Industriebrachen
wurden lange als vergeudete städte-bauliche Ressourcen
bzw. als Altlastenstandorte angesehen. In den 80er Jahren forderte
man die baldige Altlastenbefreiung und die Wiederbenutzung als
gewerbliche Baufläche. Doch angesichts der vielen nicht
vermarktbaren Industriebrachen im Ruhrgebiet mussten andere
Lösungen für diese Flächen gefunden werden. Der
Landschaftspark Duisburg-Nord erstreckt sich auf über 200
ha und stellt einen Park neuen Typs dar, der das Charakteristische
einer Industriebrache beibehält. Auf der Industriebrache
Duisburg werden vielmehr die ursprünglichen Ausgangsbedingungen
aufgenommen, es wird lediglich mit der Form gespielt (geometrische
Anordnung).
Dass
Industriebrachen, Naturschutz und Freiraum-funktion sich miteinander
verbinden lässt, zeigt sich sehr gut am Beispiel des Landschaftsparks.
Die vielseitigen Möglichkeiten der Naturerfahrung und des
Naturerlebens, die für eine breite Schicht der Stadtbevölkerung
geschaffen wurde, zielen gleichzeitig auf einen nachhaltigen Schutz
von Natur ab. Ein nachhaltiger Schutz unserer Natur ist nur erreichbar,
wenn im städtischen Lebensumfeld der verloren gegangene positiv-emotionale
Bezug zur Natur wiederhergestellt wird. Das Umweltbewusstsein
der Menschen ist in den letzten Jahrzehnten insbesondere in den
Industrienationen gestiegen. Gleichzeitig belegt eine Vielzahl
von Untersuchungen, dass die konkrete Kenntnis von den Lebenszusammenhängen
in der uns umgebenden Landschaft erschreckend gering ist.
Eine Studie der Universität Marburg weist nach, dass insbesondere
bei Jugendlichen die Naturentfremdung voranschreitet und manche
Schüler keine einzige Vogelart benennen konnten.
Unsere
gar nicht so häufigen Brachen vor der Haustür wirken
mit ihrem scheinbar zufälligen Grün, das jahrzeitlich
blüht, verblüht und vergilbt, immer leicht schmuddelig.
Die Einstellung zu Brachflächen muss sich ändern, immer
noch werden sie als Unland oder Baulandreserven betrachtet. Sie
sind beliebte Müllabladeplätze; so zum Teil auch im
Nordpark.
Ein Lehrpfad wird geschaffen
Um
den offensicht-lichen Defiziten in der Wahrnehmung der belebten
und uns umgebenden Umwelt entgegenzuwirken, hat man einen Lehrpfad
geschaffen. Die erste Station wurde im Frühsommer 1999 insalliert
und man ist gespannt, wie dieser Lehr- bzw. Erlebnispfad angenommen
wird. Die herkömmlichen Lehrpfade, die überwiegend aus
Informationstafeln bestehen, haben hinsichtlich der Steigerung
ihrer Attraktivität einen deutlichen Nachholbedarf.
Im Nordpark will man einen Lehr- bzw. Erlebnispfad schaffen, der
zum einen Vandalismusbedürfnissen einiger Besucher und zum
anderen dem Wetter trotzt, aber dennoch oder gerade deswegen das
Interesse des Besuchers an der Natur weckt.
Die Themen der ersten drei Stationen sind
1.
Vögel im Landschaftspark und in der Industriekulisse
2. Pflanzen im Landschaftspark
3. Wasser im Landschaftspark
Die
Station "Vögel" ist als Spiel- und Kletterobjekt
in Form eines überdimensionalen Vogelnestes, zum Teil mit
überdimensionalen Eiern, erbaut worden. Eine Informationstafel
stellt ausgewählte Vogelarten des Landschaftsparks mit ihren
Lebensgewohnheiten vor.
Ein weiteres Spielobjekt in Form einer auf einem Stativ befestigten
Maske eines Greifvogels bietet mit integriertem Fernglas die Möglichkeit,
Vögel in der Umgebung kennenzulernen.
Die
zweite Station "Pflanzen" soll die Wissensdefizite bei
der Artenkenntnis unserer heimischen Flora abbauen helfen.
Auf einer großen, in Stahlträgern montierten Walze
befinden sich nebeneinander aufgereiht fünf drehbar gelagerte
sechseckige Trommeln. Jede dieser Trommeln steht für ein
Bestimmungsmerkmal von Blütenpflanzen. Eine genauere Anleitung
und eine Legende steht auf einer am Spielobjekt befestigten Tafel.
Als
letzte Station "Wasser" wurde ein großer runder
Spielplatz von 12 m Durchmesser eingesetzt, um den Besuchern des
Landschaftsparks für die verschiedenen Themen rund ums Wasser
zu interessieren. Es ist z.B. ein mäandrierender Flusslauf
nachgebildet worden, ebenso wie ein gerader Kanal. Das unterschiedliche
Verhalten des Wassers in den verschiedenen Flussbetten soll damit
verdeutlicht und erlebt werden.
Lebensräume für
wilde Pflanzen und Tiere
Man
ist gespannt, wie dieser neuartige Lehrpfad bei den Parkbesuchern
ankommen wird. Darüber hinaus gibt es für Kinder und
Erwachsene vom Frühjahr bis Herbst naturkundliche Führungen
durch den Landschaftspark Duisburg-Nord. Zurück
zu den Industriebrachen. Sie sind zwar nur Sekundärbiotope
auf künstlich von Menschen geschaffenen Flächen, bieten
aber Lebensräume für wildwachsende Pflanzen und wildlebende
Tiere. In den meisten Gärten und Parks in Städten haben
dagegen heimische Pflanzenund Tierarten wenig Möglichkeiten
zu wachsen und zu leben. So befinden sich im Landschaftspark mehr
als 450 Arten von Blütenpflanzen, also etwa 30% aller wildwachsenden
Pflanzenarten in NRW.
Auch
wurden seit 1990 über 60 verschiedene Vogelarten nachgewiesen.
Unter anderen trifft man dort seltene Arten wie z. B. den Grünspecht,
Braunkelchen aber auch größere Vögel wie den Graureiher
an.
Ideal ist der Landschaftspark als wertvolles Brutgebiet für
Singvögel, insbesondere durch die verwilderten Gebüsche.
Sie stellen ausreichenden Schutz dar. Somit hat der Park sowohl
als Brutgebiet in einem vom Menschen bebauten Ballungsgebiet als
auch als Raum für rastende und überwinternde Singvögel
eine wichtige Bedeutung.
Auch Säugetiere finden einen Lebensraum in einem zusammenhängenden
Naturgebiet. Unter anderem kommen Rotfuchs und Feldhase vor, die
normalerweise nur in freien Landschaften anzutreffen sind.
Unter
den festgestellten Arten (Pflanzen und Tiere) stehen einige in
der Roten Liste für NRW. Die Rote Liste enthält die
in diesem Bundesland vom Aussterben bedrohten und im Bestand gefährdeten
Arten.
Der
Nordpark ist außerdem ein wertvoller Lebensraum für
Reptilien und Amphibien. Zum Beispiel hat die Kreuzkröte
in allen drei Gewässern des Parks abgelaicht. Diese Amphibienart
ist besonders in Duisburg durch die starke Zerstörung geeigneter
Laichgewässer bedroht. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt
im Ruhrgebiet auf den Ruderaalstandorten.
"Ruderal"
(von lat. Rudus - Schutt, Ruinen- oder Mörtelmasse) bezeichnet
stark vom Menschen veränderte Standorte. Wird sie ungestört
gelassen, durchläuft die Ruderaalvegetation auf Industriebrachen
verschiedene Entwicklungsstadien (Sukzession)
HoppelKronsbein (9998, 92)Solche Entwicklungsstadien (Sukzessionen)
sind:
1.
Initial- oder Pionierstadien
2. Folgestadien (Staudenvegetation)
3. Dauerstadien (Gehölzstadien)
Zunächst
siedeln sich Pionierarten (kurzlebige einjährige Pflanzen
mit großer Samenproduktion) an, die die Rohsubstrate wie
z. B. Schlacke oder Bergematerialien mit organischen Substanzen
überziehen; erste Humusschicht.
Erfolgt
eine ungestörte Entwicklung, folgt nach zwei bis drei Jahren
die Staudenvegetation. Dieses sind ausdauernde Arten wie Gräser
und Stauden, die sich gegenüber den einjährigen Arten
durchsetzen. Durch das jahreszeitliche Verblühen und der
folgenden Verrottung der Pflanzen, entsteht eine immer dickere
Erdschicht, die der Staudenvegetation eine längere Verweildauer
ermöglicht (in einigen Fällen bis zu 20 Jahren).
Nach
und nach siedeln sich Gehölze an und es beginnt fließend
das Dauerstadium. Die Besiedlung durch Sträucher und Bäume
nimmt zu und sie verdrängen durch ihre Beschattung die Staudenvegetation
mehr und mehr. Wie das Endstadium der Sukzession aussieht, ist
nicht bekannt, da brachliegende Flächen in Städten noch
relativ jung sind. Vermutlich lässt die letzte Entwicklungsstufe
Eichen - und Buchenwälder entstehen.
Wassergewinnung
für die Alte Emscher
Im Zuge der Internationalen Bauausstellung Emscherpark sollte
die Emscher wieder zu einem naturnahen Fluss umgebaut werden.
Da die Emscher immer ein offenes System war, kann man den eigentlichen
Fluss vom Abwasser trennen und oberirdisch fließen lassen.
Am Umbau der Alten Emscher im Landschaftspark Duisburg-Nord sind
bereits erste Erfolge der Umgestaltung zu beobachten.
Die
Alte Emscher wurde schon früh vom Emschersystem getrennt,
was zur Folge hatte, dass auch keine Verbindung mehr zur Emscherquelle
und damit zu sauberen Flusswasser bestand. Die Alte Emscher führte
ausschließlich Abwässer. Nach Verlegung der Abwasserführung
unter die Erde blieb also zunächst ein leerer Graben zurück.
Um diesen Graben mit Wasser zu füllen und auf diese Weise
ein neues Gewässer zu schaffen, konzipierte man ein ausgeklügeltes
System zur Wasserbeschaffung.
Zur
Auffüllung des neu gestalteten Gewässerbettes kam ein
Anschluss an Fließgewässer oder an Schifffahrtskanälen
wie zum Beispiel der Ruhr oder dem Rhein-Herne-Kanal wegen der
großen Entfernung und aus Kostengründen nicht in Frage.
Ein
Wiederanschluss an die Emscher verbietet sich zur Zeit noch aus
Gründen der Wasserqualität. Die Lösung war die
Nutzung des Regenwassers. Von den Dachflächen aller Gebäude
des Landschaftspark und den versiegelten Flächen (insbesondere
den befestigten Wegen und Plätzen der ehemaligen Industrieanlagen)
fängt man den Niederschlag auf.

Beim so genannten ersten Wasserpfad leiten Wasserspeier und oberirdische
Rinnen das Regenwasser in Kühltassen. Dabei handelt es sich
um Wassersammelbecken ( unter den zwei Kühltürmen ).
In den Becken können sich Schwebstoffe absetzen und die Bepflanzung
sorgt für eine biologische Reinigung.
Ist die erste Kühltasse gefüllt, überfließt
das Wasser eine Barriere und ergießt sich in die zweite.
Von dort fließt das Wasser wiederum über eine offene
Rinne in den Bereich der Schönungsteiche und schließlich
in die Alte Emscher.
Der zweite Wasserpfad führt die Niederschläge der Gebäude
im Südwesten zusammen. Sie werden in ein unterirdisches Becken-
und Rohrsystem über einen mächtigen Wasserspeier geleitet,
die ehemalige Rundklärbecken sind auch integriert. Das Wasser
kann über einen Zulauf der Alten Emscher zugeführt werden.
Um den Erholungswert der Alten Emscher zu erhöhen, wurde
das technisch ausgebaute Bachprofil umfassend umgestaltet und
es entstanden fünf verschiedene Gewässerabschnitte.
Zum Beispiel wirkt der dichte Gehölzbestand am Nordufer und
die Agrarflächen des Lernbauernhofs Ingenmannshof an der
Emscher wie eine naturnahe Fließgewässerlandschaft
in bäuerlicher Kulturlandschaft.
Das Wasserkonzept des Landschaftsparks trägt dazu bei, den
Erlebniswert des Parks zu erhöhen.
Gerade von Spaziergängern wird das Element Wasser als sehr
positiv und gerade in den Sommermonaten als erholungssteigernd
empfunden. Außerdem soll geprüft werden, ob und mit
welchen technischen, baulichen und finanziellen Mitteln die ökologische
Verbesserung des Emschersystems mittel? und langfristig gelingen
kann.
Ein
Besuch bei Regenwetter kann mit gutem Gewissen angeraten werden.
Die Bedeutung des Regenwassers hat sich verändert. Allzu
oft als nutzloses Abwasser behandelt, wurde die Qualität
des hochwertigen Niederschlagwassers übersehen und in die
Kanalisation geleitet. Gerade bei Starkregen führt dies zu
Abflussproblemen und zusätzlichen finanziellen Belastungen,
da unnötige großen Wassermengen kostspielig in Kläranlagen
gereinigt werden müssen.
Durch eine Trennung von Regen- und Abwasser besteht zudem die
Möglichkeit, Trinkwasser zu schonen. Im privaten Bereich
wäre das Sammeln von Niederschlägen z.B. zur Bewässerung
des Gartens oder für die Toilettenspülung ökologisch
und ökonomisch äußert sinnvoll.

Der Landschaftspark Duisburg-Nord kann eventuell mit seinem Wasserkonzept
für eine sinnvolle Wassernutzung motivieren und zum Umdenken
anregen.
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