gut charakterisierter Tracer (z.B. 3-Pentanon, Toluol) kann diese Information liefern [4]. Der Einfluß des Zündkerzensensors auf den Verbrennungsablauf ist minimal. Mittels UV-transmittierenden Fasern, die in die Zündkerze eingebettet sind ermöglicht der Sensor den Einsatz der Tracer-LIF Techniken zur Messung von Kraftstoffkonzentration, Temperatur und Sauerstoffkonzentration in einem definierten kleinen Messvolumen in unmittelbarer Nähe des Zündortes (siehe Abbildung 1). Die Konstruktion dieses Sensors erfordert eine sorgfältige Strahlführung von Anregungslicht und Signal sowie die Auslegung für die im Motor auftretenden Drücke und Temperaturen.

Abbildung 1: Mikrooptischer Sensor integriert in eine Zündkerze

Abbildung 2: UV-Endoskop im Einsatz am Vier-Zylinder Serienmotor.

Für abbildende Messungen mit bildverstärkenden Kameras wurde zusammen mit dem ITO ein neuartiges hybrides UV-Endoskop (Abbildungen 2 und 3) und endoskopische Optiken zur Erzeugung von Laserlichtschnitten und Laserstrahlmustern [6] entwickelt. "Hybrid" steht hierbei für die Kombination von refraktiven und diffraktiven optischen Elementen. Durch dieses spezielle hybride Design wird eine fast zehnmal größere Lichtstärke als mit einem vergleichbaren kommerziellen UV Endoskop erreicht. Gleichzeitig hat das hybride UV Endoskop ein besseres örtliches Auflösungsvermögen über einen definierten breiten Spektralbereich im UV. Ein weiterer Vorteil liegt in der Entkopplung des fest im vibrierenden Motor angebrachten Endoskops von laborfesten Relay-Optiken und empfindlichen bildverstärkten Kameras. Das Endoskop im Motor kann dadurch sehr leicht und klein gebaut werden, produziert allein aber nur unscharfe Bilder. Zur optischen Korrektur werden dann spezielle Relay-Optiken mit diffraktiven optischen Elementen (DOE) eingesetzt, die für die chromatische Korrektur eines definierten Spektralbereichs optimiert sind. Dieses modulare Design ermöglicht nicht nur die mechanische Entkopplung von Motor- und Laborsystem, sondern ist auch flexibel für den Einsatz von speziellen optischen Filterkombinationen oder Strahlteilern. Durch dielektrische Strahlteiler können durch nur EIN Endoskop bis zu drei Bilder von unterschiedlichen Spektralbereichen simultan mit drei Kameras aufgenommen werden (siehe Abbildung 4)

Abbildung 3: Fotos des Endoskopsystems. Oben und links: Endoskop mit Feldlinse, unten: Relay-Optik mit diffraktivem optischen Element (DOE).

Abbildung 4: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus für die simultane Messung von zwei Spektralbereichen durch ein Endoskop.

Literatur:
[1] C. Schulz, "Advanced laser imaging diagnostics in combustion," Z. Phys. Chem. 219, 509-554 (2005).
[2] R. Reichle, C. Pruss, W. Osten, H. Tiziani, F. Zimmermann, and C. Schulz, "UV-Endoskop mit diffraktiver Aberrationskorrektur für die Motorenentwicklung," Proc. DGaO 107. Tagung, http://www.dgao-proceedings.de/ (2006).
[3] R. Reichle, C. Pruss, W. Osten, H. J. Tiziani, F. Zimmermann, and C. Schulz, "Fiber optic spark plug sensor for UV-LIF measurements close to the ignition spark," In Wolfgang Osten, Christophe Gorecki, Erik L. Novak (Eds.): "Optical Measurement Systems for Industrial Inspection IV", Proceedings of SPIE - The International Society for Optical Engineering vol. 5856, 158-168 (2005).
[4] C. Schulz and V. Sick, "Tracer-LIF Diagnostics: Quantitative Measurement of fuel concentration, temperature and air/fuel ratio in practical combustion situations," Prog. Energy Combust. Sci. 31, 75-121 (2005).
[5] F. P. Zimmermann, W. Koban, D. Herten, C. Roth, and C. Schulz, "Fluorescence lifetime of gas-phase toluene at elevated temperatures," Chem. Phys. Lett. 426, 248-251 (2006).
[6] R. Reichle, C. Pruss, W. Osten, H. Tiziani, F. Zimmermann, and C. Schulz, "Hybrid excitation and imaging optics for minimal invasive multiple-band UV-LIF-measurements in engines," VDI-Berichte 1959, 223-235 (2006).