Dissertationsvorhaben Sarah Rau

Kurzfassung Dissertationsvorhaben Die Entwicklung der Qualität von Sachunterrichtsdurchführung in der Zweiten Phase der Lehrerausbildung

Der zweite Teil der Lehrerausbildung, man spricht auch von „Referendariat“ oder „Vorbereitungsdienst“, ist weitestgehend unerforscht (Busian & Pätzold, 2004; Walke, 2007). Diese berufspraktisch jedoch sehr bedeutsame Phase macht einen wesentlichen Teil der Professionalitätsbildung im Lehrerberuf aus. Die angehenden Lehrkräfte müssen, variierend nach Bundesland, innerhalb von 12-24 Monaten komplexe Entwicklungsaufgaben bewältigen. Von herausragender Bedeutung ist dabei die Aufgabe des Unterrichtens und Vermittelns (Hericks & Kunze, 2002). Da der Unterricht mit all seinen Facetten der Lern- und Leistungssituationen oder Erziehungsaufgaben das Kerngeschäft des Lehrerberufs einnimmt (Baumert & Kunter, 2006), steht die Unterrichtsdurchführung auch im Fokus dieser Studie.

Dieses Projekt schließt sich in seiner Definition von Unterricht an Becker (2008) an und meint damit nicht nur die Ausführung einer durchdachten und umfassend analysierten Unterrichtsplanung, sondern auch die tatsächliche Umsetzung im Unterrichtsalltag mit allen spontanen und nicht einschätzbaren Einflüssen, Widerständen und Gegebenheiten. Innerhalb dieser unberechenbaren Situationen dennoch fähig zu sein, guten Unterricht zu halten, ist ein Ziel der zweiten Ausbildungsphase. Eine hohe Unterrichtsqualität entscheidet schließlich auch über die berufliche Gesamtqualität einer Lehrkraft (KMK, 2004).

Was Unterrichtsqualität konkret bedeutet, haben bereits mehrere Autoren ausführlich beschrieben (u. a. Meyer, 2009) und zum Teil empirisch belegt (u. a. Helmke, 2012). Diese Ausführungen sind jedoch überfachlich angelegt. Wie konkret sich Qualität im Fachunterricht konstituiert, wurde bislang nur für wenige Fächer (z. B. Deutsch, Englisch und Mathematik) beschrieben. Für den Versuch, guten Sachunterricht zu beschreiben, bietet es sich an, auf die allgemeinen Qualitätsmodelle von Meyer und Helmke zurückzugreifen. Mit einer umfassenden Analyse der sachunterrichtsdidaktischen Literatur (z. B. Bartnitzky, 2009; Giest, 2009; Kahlert, 2007; Kahlert, 2009; Kaiser, 2008; Labudde & Adamina, 2012) kann dann ein fachspezifischer Kriterienkatalog erstellt werden.

Allen Sachunterrichtsdidaktikern gemein ist das Verständnis darüber, was Sachunterricht leisten soll. Die übergeordnete Aufgabe dieses Grundlagenfaches ist es, Kinder in ihrer Welterschließung zu unterstützen, sie anzuleiten, Probleme der kindlichen Lebenswelt fachwissenschaftlich zu erschließen und sie zu kompetenten Mitgliedern der Gesellschaft zu machen. Um dabei für Kinder relevante Themen in ihrer Ganzheit zu erfassen und vernetztes Lernen zu initiieren, haben im Sachunterricht die naturwissenschaftliche, technische, sozial-wissenschaftliche, historische und geographische Perspektive eine zentrale Bedeutung (GDSU, 2013).

Entsprechend breit gefächert ist das fachwissenschaftliche, fachdidaktische und fachmethodische Repertoire, auf welches die angehenden Lehrkräfte zurückgreifen können müssen. In der Regel sind die angehenden Grundschullehrkräfte aber nur teilweise, nämlich naturwissenschaftlich oder sozialwissenschaftlich, oft sogar spezialisiert auf ein Vertiefungsfach, adäquat dafür ausgebildet. Innerhalb kurzer Zeit müssen sie sich also fachwissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen aneignen und dies in ihren Unterricht kompetent einfließen lassen. Auf Grund dieser Vielfalt und damit einhergehend hohen Anforderungen an die Auszubildenden ist es erstrebenswert, den Entwicklungsverlauf der LehramtsanwärterInnen bezüglich der Unterrichtsdurchführung genauer zu untersuchen.

Das Projekt versucht der Frage nachzugehen, wie sich die Qualität der Unterrichtsdurchführung im Verlaufe des Vorbereitungsdienstes verändert. Mit dem ausgearbeiteten Kriterienkatalog wird außerdem untersucht, wie sich die Qualität der Sachunterrichtsdurchführung hinsichtlich einzelner Merkmale im Verlauf der zweiten Ausbildungsphase verändert.

Im Laufe der Studie werden Unterrichtsstunden von 25 LehramtsanwärterInnen videographiert und analysiert. Die Auszubildenden werden somit über die gesamte Dauer des Referendariats von 18 Monaten (NRW) bei der Durchführung ihres Unterrichts zu je drei Messzeitpunkten (1., 3. und 5. Unterrichtsbesuch im Fach Sachunterricht) begleitet. Die Themen der fünf Lehrproben werden dabei nicht vorgegeben, um einen möglichst umfassenden Einblick der sachunterrichtlichen Kompetenz der angehenden Lehrkräfte zu erhalten.

Literatur

  • Baumert, J.; Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaften (9/4), S. 469–520.
  • Bartnitzky, H. (2009). Kursbuch Grundschule. Frankfurt, M: Grundschulverb. (Bd. 127/128).
  • Becker, G. E. (2008). Unterricht durchführen, Teil 2. Handlungsorientierte Didaktik. Weinheim: Beltz.
  • Busian, A. & Pätzold, G. (2004). Kompetenzentwicklung der Lehrenden: Konzepte und Maßnahmen der Lehreraus- und -fortbildung zur didaktischen Förderung von selbst gesteuertem Lernen, Selbstwirksamkeit und Teamfähigkeit. Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft und Berufspädagogik: Dortmund.
  • Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts (2013). Perspektivrahmen Sachunterricht. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Giest, H. (2009a). Bildungsstandards und Kompetenzen im Sachunterricht. In: Grundschulunterricht Sachunterricht (4), S. 4–7.
  • Giest, H. (2009b). Zur Didaktik des Sachunterrichts. Aktuelle Probleme, Fragen und Antworten. Potsdam: Univ.-Verl.
  • Helmke, A. (2012). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze-Velber: Klett/Kallmeyer.
  • Hericks, U. & Kunze, I. (2002). Entwicklungsaufgaben von Lehramtsstudierenden, Referendaren und Berufseinsteigern. Ein Beitrag zur Professionalisierungsforschung. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaften 5 (3), S. 401–416.
  • Kahlert, J. (Hg.) (2007). Handbuch Didaktik des Sachunterrichts. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Kahlert, J. (2009). Der Sachunterricht und seine Didaktik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Kaiser, A. (2008). Neue Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts. 2. Aufl. Baltmannsweiler: Schneider-Verl. Hohengehren.
  • Kultusministerkonferenz / Sekretariat der Ständigen Konferenz Kultusministerkonferenz / Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Verfügbar unter: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf [15.07.2013].
  • Labudde, P. & Adamina, M. (2012). Kompetenzen fördern - Standards setzen: Naturwissenschaftliche Bildung in der Primarstufe. Kiel: IPN Leibniz-Institut f. d. Pädagogik d. Naturwissenschaften an d. Universität Kiel.
  • Meyer, H. (2009). Was ist guter Unterricht? Frankfurt am Main: Scriptor
  • Walke, J. (2007). Die zweite Phase der Lehrerbildung: Ein Überblick über Stand, Problemlagen und Reformtendenzen ; eine Expertise für den Wissenschaftlichen Beirat des Aktionsprogramms "Neue Wege in der Lehrerausbildung" des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und der Stiftung Mercator (Bd. 3). Essen: Ed. Stifterverband - Verwaltungsges. für Wissenschaftspflege.