Pressespiegel

SONNENALLEE
Ein Film, der „Ostalgie“ zeigt, was so viel heißen soll wie „Wir hatten wir es in der DDR doch nett" meint Marianne Wellershoff über den Film SONNENALLEE in der Filmrezension auf Spiegel Online (04.10.1999). Doch vorrangig die schönen Seiten der DDR zeigen, ist für sie kein Grund für Kritik: „Haußmanns Kunststück besteht darin, zehn Jahre nach dem Mauerfall nicht noch mal mit einer Jammer-Arie über den Unrechtsstaat DDR zu langweilen, sondern sich Zeit und Herz zu nehmen für die Schilderung einiger ganz gewöhnlicher Jung-Ossis.“ Auch Alexander Jachmann stimmt in seiner Filmkritik auf zelluloid (03.11.1999) dem Eindruck zu, dass Haußmann auch die spannenden Seiten der DDR zeigt: „Trotz der Omnipräsenz des Staates, seiner geheimen und offiziellen Vertreter und seiner Ideologien halten sich die Jugendlichen wenig an die ihnen auferlegten Regeln, denn ganz so eingesperrt, wie man als Zuschauer die Situation einstuft, fühlen sie sich gar nicht.“ Er nennt Sonnenallee abschließend einen „brauchbarer Film mit Abzügen in der B-Note“ aufgrund von kleinen Ungereimtheiten, wie etwa dem Drogenrausch der Jugendlichen durch ein Cola-Kräutergemisch. Kurz zusammengefasst ergibt das, wie Jörg Thomann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) (24.08.1998) schreibt: „Nicht Aufarbeitung, Verklärung ist das Ziel.“ Eher kritisch sieht Christiane Peitz die Umsetzung von Sonnenallee in der Zeit (04.11.1999): „Sonnenallee, der Film, will noch weniger als der Roman: ein harmloser Spaß, ein bißchen Burleske, damit hat sich's.“ In ihren Augen scheint „Theaterprofi und Kino-Neuling Leander Haußmann […] das Filmemachen selbst für eine kindisch-pubertäre Angelegenheit zu halten.“ Dem entgegengesetzt nennt Christiane Kühl SONNENALLEE einen „Erinnerungsfilm“ in der taz (07.10.1999) und beschreibt die Szenerie: „Leander Haußmann hat einen Farbfilm gedreht. Über die DDR. Die DDR leuchtet. Nie waren Partykellerwände blutroter, Zeitungskioske gelber, Fingerfarben auf nackten Körpern blauer als in der ‘Sonnenallee’. Ziemlich sexy alles.“ Insgesamt ist das Presseecho zu SONNENALLEE überwiegend positiv. Viele Kritiker*innen erwähnen lobend, dass durch die Komödie, die, damals sehr kurze, Liste von DDR-Filmen verlängert wird.

HERR LEHMANN
Kritische Stimmen gibt es im Presseecho zu HERR LEHMANN wenig. Jedoch fällt die starke Nähe von Romanvorlage und Filmumsetzung bei der Kritik vom Filmspiegel negativ ins Gewicht: Die buchgetreue Umsetzung „könnte man einerseits als werkgetreu, andererseits als zu kurzsichtig interpretieren. Denn Haußmann bemüht sich leider zu selten darum, eine adäquate Bildsprache oder ein kongeniales, dramaturgisches Konzept zu finden, um die Stimmung des Buches wiederzugeben.“ „Das Gegenstück zu Sonnenallee“ nennt hingegen Michael Althen den Film HERR LEHMANN im Feuilleton der FAZ (30.09.2003). Die eigentlich unpassende Besetzung von Christian Ulmen als Herr Lehmann, der „als umtriebiger Moderator auf MTV wahrscheinlich das natürliche Feindbild eines Mannes wie Herrn Lehmann“ sei, lobt Althen, da er in seiner ersten Hauptrolle „weniger durch seine Verwandlungsgabe als durch sein Talent zur Anverwandlung“ überzeuge. Auch Reinhard Mohr bewertet die filmische Umsetzung des Romans HERR LEHMANN im Spiegel (29.09.2003) positiv, da es Haußmann gelungen sei „eine im deutschen Kino seltene Balance von Ironie und Melancholie zu halten.“ Erneut wird auch der Hauptdarsteller Ulmen positiv erwähnt, da seine „überraschend souveräne, unaffektierte Darstellung […] der Mittelpunkt dieser Milieustudie“ sei. Journalist Daniel Haas bestärkt die positiven Bewertung seines Kollegen, ebenfalls im Spiegel (01.10.2003) und bezeichnet die Darstellung zunächst als „ein Mäandern durch das Berliner Nachtleben kurz vor dem Mauerfall; ein harmloses Dümpeln im ewig gleichen Trott der ausgedehnten Adoleszenz“ jedoch habe Leander Haußmann das „undramatische Gleiten durch die eigene Existenz“ seiner Auffassung nach „kongenial“ umgesetzt. Weiter beschreibt er HERR LEHMANN als „episodische[n] Rundgang durch eine Lebensform, die sich Veränderung ebenso sehr wünscht wie meidet.“

HOTEL LUX
Die Komödie HOTEL LUX mit Michael Herbig in der Hauptrolle erntet harsche Kritik in vielen Filmrezensionen und nur selten Lob. Alexander Clammann, der den Fokus in seiner Filmkritik in der Zeit (28.10.2011) besonders auf die historischen Inhalte des Films legt, kann sich nur an wenigen Szenen erfreuen, wie etwa der stark überzeichneten Verfolgungsjagd und kritisiert Haußmanns Umsetzung im Allgemeinen. Sein Resümee: Die „Überblendung von historischer Realität […] mit burlesk-surrealem Showdown zeigt für einen Moment immerhin, was aus diesem Film hätte werden können, wenn womöglich jemand wie Helmut Dietl, der ursprünglich an diesem Film saß, weitergemacht hätte.“ Auch Claudia Lennsen kritisiert in der taz (28.10.2011) die Umsetzung der Komödie von Haußmann: „‘Hotel Lux’ lässt kein Klischeefeuerwerk, keine Gagmechanik aus, selbst der finale Flug nach Hollywood ist eine dreiste Happy-End-Umdeutung von ‘Casablanca’“. Sie kann den Humor des Films nur „mit viel Abstand zu den historischen Referenzen“ komisch finden. Positiver fällt die Kritik von Christian Buß auf Spiegel Online (25.10.2011) aus: „Die erste Viertelstunde von ‘Hotel Lux’ ist ein grandioses Schmierenkomödianten-Doppel, das ironisch die unterschiedlichen und doch immer ziemlich ähnlichen Verballhornungen Hitlers mitreflektiert.“ Besonders den Hauptdarsteller Michael Herbig lobt er, da er dem Film seine eigene Note aufgedrückt habe: „Der Diktatoren-Verwechslungsreigen bekommt gerade durch Herbigs unvermeidliche Öffnung in die Familienunterhaltung diesen heimtückisch heiteren Tonfall, der das Böse unterhalb der komischen Oberfläche zuweilen grausam zum Klingen bringt.“ In den Ruhrnachrichten (25.11.2011) wird Haußmanns Umsetzung jedoch abermals stark von Kai-Uwe Brinkmann kritisiert: „Die Tragikomödie ist die Königsdisziplin des Humors, doch Haußmann scheitert. Er findet keine Balance zwischen Komik und Schrecken, er trifft nicht den Ton. Der Witz bräuchte Tiefe, verläppert sich aber im Flachwasser.“ Michael Herbig bezeichnet er als „Fehlbesetzung“. Auch das Hamburger Abendblatt (27.10.2011) bewertet die Tragikomödie als „belanglos“ und David Ensikat vom Tagesspiegel (26.10.2011) nennt den Film „eine Nummernrevue, eine Aneinanderreihung von Szenen, die kein Ganzes ergeben.“ Immerhin dem Hauptdarsteller Herbig kann er etwas abgewinnen und beschreibt die Besetzung als „großartig“. Positiver fällt die Kritik zu HOTEL LUX von Anna Schmölz im FOCUS (27.10.2011) aus. Ihrer Meinung nach machen die „Wechsel zwischen Ernst und Spaß und die Unmöglichkeit, den Film einem bestimmten Genre zuzuordnen, […] seinen Reiz aus, sind aber gleichzeitig sehr ungewohnt.“ Insgesamt spielen viele Kritiker*innen auf Haußmanns eigene DDR-Vergangenheit an, die er in ihren Augen in den Film hat einfließen lassen. So zieht beispielsweiße Christian Bernd vom Deutschlandradio Kultur (25.10.2011) diesen Vergleich und zitiert in diesem Zusammenhang den Regisseur Haußmann zu seinen Erfahrungen in der DDR: „Ich bin ja in einem Haushalt groß geworden, der war ja wirklich nicht pro DDR, ganz im Gegenteil, und ohne Humor und sehr viel Ironie hätten wir das nicht durchgestanden […]“.

 

 

Die wahre Geschichte von Kabale und Liebe
Die wahre Geschichte von Kabale und Liebe ist in der Presse wenig diskutiert worden. Der 2007 erschienene Roman ist eine Wiederaufnahme von Schillers Werk Kabale und Liebe. Nachdem seine Verfilmung des Originalstücks groß gefeiert wird und Schillers Werk wieder aufleben lässt, entwerfen Haußmann und Koautor Naujoks eine in Briefen verfasste Neugestaltung, bei welcher das Ende „vom bissigen Humor einer Verballhornung aufgefangen [wird], die dem Heute einen Spiegel vorhält“ (Saarbrücker Zeitung, 28.03.2007).

NVA
Haußmanns Debütroman NVA ist ein in der Presse sehr kontrovers gelesenes Buch. Der kurz nach dem gleichnamigen Film erschiene Roman ist eine Art Fortsetzung des Films SONNENALLEE.

„Haußmann, der Lässige. Er war der Erste, der uns über die DDR lachen ließ – mit seinem Kinodebut ‚Sonnenallee‘. Und jetzt über die NVA. […]“ schreibt Rainer Schmidt (MAX, September 2005). Die Ostalgiewelle, ein schlimmes Wort, wie Haußmann sagt, habe er selbst erfunden. Filme über die DDR floppten, weil sie zu ernst waren. So entstand der Plan, die DDR zu einem Kunstobjekt zu erheben. „Das Witzige an dem System DDR war ja, dass die keinen Humor hatten“ (Interview mit Rainer Schmidt, MAX, September 2005).

Im Planet Interview mit Jakob Bure (20.09.2005) begründet Haußmann seine Entscheidung, eine Komödie zu schreiben: „Und um Dinge für die Zukunft zu verhindern, benutze ich das Mittel der Lächerlichmachung. […] Ich denke auch, dass das die einzige Möglichkeit ist, Leute für dieses Thema zu interessieren. An sich wissen wir ja alle, dass Armee scheiße ist. […] Aber gerade deswegen darf ich ja eine Komödie darüber machen – ich habe es ja erlebt.“ Dinge, die grausam sind lasse Haußmann dabei bewusst aus. Dies seien Dinge, über die man sich nicht lustig mache und die nicht in eine Komödie gehören – dazu gehören Folterungen, Inhaftierungen und nicht zuletzt die Toten an der Mauer.

Ganz anders liest beispielsweise Peter Körter (FAZ, 26.09.2005) NVA: „Lau wie Kantinensuppe, grau wie die Uniformen der Nationalen Volksarmee: Leander Haußmanns Film ‚NVA!‘ ist schlimmer als eine Militärklamotte: eine Militärklamotte, die sich immer wieder dafür schämt, eine zu sein.“ (ebd.) Es sei natürlich, 16 Jahre nach dem Mauerfall eine Komödie aus der Thematik zu machen, doch haben sich GOOD BYE, LENIN und SONNENALLEE dieser Idee schon zu genüge bedient. Die Pointen, die Haußmann abfeuere, leiden an Materialermüdung. „Aber was Haußmann dazu eingefallen ist, sieht eher aus wie eine späte Renaissance von Opas Kino. Mühsam gedämpftes Chargieren quer durch alle Dienstränge und schale Gags. […] Haußmann erzählt seine Geschichte so farblos und unspezifisch, daß noch der Mauerfall wie eine Verlegenheitslösung wirkt, die dem Ganzen zu einem Schluß verhilft.“ (ebd.). Christoph Dieckmann schreibt für die ZEIT (29.09.2005): „Zugleich erschien eine Verschriftung in Jugendprosa, die Haußmann Roman zu nennen beliebt.“ Der dazugehörige Film pflege „den Schenkelhumor bayerischen Bauerntheaters, bloß ohne Komödien-Rhythmik“. Die Presse ist sich also erneut nicht einig, ob man nun einen gelungenen Roman vor sich hat oder doch nur eine erneut auf den Osten komödiantisch bezogene Geschichte.

Buh. Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück

Leander Haußmanns Autobiografie Buh. Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück erntet insgesamt viel Lob. Der Regisseur hat seine kleinteilig und kurzweilig erzählte Autobiographie vor allem als Beschreibung eines vielfachen Scheiterns angelegt (Haußmann im Interview mit Kühlem, RP-Online, 02.01.2014). Diese Idee wird als besonders gelungen gewertet.

Haußmann erweise sich als „großes erzählerisches Talent, mit Gefühl für Sprache und einschlägige stilistische Mittel und Tricks. Er hat Gespür für Rhythmus, schafft Kontemplationsraum, treibt das Tempo“ (Marion Petrzck, neues deutschland, 28.12.2013). Er halte die Balance zwischen Slapstick und Ernst. Das Memoirenbüchlein sei eine Liebeserklärung an die Familie, so schreibt Petrzck weiter.

Georg Leisten schreibt in der Südwest Presse (11.12.2013): „Schon der Titel des kurzweiligen Memoirenbandes verrät es: Mit offenem Visier stellt sich Haußmann seinen Niederlagen, weil gerade diese das Potenzial zur Komik bergen. Und weil er im Einstecken ebenso gut ist wie im Austeilen.“ Das Buch gönne sich neben Theaterkatastrophen und Verbalraufereien aber auch Rückzugsräume der privaten Reflexion.

Es präsentiere weniger eine kohärente Erzählung als vielmehr einen groß angelegten Witz mit einigen ernsten Passagen. Haußmann schwelge in wunderbar spöttischen Geschichten und Sottisen und schüttele gut gelaunt am Laufband köstliche Geschichten und amüsante Anekdoten aus dem Ärmel (BÜHNE, Dezember 2013). Diese vermiedene Kohärenz ist auch das, was andere Zeitschriften und Zeitungen positiv beurteilen. So schreibt Barbara Burckhardt für Theater heute (Heft 12, Dezember 2013) von einem „lässigen, furios jede Chronologie vermeidenden, jede Pointe schamlos vereinnahmenden Anekdotengewitter aus einem lustvoll alles vergeigenden Dasein. […] Das wird genüsslich, gnadenlos selbstironisch und in hektischen Assoziationssprüngen ausgemalt […]“. Dieser positiven Beurteilung der lockeren Geschichten- und Anekdotensammlung, die forsch und munter gegen die Routine und Langeweile im Leben und auf der Bühne angehe, schließt sich Annerose Kirchner von der Ostthüringer Zeitung (22.11.2013) an. Eva Behrendt formuliert es im Deutschlandradio Kultur (08.11.2013) wie folgt: „Fast jedes Kapitel eröffnet mit einer dramatischen Szene, deren Vorgeschichte und Nachwehen in scharf geschnittenen, mal elegant komponierten, dann wieder verschachtelten Rückblicken aufgeschlossen wird, um in letzter Sekunde wieder auf die schon aus den Augen verlorene Eingangsszene aufzuspringen und dort noch eine sichere Pointe zu landen.“ Haußmann sei ein Anekdotenartist, dessen Angst vor Langeweile sich tief in das Buch gefressen habe.

Dem Titel entsprechend konzentriere Haußmann sich daher stärker auf die Niederlagen und beschreibe verschiedene Desaster in seinem Leben (vgl. Christine Dössel, Süddeutsche Zeitung, 20.10.2013). „Von seinen Erfolgsfilmen ‚Sonnenallee‘ und ‚Herr Lehmann‘ ist noch weniger die Rede. […]. Geschrieben aus der Angst heraus, zu langweilen ist es ziemlich unterhaltsam. Aber irgendwie auch dünn. Bleibt viel Material übrig für die Alters-Memoiren“ (ebd.). Auuch Inge Wünnenberg (SO.Buch, 29.09.2013) merkt kritisch an: „Dennoch bleiben diese Memoiren eines Mannes in der Midlife-Crisis in vielem an der Oberfläche, im Anekdotischen stecken. Und bei allem Exhibitionismus, den Haußmann auf den 272 Seiten betreibt: Außer einer gewissen Nabelschau erfährt der Leser nicht viel über den Menschen, sein privates Leben oder seine Familie.“

In vielen weiteren Artikeln aus dem Spiegel (Sonja Hartwig, Heft 42, 07.10.2013), der Frankfurter Rundschau (Ulrich Seidler, 06.10.2013), der Sächsischen Zeitung (Johanna Lemke, 27.09.2013) oder dem Tagesspiegel (Christine Wahl, 02.10.2013) wird das Anekdotische und Sprunghafte der einzelnen Szenen gelobt, die Auslassungen der hoch gefeierten Inszenierungen thematisiert, aber nicht stark kritisiert und die Hoffnung auf ein weiteres Memoirenbuch im Alter formuliert.

Um es abschließend mit den Worten von Reinhard Wengierek in seinem Blog (Lustaufkultur, 2013) zu schreiben: „Dieser Mann kann es – als federleichter Feuilletonist seiner verrückt schäumenden Daseinsgeschichte. Enormes Lesevergnügen. Frei von Schreibschweiß; fast frei von Koketterie. Leander lässt es einfach loofen. Und es läuft und läuft. Aber es läuft niemals über. Ein souveränes Kunststück. Bravo ‚Buh‘.“

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