Heinrich Wilhelm von Gerstenberg

 

 

Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur

20. Brief

 

Text
Editionsbericht
Literatur: Gerstenberg
Literatur: Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur

 

Hubers Choix de Poësies Allemandes. – Lieder der Deutschen, eine weitschweifige Untersuchung. – Von der Natur des Liedes. – Vom poetischen Genie.

 

Der Bibliothekar von Belvedere, wie Sie ihn zu nennen belieben, wird sich noch eine geraume Zeit auf dem Gute des Herrn von S**d**lm aufhalten, und Sie können leicht denken, daß ich nicht ermangle, den Umgang dieses außerordentlichen Mannes, an dem ich soviel Geschmack finde, diese Zeit über auf alle mögliche Art zu nutzen. – Gestern fand ich ihn unter den Büchern unsers Freun­des geschäfftig, die er mit großer Lebhaftigkeit aus einan­der warf, einige zur Rechten, andre zur Linken, und zwey oder drey – zu meinem großen Gelächter, da ich eben in die Thüre trat, – gerade durchs Fenster in den Enten-Teich; welche aber auf meine Vermittelung und Vorbitte nachher wieder herausgefischt, und für einen Lucifer, ein Strumpfband, und andre Merkwürdigkeiten von gleichem Schlage erkannt wurden. Ich bat ihn sehr, sich durch mich nicht unterbrechen zu lassen, und war neugierig genug, den Berg zur Rechten zu durchsuchen, – nicht boshaft genug, an dem Schicksal der Unglücklichen zur Linken ein überwiegendes Interesse zu nehmen.

[346] Von meiner Kindheit an, sprach er, bin ich ein Freund der Ordnung, der Uebereinstimmung und des Wohlanständigen gewesen. Den Dummkopf oder Narren an der Seite des vernünftigen Mannes, ein elendes oder zweydeutiges Geschmiere neben einem Werke von entschiedenem Verdienste zu sehen, erregt ganz nothwendig entweder meine Galle, oder meine Milz. Wie könnten Sie z.E. in dem Buche, das Sie da eben in der Hand haben, den bizarren Einfall, einen Herrn von Breitenbauch just à la tête eines Geßner zu stellen, ohne Lächeln, und ohne einen Seitenblick auf die Mishelligkeit der Gruppe zu werfen, in Betrachtung ziehen? – Da haben Sie in zwey Worten das Emblem der meisten Bibliotheken! Die mehresten verrathen einen gewissen wrong side in dem Geschmacke ihrer Sammler; sogar die Sammlung unsers Freundes hat Spuren der tadelhaften Nachsicht! Aber niemand soll sagen, daß ich ein halbes Jahr auf S ** zugebracht habe, ohne mich dem einreißenden Uebel derjenigen Bibliothek zu widersetzen, die mit geringer Mühe das Muster aller übrigen werden könnte. Ein kleiner Anfang ist schon gemacht, wie Sie sehen –

Und die Leichtigkeit, fiel ich ihm ins Wort, mit der Sie eben itzt einigen dieser Mishelligkeiten durch Hülfe des Enten-Teichs abzuhelfen [347] wußten, überzeugt mich, daß Sie die vortrefflichsten Mittel wissen, dem Unfug mit Nachdruck zu steuren und zu wehren. Werden Sie aber, wenn ich fragen darf, dem eben genannten Buche (es war der Choix de Poésies allemandes des Herrn Huber, den ich aufgenommen hatte,) deswegen eine Stelle in der Sammlung unsers Freundes versagen, weil Ihnen der Herr von Breitenbauch ein Aergerniß ist? –

Ich wünschte freylich, antwortete er, daß es von mir abhinge, seine Juden aus diesem Werke, dessen Grundlage die Ehre unsrer Nation seyn soll, herauszuwerfen. Niemand, als Herr Leßing, sollte befugt seyn, jüdische Schäfergedichte zu schreiben. –

Was halten Sie überhaupt von dem Unternehmen des Herrn Hubers?

Wenn ja Dichter zur Prose, und zwar zur Französischen, herabgesetzt werden sollen, so gesteh ich Ihnen, daß kein Sterblicher diesen Versuch glücklicher wagen konnte, als Herr Huber; er, der die Aufmerksamkeit der Franzosen bereits so rühmlich zu fixiren gewußt; er, der das Genie beyder Sprachen mit so vieler Einsicht unterscheidet; er, der die Gränzen der poetischen und der prosaischen Diction mit so vielem Geschmack von einander auszeichnet. Das letzte rechne ich ihm besonders zum großen Verdienst an. [348] Prosaische Uebersetzungen versificirter Originale haben gemeiniglich einen zweydeutigen Ton, weil der Uebersetzer selten die Anmerkung zu machen weis, daß die Basis seiner Arbeit nichts geringers als eine Ersetzung flüchtiger Schönheiten seyn soll. Herr Huber hat geändert, untergeschoben, und ganz ausgestrichen, wo ihm etwas das Gleichgewicht des Numerus, und die Gränzen der Prose aufzuheben schien. Ich lobe seine Entschlossenheit. Nur hätte ich gewünscht, daß er manchen kleinen Zusatz, den blos der Schwung der Versification mit fortgerissen hatte, nicht in der Prose wie isolirt stehen gelassen, sondern die Blöße aus eigner Autorität zu verbergen gesucht hätte: denn was in der letztern eine Schwäche ist, war es nicht immer in der ersteren. Im Ganzen kann ich nicht umhin, bey Gelegenheit dieses Choix de Poésies allemandes mit einigem Stolze von der reichen Charakteristik unsrer Sprache auf die eintönige und seichte Bestimmtheit der Französischen herabzusehen. Wenn Sie diese Bände durchlesen, so werden Sie nie vermuthen, daß der Geßnerische, der Kleistische, der Utzische, der Hagedornische, der Lichtwehrische, der Klopstockische, der Gleimische Stil, jeder sein eignes Gepräge, seinen herrschenden Charakter habe. Da die Französische Sprache keiner [349] Mannigfaltigkeit der Wendungen und Inversionen, keiner Modification der Ton-Arten fähig war: so mußte der Uebersetzer sich die verdrießliche Mühe geben, die verschiednen Original-Gepräge des Stils in eine allgemeine Form umzugießen; und die Miene ist itzt bey allen die nämliche, wie an den Köpfen der nürnbergischen Generals.

Ist Ihnen beym Detail der Stücke nichts Anmerkenswürdiges in die Augen gefallen?

"Falls Sie nicht etwa meine Freude dahin rechnen wollen, daß ich hier einige alte Stücke von Klopstock und Cramer, unter den anonymischen, wieder gefunden habe. – Uebrigens kam es mir lächerlich vor, das Gedicht, der Tabak, abermals unter der Gattung der Dithyramben zu lesen, da doch der Haupt-Ton desselben die Ironie, und das ganze Ding eine bloße Carricatur ist, die allem Ansehen nach keinem andern Gotte, als dem bockfüßigen Apollo der Neuern, seinen Einfluß zu verdanken hat. Eben so wenig weis ich, warum die Hochzeit des Bacchus durchaus eine Dithyrambe seyn soll. Wer hat jemals das Epithalamium Thetidis beym Catull dafür angesehen? Sogar der Attis gehört nur unter die galliambischen Gedichte.

[350] Unter den übersetzten Fabeln sind die Leßingschen die zahlreichsten: und mit Grunde! Nicht blos ihre Simplicität und der Prosa-Vortrag erleichterten, wie Herr Huber meynt, die Uebersetzung; sie waren gewissermaßen, vermöge ihrer Schreibart und ihrer Wendungen, schon im Französischen da, noch ehe sie übersetzt wurden.

Kein deutscher Dichter hat mehr Ursache, mit dieser Sammlung zufrieden zu seyn, als der Verfasser der Kunst stets fröhlich zu seyn, gegen den die Kritik sich so ungerecht bewiesen hatte. Ohne zu erwägen, daß diese kleine Schrift keine Sammlung von Sentenzen nach Englischem Zuschnitt, sondern ein ordentliches System seyn sollte, das der Geschmack, der sittliche sowol, als der dichterische, angeordnet, und ein verfeinerter Epikurismus aufgeführt hatte, – dessen Genius nicht der philosophische Tiefsinn, sondern ein sehr eleganter Witz ist, der, so wie der in den Consolations dans l'Infortune, sich mehr unter dem Französischen als Brittischen Himmel gebildet hat; ohne, sage ich, dieß alles zu erwägen, hatte man den Einfall, didaktische und lyrische Züge mit einander zu vergleichen, und den Ausspruch für die letztern zum Nachtheil der erstern zu thun: eine Kritik, die so sonderbar, und zugleich so lehrreich ist, daß wir, ihr zu[351]folge, den guten Horaz auf einmal um die Hälfte seines Nachruhms bringen können. Itzt steht diese Kunst fröhlch zu seyn, gerade am rechten Orte; und ich müßte mich sehr betrügen, wenn die Französischen Leser nicht höchst vortheilhaft für sie decidiren sollten."

Ich stellte hierauf das Buch des Herrn Huber sorgfältig bey den besten Werken der Neuern hin, und hub die Lieder der Deutschen, die demselben am nächsten lagen, vom Boden auf.

"Ich bin zweifelhaft, sagte der Bibliothekar, (indem er die Augen auf eine lustige Art verkleinerte, wie einer, der etwas sehr Subtiles mit mehr als gewöhnlicher Scharfsichtigkeit beleuchten will,) was ich mit diesen Liedern der Deutschen anfangen soll. Es sind mir deren einige so reizende und vorher noch nicht bekannte in die Augen gefallen; andre sind in einzelnen Stellen mit so vielem Geschmack verbessert; noch andern ist durch eine geringe Veränderung ein so artiger Plan gegeben worden, daß ich nicht satt werden konnte, dieses feine Gebund der Kritik, wofern ich einen Schweizerischen Ausdruck hier anwenden darf, zu lesen und zu bewundern, wenn ich nicht zum Unglück einige andre Seiten bemerkt hätte, von denen mir die ganze Sammlung in einem weit höhern Grade misfällt, als sie mir von jener [352] angenehm gewesen ist. – Doch stille! noch nichts vom Misfallen! Lassen Sie uns erst einige Kleinigkeiten untersuchen, die selbst der Aufmerksamkeit des Herausgebers entwischt zu seyn scheinen."

Wir machten darauf ein paar Gänge in der ausgebognen Allee bey der Grotte des Apollo, und hatten folgende Unterredung.

Der Bibliothekar.

Lassen Sie uns gleich bey dem ersten Liede stehen bleiben:

    Freude, Göttinn, muntrer Jugend,
            Höre mich!
    Laß – –

Ihr Freund.

Eine Minute! wenn ich bitten darf. Daß die Freude die Göttinn muntrer Jugend seyn soll, ist, wo nicht in der Sache, doch in den Worten eine Tautologie. Ueberdem ist der Begriff zu eingeschränkt: denn die Freude ist auch die Göttinn muntrer Alten.

Der Bibliothekar.

Wie wäre es, wenn wir statt muntrer Jugend, edler Herzen setzten?

Ihr Freund.

Vortrefflich! Nur ein edles, ein lasterfreyes Herz ist im Stande, sich zu freuen, und befugt, [353] die Freude als eine wohlthätige Göttinn anzurufen. Geschwind streichen Sie muntrer Jugend aus!

Der Bibliothekar.

Ueberdem werden Sie aus der Folge sehen, daß der Begriff, den ich eingeschoben habe, unentbehrlich ist, da durch dieses Lied der Gegenstand der Freude bestimmt wird, der, wie aus dem Resultat erhellt, nicht die muntre Jugend, sondern das edle Herz ist.

Laß die Lieder, die hier schallen,
Deinen Kindern wohlgefallen –

Ihr Freund.

Wie? Sie scherzen! Steht das da? – Von welchen Kindern ist hier die Rede? Von ihren mythologischen und allegorischen Kindern? von der Jugend? von ihren Anbetern? Und Kinder? Warum nicht gar Säuglinge? – Würde die Idee nicht überhaupt weit schöner seyn, wenn der Dichter etwas zu singen wünschte, das der Freude wirklich Ehre machte, und würdig wäre, ihr selbst zu gefallen?

Der Bibliothekar.

Ohne Zweifel! Der Zusatz:

Was hier tönet, tönt durch dich;

macht ohnedieß die erste Bitte überflüßig: denn wenn der Dichter durch die Freude singt, oder [354] mit andern Worten, durch ihren Hauch begeistert ist, so muß er nicht erst bitten, daß sein Lied ihren Verehrern gefallen möge. Nach Ihrer Idee hingegen kann der Dichter durch den Einfluß der Göttinn wirksam gemacht werden, ohne sich zu schmeicheln, daß er ihr durch etwas anders, als durch seine dankbare Absicht, gefällig seyn werde. Ich mache also einen Strich über

Deinen Kindern wohlgefallen,

und setze auf Ihre Veranlassung

Dich vergrößern, dir gefallen.

Aber weiter!

Holde Schwester süßer Liebe,
    Glück der Welt!

Ich weis gegen diese Zeilen nichts weiter einzuwenden, als daß das Wort Hold hier den Charakter der Freude nicht recht bezeichne, und möchte daher lieber Muntre, oder sonst ein ähnliches Wort setzen. Tochter des Himmels, oder im Hagedornischen Geschmack, Himmelskind, würde mir gleichfalls lieber seyn, als Glück der Welt, wenn nicht dieß letzte ausdrücklich da stünde, um in einer Parenthese von anderthalb Strophen gerechtfertigt zu werden. –

Ihr Freund.

[355] Eine Parenthese von anderthalb Strophen in einem Liede? Ists möglich? Kann der Dichter daran gedacht haben, daß Parenthesen sich selten, am allerwenigsten aber in Lieder-Melodien, die von der Symmetrie der Strophen eine neue Einschränkung erhalten, durch den Gesang ausdrücken lassen? Und noch dazu eine so ungeheure Parenthese! Corrige sodes! Aber erst lassen Sie mich sie hören, diese Parenthese!

Der Bibliothekar.

(Denn was kann in unserm Leben
Uns des Glückes Göttinn geben,
Was man nicht durch dich erhält?

Stumme Hüter todter Schätze
    Sind nur reich.
Dem, der keinen Schatz bewachet,
Sinnreich scherzt, und singt, und lachet,
Ist kein karger König gleich.)

Ihr Freund.

In meinem Leben hätte ich nicht geglaubt, daß Hagedorn sich so verworren hätte ausdrücken können! In unserm Leben! Welche cheville! Was kann uns die Göttinn des Glücks geben, was man nicht durch die Göttinn der Freude erhält? – Wie so? Durch ihre Vermittelung? oder als das Instru[356]ment des Glückes? Keines von beyden! Aber ich merke schon, was der Dichter hat sagen wollen. Die Gaben des Glückes selbst verlieren ihren Werth, wenn die Freude sie uns nicht genießbar macht. Warum mußte er sich denn so links ausdrücken?

Der Bibliothekar.

Mir fällt gleich eine Verbesserung ein! Die Freude muß unsrer Empfindung Nerve und Kraft geben, um das Glück schätzen zu können; sie ist der wesentlichste Theil unsrer irdischen Glückseligkeit, und die edlere Hälfte unsers Lebens. Wenn sie nicht der unschätzbare Gewinn wäre, den wir der milden Vorsorge des Himmels zu danken haben, was könnte das Glück uns wol wünschenswürdiger darbieten? Dieß drücke ich, wenn es Ihnen beliebt, in Versen also aus:

Kraft der Seelen! halbes Leben!
Ach! was kann das Glück uns geben,
Wenn man dich nicht auch gewinnt?

Allein, ich habe noch einen andern Einwurf wider die obige Parenthese. Sie macht den Plan des Liedes zu sichtbar, den der Dichter auf alle Weise verstecken sollte. Lassen Sie die Parenthese weg, Hagedorn; und das ganze bleibt das nämliche; es wird durch die Vermeidung einer ängstlichen Methode sogar ein [357] noch schöneres Ganze, weil es lyischer wird. Die folgende Strophe kann also immer beybehalten werden, wenn gleich hinter der letzten Zeile kein Häkelchen steht.

Gib den Dichtern, die dich ehren,
    Neue Glut!

Ihr Freund.

Warum nur den Dichtern? Warum nicht überhaupt denen, die dich zu ehren wissen, den Kennern?

Der Bibliothekar.

So fiele Glut weg: denn Sie sehen wohl, daß die Rede von der Dichter-Glut ist.

Ihr Freund.

Eben darum! Ich mag diese Glut hier nicht dulden; sie sagt mir zu viel. Hagedorn braucht ja sonst das Wort Muth für Lebhaftigkeit: warum nicht hier, wo es so angemessen seyn würde?

Der Bibliothekar.

Neue Schönheit gib den Schönen
Neuen Scherz den jungen Söhnen,
Und den Vätern junges Blut.

Ich lese diese Stelle eben so lieb so:

Neuen Scherz den regen Zungen
Neue Fertigkeit den Jungen,
Und den Alten neues Blut.

[358] Sie haben die Wahl, wenn Ihnen das erste besser gefällt.

Ihr Freund.

Nichts weniger! Ich danke Ihnen für Ihre Lesart; sie scheint mir noch Hagedornischer, als die Hagedornische. Die regen Zungen geben ein naives Bild der geselligen Freude; die ganze Stelle ist wirksamer, malerischer und interessanter.

Der Bibliothekar.

Aber fliehe der Bacchanten
Unvernunft!

Ihr Freund.

Die Unvernunft der Bacchanten? Ich weis freylich, daß die wilde Freude der Bacchanten etwas Unvernünftiges ist: aber warum werden diese beyden Begriffe hier mit einander verbunden, da nicht die Weisheit der Freude, sondern ihre Sittlichkeit der Inhalt der vorigen Strophen gewesen ist? Vermuthlich wird der Dichter uns in den folgenden Strophen lehren, daß die Freude einen eben so mächtigen Einfluß auf den Verstand, als auf das Herz habe. –

Der Bibliothekar.

Sie irren sich. Ich habe Ihnen den Anfang der letzten Strophe hergesagt. Wenn Sie [359] es aber verlangen, so kann man diese Zeilen leicht ändern: denn was Sie eben sagten, scheint einen sehr guten Sinn zu geben. Ich will also das Fliehe erst nachher setzen, und die Schluß-Strophe so lesen:

Du erheiterst, holde Freude,
    Die Vernunft.
Flieh, auf ewig, die Gesichter
Aller finstern Splitter-Richter,
Und die ganze Heuchler-Zunft.

Ueberhaupt fügen sich hier die Begriffe besser zusammen, als in der vorigen Lesart, weil die finstern Gesichter der Verläumder und der Heuchler den Mangel der Freude voraussetzen, die ihre Vernunft nicht genug erheitert hatte, um sie über jene kleine Tücke und Verstellungen hinwegzusetzen. Die Bacchanten hingegen stehen hier ohne Noth, und wie ungerufen. – Sehen Sie aber nur aus dieser flüchtigen Probe, wie leicht es ist, einem ganzen Liede durch wenige Veränderungen und Zusätze eine neue Gestalt zu geben."

Ich freute mich nicht wenig, daß ich wider mein Wissen so viel zur Verbesserung desselben beygetragen hatte; und da wir einmal im Train waren, brachten wir eine Menge neuer Lesarten zusammen, die ich, um sie nicht zu ermüden, hier schlechtweg hinter einander hersetzen will.

[360] S. 67.
Der Vorwitz alles Ding zu wissen,
Der Liebesgeist, die Sucht zum Küssen.

Besser:
Die Regung mütterlicher Triebe,
Der Fürwitz und der Geist der Liebe.

Jenes ist platt und prosaisch, dieses edler, wohlklingender und satyrischer. Die mütterlichen Triebe, eine schalkhafte Anspielung.

S. 110.
Und voll Verzweiflung sterben,
Sich martern und dann sterben.
S. 111.
Was soll ich länger auf der Welt?
Itzt sterb ich, spricht er, als ein Held:
Und läßt sich Kapwein reichen.
Er öffnet eine Flasche Wein,
Und läßt, des Giftes voll zu seyn,
Sich noch die zweyte reichen
.

Der Zug, des Giftes voll zu seyn, hatte zwar noch nicht völlig unsern Beyfall, weil er über die Schranken der Ironie hinausgeht: wir glauben aber doch, daß unsre drey Zeilen artiger wären, als die im Original, und hielten es für einen geringern Fehler, einer kleinen Uebertreibung, als einer gar zu abstechenden Veränderung des Tons, schuldig zu seyn.

Drauf holt er Schemel, Nagel, Strick:
Ein leichter Tod das größte Glück!
Warum bedacht ich dies nicht eher?
Hier kann die Stolze, wenn sie will,
Mich schweben sehen, sagt Pedrill:
Und hängt sein Bildniß höher.

[361] Ein eben so unerwarteter, als burlesker Einfall, der in dieß Lied gar nicht hineinpaßt. Ethischer und charakteristischer so:

Hernach verflucht er sein Geschick,
Und holet Schemel, Nagel, Strick,
Und schwört, nun soll die That geschehen.
Doch, ach! was kann betrübter seyn?
Der Strick ist schwach, der Nagel klein,
Der Schemel will nicht stehen.

S. 176.
Lieber will ich Klagen führen,
Als die Laute gar nicht rühren.

misfiel dem Bibliothekar wegen des prosaischen Ausdrucks. Er setzte dafür:

Ich will lieber deine Schmerzen,
Als nicht küssen, und nicht scherzen.

Ich glaubte, die Verbesserung wäre ein wenig undeutlich, wegen der mit dem Begriff der Küsse und des Scherzes verbundenen Schmerzen: er läugnete dieses, und sagte, wenn wir ja noch etwas ändern wollten, so könnte es des Wohlklangs halber Lieber will ich statt ich will lieber heißen.

S. 243.
Zwar hat die Lieb uns früh verbunden:
Doch opfern wir ihr alle Stunden
Von unsrer ganzen Lebenszeit.
Zwar sind wir jung, und lernen beyde –

[362] Besser:
Der Liebreiz, der uns früh verbunden,
Beschäfftigt unsre frohen Stunden,
Und bringt dich wieder, güldne Zeit!
Zwar lehren wir, und lernen beyde –

S. 244.
Nichts übertreff' ihn, als die Nacht:
Wo Phyllis kömmt, mir voll Entzücken
Die Küsse zehnfach aufzudrücken,
Um welche mich der Tag gebracht.

Wo Phyllis kömmt ein nicht angenehmes Bild. Küsse aufdrücken eben so wenig. Schlauer und artiger:

Die Zeit erwünschter Finsternisse,
Die wacher Schönen stille Küsse
Den Müttern unerforschlich macht.

Unerforschlich, nicht als ob die Mütter sie nicht erforschen könnten, sondern weil die Nacht ihren Schleyer darüber zieht.

Das Refrain in dem Liede: Die Spröden S. 307:

Endlich aber glaubet man,
Daß man sie gewinnen kann;

kann naiver und körnichter so lauten:

Dennoch sagt und glaubet man,
Daß man sie erbitten kann.

[363] Endlich setzt eine künftige Zeit voraus, welches unnöthig ist. Erbitten drückt mehr aus, besonders an diesem Orte, als gewinnen.

Alle diese Stellen, und noch viel mehrere von geringerer Erheblichkeit, sind aus dem einzigen Hagedorn. Ich wunderte mich, und Sie haben Ursache, über mich zu lachen, daß der wegen seiner Correction so gepriesene Hagedorn so schwache Verse hätte können stehen lassen, die wir doch auf der Stelle und mit der größten Leichtigkeit zu verbessern gewußt, – als unser Bibliothekar seinen Muthwillen nicht länger aufhalten konnte, und laut zu eclatiren anfing.

"Merken Sie denn noch nicht, sagte er, daß alle Ihre vermeynten Verbesserungen blos wiederhergestellte Lesarten aus dem Hagedorn sind, die wir den unbefugten der Berlinischen Ausgabe untergeschoben haben?" Er brachte mir darauf die Hagedornischen Lieder, und ich sah, zu meiner Verwunderung und nicht geringen Beschämung, daß  der Hamburgische Chaulieu schon längst eben so tief gesehen hatte, als ich, der ich ihn zu meistern glaubte. Mich so anzuführen? –

"Ich will Sie nicht überreden, fuhr er fort, daß die neuen Aenderungen und Zusätze alle so bequem aus ihren Originalen verbessert wer[364]den können. Selbst in den Hagedornischen Liedern, die sonst so fleißig gefeilt, und mit der äußersten Feinheit des Geschmacks ausgearbeitet sind, finden sich Stellen, wo die lima des Berlinischen Herausgebers nicht ohne Erfolg thätig gewesen ist: besonders haben die Lieder des Herrn Weiße eher dabey gewonnen, als verlohren; und wenn uns andere nicht mehr ganz schlecht scheinen, haben wir es blos ihrer Palingenesie zu danken: dennoch" –

Es freuet mich, unterbrach ich ihn, daß Sie dieser Meynung sind. Ich halte dafür, der Herausgeber würde uns einen großen Dienst gethan haben, wenn er mehrere dieser mittelmäßigen oder ganz schlechten Originale durch seine Kunst aufzustutzen gesucht hätte; wenigstens hat mich sein glücklicher Versuch ermuntert, gleichfalls Hand anzulegen, und ich wünschte, daß Ihnen folgendes Schnörkel mit meinen Correctionen des Sylbenmaaßes und des Wohlklangs gefallen möchte.

       Das geraubte Band.

Kannst du mich so sehr beschämen?
Mir das Pfand der Liebe nehmen?
Wandelbarer Lykophron!
Dient die Unschuld einer Taube
Ihr zum Schimpf und dir zum Raube?
Ist dieß meiner Treue Lohn?

[365] Frägst du noch, warum ich zürne?
An Euphrosymenens Stirne
Sah ich das geraubte Band.
Um der Schläfe Kranz gewunden,
Hab ich es bey ihr gefunden,
Und es alsobald erkannt.

An dem Rande sah man Blätter,
An den Enden Liebesgötter,
Und die Mitte schmückt' ein Strauß.
Roth und blau war es durchzogen;
Schöner, als ein Regenbogen,
Sah mein Band mit Farben aus.

Denke nur, untreuer Hirte,
Wie du mir bey jener Myrthe
Zärtlich Hand und Herz geweiht!
Denk, o denk der falschen Thränen,
Denk an dein verstelltes Sehnen
Und an den gebrochnen Eyd!

Allen Schäfern will ichs sagen,
Allen Nymphen will ichs klagen,
Daß sie deinen Leichtsinn schmähn.
Falscher! fleuch zu deiner Dirne;
Nimmer sollst du meine Stirne
Ohne Zorn und Wehmuth sehn!

Das Wort Wehmuth in der letzten Zeile werde ich gegen ein anderes vertauschen; es ist mir zu spät eingefallen, daß nicht die Stirne, sondern die Augenlieder der Sitz der Wehmuth [366] sind. Um übrigens von dem, was ich in diesem Liede geleistet habe, besser urtheilen zu können, muß ich Ihnen sagen, daß es im Original ein paar Strophen mehr hat, die ein bloßer Auswuchs der Description und müßiger Klagen sind, welche das Ganze nur zweydeutig machten, und ihm die Simplicität nahmen. Die Namen Lykophron und Euphrosymene sind wohlklingender, als Seladon und Doris. Die dritte Strophe fing sich an:

An den Ecken waren Zanken,
In der Mitte grüne Ranken,
Und darauf ein Blumenstrauß.

Das Wort Dirne habe ich stehen lassen, um das Alter dieses Liedes einigermaßen anzudeuten: anstatt ohne Zorn und Falten habe ich aber ohne Zorn und Wehmuth gesetzt, theils, weil die Falten einen widrigen Doppelsinn machen, theils, um von dem Schäfer-Charakter nicht zu weit abzuweichen. Nymphen in eben dieser Strophe gefällt mir besser, als Schönen; wie denn auch die Berlinische Sammlung anstatt

Hier sind Rosen, hier ist Wein!

gar recht lieset:

Hier sind Nymphen, hier ist Wein!

[367] "Und gewiß, sagte der Bibliothekar, mit einer tiefen Verbeugung, die mich aus aller meiner Fassung brachte, Sie sind Ihrem Vorgänger, der

Daselbst macht Platz und Raum, und einreißt für und für,
Wo schwacher Boden ist –

mit dem besten Omen von der Welt gefolgt; aber, leider! es ist zu spät! er ist Ihnen einmal schon zuvorgekommen!

Thou, like the hindmost chariot-wheels, art curst
Still to be near, but ne'er to be the first!

Inzwischen wäre es nicht übel, wenn Sie mit dieser gesegneten Arbeit fortführen, und, so wie der B. Kunstrichter sich Mühe gegeben hat, einige gute Stücke durch seine Einschiebsel zu schwächen, Sie dagegen den Entschluß faßten, unsre mittelmäßigen und ganz schlechten Lieder durch eine kleine Beyhülfe Ihres Grabstichels wieder in guten Ruf zu bringen. Ich freue mich über diese reizende Aussicht!

      Your Picture in the front
With bays and wicked rhyme upon't!

Verzeihen Sie mir meine Aufwallungen;

'Tis expectation makes a blessing dear."

Sie wollten mir also, gab ich ihm mit einiger Empfindlichkeit zur Antwort, zu verstehen [368] geben, daß das Project des Berlinischen Herausgebers mich weniger hätte intereßiren sollen? Ich begreife in der That nicht, womit Sie Ihr sprödes Vorurtheil rechtfertigen wollen? Einmal ist es gewiß, daß er, wo nicht immer, doch an den meisten Stellen eine unendliche Delicatesse gezeigt hat; und ich dächte, wir hätten auf alle Weise Ursache, ihm verbunden zu seyn, daß er die Mühe übernommen, unsern jungen Dichtern eine Auswahl von Meisterstücken vorzulegen, nach denen sie ihren Geschmack prüfen, ihre Einsichten verbessern, und ihr Genie bilden können: ein Vortheil, den wir nicht für eitel oder gering halten dürfen, da es unstreitig ist, daß verschiedene Stücke, auch der besten Dichter, bald durch ihre Weitschweifigkeit, bald durch die Unrichtigkeit ihres Plans, bald durch Nachläßigkeiten und Ungleichheiten im Ausdruck, bald durch andere Kleinigkeiten fehlerhaft waren. Viele dieser Kleinigkeiten zusammengenommen sind so sehr der Tod eines Liedes, daß, um Ihnen eine Sentenz zurückzugeben,

Nec vigor, et vires, et quae modo visa placebant,
Nec corpus remanet.

In der Berlinischen Sammlung hingegen ist man sicher, auf keine Leichname von dieser Art zu stoßen. Da giebt es keine von den Oden, [369] die nicht aufhören können; die ihre ganze Materie zu erschöpfen drohen; keine von den Oden mit epigrammatischen Schlußfällen, wo man schon bey der dritten Zeile anfängt, einen sehr glänzenden Schluß für die achte Zeile vorzubereiten, (eine symmetrische Art zu denken, die der Begeisterung gänzlich zuwider ist); keine von den Oden, bey deren Verfertigung der Dichter gar an keinen gewissen Hauptplan gedacht hat, und wo es, wie Addison von einigen Engländischen Oden sagt, besser gewesen wäre, wenn man aus jeder einzelnen Strophe ein ganzes Lied gemacht hätte; keines von den Vaudevillen, die zu lang sind, und sich pöbelhaft aufführen; kein einziges, das nicht den strengsten Forderungen Genüge thäte. Sogar die aus unsern ältern Dichtern adoptirten haben itzt mehr als Eine Seite, von der sie sich empfehlen. Was meynen Sie, ist das ein verächtliches Geschenk? Ich wünschte, wir hätten in jeder Gattung der schönen Litteratur Sammlungen, deren Wahl so glücklich wäre; die Ehre der Nation würde sicherlich nicht darunter leiden –

"Aber um desto mehr das Vergnügen der Kenner, denen die Geschichte des Geistes zu wichtig ist, als daß sie begierig seyn könnten, diese Mode eingeführt zu sehen. Wo bleibt [370] der Charakter des Dichters, wenn ich bey jedem Schritt befürchten muß, nicht ihn, sondern seinen allzu zärtlichen Kunstrichter zu sehen? Es ist wahr, Anfänger mögen dem letztern mehr als Einen Dank schuldig seyn; sie lernen wirklich etwas, – unter andern, ihre Vorgänger verachten, und gute Werke mit unnöthigen Correctionen überschwemmen. Ich wäre vielleicht weniger strenge gegen den Berlinischen Sammler, wenn es nicht allzu sichtbar wäre, daß dieser Kitzel, sich durch die eigenmächtige Umarbeitung berühmter Poesien einen Namen zu erwerben, täglich weiter um sich greift, und uns in dem nachahmenden Deutschland zuletzt gar um die wenigen Originale bringen wird, die wir noch aufzuweisen haben. Viele vortreffliche Lieder sind schon itzt nach ihrer ursprünglichen Gestalt ganz unbekannt geworden; wir wissen, um mit dem Vorberichte zu reden, ach ja, wir wissen schon aus der Erfahrung, daß der Liebhaber der Musik die Lieder seiner Nation nach seiner eigenen Weise singt, und diese Weise zu singen andern mittheilt. Eine weit mißlichere Erfahrung möchte es seyn, ob sich aus dem Stillschweigen unserer lyrischen Dichter schließen lasse, daß sie auf diese Sucht neuer Weisen nicht ungehalten sind, und ob sie ihr eigenes Gefühl so sehr verläugnen, daß sie sich [371] überreden, eine jede Veränderung müsse eben darum die beste seyn, weil sie die neueste ist. Wenigstens begreife ich nicht, was einen guten Kopf bewegen soll, seine Erfindungen in die Welt zu schicken, wenn er voraus sieht, daß er sie nach kurzer Zeit sich selbst nicht mehr werde zueignen können.

Und auf der andern Seite – was kann wol unbeträchtlicher seyn, als der Aufwand, den man zu machen hat, um ein Ideal, welches schon da ist, von Zeit zu Zeit mit ein paar Verschen auszuzieren? Was sind unsere neuesten Verbesserer gegen Pope, der auf den veralteten Canevas des Donne und Chaucer ganz originale Figuren von der bewundernswürdigsten Zeichnung und Colorite überzutragen wußte? Und doch, welchen Dank hat sich Pope durch diese Arbeiten bey seiner Nation verdient? –

Auch darinn gehen Sie viel zu weit, wenn Sie behaupten, die B. Lieder-Sammlung thue den strengsten Forderungen ein Genüge, und enthalte lauter Muster, nach denen sich der Geschmack und das Genie junger Dichter bilden könne. Der Vaudevilles, selbst der mittelmäßigen, sind noch immer zu viel, und andere Stücke, die für Lieder zum Singen ausgegeben werden, sind niemals Lieder gewesen.

[372] Nicht? davon möchte ich Ihre Beweise hören. –

"Ich schmeichle mir, daß Sie sie dafür erkennen werden. Ich muß Ihnen also voraus sagen, daß die Theorie der lyrischen Dichtkunst meines Erachtens unter allen Theorien eine der mangelhaftesten sey. Die Frage: was kann gesungen werden? haben unsere Kunstrichter vorlängst beantwortet; auch ist nichts leichter zu sagen, als daß Wahrheiten und Träume, Ernst und Scherz, Lob und Tadel, Einsamkeit und Gesellschaft, Liebe und Unempfindlichkeit, Freundschaft und Zwietracht, Freude und Leid, Glück und Widerwärtigkeit, ein jedes Alter, ein jeder Stand der Menschen, was wir wissen und empfinden, mit einem Worte, fast Alles unter das Gebiet des Liedes gehöre. Nur auf die Frage: wie sollen alle diese Dinge gesungen werden? und wodurch werden sie das bestimmte Subject des Gesanges? bemerkt man ein tiefes Stillschweigen. Es ist hier nicht genug, zu sagen: weil die lyrische Poesie zum Singen gemacht, die Musik aber ein Ausdruck der Empfindungen durch unartikulirte Töne sey; so müsse die lyrische Poesie ein Ausdruck der Empfindungen durch artikulirte Töne oder Worte seyn. Nicht ein jeder Ausdruck der Empfindungen ist sangbar, und das Verhält[373]niß der Empfindungen zum Gesange ist von den Empfindungen selbst sehr unterschieden. Noch weit weniger wahr ist es, wenn jemand spricht, die lyrische Poesie könne als eine Poesie beschrieben werden, die die Empfindungen ausdrückt; man dürfe nur eine singende Versart hinzuthun, so habe sie alles, was zu ihrer Vollkommenheit nöthig ist. Was sollte jemanden, der nicht durch die Gewalt des Vorurtheils, der Gewohnheit, oder wol gar nur durch den Bewegungsgrund jenes Müßiggängers beym Dryden:

He whistled as he went, for want of thought;

verführt wird, was, sage ich, sollte ihn wol veranlassen, folgende Ausdrücke der Empfindungen im lyrischen Sylbenmaaße lieber zu singen, als zu lesen oder zu recitiren?

Und fehlten dir der Schönheit holde Gaben,
So machte mich dein seltner Geist beglückt;
Und solltest du so feinen Witz nicht haben:
Mich hätte doch der Glieder Pracht entzückt.
Der reiche Geist, die göttliche Gestalt
Ward dir vertraut, zu leben und zu lieben.
Geliebtes Kind, todt werd ich mich betrüben,
Wenn nicht dein Blut für mich aus Liebe wallt.   S. 301.

[374] Komm an den freundlichen Kamin!
Mit unsparsamer Hand
Thürm' ich den jungen Buchenwald
Zu hellen Flammen auf.   S. 341.

Diese und unzählig andere Stellen können ihre großen Schönheiten haben: aber der Begriff eines Liedes scheint mir auf eine sehr zufällige Art damit verbunden zu seyn. Ich will Ihnen ganz ungezwungen sagen, worinn meiner Meynung nach, und so fern ich die Sache begreife, der Misverstand bestehe, und woher er entsprungen sey.

Die Musik kann und muß nur allgemeine Ideen ausdrücken, und diese Ideen müssen Empfindungen seyn. In der Rhapsodie des zweyten Theils der Krause- und Rammlerischen Oden-Melodien hören Sie den Tritt der Elephanten, das Gemurmel der Bäche, den Gesang der Nachtigall, sogar das Wallen der Saaten. Spielen Sie das Ganze ohne die darunter geschriebene Erklärung; und Sie haben nichts gehört. Es ist ohne Charakter, es ist lauter Detail. Im höhern oder geringern Grade ist dieser Fehler allen übrigen Singstücken der nämlichen Gattung eigen, je nachdem sie sich mehr oder weniger von dem allgemeinen Haupttone der Leidenschaft entfernen.

[375] Folglich drückt sich nicht jeder Gegenstand der Empfindung durch den Gesang aus; sondern die Empfindung selbst, in welche die verschiedenen Gegenstände zusamnenfließen, löst sich in Töne auf, und wird der simple und einfache Gesang der Natur. Das Schmachten der Liebe, ihre Schmeicheleyen, ihre Schmerzen, ihre Wallungen, u.s.w. das Object mag ein schönes Mädchen, oder eine Weinflasche seyn! – nicht die darinn concentrirten und untergeordneten Begriffe! –

Prüfen Sie nach dieser Idee unter andern unsere heutigen Opern-Arien, und Sie werden sich sogleich eine Ursache angeben können, warum Ihnen die wenigsten, bey aller Schönheit der Melodie, und bey der reichsten Fülle der Harmonie, einige Genüge thun: merken Sie aber zuleich, daß ich den Gesang, der ein bloßer Ausbruch der Empfindung ist, von melodischen Gängen unterscheide, die nur ein rhythmisches und wohlklingendes Schema der Recitation und Declamation enthalten. Diese sind nichts als die schöne Natur der menschlichen Töne beym Ausdruck aller Arten von Begriffen, – sind dem, was ich vorher den Gesang der Natur, oder die unmittelbare melodische Sprache allgemeiner Empfindungen nannte, so wenig wesentlich, – und hangen so sehr von National-Sprachen ab, daß sie [376] sich wirklich, wie schon Addison angemerkt hat, auf mehr als eine Art erklären lassen, und dem Herzen, überhaupt genommen, ganz unverständlich werden. Zu dieser declamatorischen Art des Ausdrucks gehören die Melodien auf alle diejenigen Lieder, in denen der einfache Hauptton der Empfindung nicht herrscht, den ich von einem wahren Liede, so wie die Natur dasselbe hervorbringt, erfordert habe. Der Gesang ist hier also eine blos willkührliche Begleitung, und kann es in eben der Bedeutung auch für Epopöen, Tragödien, Comödien, didaktische Gedichte, landschaftliche Gemählde, und dergleichen seyn. Ich frage Sie aber, wenn von derjenigen Gattung des Liedes die Rede ist, die der Geschmack par excellence von andern Arten der Dichtkunst unterscheidet, ob es erlaubt sey, diesen Begriff so weit auszudehnen? Wenigstens haben wir dem Mangel, oder, wenn Sie es lieber so nennen wollen, der Nachsicht des Geschmacks in diesem Punkte viele der unbestimmtesten und schlechtesten Lieder-Melodien beyzumessen; und ich leite die Ueberschwemmungen mittelmäßiger lyrischer Dichter aus eben der Quelle her."

Aber so bringen Sie uns ja auf einmal um mehr als die Hälfte unserer witzigsten und reizendsten Lieder, die bisher mit [377] Recht für Meisterstücke der lyrischen Dichtkunst sind gehalten worden? –

"Gar nicht! Sie können immer sehr vortrefflich seyn, wenn sie gleich im eigentlichen Verstande keine Lieder sind. Ich habe auch nicht das geringste dawider, wenn Sie diese Poesien singen wollen. Nur müssen Sie mir einräumen, daß Sie sich alsdann etwas ganz anders bey einem Liede denken, als ich; und daß ich nach meinem Begriffe befugt sey, viele Lieder in der Berlinischen Sammlung für keine Lieder zu erkennen. Meine Grundsätze sind übrigens bey weitem so neu oder sonderbar nicht, als sie Ihnen vielleicht itzt scheinen mögen. Der Guardian hatte schon empfunden, daß die Franzosen gar oft Lieder und Sinngedichte mit einander verwechseln; und Vater Hagedorn bestätigt dieses, indem er sagt, daß die zu epigrammatischen und zu sinnreichen Einfälle des spielenden Witzes dem Charakter der Oden und Lieder zuwider sind. Eine noch wichtigere Instanz ist mir der Ausspruch Herrn Klopstocks, der zufolge die Lehrode den Charakter des geistlichen Liedes aufhebt. Die ihm widersprochen haben, bewiesen, daß sie ihn nicht verstanden. Stellen Sie sich eine Gemeine von hundert Personen vor, deren jede auf folgende Art singt:

[378] Du klagst, o Christ, in schweren Leiden,
Und seufzest, daß  der Geist der Freuden
Von dir gewichen ist.
Du klagst und rufst: Herr, wie so lange?
Und Gott verzeucht, und dir wird bange,
Daß du von Gott verlassen bist.
    –   –   –
Zag nicht, o Christ, denn deine Schmerzen
Sind sichre Zeugen beßrer Herzen,
Als dir das deine scheint.
Wie könntest du dich so betrüben?
            u.s.w.

Ist nicht die erste Anmerkung, die man machen muß, diese? Wer ist denn der Christ, den alle diese Leute auf einmal ansingen? Wer ist der Lehrende? wer der Lernende? Und wenn jeder einzelne Sänger niemand als sich selbst meynt, wozu eine so wunderbare Wendung? – Die gleiche Anmerkung findet bey allen Arten von Liedern statt, die blos Lehren vortragen; und Klopstock behauptet also mit Recht, daß diese Lehren nicht Sentenzen, sondern Empfindungen seyn sollen.

Lassen Sie mich aus meinen Grundsätzen noch eine Folgerung auf die höhere Ode ziehen. Sie äußert sich nicht durch einfache, sondern durch begeisterte, und eben darum zusammengesetzte Empfindungen, welche eine symmetri[379]sche Strophen-Melodie auszuschließen scheinen. Der Gesang muß inzwischen ihr herrschender Ton seyn, und darum ist ihr nichts so sehr zuwider, als familiärer Ausdruck, und Wendungen der Prose. Horazens carmina sind mehrentheils wirkliche Oden; seine Epoden hingegen sind nur sermones im lyrischen Sylbenmaas. Diesen Unterschied kann ich Ihnen nicht besser begreiflich machen, als durch folgende sogenannte Ode des Engländers Cowley, bey der Sie sich des Lachens nicht werden enthalten können, so bald Sie den Begriff der Ode hinzudenken. Ich wähle eine Uebersetzung der Horazischen Ode Inclusam Danaën turris ahenea, die eben keinen besondern Schwung hat, damit Sie noch deutlicher durch die Gegeneinanderhaltung abnehmen können, wie die Familiarität des Stils dasjenige burlesk mache, was durch den Ton des Gesanges lyrisch war.

                        1.
A Tower of Brass, one would have said,
And Locks, and Bolts, and iron Bars,
And Guards, as strict as in the heat of Wars,
Might have preserv'd one innocent Maiden-head.
The jealous Father thought he well might spare
    All further jealous Care,
And as he walkt, t'himself alone he smil'd,
    To think, how Venus Arts he had beguil'd;
    And when he slept, his rest was deep,
But Venus laugh'd to see and hear him sleep.
    [380] She taught: the amorous Dove
    A magical receit of Love,
Which arm'd him stronger, and which help'd him more,
Than all his Thunder did, and his Almightyship before.

                        2.
She taught him Love's Elixar, by which Art
His Godhead into Gold he did convert,
    No Guards did then his Passage stay,
    He pas'd with Ease; Gold was the Word.
Subtle as Lightning, bright and quick and fierce,
    Gold trough Doors and Walls did pierce;
And as that works sometimes upon the Sword,
    Melted the Meaden-head away,
Even in the secret Scabbard where it lay.
    The prudent Macedonian King,
To blow up Towns, a golden Mine did spring.
    He broke trough Gates with this Petar:
'Tis the great Art of Peace, the Engine 'tis of War;
    And Fleets and Armies follow it afar.
The Ensign 'tis at Land, and 'tis the Seaman's Star.

                        3.
Let all the World Slave to this Tyrant be,
Creature to this disguised Deitie,
    Yet it shall never conquer me.
A Guard of Virtues will not let it pass,
And Wisdom is a Tow'r of stronger Brass.
[381] The Muses Lawrel round my Temples spread,
'T does from this Lightnings Force secure my Head.
    Nor will I lift it up so high,
    As in the violent Meteors Way to lye.
Wealth for its Power do we honour and adore?
The Things we hate, ill Fate and Death, have more.

                        4.
From Towns and Courts, Camps of the Rich and Great,
The vast Xerxean Army I retreat,
And to the small Laconick Forces fly,
    Which holds the Straights of Powerty.
Cellars and Granaries in vain we fill
    With all the bounteous Summer's Store,
If the Mind thirst and hunger still,
    The poor rich Man's emphatically poor.
    Slaves to the Things we too much prize,
We Masters grow of all that we despise.

                        5.
A Field of Corn, a Fountain and a Wood
    Is all the Wealth by Nature understood.
The Monarch on whom fertile Nile bestows
    All which that grateful Earth can bear,
    Deceives himself, if he suppose
    That more than this falls to his Share.
Whatever an Estate does beyond this afford,
    Is not a Rent paid to the Lord;
[382] But is a Tax illegal and unjust,
Exacted from it by the Tyrant Lust.
    Much will allways wanting be,
To him who much desires. Thrice happy he,
To whom the wise Indulgency of Heaven
    With sparing Hand but just enough has given!

Da ich sehe, daß diese Ode die erwartete Wirkung auf Sie thut, und Cowley, so viel ich weis, selbst als pindarischer Dichter, und als Dichter der Davideis, noch niemals von seiner <charakteristischen> Seite beleuchtet worden; so lesen Sie noch folgendes Liebeslied:

        Womens Superstition.

                        1.
Or I'm a very Dunce, or Womandkind
Is a most unintelligible Thing:
I can no Sense, nor no Contexture find,
   Nor their loose Parts to Methods bring;
   I know not what the Learn'd may see,
   But they're strange Hebrew Things to Me.

                        2.
By Customs und Traditions they live,
And foolish Ceremonies of antique Date.
We Lovers new and better Doctrines give:
   Yet they continue obstinate;
   Preach we, Love's Prophets, what we will,
   Like Jews they keep their old Law still.

                [383] 3.
Before their Mother-Gods they fondly fall.
Vain Idol-Gods that have no Sense nor Mind:
Honour's their Ashtaroth, and Pride their Baal,
   The thundring Baal of Womankind,
   With twenty other Devils more,
   Which they, as we do them, adore.

                        4.
But then, like Men, both covetous and devout,
Their costly Superstition loth t'omit,
And yet more loth to issue Moneys out,
   At their own Charge to furnish it:
   To these expensive Deities
   The Hearts of Men they sacrifice.

Sie sehen, was man alles zur Classe der Lieder hinüberziehen kann, wenn man will. Können Sie noch in dem Wahne beharren, daß etwas dadurch lyrisch werde, weil man es singt?"

Sie machen mich wirklich zweifelhaft, versetzte ich; aber doch werde ich mir nicht getrauen, einen Grundsatz anzunehmen, der, anstatt das Gebiet der lyrischen Dichtkunst zu erweitern, dasselbe nur noch mehr einschränkt. Sie wissen, was man gegen Grundsätze dieser Art eingewandt hat. –

"Ich bedaure, antwortete er mir mit einem Achselzucken, daß ich nicht gelehrig genug bin, mich nach diesem Gesetze zu bequemen. Meine [384] Absicht ist nicht, Ihnen ein System daherzumachen; ich erzähle Ihnen ganz offenherzig, wie ich die Sache empfinde, und was das Resultat meiner Untersuchungen gewesen ist. Daß man, um die Poesie nicht ärmer zu machen, als sie schon ist, ihr gewisse Principia angedichtet hat, nach denen sich auf die ungezwungenste Art von der Welt alles zu einem Gedicht machen läßt, was eine poetische Sprache hat – das ist nicht meine Schuld! Wenn ich einen Beruf empfände, mich in die Streitigkeiten der Kunstrichter einzumischen; so würde ich vielmehr recht sehr darauf bedacht seyn, alle die unächten Gattungen, die man von Aristoteles Zeiten an bis auf die unsrigen zur Dichtkunst herübergezerrt hat, eine nach der andern wieder herauszuwerfen, und ich gestehe Ihnen, daß wenig übrig bleiben würde." –

Sie erregen meine Neubegierde. –

"Sie wollen mich zum Kritikus machen – Ich bin keiner. – Aber ich kann frey mit Ihnen reden, wenn ich mich gleich irren sollte. Ihnen also die Wahrheit zu gestehen, ich glaube, daß man den Scheideweg, wo sich das dichterische Genie (denn nur dieses ist mein großes Principium) von dem schönen Geiste oder bel esprit trennt, noch nicht aufmerksam genug untersucht habe. Deutlicher – ich [385] glaube, daß nur das Poesie sey, was das Werk des poetischen Genies ist, und alles übrige, so vortrefflich es auch in jeder Absicht seyn möge, sich diesen Namen mit Unrecht anmaaße, wenn es auch die Tragödie selbst wäre." –

Ich stutzte! – Ich hatte nicht gedacht, daß er so weit gehen würde. –

"Ich sehe Ihnen Ihre Befremdung an, fuhr der Bibliothekar fort: aber hören Sie mich nur aus; ich bin nicht Willens, große Köpfe zu degradiren; ich bemühe mich bloß, ihre Laufbahn, zu meinem eignen Unterrichte und zur Erleichterung meiner Erkenntniß, auf einem sehr dornichten und labyrinthischen Felde, auszuzeichnen und zu bestimmen."

Erst sagen Sie mir, fiel ich ihm ins Wort, was Sie unter Genie verstehen.

"Nicht das, antwortete er, was Sie in den Abhandlungen des Herrn Sulzer und der beyden Ungenannten in der Berlinischen Sammlung vermischter Schriften und den Breßlauischen Beyträgen, die übrigens alle recht gute Anmerkungen enthalten, darüber disputirt finden. Was diese Gelehrten Genie nennen, ist bloß bestimmte Fähigkeit, und unzulänglich, das Werk des Genies von Meisterstücken großer Köpfe ohne Genie zu unterscheiden."

Dieß letzte verstehe ich nicht.

[386] "Vermuthlich darum nicht, weil Sie gewohnt sind, die Wörter Genie, großer Kopf, schöner Geist, Meisterstück, u.s.w. mit einander zu verwechseln. Beyspiele werden Ihnen das Räthsel auflösen. Ben Johnson, Corneille, Virgil waren große Köpfe, machten Meisterstücke, und hatten kein Genie. Shakespear, ein Genie, machte selten Meisterstücke, und war kein schöner Geist: ein Wort von französischem Ursprunge, mit dem wir den Begriff eines feinen Geschmacks zu verbinden pflegen."

Sie scheinen das Wort Fähigkeit anders zu verstehen, als ich. Ich habe Fähigkeit immer für den allgemeinen Namen gehalten, dessen Bestimmungen Genie, Gedächtniß, Geschmack, etc. sind.

"Sie haben ein Recht gehabt, das darunter zu verstehen, was man oft darunter versteht. Da aber Fähigkeit noch öfterer in der engern Bedeutung gebraucht wird, kraft deren sie im gemeinen Leben für Genie gilt; so glaube ich an meiner Seite befugt zu seyn, diese beyden Begriffe wieder zu unterscheiden, weil das, was ich unter Genie verstehe, und was man in der Kunst darunter versteht, etwas ganz anders ist, als was man gewöhnlich Genie nennt. Denn wenn alle die Leute Genies wären, die man in der Sprache des Umganges [387] dazu macht, so gäbe es fast eben so viel Genies, als Köpfe. Die französische Sprache deutet daher einen Unterschied an, unter Genie haben, und ein Genie seyn; und ich hätte gewünscht, daß die Verfasser der obgedachten Abhandlungen diesen Unterschied etwas tiefer erwogen, und zugleich bedacht hätten, daß man nicht zu wissen verlangt, was Genie unter dem Volke, sondern was es als ein Kunstwort bedeute."

Was ist denn Genie?

"Warum sind Sie so dringend? – Oder vielmehr, warum verlangen Sie etwas von mir zu wissen, was ich und niemand Ihnen sagen kann, so lange unsere Psychologie sich noch mit der Oberfläche der Seele beschäfftigen muß? Derjenige ist gemeiniglich am bereitwilligsten, Erklärungen und deutliche Begriffe darzubieten, der die Schranken seiner Einsicht am wenigsten fühlt; und wir sind voreilig genug, aus den Phänomenen auf die Ursachen und Triebfedern zu schließen, da wir doch über den innern Mechanismus der Seele, wenn ich mich so ausdrücken darf, in der blindesten Unwissenheit tappen. Was weis ichs, wie es der Imperator macht, wenn er in dem Augenblicke, da seine Schale zu steigen anfängt, da sein Leben selbst in Gefahr ist, da seine Legionen von allen Seiten muthlos zurückgetrie[388]ben werden, und Tod und Schande und Verderben die einzige traurige Aussicht vor und hinter ihm scheint; wenn er, sage ich, in diesem Augenblick aus dem untreuen Glücke, das ihm den Rücken zukehrt, seine Maschine zu machen, die Retraite seiner Soldaten zu einem neuen Plane des Angriffs anzuwenden weis, und seinen Feind schlägt, noch ehe derselbe sich bereden kann, er sey nicht der Sieger. Ich begreife wohl, daß dieser Mann eine bewundernswürdige Beurtheilungskraft besitzen; daß seiner Seele alle mögliche Arten der Stellungen und Ordnungen, wie in einem Winke, gegenwärtig seyn; daß er den schnellesten Witz, die lebhafteste Erfindungskraft, das unerschrockenste Herz haben müsse, um da, wo zwo Minuten zu früh oder zu spät sein unvermeidlicher Untergang sind, den einzigen denkbaren Vortheil zu ergreifen, der das Uebergewicht auf seine Seite ziehen könne. Allein, ich kann in seine Seele nicht hineinschauen. Ich weis nicht, wie ihre Kräfte gespannt sind; nicht, worinn die Harmonie bestehe, die so erstaunliche Wirkungen hervorbringt. Nur das weis ich, daß ich diesen Mann ein Genie nenne; und ich fürchte nicht, zu irren, wenn ich mich gleich eben so wenig getraue, von der innern idealischen, d.i. höchsten Schönheit des Genies eine Definition zu geben, als Win[389]kelmann von der äußern Schönheit der körperlichen Bildung."

Ich erinnere mich dieser Stelle nicht mehr.

"Sie steht in seiner Geschichte der Kunst, und verdient, daß ich sie Ihnen ganz vorlese."

"Die Schönheit erfordert eine allgemeine Abhandlung, in welcher ich mir und dem Leser ein Genüge zu thun wünschte: aber das ist auf beyden Seiten ein schwer zu erfüllender Wunsch. Denn die Schönheit ist eine von den großen Geheimnissen der Natur, deren Wirkung wir sehen, und alle empfinden, von deren Wesen aber ein allgemeiner deutlicher Begriff unter die unerfundenen Wahrheiten gehört. Wäre dieser Begriff geometrisch deutlich, so würde das Urtheil der Menschen über das Schöne nicht verschieden seyn, und es würde die Ueberzeugung von der wahren Schönheit leicht werden: noch weniger würde es Menschen, entweder von so unglücklicher Empfindung, oder von so widersprechendem Dünkel geben können, daß sie auf der einen Seite sich eine falsche Schönheit bilden, auf der andern keinen richtigen Begriff annehmen, und mit dem Ennius sagen würden:

Sed mihi neutiquam cor consentit cum oculorum adspectu.
                            ap. Cic. Lucull. c. 17.

[390] Die Begriffe der Schönheit bilden sich bey den mehresten Künstlern aus unreifen ersten Eindrücken, welche selten durch höhere Schönheiten geschwächt oder vertilgt werden, zumal, wenn sie, entfernt von den Schönheiten der Alten, ihre Sinne nicht verbessern können, u.s.w.

Diese Begriffe sind verneinend; ein bejahender Begriff aber erfordert die Kenntniß des Wesens selbst, in welches wir in wenig Dingen hineinzuschauen vermögend sind. Denn wir können hier, wie in den mehresten philosophischen Betrachtungen, nicht nach Art der Geometrie verfahren, welche vom Allgemeinen auf das Besondre und Einzelne, und von dem Wesen der Dinge auf ihre Eigenschaften geht und schließet; sondern wir müssen uns begnügen, aus lauter einzelnen Stücken wahrscheinliche Schlüsse zu ziehen, etc." – – –

Das Genie ist aber doch im Grunde nur eine Fertigkeit.

"Nur? – Gebieten Sie doch dem Kinde – ich wills Schönaich nennen – auf die Scenen der Natur ein malerisches Auge zu werfen; zeigen Sie ihm, was es zu beobachten habe, um die fürchterliche Seite der Körperwelt und der Geisterwelt mit einem gleichen gelehrten Gefühle zu fassen; lehren [391] Sie es die Räthsel des menschlichen Herzens entfalten, und Gedanken, die noch nicht gebohren waren, im Verborgenen belauschen; nicht genug, daß es beobachten lernte, lehren Sie es die schwerere Kunst, nachzubilden; mit einem Worte, lassen Sie es alle die Kenntnisse einerndten, alle die praktischen Talente erwerben, die Shakespears Genie ohne alle Vorübung schon in sich selbst, wie durch eine Art von Eingebung, besaß: dann sehen Sie, ob aus diesem Schönaich bey aller erworbenen Fertigkeit jemals ein Shakespear werden könne."

Wie wollen Sie mir darthun, daß ich das Gegentheil erwarten müsse?

"Durch das Beyspiel weit berühmterer Männer, die bey der stärksten Nacheiferung, dem besteingerichteten Studium, und der ämsigsten Beobachtung der Natur nur die Eitelkeit ihrer Unternehmung bestätigten."

Sie waren also Köpfe von geringerm Gehalte. –

"Folglich ist das Genie keine bloße Fertigkeit, d.i. keine solche, die sich durch Uebung erwerben läßt."

Ich verzweifle, eine gute Definition vom Genie zu erfahren, wenn die Sache so viele Schwierigkeiten hat.

[392] "Vom Genie überhaupt dürfen Sie sich keine vollständige, noch weniger eine genetische versprechen; die Ausleger haschen nach ihr, wie, um eine Vergleichung von Herrn Winkelmann zu entlehnen, bey einem fliegenden Jucken in der Haut, dessen Ort man nicht zu finden weis. Bald ist es ihnen die Sammlung aller Fähigkeiten; bald die Vollkommenheit derjenigen einzelnen, die uns die Natur mit auf die Welt gab. Man studirt, sagen einige, man sucht sein Talent; oft verfehlt man es: das Genie entdeckt sich selbst. Das Talent kann vergraben seyn, weil es keine Gelegenheit hat, vorzudringen; das Genie arbeitet sich durch alle Hindernisse hindurch. Das Genie erschafft; das Talent setzt nur ins Werk. Das Genie widmet sich erhabnen Wissenschaften und Künsten; der unbestimmtere Geist flattert auf alles: L'un n'embrasse qu'une science, mais il l'approfondit; l'autre veut tout embrasser, et ne fait qu'effleurer; l'esprit rend les talens plus brillans sans les rendre plus solides; le génie avec moins d'application voit tout, dévance l'étude même, et perfectionne les talens. – Sie sehen das Schwanken dieser Begriffe; Sie bemerken das fliegende Jucken der Haut. Allein, was gehet uns das Genie überhaupt an, uns, die wir nur bemühet sind, das poetische auszu[393]finden? Die Kennzeichen dieses letztern hoffe ich Ihnen so deutlich zu entwickeln, daß Sie seine Spuren nicht leicht werden verfehlen können, wo Sie es auch antreffen. Ehe dieß aber geschieht, lassen Sie uns einen kleinen Umweg nehmen, und statt des Subjects das Object betrachten."

Sie wollen doch keine Aesthetik erfinden?

"Fürchten Sie nichts. Wo man sich kurz fassen darf, spricht man zuweilen mit der Schule. Aber Sie thun wohl, daß Sie mir zu verstehen geben, ich holte zu weit aus. Ich hätte in der That nicht nöthig gehabt, diese Umschweife zu machen."

Wenn Sie mich überzeugen, werde ich Ihnen für noch längere verbunden seyn.

"Der Stoff der Dichtkunst, nach einer gewöhnlichen und richtigen Induction, sind Handlungen und Empfindungen, Handlungen mit Empfindungen verbunden, Empfindungen mit Handlungen verbunden, Handlungen ohne Empfindungen, und Empfindungen ohne Handlungen." –

Es giebt auch einen Stoff, der keins von diesem allen ist. –

"Nämlich das Raisonnement, die Description u. dergl. m. – Der Grundstoff der griechischen Odyssee und des französischen Telemach ist nicht Empfindung, sondern Hand[394]lung. Woher kömmts, daß Sie jene eine Epopöe nennen, diese nicht?"

Die Kunstrichter geben keine andere Ursache davon an, als weil dem letztern die Anrufung an die Muse fehlt, und weil er in Prose geschrieben ist.

"Lassen Sie uns also noch acht oder zehn Verse an die Muse hinzuschreiben, und diese Prose in Hexameter übersetzen: ist der Telemach nun eine Epopöe?"

So scheints.

"Mir nicht!"

Wer verwehrts uns, ihn so zu nennen?

"Der Geist des Homer!"

Hat der Telemach nicht Erfindung, Maschinen, eine reiche und glänzende Sprache?

"Allerdings; und von daraus folgre ich, daß hierinn noch nicht dasjenige stecken könne, was wir poetisches Genie nennen. Erfindungen zeigen mir nur den Grad des Witzes und der darunter mitbegriffenen Seelenkräfte ihres Erfinders an: Boccaz hat mehr erfunden, als Homer. Eben das gilt auch von den Maschinen, und zuweilen nicht einmal. Homers Sprache ist bey seinem brittischen Uebersetzer eben so reich und glänzender, als beym Homer selbst."

Der Plan und die Anordnung dieser erfundenen Handlungen und Maschinen –

[395] "Sind ein Beweis von dem Geschmacke ihres Urhebers."

Vielleicht das große Ganze?

"Das Ganze ist im Herkuliskus noch größer" –

Mit Ihren wunderlichen Vergleichungen! Wo steckt denn der theure Unbekannte, der Genius des Homer? Denn ich empfinde freylich, daß es nicht die genannten Eigenschaften sind, die mich bey der Lesung der Ilias und der Odyssee so gewaltsam mit sich fortreißen, und dieses Feuer in meiner Seele zurücklassen, das mich über mich selbst zu erheben scheint. Ziehen Sie die Wolke unter ihm hinweg! –

"Erschrecken Sie nicht; sein Ansehen würde Ihnen besser gefallen, als sein Name. Er heißt – mit Einem Worte, und ohne Gepränge, ich nenne ihn Betrug" –

Fast möchte ich lachen, statt zu erschrecken. –

"Betrug einer höhern Eingebung – Nicht anders! Der beständige Ton der Inspiration, die Lebhaftigkeit der Bilder, Handlungen und Fictionen, die sich uns darstellen, als wären wir Zuschauer, und die wir mit bewunderndem Enthusiasmus dem gegenwärtigen Gotte zuschreiben: diese Hitze, diese Stärke, diese anhaltende Kraft, dieser überwältigende Strohm der Begeisterung, der ein [396] beständiges Blendwerk um uns her macht, und uns wider unsern Willen zwingt, an allem gleichen Antheil zu nehmen – das ist die Wirkung des Genies! Wenn Bodmer das kann, so ist er unser Homer!" –

Sie lehren mich in der That die vivida vis animi, das os Graium und rotundum aus einem ganz neuen Gesichtspunkte betrachten. Die Illusion des gegenwärtigen Gottes – die Inspiration – die vivida vis animi – so ists! durch sie allein konnten Erdichtungen Wahrheit werden!

"Sie werden mir zugeben, daß diese Kraft, die ich in Beziehung auf uns Trug oder Illusion nenne, diese Kraft, die Natur wie gegenwärtig in der Seele abzubilden, in Beziehung auf den Dichter diejenige entschiedene und hervorstechende Eigenschaft sey, die wir uns unter dem Namen des poetischen Genies auch da denken, wo wir uns von unsern Begriffen nicht immer Rechenschaft zu geben wissen. Sie kann weder durch Kunst, noch durch Fleiß erreicht werden; sie ist einigen, und zwar den wenigsten, Geistern eigenthümlich; kurz, sie ist das Genie. Dieß ist keine Definition: aber es ist Erfahrung, es ist Gefühl. Durch sie bewegt sich Alles, lebt Alles, handelt Alles; der Leser ist, um mich mit Popes Worten auszudrücken, bey den Ver[397]sammlungen und Streitigkeiten der Homerischen Helden nicht etwa bloße Partey, die sich durch einen dritten etwas erzählen läßt; der Geist des Dichters reißt ihn mitten unter die Versammelten; die Gegenstände frappiren ihn so sehr, daß er sie nicht zu hören und zu sehen scheint, sondern sie wirklich hört und sieht. – Der Gang seiner Verse sogar nimmt Antheil an dieser allgemeinen Action: ein Hexameter tritt einher, wie eine Armee. Alle seine Charakter haben ihr besonderes und eigenes Gepräge; das Genie drückte sein Siegel darauf. Darum machen sogar die ähnlichsten Charakter veränderte Erscheinungen, und nichts, es sey belebt oder unbelebt, tritt ohne diesen bezeichneten Charakter auf, der seinen Ursprung in der unbegreiflichen Vigeur des Geistes hat. Alles, sagt Aristoteles, hat beym Homer Sitten; es ist kaum zu glauben, wie wenig Zeilen in einem Werke von dieser Länge blos der Erzählung gewidmet sind. Die Sentiments selbst, die bey andern Schriftstellern ermüden, zeigen hier die Erhabenheit ihrer Abkunft; sie sind Funken aus der glühenden Hitze des Genies, reine, geistige und sublime Funken ohne den Rauch des Schwätzers. Seine Bilder, seine Gleichnisse sind uns original, weil unser Auge nur auf der Oberfläche hangen blieb, durch welche das [398] Auge des Genies weit hindurchgedrungen war; der ganze Anstrich wird uns neu, weil er seine Farben von dem wiederstrahlenden Feuer des Dichtergeistes herübernimmt. Homers Worte selbst sind, nach Aristoteles Ausdrucke, lebende Worte, Ausschwünge der redenden Gottheit oder Muse, die die Dinge durch Worte um sich her erschafft, und uns zu Zuschauern ihrer Schöpfung zuläßt: lichthell, warm und handelnd sind Beywörter der Homerischen Sprache."

"Lassen Sie mich über das, was ich Ihnen eben itzt in dem unphilosophischen Stile der Empfindungen gesagt habe, einige kältere, vielleicht begreiflichere, Anmerkungen machen. Die Eigenschaft des Genies, die ich durch Kraft andeutete, scheint in der That eben das zu seyn, was man mit andern Worten eine bildliche Empfängniß der Objecte in der Seele nennen könnte, – eine Wendung in der Art zu denken, wodurch jeder bestimmte Gegenstand mit allen seinen Verhältnissen, Beziehungen und Phänomenen, mittelbar oder unmittelbar, zur Individualität des Dichters übertritt. Die Imagination ist also von dem poetischen Genie unzertrennlich: aber sie ist dieses Genie nicht selbst. Vor ihr her geht eine andere Kraft, die Kraft der Beobachtung, welche mit einer dritten ausübenden [399] verbunden seyn muß, die ich durch Klugheit des Genies ausdrücken möchte, weil sie sich nicht sowol auf das Beobachtete in dem Vorwurfe, als auf das Werk des Künstlers, und auf dessen Wirkungen in dem Herzen und Verstande des Zuhörers oder Lesers bezieht."

Diese Begriffe sind mir zu abstract.

"Ich will sie Ihnen durch ein Beyspiel aus einer verwandten Gattung zu erläutern suchen. Fielding besaß unleugbar eine Fähigkeit, die Natur in ihrer verborgensten Werkstatt zu belauschen. Aber diese Fähigkeit war nicht bildlich; er gab seine Beobachtungen so stückweise von sich, wie er sie empfangen hatte: die Gabe der Nachbildung war einem andern Geiste, Richardson, vorbehalten. Daher kömmts, daß man den nachbildenden, obwol richtig und vortrefflich beobachteten, Scenen des erstern den Zwang ansieht, wie z.E. in der tragischen Beschreibung der Hendersonschen Familie, in den traurigen Scenen zwischen Nightingale und Miß Nancy, und besonders in der heiterern Scene zwischen Jones und Sophia im nächstletzten Kapitel, die alle unter Richardsons Gebiet gehört hätten. Die dritte genannte Eigenschaft, die Klugheit des Genies, vermissen wir bey eben diesem Schriftsteller an derjenigen Stelle, wo er, indem er den, [400] auf Kosten seines poetischen Charakters glücklich gewordenen, Jones zum erstenmal in die Gesellschaft seiner Braut bringt, die unbehutsame Anmerkung macht, daß die beyden Geliebten vor diesem Umstande weit feuriger gewesen wären, einander in die Arme zu laufen, als itzt, da ihren Wünschen nicht das mindeste im Wege war. Diese Beobachtung kann nach der Natur seyn: sed non erat hic locus. Anstatt das Interesse des Lesers zu verstärken, schwächt der Verfasser es, und weg ist die angenehme Illusion, die uns bis an das Ende des Werks mit sich hätte fortreißen sollen."

"Diese drey Eigenschaften sind also der poetischen Illusion beförderlich; nur bitte ich, sie nicht für die einzigen wesentlichen des poetischen Genies zu halten, und bey dem Worte Imagination meine zwiefache Erklärung hinzuzudenken, damit wir den Begriff desselben nicht mit dem Begriff der Metaphysiker und einiger schweizerischen Dichter und Kunstrichter verwechseln."

Ist aber nicht das, was Sie bildlich denken nennen, eben das, was in unsern Aesthetiken die Vollkommenheit des sinnlichen Ausdrucks heißt?

"Keinesweges! – Die erstere Bedeutung ist adäquat, die letztere nicht. Sie werden mich aus folgendem Raisonnement näher verstehen. [401] Ich setzte das Kennzeichen des poetischen Genies in die Illusion einer höhern Eingebung. (Von der höhern Eingebung hernach; itzt von der Illusion.) Um diese Illusion hervorzubringen, sage ich, muß der Dichter die beobachteten Gegenstände bildlich denken, und mit Wirkung ausdrücken können, welches zusammengenommen ich unter Nachbilden begreife. Das Nachbilden ist also derjenige höchste sinnliche Ausdruck, der die Illusion erreicht; da hingegen der höchste sinnliche Ausdruck, oder die Vollkommenheit des sinnlichen Ausdrucks, ohne Illusion da seyn kann. Nehmen Sie die erste beste Tirade aus den Trauerspielen der Franzosen. Sie haben poetischen Stil, d.i. Vollkommenheit des sinnlichen Ausdrucks; Sie haben richtige Beobachtungen, (denn Voltaire beobachtet die Natur nicht selten eben so gut, als Shakespear selbst): aber sie haben keine Nachbildung, denn Sie haben keine Illusion; welches Sie daher zum Zeichen Ihrer Unzufriedenheit Declamation schelten. Ich enthalte mich mit gutem Vorbedacht der Wörter Sinnlichkeit, Begeisterung, Nachahmung u.s.w., weil sie mir alle zu viel oder zu wenig sagen."

Wenn ich Sie aber recht begreife, so zielt Ihre ganze Theorie dahin ab, die Dichtkunst zu einer bildenden Kunst zu machen.

[402] "Nicht in dem Verstande, worinn Sie und die Kritici diese bildende Kunst nehmen. Warum wollen Sie nicht bey meinen eigenen Worten stehen bleiben, da ich ausdrücklich behaupte, daß das Wesen der Dichtkunst nichts anders, als die Illusion einer höhern Eingebung sey? –

Die durch Nachbilden hervorgebracht wird – die also auf sinnlichen Begriffen beruht. – Ist das nicht ein bloßer Wortstreit?

"Da haben wir ja die Geschichte der Disputationen! Sie zerren mich mit Gewalt in Ihre Lehrbücher hinüber, mit denen ich doch nichts gemein haben darf, noch will. Sobald Sie mir den Begriff unterschieben, daß mein Nachbilden, und die Sinnlichkeit der Aesthetiken einerley sey (eine Verwechselung, die ich eben verbeten zu haben vermeynte): so geben Sie der Poesie augenblicklich die weiteste Ausdehnung: denn das kleinste Epigramm ist eine sinnliche Idee. – Und wollte ich mich einmal erst in das Fach der sinnlichen Ideen einlassen, so würden Sie mir so viel Mittel-Gattungen zwischen dem concretesten poetischen Ausdrucke und der abstractesten philosophischen Diction erfinden, daß die Beredsamkeit selbst Poesie heißen, und die Geschichte, in dieser Absicht, von der Fabel nicht mehr unterschieden werden könnte. Ich sehe aber [403] nicht ein, was uns mit verworrenen Hypothesen gedient seyn kann, da es eine so große Evidenz des Gegentheils giebt?"

Wenn Sie Betrug, und höhere Eingebung, und Betrug einer höhern Eingebung – Evidenz nennen wollen: so weis ich in der That nicht mehr, was bestimmt oder unbestimmt denken heißt.

"Sie wissen es gewiß, so bald Sie nicht die Hülse, sondern den Kern, nicht das Wort, sondern den Sinn denken. Könnte ich die Wirkung, die der Poesie allein eigen ist, durch Worte von engerer Bestimmung, und gleichem Umfange ausdrücken, ich wollte Ihnen diese anstößigen herzlich gerne aufopfern."

Gut. Der Baumgartensche Grundsatz ist Ihnen unadäquat. – Es sey darum! – Aber die Nachahmung der schönen Natur? –

"Als Grundsatz, nicht als Mittel."

Und das Cramerische Principium der Begeisterung? –

"Würde meiner Idee näher kommen, wenn es sich nicht nach der beygebrachten und gewöhnlichen Erklärung über alle Gattungen der Prose erstreckte. Der Zustand des Dichters bey der Composition ist freylich eine Begeisterung: aber so ist es auch der Zustand des Artisten, und sogar des Geschichtschreibers, [404] weil es sonderbar wäre, wenn der letztere nicht gerade so viel lebhaften Antheil an seiner eigenen Arbeit nähme, als der erstere. Ich sage, näher: denn gesetzt auch, Sie wollten Begeisterung für Inspiration setzen, so würde dieser Satz, für sich betrachtet, mir unfruchtbar seyn, und etwas ganz anders anzeigen, als was ich, meiner angeführten Erklärung zufolge, zur Absicht hatte. Es kömmt demnach blos auf die Frage an, ob diese Absicht zu rechtfertigen, und ob Ihr eigenes Gefühl, auch ohne Rücksicht auf Klarheit der Erkenntniß, für oder wider mich sey."

Eben der Pope, den Sie kurz vorher nannten, setzt Homers Genie ganz allein in die Erfindungskraft, und Erfindung scheint mir in der That von dem Begriff eines Genies ganz unzertrennlich zu seyn.

"Ich bin nie Willens gewesen, sie davon zu trennen. Das dichterische Genie wählt sich neue vehicula, weil es sich in andern nicht so bequem thätig erweisen kann; ja, es muß sich uns sogar schon seiner Natur nach neu und original darstellen, weil Begriffe, die aus einer solchen Seele kommen, von den gewöhnlichen durchaus abweichen. Die ganze Schwierigkeit mit zwey Worten zu heben: – wo Genie ist, da ist Erfindung, da ist Neuheit, da ist das Original; [405] aber nicht umgekehrt. Der Witz giebt uns neue Seiten an die Hand; die Beurtheilungskraft und Erfahrung weis sie von den weniger neuen nach allen ihren Nuancen und Tinten abzusondern; und der Geschmack stellt sie, vermöge der Anordnung, in ihr vortheilhaftestes Licht. Hat nicht Virgil, haben nicht Tasso und Voltaire neue Erfindungen, neue Seiten? Haben sie nicht Alles, was Homer hat? – das einzige ausgenommen, wodurch er uns Homer ist! – Statius und Silius beobachten eben den Gang, bedienen sich eben der Oekonomie, wie Homer: die Form der Epopöe ist aber das einzige, was sie mit ihm gemein haben; es fehlt ihnen Homers Genie. Wenn Sie also wollen, so nennen Sie auch den versificirten Telemach eine Epopöe: nur hüten Sie sich, eine andere Aehnlichkeit zwischen Fenelon und Homer zu finden, als die Aehnlichkeit des Fuhrwerks; eine Art von Usurpation, die sich der bel esprit von jeher über das Genie erlaubt hat. – Und nun glaube ich berechtigt zu seyn, die Gränzen, wodurch sich der witzige Kopf oder bel esprit vom Genie auszeichnet, meinem Versprechen gemäß näher zu bestimmen."

"Zuerst merke ich an, daß die Claßification der Gedichte kein Werk der Poeten, sondern der Kunstrichter ist, deren Zweck nur darinn [406] bestand, Phänomena, die schon da waren, zu erklären. Sie konnten sich also irren, und nichts verpflichtet uns, ihren Aussprüchen einen blinden Glauben zu unterwerfen."

"Es gab glückliche Köpfe, die gewisse Begebenheiten mit ihren Erfindungen ausschmückten, den Homerischen Ton annahmen, und was sie als Prose gedacht hatten, in Verse einkleideten."

"Andere, die ein lebhaftes Gefühl besaßen, drückten ihre Empfindungen durchs Sylbenmaas aus."

"Viele nahmen Fächer aus dem Gebiet der Prose herüber, z.E. moralische Abhandlungen, äsopische Fabeln, Satyren, Gespräche und dergleichen, und gaben ihnen durch die Versification, zuweilen auch wol durch die Sprache der Poesie, eine neue Gestalt."

"Alle diese verschiedenen Gattungen kamen darinn überein, daß sie ein abgemessenes Sylbenmaas und eine veredelte Diction hatten. Genug für die Kunstrichter! Sogleich ward die Versification eine Geschlechts-Formel, und nun hieß Alles, was versificirt war, und zugleich eine veredelte Sprache hatte, Poesie."

"Wir bekamen also poetische Erzählungen, lyrische und didaktische Gedichte, poetische Fabeln, poetische Satyren, und poetische Ge[407]spräche. Aus den letztern wurden Lustspiele und Trauerspiele."

"Was diesen Misverstand noch allgemeiner machte, war, daß manchmal wahre dichterische Genies sich mit jenen Gattungen des Witzes beschäfftigten, und da sie ihr Talent nicht verläugnen konnten, so viele nur ihnen eigene Züge hineinmischten, daß man nicht mehr zweifelhaft blieb, Gattungen, die des poetischen Genies fähig waren, ihrem innern Wesen nach für Gedichte anzunehmen. Man machte also Grundsätze – Grundsätze der Nachahmung – Grundsätze des Guten und Schönen – Grundsätze des höchsten sinnlichen Ausdrucks – die alle dahin abzielten, dem poetischen Genie ein Eigenthum beyzulegen, worauf es gar keine Ansprüche machte."

"Erwarten Sie nicht, daß ich alle diese eingeführten Dichtungsarten aus der Poesie verstoßen werde; ich überlasse Ihnen diese Untersuchung selbst, und bitte Sie nur, unsern obigen Probestein dabey anzuwenden, wofern Sie ihn für brauchbar erkennen."

"Dieß einzige setze ich nur hinzu, daß ein jedes Werk des Witzes unter der Bearbeitung des Genies wahre Poesie werden könne, als eine Gattung betrachtet aber innerhalb der Gränzen des bel esprit bleiben müsse."

[408] "Lassen Sie uns vielmehr auf meine obige Eintheilung der verschiedenen Stoffe in Handlungen und Empfindungen zurücksehen. Handlungen vor sich nehmen nur dadurch die Farbe des dichterischen Genies an, daß sie uns durch die Illusion, deren ich erwähnt habe, gegenwärtig zu seyn scheinen. Empfindungen können dem Anscheine der Inspiration nahe kommen, und wie aus einer höhern Eingebung herfließen. Wenn also irgend eine Dichtungsart, vermöge ihrer innern Natur, Poesie ist, so muß es die Epopöe und die hohe Ode seyn. Der Dichter der Epopöe bedient sich daher sogar eines mechanischen Mittels, uns in dem Wahne der höhern Eingebung zu erhalten: er ruft in allem Ernst eine Gottheit an, ihn zu inspiriren; und wenn er der große Genius ist, der er seyn soll, so wird er sich durch die Gewalt, mit der er sich unserer ganzen Seele bemächtiget, unsers Glaubens schon zu versichern wissen. Ist er es nicht, oder ist er es in gewissen Augenblicken nicht, desto schlimmer für ihn; er betrügt uns nicht länger! – seine Henriade betrügt uns nicht länger! – Warum mußte er sich doch Gewalt anthun, um uns zu überführen, daß er nur ein bel esprit ist! – So wahr und unzweifelhaft scheint mir diese Betrachtung, daß ich mir itzt die Ursache anzugeben getraue, warum die Kunstrichter [409] und Leser von Geschmack mehr Einwürfe wider die Odyssee, als wider die Ilias ausgefunden haben. Homer ist in jener, wo möglich, noch erfindungsreicher, als in dieser; die Fabeln der Odyssee sind amusanter, reizender, lehrreicher und wichtiger, als die Fabeln der Ilias. Wenn das dichterische Genie in der Erfindung, in der Oekonomie des Ganzen, in der Neuheit, in dem Original-Schwunge bestünde, warum gefiele uns jenes Gedicht weniger, als dieses? Ist es nicht der Mangel einer unwiderstehlichen Inspiration, der uns erkalten läßt, und uns unzufrieden macht, ohne daß wir eigentlich sagen können, warum? Man merkt an dem Urheber der Odyssee den alternden, obgleich ungemeinen Geist; man merkt den weisen Mann, aber nicht mehr den Dichter der Ilias".

"Von der Ode brauche ich wol nichts zu erwähnen. Man muß die Davidischen Gesänge sehr schlecht gelesen haben, wenn man nicht beobachtet hat, wie unendlich hoch sie die Vorstellung einer göttlichen Eingebung über alle andere Oden erhebe, und wie glücklich diejenigen Dichter gewesen, die eine ähnliche Idee in uns hervorzubringen wußten."

"Das Drama beschäfftigt sich mit Handlungen; das tragische Drama mit traurigen [410] Handlungen. Ich finde nicht, daß hier die dichterische Kraft ein Requisit sey, und glaube, daß das Trauerspiel durch einen wohlgewählten Stoff, durch eine gewisse Conventional-Wahrheit des Dialogs, durch eine vortheilhafte Anlage, die das Werk des Geschmacks ist, und aus der die theatralische Illusion entspringt, seine Bestimmung schon erreicht habe. Ich setze das Trauerspiel also innerhalb der Gränzen des bel esprit, und sage, ein Trauerspiel sey kein Gedicht. Eine andere Frage ist es, ob dieses Trauerspiel nicht durch den Einfluß des dichterischen Genies eine neue Stärke erhalte; – und dieß bejahe ich. Wenn uns also in der Shakespearschen Beschreibung der Felsen von Dover, nach Addisons Anmerkung, der Gegenstand so fürchterlich wird, daß wir schon durch die bloße Vorstellung den Schwindel bekommen; wenn uns die Wahrheit seiner sittlichen Gemälde oder Nachbildungen so gewaltsam hinreißt, daß wir nicht mehr Zuschauer, sondern Acteur sind: so zeigt dieß blos an, von wie weit höherer Art die dichterische Illusion sey, als jene theatralische, die ich das Werk des Geschmacks genannt habe; und bestätigt den Satz, den ich schon im Vorwege behauptete, daß das dichterische Genie sich, durch seine Behandlung, Gattungen zueignen könne, die [411] der Dichtkunst sonst gar nicht wesentlich sind. Meine Erklärung hat übrigens den Vortheil, daß sie uns begreiflich macht, wie die Tragödien eines Racine, eines Corneille, eines Addison, eines Rowe uns rühren, uns einnehmen, uns Thränen ablocken können, da doch ihre Verfasser bekanntermaßen keine Poeten waren."

"Unter den witzigen Köpfen giebt es Stufen; unter den dichterischen Genies gar keine. Ein Poet ohne großes Genie ist gar kein Poet; er kann aber ein witziger Kopf seyn: daher sagt man mit Recht, daß es seit Erschaffung der Welt kaum zwey oder drey Poeten gegeben habe."

"Die Fertigkeit, die ein bel esprit, sie mag angebohren oder erworben seyn, in der Bearbeitung gewisser Arten des Witzes äußert, wird gleichfalls Genie genannt. So sagt man vom Otway, er habe ein tragisches, vom Moliere, er habe ein komisches Genie gehabt. Lassen Sie uns aber diese beyden Arten des Genies vom dichterischen Genie wohl unterscheiden."

"Wenn meine Untersuchung keinen weitern Nutzen hat, so dient sie doch, die ewigen Streitigkeiten der neuern Kunstrichter über das Wort Dichter und Versificateur aus einander zu setzen. Uebrigens glaube ich, daß ich mich [412] zuweilen bestimmter und weniger weitschweifig hätte ausdrücken können, wenn mein Vortrag keine Unterredung gewesen wäre."

Wir erneuerten darauf unser Gespräch über die Büchersammlung unsers Freundes, womit ich Sie ein andermal unterhalten will, wenn ich erst weis, ob durch den ungeheuren Brief, den ich Ihnen hier, ohne eigenen Aufwand, zusammengeschrieben habe, Ihre Begierde nach mehrern nicht schon erschöpft worden.

Ich bin etc.

 

 

 

 

Druckvorlage

Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur.
Erster Band. Schleswig und Leipzig: Hansen 1767, S. 345-412.

Inhaltsangabe des Briefes nach: "Inhalt des ersten Bandes", S. *4.

PURL: http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN55560294X
PURL: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10732551-5
URL: https://books.google.fr/books?id=AfdLAAAAcAAJ
URL: https://archive.org/details/bub_gb_AfdLAAAAcAAJ
URL: https://catalog.hathitrust.org/Record/011570987


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Zeitschriften-Repertorien

 

Kommentierte Ausgaben

 

 

Literatur: Gerstenberg

Brandmeyer, Rudolf: Poetiken der Lyrik: Von der Normpoetik zur Autorenpoetik. In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. Hrsg. von Dieter Lamping. 2. Aufl. Stuttgart 2016, S. 2-15.

Busch, Gudrun: Karl Wilhelm Ramler als Liedersammler. Die Lieder der Deutschen (1766) und die Lieder der Deutschen mit Melodien (1767 – 1768). In: Urbanität als Aufklärung. Karl Wilhelm Ramler und die Kultur des 18. Jahrhunderts. Hrsg. von Laurenz Lütteken u.a. Göttingen 2003 (= Schriften des Gleimhauses Halberstadt, 2), S. 225-260.

Cullhed, Anna: The Language of Passion. The Order of Poetics and the Construction of a Lyric Genre 1746 – 1806. Frankfurt a.M. u.a. 2002 (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 18, 104).

Essig, Rolf-Bernhard: Der offene Brief. Geschichte und Funktion einer publizistischen Form von Isokrates bis Günter Grass. Würzburg 2000 (= Epistemata; Reihe Literaturwissenschaft, 267).

Fischer, O. (Hrsg.): H. W. v. Gerstenbergs Rezensionen in der Hamburgischen Neuen Zeitung 1767 – 1771. Berlin 1904 (= Deutsche Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts, 128).

Gerecke, Anne-Bitt: Transkulturalität als literarisches Programm. Heinrich Wilhelm von Gerstenbergs Poetik und Poesie. Göttingen 2002 (= Palaestra, 317).

Gesse, Sven: "Genera mixta". Studien zur Poetik der Gattungsmischung zwischen Aufklärung und Klassik-Romantik. Würzburg 1997 (= Epistemata; Reihe Literaturwissenschaft, 220).

Hilliard, Kevin: Die 'Baumgartensche Schule' und der Strukturwandel der Lyrik in der Gefühlskultur der Aufklärung. In: Gefühlskultur in der bürgerlichen Aufklärung. Hrsg. von Achim Aurnhammer u.a. Tübingen 2004 (= Frühe Neuzeit, 98), S. 11-22.

Krummacher, Hans-Henrik: Odentheorie und Geschichte der Lyrik im 18. Jahrhundert. In: Ders., Lyra. Studien zur Theorie und Geschichte der Lyrik vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Berlin u.a. 2013, S. 77-123.

Kummer, Ursula: (Un-)Bestimmte Zeichen. Literarisch-musikalische Medienkombinationen bei Heinrich Wilhelm von Gerstenberg. Baden-Baden 2021.

Leisinger, Ulrich: Die Ode in der poetischen Theorie und in der musikalischen Praxis. In: Musik und Ästhetik im Berlin Moses Mendelssohns. Hrsg. von Anselm Gerhard. Tübingen 1999 (= Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung, 25), S. 187-216.

[Ramler, Karl Wilhelm; Hrsg.:] Lieder der Deutschen. Berlin 1766.
PURL: http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10116685-8
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Scherpe, Klaus R.: Analogon actionis und lyrisches System. Aspekte normativer Lyriktheorie in der deutschen Poetik des 18. Jahrhunderts. In: Poetica 4 (1971), S. 32-59.

Schmidt, Jochen: Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750 – 1945. Bd. 1: Von der Aufklärung bis zum Idealismus. 2. Aufl. Darmstadt 1988.

Schmidt, Wolf G.: 'Homer des Nordens' und 'Mutter der Romantik'. James Macphersons Ossian und seine Rezeption in der deutschsprachigen Literatur. Bd. 1: James Macphersons Ossian, zeitgenössische Diskurse und die Frühphase der deutschen Rezeption. Berlin u.a. 2003.
S. 527-542: Kap. Gerstenberg.

Trappen, Stefan: Gattungspoetik. Studien zur Poetik des 16. bis 19. Jahrhunderts und zur Geschichte der triadischen Gattungslehre. Heidelberg 2001 (= Beihefte zum Euphorion, 40).

Urban, Astrid: Kunst der Kritik. Die Gattungsgeschichte der Rezension von der Spätaufklärung bis zur Romantik. Heidelberg 2004 (= Jenaer germanistische Forschungen; N.F., 18).

Zymner, Rüdiger: Theorien der Lyrik seit dem 18. Jahrhundert. In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. Hrsg. von Dieter Lamping. 2. Aufl. Stuttgart 2016, S. 23-36.

 

 

Literatur: Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur

Habel, Thomas: Gelehrte Journale und Zeitungen der Aufklärung. Zur Entstehung, Entwicklung und Erschließung deutschsprachiger Rezensionszeitschriften des 18. Jahrhunderts. Bremen 2007 (= Presse und Geschichte – Neue Beiträge, 17).

Hill, David: Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur. In: Handbuch Sturm und Drang. Hrsg. von Matthias Luserke-Jaqui. Berlin u. Boston 2017, S. 228-233.

Jacob, Joachim: Johann Gottfried Herders Fragmente über die neuere deutsche Litteratur und Heinrich Wilhelm von Gerstenbergs Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur. Gibt es eine Poetik des Sturm und Drang? In: Sturm und Drang. Epoche – Autoren – Werke. Hrsg. von Matthias Buschmeier u.a. Darmstadt 2013, S. 68-84.

Schürmann, Inga: Die Kunst des Richtens und die Richter der Kunst. Die Rolle des Literaturkritikers in der Aufklärung. Göttingen 2022.

 

 

Edition
Lyriktheorie » R. Brandmeyer