Autoritäre Konsolidierung

Fragestellung, theoretische Einordnung und Zielsetzung

Stark normativ geprägt und an modernisierungstheoretische Prämissen angelehnt, haben Transformationstheorien ein teleologisches Verständnis von Regimewechseln. Diese werden in Phasenmodellen konzeptualisiert, in denen traditionell auf die Liberalisierung des autoritären Regimes zunächst eine Demokratisierung folgt, die sich im Lauf der Zeit immer weiter konsolidiert. Ein analoges Konzept der „autoritären Konsolidierung“ gibt es nicht, auch wenn dieser Begriff vereinzelt in Bezug auf China verwendet wird. Im Gegensatz zur als Prozess verstandenen demokratischen Konsolidierung wird Autoritarismus implizit als ein „Zustand“ gesehen, aus dem demokratische Regime hervorgehen und in den sie im Falle eines „Zusammenbruchs“ zurückkehren – um aber schlussendlich wieder den Weg zurück in die Demokratie zu finden. Während die Bedingungen erfolgreicher demokratischer Konsolidierung nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten untersucht werden, sind Studien, die sich mit der Überlebensfähigkeit autoritärer Regime beschäftigen, wesentlich jüngeren Datums und bei Weitem nicht so zahlreich.

Dementsprechend gibt es bislang keine systematischen Erkenntnisse über die Determinanten der Stabilität und Instabilität autoritärer Herrschaft. Makroquantitative Studien haben die Höhe des Pro-Kopf-Einkommens als verlässlichsten Indikator für die Bestandsfähigkeit einer Demokratie identifiziert, doch vermögen sie weder zuverlässige Aussagen zu machen über die Faktoren, die einen Regimewechsel herbeiführen, noch über die Determinanten der Bestandsfähigkeit autoritärer Regime. Die rigorose Kategorisierung autoritärer Regime als „partizipationsfeindlich, geschlossen, unflexibel, adaptions- und innovationsträge“ (Merkel 2008) kann jedenfalls bereits durch das Beispiel China entkräftet werden. Ebenso unbefriedigend sind Ansätze der politischen Kulturforschung, da aus ihnen heraus beispielsweise die Systemwechsel in den „konfuzianischen“ Ländern Südkorea und Taiwan nicht erklärt werden kann. Die jüngste, ebenfalls makroquantitativ angelegte Forschung hat zumindest einige potenziell relevante erklärende Variablen identifiziert, wie z.B. die Institutionalisierung des Führungswechsels oder semi-kompetitive Parlamente.

Anknüpfend an diese ersten Ergebnisse wird in dem Projekt systematisch die Frage bearbeitet, welche Faktoren bzw. Faktorenbündel aus welchen Gründen die Bestandsfähigkeit autoritärer Regime beeinflussen. Die vorläufige Hypothese lautet, dass die Responsivität autoritärer Regime zu deren Bestandserhaltung maßgeblich beiträgt. Responsivität wird hier verstanden als die Kapazität eines Regimes, auf extern wie intern induzierte Krisen flexibel zu reagieren und aus diesen zu lernen. Responsivität gründet sich in akteursspezifischen Faktoren, der Integration eines Regimes in die internationale Umwelt, der Formalisierung des Führungswechsels und der Organisation des Machtzugangs, der Institutionalisierung des bürokratisch-administrativen Systems, der Flexibilität und Kommunikationsfähigkeiten im Hinblick auf Legitimationsmentalitäten sowie der Institutionalisierung (begrenzter) Partizipationsmöglichkeiten. Diese Hypothese wird insbesondere in Relation zu Alternativhypothesen betrachtet, die die Determinanten stabiler autoritärer Regime in regional spezifischen Faktoren wie z.B. der politischen Kultur sehen.