Motordiagnostik: Beobachtung von Selbstzündungsprozessen

Kontrollierte Selbstzündung (HCCI)
Die kontrollierte Selbstzündung (Controlled Autoignition, CAI) stellt ein neuartiges Verbrennungskonzept dar, das ein großes Potential besitzt, zu einer drastischen Reduktion des NOx‑Ausstoßes bei der motorischen Verbrennung beizutragen. Diese Art des Motorbetriebs wurde zum ersten Mal von Onishi et al. [1] an einem Zweitaktmotor realisiert und als "Active Thermo-Atmosphere Combustion" (ATAC) bezeichnet. Oftmals wird dieses Verbrennungskonzept auch "Homogeneous Charge Compression Ignition" (HCCI) genannt. Das HCCI Verbrennungskonzept war in den letzten Jahren Gegenstand einer Vielzahl von Untersuchungen, da nur eine geringe Kenntnis der bei der kontrollierten Selbstzündung ablaufenden Vorgänge existiert. Das HCCI Prinzip ist ein Hybrid aus der konventionellen homogenen Verbrennung und der Kompressionszündung. Wie bei dem Einsatz in Dieselmotoren wird der Kraftstoff hoher Temperatur ausgesetzt, die ihn zur Zündung bringt. Der Kraftstoff wird jedoch nicht wie beim Dieselmotor eingespritzt, sondern es wird während der Einlassphase ein homogenes Kraftstoff/Luft-Gemisch erzeugt. Die Eigenschaften des verwendeten Gemisches sind bei HCCI von großer Wichtigkeit. Wird ein zu fettes Gemisch eingesetzt, erfolgt eine zu rasche Verbrennung und es kommt, analog zum herkömmlichen Ottomotor, zur Klopfproblematik. Ist das Gemisch zu mager, erfolgt nur eine unvollständige Verbrennung oder es kommt zu Fehlzündungen. Daher ist eine genaue Kenntnis der Gemischaufbereitung notwendig. Eine weitere Möglichkeit der Steuerung der Selbstzündung ist der gezielte Einsatz der Abgasrückführung (AGR). Bei der AGR unterscheidet man zwischen interner und externer AGR. Interne AGR ist der Anteil von Abgasen der, im Zylinder verbleibt, externe AGR ist das der Verbrennungsluft wieder im Einlasskanal zugeführte Abgas. Die Abgasrückführung wird in herkömmlichen Motoren zum Teil genutzt, um die Verbrennungstemperatur zu senken und somit der Bildung von NOx entgegenzuwirken. Hierdurch wird allerdings auch die Verbrennungsgeschwindigkeit reduziert und es kann unvollständige Verbrennung auftreten. Damit steigt die Emission von Kohlenwasserstoffen an. Somit ist der Anteil von rückgeführtem Abgas in herkömmlichen Motoren auf 15 bis 25% beschränkt Bei der kontrollierten Selbstzündung hingegen, wird der meist negative Aspekt der AGR in einen positiven überführt, da das heiße Abgas benutzt wird, um das frische Gemisch zu erhitzen. Bei der kontrollierten Selbstzündung ist der Einsatz von bis zu 70% AGR möglich. Dies ermöglicht den Einsatz von ultra-mageren Gemischen, durch die die NOx Bildung weiter gesenkt werden kann.

Messung
In einem optisch zugänglichen Viertakt-Motor wurden während der Kompressions- und Verbrennungsphase LIF-Messungen an Treibstoff-Tracer (3-Pentanon-LIF) und Formaldehyd (Formaldehyd-LIF) durchgeführt. Formaldehyd (CH2O) wird, je nach Treibstoff, in hohen Konzentrationen, bis zum Prozent-Level in der Phase der sog. "kalten Flamme" gebildet und wird beim Fortschreiten der Verbrennung in der "heißen" Verbrennungsphase verbrannt. Es wird also während der Verbrennungsphase in der Brennkammer gebildet und kann dann als Tracer zur Detektion der Grenzen der heißen Verbrennungszonen dienen. Die Formaldehyd-LIF-Messungen dienten zur Beobachtung des Selbstzündungsprozesses. Mit den 3-Pentanon-LIF-Messungen sollte die Treibstoffkonzentration bestimmt werden.

Der HCCI-Motor
Die Experimente wurden in einem optisch zugänglichen Benzin-Motor durchgeführt (siehe Abb.1), welcher mit einem optischen Zugang im Kolben und zwei Fenstern an den Seiten des Zylinderkopfes ausgestattet ist. Zwei Öffnungen für die Einspritzdüsen sind an den Ansaugstutzen angebracht, die das Spray zu den Ventilen hin ausströmen lassen. Eine Zündkerze für den normalen, funkengezündeten Betrieb ist axial in der Mitte des Zylinderkopfes angebracht. Um in diesem konventionellen Motor kontrollierte Selbstzündung zu gewährleisten, wurde die zeitliche Steuerung der Ventil modifiziert, um die interne Abgasrückführung zu verbessern.

Abbildung 1: Skizze vom optischen Versuchsmotor.

Abbildung 2: Verlauf der "heißen" Verbrennung im HCCI-Motor.

Literatur:
[1] J. Lavy, J.-C. Dabadie, C. Angelberger, P. Duret, J. Willand, A. Juretzka, J. Schäflein, T. Ma, Y. Lendresse, A. Sartre, C. Schulz, H. Krämer, H. Zhao, L. Damiano, Innovative ultra-low NOx controlled auto-ignition combustion process for gasoline engines: the 4-SPACE project, SAE 2000-01-1837 (2000).
[2] N. Graf, J. Gronki, C. Schulz, T. Baritaud, J. Cherel, P. Duret, and J. Lavy, "In-cylinder combustion visualization in an auto-igniting gasoline engine using fuel tracer- and formaldehyde-LIF imaging," SAE Technical Paper Series 2001-01-1924 (2001).
[3] P.M. Najt, D.E. Foster, Compression-ignited homogeneous charge combustion, SAE 830264 (1983).
[4] R.H. Thing, Homogeneous charge compression ignition (HCCI) engines, SAE 892068 (1989).
[5] S. Onishi, S.H. Jo, K. Shoda, P.D. Jo, S. Kato, Active thermo-atmosphere combustion (ATAC) - a new combustion process for internal combustion engines, SAE 790501 (1979).
[6] M. Richter, J. Engström, A. Franke, M. Aldén, A. Hultquist, B. Johannson, The influence of charge inhomogeneity on the HCCI combustion process, SAE 2000-01-2868 (2000).
[7] B. Bäuerle, F. Hoffmann, F. Behrendt, J. Warnatz, Detection of hot spots in the end gas of an internal combustion engine using two-dimensional LIF of formaldehyde, Proc. Combust. Inst., 25, 135-141 (1994).