Winter School 2017 | Workshops

In den methodologisch und forschungsmethodisch ausgerichteten Workshops stehen sechs einschlägige und etablierte Forschungsansätze im Fokus, die grundlegend beleuchtet und mit Blick auf Partizipation in der Qualitativen Bildungsforschung verortet und reflektiert werden. Dies geschieht anhand von methodologischen und methodischen Fragen, die sich den Teilnehmer*innen in ihren Qualifikationsprojekten stellen.

Workshop 1: Bildrekonstruktive Verfahren

Prof. Dr. Michael R. Müller (Technische Universität Chemnitz)
Prof. Dr. Jeanette Böhme (Universität Duisburg-Essen)

In Abgrenzung zur Ikonologie und Ikonographie steht in diesem Workshop die Methodologie der Ikonik im Zentrum. Damit verbundene Ansätze der Bildungsforschung eröffnen Fragestellungen, die in dem ‚linguistic turn‘ der Erziehungswissenschaft bis Ende der 1990er-Jahre eher marginalisiert blieben und methodisch auch andere disziplinäre Bezugnahmen erfordern als textbasierte Ansätze. Seither gewinnen Bilder als Datengrundlage etwa in der Bildungsforschung zu jugendlichen Identitäten, Praktiken und Bildungszeiträumen zunehmend an Bedeutung. Gerade in diesem Kontext stellt sich die Frage der Partizipation u.a. als Frage des ikonographischen Ausdrucks in den jeweiligen Darstellungen.

Workshop 2: Dokumentarische Methode

Prof. Dr. Claudia Streblow (Fachhochschule Dortmund)
Prof. Dr. Nicolle Pfaff (Universität Duisburg-Essen)

Dokumentarische Text- und Bildinterpretation zielen darauf, das erfahrungsbasierte und handlungsleitende Wissen von Akteur*innen sichtbar zu machen. Sie fragen, welche Orientierungen Menschen in ihrem Alltag, in ihrem professionellen Handeln und in der Steuerung von Organisationen anleiten und auf welche Erfahrungen und Lebenspraxis diese weltanschaulichen Haltungen zurückgehen. Gerade aus der dokumentarischen Evaluationsforschung liegen erste Erfahrungen mit der Nutzung dokumentarisch gewonnenen Wissens, z.B. für die Entwicklung von Organisationen, vor. Vor diesem Hintergrund behandelt der Workshop die Fragen, welche Rolle Akteur*innen im untersuchten Feld in der dokumentarischen Forschung innehaben und wie hier ein partnerschaftliches Verhältnis möglich ist. Wir befassen uns außerdem mit der Frage, wie die Ergebnisse dokumentarischer Forschung in pädagogischen Organisationen vermittelt und zur Entwicklung genutzt werden können.

Workshop 3: Ethnographie

Prof. Dr. Sabine Bollig (Universität Trier)
Prof. Dr. Anja Tervooren (Universität Duisburg-Essen)

Zentrales Merkmal der Ethnographie ist die Anwesenheit der Forscher*innen im Feld, das Sammeln verschiedenen Materials und die Verdichtung unterschiedlicher Perspektiven, über welche der Gegenstand konstruiert wird. Im ethnographischen Forschen existieren verschiedene Traditionen, wie die Beteiligung der Akteure im Feld gestaltet wird. Die Spanne reicht von der Beobachtung ihres Alltags bis zu von beteiligten Akteure selbst gestalteten und dokumentierten Workshops. In der erziehungswissenschaftlichen deutschsprachigen Ethnographie ist die Frage der Partizipation der Akteure im Verlauf ihrer Etablierung jedoch sehr in den Hintergrund gerückt worden. In dem Workshop wird die Gelegenheit gegeben, eigene Forschungsarbeiten in Hinblick auf die Art und Weise der Partizipation der Beteiligten zu reflektieren.

Workshop 4: Diskursanalyse

Prof. Dr. Antje Langer (Universität Paderborn)
Prof. Dr. Fabian Kessl (Universität Duisburg-Essen)

Thema des Workshops werden vor allem Fragen der eigenen Positionierung der diskursanalytischen Forscher*in im Feld sein: Welche Rolle spielen Konzepte wie diejenigen der „Befremdungsstrategien“, aber auch der strategischen „Selbstpositionierung“ in der Diskursanalyse, wo im Unterschied zu fast allen anderen Bereichen der qualitativen Bildungsforschung die Forscherin oder der Forscher nicht in den direkten Kontakt mit den Akteur*innen im Forschungsfeld tritt? Aber auch die Frage der gesellschaftstheoretischen Verortung diskursanalytischer Vorgehensweisen wird thematisiert, womit die Frage der Partizipation dieses Forschungszugangs in den Fokus gerückt wird.

Diese und ähnliche Fragen werden im Workshop am Beispiel der Forschungsarbeiten der Teilnehmer*innen exemplarisch in den Blick genommen und auf die damit verbundenen forschungsmethodischen Prämissen und Konsequenzen hin befragt.

Workshop 5: Milieu- und Habitusanalyse

Prof. Dr. Rolf-Torsten Kramer (Martin Luther Universität Halle-Wittenberg)
Prof. Dr. Helmut Bremer(Universität Duisburg-Essen)

Forschungen zur Milieubezogenheit von Bildungs- und Lernprozessen bilden im Rahmen der Analyse von Ungleichheits- und Selektionsprozessen einen zentralen Fokus der qualitativ-empirischen Bildungsforschung. Hier dient das Habituskonzept Bourdieus oft als theoretischer Anker. Inzwischen haben sich in der qualitativen Bildungsforschung verschiedene Ansätze qualitativer Habitusanalyse entwickelt, die überwiegend in der Soziologie und der Erziehungswissenschaft verortet sind. Dabei spielt auch die Reflexion der Rolle der Forschenden und ihrer Beteiligung am Forschungsprozess stets eine erhebliche Rolle. Der Workshop zielt darauf zu vermitteln, wie habitustheoretische Grundlagen in eine angemessene Forschungspraxis umgesetzt werden können, um die Milieuspezifität von Bildungspraxis aufzuzeigen.

Workshop 6: Konversationsanalyse

Dr. Daniela Böhringer (Universität Osnabrück)
Prof. Dr. Martina Richter (Universität Duisburg-Essen)

Partizipation in Gesprächen in verschiedenen pädagogischen Kontexten ist nahezu seit den Anfängen Gegenstand einer ethnomethodologischen Konversationsanalyse. Zu untersuchen, wie sich Lehr- und Fachkräfte sowie Schüler*innen und Adressat*innen an Unterrichts- und Beratungsgesprächen beteiligen (können),  d.h. welche Rederechte und Positionierungen wechselseitig zugestanden und (verun)möglicht werden, ist für die Ethomethodologische Konversationsanalyse von besonderem Interesse. Aber auch, wie über Grade der Partizipation Gespräche kommunikativ aufrechterhalten und gesteuert werden, kommt mit der Ethnomethodologischen Konversationsanalyse in den Blick.  Dabei geht es stets auch um die Frage nach der Spezifität der unterschiedlichen pädagogischen Kontexte (z.B. Schule, Kinder- und Jugendhilfe) und die durch die Analyse von Gesprächen erkennbar werdenden, strukturell verankerten institutionellen Logiken. Der geplante Workshop diskutiert systematisch am Beispiel der empirischen Projekte der Teilnehmer*innen die Bedeutung bzw. das Verständnis und Funktion von Partizipation in Gesprächen in verschiedenen pädagogischen Kontexten, entwickelt Analysestrategien und reflektiert Fragen der Methodologie.

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Gefördert von Bundesministerium für Bildung und Forschung