Unter Tieren: Fabelhafte Ausstellung um Reineke, Isegrim & Co.


Ein kleiner Gang durch die Geschichte des Tieres in der europäischen Literatur des Mittelalters und der Neuzeit
Ausstellung in der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen, Campus Essen,
im Foyer der Fachbibliothek GW/GSW
bis zum 04. Mai 2006

Konzeption:
Professor Dr. W. Günther Rohr
(Germanistik / Mediävistik)

Eröffnung der Ausstellung:
Dienstag, 28.03.2006 um 17:00 Uhr im Bibliothekssaal der Universitätsbibliothek, Campus Essen

Begrüßung:
Leitender Bibliotheksdirektor Albert Bilo

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 9:00 - 21:00 Uhr,
Samstag 9:00 - 13:00 Uhr

Ausstellungskatalog:
5,00 EUR

Kontakt:
Hildegard Finke
Tel.: 0201 / 183-3746


Vom 13. März bis 4. Mai 2006 zeigt die Universitätsbibliothek Duisburg-Essen, Campus Essen, die von Professor Dr. W. Günther Rohr (Germanistik / Mediävistik) konzipierte Ausstellung "Unter Tieren".

Darin werden vor allem literarische Tiere des Mittelalters und der Frühen Neuzeit vorgeführt, aber auch die weiteren Entwicklungen bis in unsere Tage verfolgt. Der Schwerpunkt der Exponate liegt auf den künstlerischen Darstellungen, die die literarischen Texte begleiten und anschaulich machen. Ausgangspunkt ist zunächst die Dycksche Handschrift, die nach Schloss Dyck in der Nähe von Neuss benannt ist; damit ist ein erster Bezug zum Rhein-Maas-Gebiet hergestellt, das in der Textgeschichte eine wichtige Rolle einnimmt.

In der Dyckschen Handschrift, die sich seit 1991 im Besitz der Universitäts- und Landesbibliothek Münster befindet, sind zwei für die Geschichte der literarischen Tiere wichtige Texte überliefert, nämlich Jacobs van Maerlant naturkundliche Schrift Der naturen bloeme und das anonym verfaßte Tierepos Van den vos Reynaerde. Man geht davon aus, dass Maerlants Text mit seiner christlichen Deutung von Tieren zunächst über die Eigenschaften der einzelnen Tiere aufklären sollte, bevor sich ein Rezipient dem Tierepos zuwandte, das vom Hoftag des Löwen mit der Anklage gegen den Fuchs berichtet. Um diese beiden Texte sind die ersten beiden Abteilungen der Ausstellung gruppiert. So vereint die erste Abteilung Von Serpenten und Kakodrillen (Von Drachen und Krokodilen) Exponate zur christlichen Tierdeutung, zu Fabeln und zu Tierdarstellungen in religiösem Schrifttum des Mittelalters; mit den Jagdbüchern, die schon früh neben den religiös orientierten Darstellungen erscheinen, setzt die Beobachtung von Tieren ein, die schließlich in die wissenschaftliche Betrachtung der Tierwelt übergeht.

Die zweite Abteilung Eine Männerfreundschaft im Wandel der Zeit konzentriert sich auf die Tierepik um Fuchs und Wolf und beginnt bei frühen lateinischen Texten, führt die französische, hochdeutsche und niederländische Tradition vor und gelangt mit der niederdeutschen und englischen Überlieferung in die Frühe Neuzeit. Die frühen Texte in lateinischer Sprache lassen sich eindeutig als Klosterliteratur identifizieren, die mit ihren beiden Vertretern Ecbasis cuiusdam captivi (Fluchte eines Gefangenen) und dem Ysengrimus einen starken Kontrast bilden: Während die Ecbasis ein Lehrstück für die Klosterbewohner darstellt, sich nicht auf die Verlockungen der Welt einzulassen, ist der Ysengrimus eine scharfe Satire auf die Kirche nach dem desaströsen zweiten Kreuzzug. Der eigentliche Siegeszug der Tierepik beginnt mit dem französischen Roman de Renart (spätes 12. und frühes 13. Jahrhundert), auf den sowohl der hochdeutsche Reinhart Fuchs als auch der niederländische Van den vos Reynaerde zurückgehen. Das niederländische Epos gehört seiner Sprache nach dem Rhein-Maas-Gebiet an, womit wir erneut auf diesen Raum verwiesen sind. Über Zwischenstationen führt dieser Text zum Lübecker Reynke de vos von 1498, von dem zunächst ein reiches Schrifttum in der Reformationszeit bis hin zum 30-jährigen Krieg ausging, der aber auch die Vorlage für den Reineke Fuchs Johann Wolfgang von Goethes lieferte und damit Weltliteratur begründete.

Die dritte Abteilung "Ich fürchte, das geht böse aus ..." (Robert Gernhardt) bietet einen kursorischen Überblick über die Entwicklung bis in unsere Tage, die im bereits genannten Reineke Fuchs Goethes gipfelt und sich im 20. Jahrhundert von starren Vorgaben emanzipiert, wie es sich in Kinderbüchern, aber auch in den Darstellungen eines Walter Moers oder eines Robert Gernhardt zeigt.