Pressespiegel

Dramen

Olgas Raum (1992)
Die Uraufführung von Dea Lohers erstem Stück, Olgas Raum, wird positiv, aber dennoch verhalten aufgenommen. Brita Janssen von der Westfälischen Rundschau (10.8.1992) spricht von einem formal straffen Aufbau des schwierigen Themas durch Loher, das von Yves Jansen dicht in Szene gesetzt worden sei. Im Handelsblatt (14./15.08.1992) erkennt Hans Berndt Lohers Absicht, „eine zwielichtige Frauengestalt des 20. Jahrhunderts der Vergessenheit zu entreißen“ und lobt insbesondere die straffe Regie Jansens, welche die undeutlichen Grenzen von Täter und Opfer überzeugend herausarbeite. Ihre Sprache, „in der Poesie und akademischer Ausdruck sich mischen“, sei dagegen nicht immer passend. Werner Schulze-Reimpell schreibt im General-Anzeiger (24.08.1992), dass die „überzeugende Aufführung“ dem Zuschauer durch die dargestellte Brutalität des Regimes einiges zumute. Er entnimmt dem Text einen aktuellen Bezug, der „auf jüngste Erfahrungen mit Folterregimen in Lateinamerika“ verweise, wodurch zwei thematische Bezüge gelungen verwoben seien. Der Regisseur habe dem eher konventionell gearteten Stück „mit Hilfe seines Bühnenbildners Reinhard Wolff eine geschickte Überhöhung“ gegeben.
Als Andreas Kriegenburg Olgas Raum 1998 in Hannover inszeniert, halten viele Kritiker seine Umsetzung für eine dem Text nicht gerecht werdende Interpretation. Petra Kohse nennt die Inszenierung in der Tageszeitung (03.03.1998) eine „B-Produktion“, in der es „zu vielen mühsam technischen Szenen“ gekommen sei. Ludwig Zerull vom Tagesspiegel (04.03.1998) bemängelt insbesondere Kriegenburgs konsequente Ignoranz gegenüber dem historischen Hintergrund des Stücks. Er verschweige den Text geradezu, wodurch das Stück zur Dauervorführung der Folter der Frau durch den Mann verkommen sei. In der Berliner Zeitung  (03.03.1998) geht Andreas Schäfer so weit zu behaupten, dass die enge Zusammenarbeit von Loher und Kriegenburg nichts als ein einziger, großer Fehler sei. Dabei wirft er der Autorin Oberflächlichkeit in der Gestaltung ihrer Figuren vor: „Das Problem des Stückes ist, daß es gewissermaßen vor sich selbst zurückschreckt, denn das Thema schreit nach Psychologie, aber ins Psychologische, in die Eingeweide und in den Morast der Figuren will und traut sich die Autorin nicht hinein“. Kriegenburg seinerseits, so Schäfer, gelinge es in seiner Inszenierung nicht, den Text zu retten: „Anstatt gegen die läppische Metaebene des Stücks anzuarbeiten, bleibt Kriegenburg auf ihr sitzen und macht das Stück schwächer als es ist. Anstatt sich zu konzentrieren auf die feinen Machtverstrickungen, vertändelt er das Thema in einem panoramaartigen Effektehagel“. Eine Ausnahme innerhalb dieser negativen Stimmen bildet Ralph Hammerthaler von der SZ (03.03.1998): „Kriegenburg sucht immer das Tier, die Triebe im Menschen, er spielt mit Lauten und Bewegungen, doch noch nie war das Ergebnis so konzentriert“.

Tätowierung (1992)
Christian Schröder von der Tageszeitung (18.10.1992) zeigt sich beeindruckt von der Uraufführung und lobt dabei sowohl den Text als auch die Inszenierung: „In karger Sprache schildert das Stück das Beziehungsgeflecht aus Angst und Abhängigkeit, das die Familienmitglieder aneinander bindet“ und nähere sich seinem Thema auf behutsame Weise an. Regisseur Thomas Hollaender habe ein beklemmendes Kammerspiel geschaffen, in dem die Gewalt des Vaters auf subtile Weise beständig spürbar bleibe.
Die zahlreichen späteren Inszenierungen von Tätowierung, bspw. in Oberhausen (1993), Freiburg (1994), Hannover (1997), Solothurn (1997), Basel (1998) und Augsburg (2001), erfahren überwiegend positive Besprechungen. Michael Schmitz von der WAZ (19.01.1993) und Andreas Roßmann von Theater heute (03/1993) sprechen der Oberhausener Inszenierung ihr Lob aus und sehen in der Arbeit von Regisseurin Friderike Vielstich die adäquate Umsetzung für Lohers Text. Generell äußern Rezensenten jedoch durchaus Kritik an der Textgrundlage. Dabei loben sie zum Teil im Gegenzug umso mehr die jeweilige Regiearbeit, die die Schwächen des Stücks auffangen könne (Dirk Schümer, FAZ, 15.1.1997 und Dorothee Hammerstein, Badische Zeitung, 19.12.1994). Wiederholt trifft die Autorin der Vorwurf, das heikle Thema nur oberflächlich angerissen und nicht konsequent zu Ende geführt zu haben. So schreibt Dorothee Hammerstein, die in diesem Punkt mit Bernd Conrads in der Grau Zone. Zeitschrift für neuere Literatur (02.02.1995) übereinkommt, in der Badischen Zeitung (19.12.1994): „Wenn aber eine Autorin schon unbedingt ein Thema ‚aufgreifen‘ muß, sollte sie wohl doch ihrer Sache etwas bohrender nachgehen, als Loher das tut“. Auffällig ist zudem, dass Lohers Text in Zusammenhang mit Franz Xaver Kroetz, Werner Schwab und Rainer Werner Fassbinder gebracht wird (Dorothee Hammerstein, Theater heute, 03/1998 und Otto Heuer, Rheinische Post, 19.01.1993).  

Leviathan (1993)
Die Uraufführung von Leviathan im Oktober 1993 ruft vorwiegend positive Kritikerreaktionen hervor. Hilke Veth berichtet in der Tageszeitung (05.10.1993) von einer „beeindruckenden Uraufführung des Stückes“, in welcher der zunächst sperrig anmutende Text in der Regie von Antje Lenkeit eine beachtliche Dimension gewonnen habe. Sie lobt auch die Unentschiedenheit in Leviathan, die in diesem Zusammenhang nur konsequent erscheine. Auch Andreas Rossmann zeigt sich in der FAZ (07.10.1993) angetan und unterstreicht den Anspruch Lohers, Ulrike Meinhof weder psychologisch noch politisch analysieren zu wollen. Vor allem die sprachlichen Eigenheiten haben bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen: „Die dichte, rhythmisierte Sprache hat die Wucht zur Tragödie“. In der NZZ (08.10.1993) bemängelt Frank G. Kurzhals die distanzierte Perspektivierung des Stücks und die Fokussierung auf ein Einzelschicksal, das zudem „fahl ausgeleuchtet“ sei. Werner Schulze-Reimpell spricht in der FR (13.10.1993) davon, dass Antje Lenkeit die Vorlage gemäß der Vorgaben zu einer Party verfremdet habe und das Ensemble „[i]m engen Korsett der enorm konsequenten Regie“ besonders sprachlich überzeugt. Im Tagesspiegel (21.10.1993) übt Christoph Funke Kritik an zu wenig individuellen Figuren, die nur Transporteure von Ideologie seien, spricht Lohers „klare[r], sinnlich kräftige[r] rhythmisierte[r] Prosa“ aber dennoch sein Lob aus.
Auch bezüglich späterer Inszenierungen erfährt Lohers drittes Stück positive Resonanz. So schreibt Florian Malzacher in der FR (01.03.2005): „Dea Lohers Leviathan ist trotz seiner strengen Ästhetik psychologisch dicht – und zugleich ein schnörkelloses, dialektisches Lehrstück: pointiert, präzis, direkt“. Dieter Bartetzko zeigt sich in seiner Besprechung der gleichen Inszenierung in der FAZ (01.03.2005) völlig begeistert. Es handele sich um achtzig atemlose Minuten, in denen Leviathan bis zum Schluss einen bemerkenswerten Sog entfalte: „Zwei, drei Sätze geben Marie Kontur, ein Schicksal, eine Persönlichkeit und der Schauspielerin Sascha Icks Gewicht“. Ein Kritikpunkt, der auch in Besprechungen nachfolgender Inszenierungen wiederkehrt, betrifft Lohers Vernachlässigung des historisch-politischen Hintergrunds (Wolfgang Platzeck, WAZ, 21.5.1994 und Rolf Spinnler, Stuttgarter Zeitung, 07.05.1999).

Fremdes Haus (1995)
Die Pressebesprechungen zur Uraufführung von Fremdes Haus sind überwiegend von Diskussionen über die erstmalige Zusammenarbeit von Dea Loher und Andreas Kriegenburg bestimmt. Dem Regisseur eilt der Ruf voraus, Theatertexte vorrangig nach seinen eigenen Vorstellungen umzusetzen. So mutmaßt Thomas Thieringer in der SZ (16./17.9.1995): „Andreas Kriegenburg mit der Uraufführung von ‚Fremdes Haus‘ zu betreuen hieß, daß man dieses Stück so wie es geschrieben wurde, am Schauspiel Hannover nicht sehen wollte“. Tatsächlich urteilen Kritiker wie Jan Schulz-Ojala im Tagesspiegel (17.09.1995): „Ausstellen tut er [Kriegenburg] ausschließlich seine Regieeinfälle. Von der Story zeigt er so gut wie nichts. Vom Start weg beweist er, daß er dem Text misstraut, richtet er hin, bevor er leben läßt“. Henning Rischbieter attestiert Kriegenburg in Theater heute (01/1996) ein regelrechtes Desinteresse am Stücktext und schließt mit seinem Fazit: „die Uraufführung eines Textes, der es wohl lohnt, ist noch frei“. Darüber hinaus gerät von Jan Schulz-Ojala im Tagesspiegel (17.09.1995) auch die Art und Weise der nicht werkgetreuen Umsetzung in die Kritik: „Was von solchen Inszenierungen bleibt, sind Schauwerte. Halbnackte Frauen, umgekippte Sofas, Männer barfuß in Eisenwannen, an die Wand geworfene Cocktailgäser – MTV Ästhetik“. Dem entgegen steht das Bild Kriegenburgs als „Retter“ des Textes von Dea Loher, welchen Ursula Bunte in der Berliner Zeitung (05.10.1995) als „überwiegend spröden“ und „eher rabiaten Text“, wenn auch mit „Passagen von bemerkenswerter sprachlicher Dichte und Schönheit“ ansieht. Kriegenburg habe nach ihrer Auffassung mit seinem Fokus auf die Körpersprache der Schauspieler und unter Einsatz von Musik die „Vorlage in schlagkräftige Bilder gebracht“ und laut Martin Krumbholz in der Stuttgarter Zeitung (29.09.1995) das Stück davor retten wollen „altmodisch“ zu sein. „Davor muß man die Autorin in Schutz nehmen", so Werner Schulze-Reimpell im Rheinischen Merkur (22.09.1995). Alles in allem könne Dea Loher seiner Meinung nach „mit der Uraufführungs-Inszenierung zufrieden sein, obwohl sie sich ihr Stück sicher anders vorgestellt hatte“.
Die folgenden Inszenierungen in Mainz (1996), London (1997), St. Gallen (2000), im Kölner Bauturm-Theater (2000), im Kölner Schauspielhaus (2008) und in Stuttgart (2008) werden im Allgemeinen sehr unterschiedlich besprochen. Auffällig ist jedoch, dass einigen Regisseuren der Text Dea Lohers nicht zu genügen scheint. So heißt es in der FR (Unbekannter Autor, Eigener Ton, 19.11.1996) über die Mainzer Umsetzung: „Herrmann Schein, Gastregisseur aus Magdeburg, traute dem Text allein nicht. Er setzte auf wildes Körperspiel, Tanzereien und viel Geschrei“. Ebenso ist in der Rezension von Rainer Hartmann im Kölner Stadt-Anzeiger (17.10.2000) über die Inszenierung von Regisseur Michael Dick im Kölner Bauturm-Theater die Rede von „ausufernde[n], heftige[n], sogar wuterfüllte[n] Bewegungen“ als „Körperausdruck, der sich verselbstständigen kann gegenüber dem was da gesagt wird“ sowie insbesondere von „Schrei und Verzweiflungsgesten“ am Ende des Stückes, die der Kritiker als übertrieben ansieht. Ganz im Gegenteil dazu fehlt laut Tobi Müller in der NZZ (20.03.2000) der Inszenierung von Peter Schweiger im Stadttheater St. Gallen die Veranschaulichung, da dieser Fremdes Haus „als reines Konversationsstück“ begreifft. Daher empfindet der Rezensent die Schweizer Erstaufführung als einen „Abend mit der Anschaulichkeit eines gelesenen Kochrezeptes“. Wesentlich besser schneiden die jüngsten Inszenierungen am Kölner und Stuttgarter Schauspielhaus ab. So lobt Dorothee Krings in der Rheinischen Post (05.02.2008) die „souveräne […] Leichtigkeit“ der Kölner Inszenierung von der jungen Regisseurin Jette Steckel und deren Fähigkeit, „mit einfachen Mitteln […] Atmosphären und Örtlichkeiten zu bestimmen“, wenngleich auch Christian Bose im Kölner Stadtanzeiger (04.02.2008) moniert, dass Jette Steckel „dem Ensemble [in der Ausarbeitung ihrer Figuren] zu wenig Bandbreite“ gelassen habe. Über die Stuttgarter Umsetzung von Fremdes Haus im Theater im Depot findet Tim Schleier in der Stuttgarter Zeitung (22.09.2008) schließlich ausnahmslos positive Worte. Er zeigt sich v.a. von der „ruhigen, überaus sorgfältigen, fast immer punktgenauen Inszenierung von Annette Pullen und den formidablen Darstellern“ überaus begeistert. Dies sei der Grund, weshalb das Stück von Dea Loher, welches Schwächen, v.a. in seiner „Vorhersehbarkeit der Ereignisse“ aufweise, dennoch als „eindrucksvoll und absolut sehenswert“ bezeichnet werden könne.

Blaubart – Hoffnung der Frauen (1997)
Blaubart – Hoffnung der Frauen entsteht als ‚work in progress‘. Loher schreibt die Szenen in Kooperation mit dem improvisierenden Ensemble des Bayerischen Staatsschauspiels. Hinsichtlich der Uraufführung sind die Rezensenten geteilter Meinung, wobei die kritischen Stimmen überwiegen. Anke Dürr, die die Proben begleitete, zieht im Spiegel (24.11.1997) jedoch eine positive Bilanz. Sie lobt insbesondere die genaue, karge Sprache des Stückes: „Wie eine gewiefte Zeichnerin bildet sie [Dea Loher] mit einer einzigen präzisen Linie mehr Charakteristisches ab als ein Kolossalmaler mit wuchtigem Pinselschwung“. Ganz im Sinne Lohers verweigere sich zudem auch Kriegenburgs Regie leichtfertigen Oppositionen. Sie bezeichnet die Aufführung als „eine Séance von merkwürdigen, exakt choreographierten Gesten und Bewegungen“. In der Süddeutschen Zeitung (28.11.1997) zeigt sich Joachim Kaiser ernüchtert über die Uraufführung: Er kritisiert vor allem die Regie Kriegenburgs, der mangels Disziplin in „einem Steinbruch fabelhafter, greller, überschäumender, überflüssiger, einander erwürgender Einfälle“ zum Mörder des Textes geworden sei. Trotz der fabelhaften Schauspielerinnen komme es so zu „einer quälend ausführlichen Mammut-Folge von masochistisch schmerzverliebten ‚misogynen‘ (sprich: frauenverachtenden) Momenten und Etüden". Gerhard Stadelmaier übt in der FAZ (28.11.1997) harsche Kritik an der Kooperation. Der Protagonist sei so dürftig gezeichnet, dass er auf der Bühne fast übersehen werde. Darüber hinaus liefern die Schauspielerinnen lediglich ihr „Orgien-und-Hysterien-Pensum“ ab, was weder überwältige noch rühre. „Und wenn die Vorstellungen der Schauspielerinnen über Liebe und Tod und Leidenschaft in das Stück miteingegangen sind, dann sagt das Ganze auch viel über den Gefühls- und Intelligenzhaushalt deutscher Stadttheaterangestellter“. Reinhard Wengierek von der Welt (28.11.1997) zufolge haben Loher und Kriegenburg das Potential des Stücks verspielt: „Der feminine Trip nach höchster Lust und Unbewußt, arg hysterisch aufgemischt, zeitigt zwar manche Komik, aber halt meistens Kopfschmerzen bei den beiden nur schwach virilen Blaubärten. Und auch beim Publikum“. Auch Cornelia Niedermeier von der Berliner Zeitung (28.11.1997) sieht in Blaubart – Hoffnung der Frauen eine misslungene Kooperation: „Obwohl in gemeinsamer Arbeit entstanden, leben Dea Lohers Text und Andreas Kriegenburgs – drei immer längere Stunden währende – Inszenierung beziehungslos nebeneinander her“. Darüber hinaus äußern sich Ursula Hübner im Handelsblatt (28./29.11.1997) und Petra Kohse von der Tageszeitung (29./30.11.1997) ebenfalls negativ über die Uraufführung, die Resultat einer verfehlten Zusammenarbeit sei. Vor allem habe sich Loher zu stark Kriegenburgs Vorstellungen untergeordnet. Ausnahmen bilden Peter Michalzik von der FR (02.12.1997) und Sigrid Löffler in der Zeit (05.12.1997). Mit Formulierungen wie „Loher kann solche Seelentätigkeit in Dialoge fassen, die – zumindest stellenweise – zum Pointiertesten gehören, was für das deutsche Theater heute geschrieben wird“ lobt Michalzik nicht nur Lohers Sprache überschwänglich, sondern er würdigt auch explizit die Zusammenarbeit: „Tatsächlich ist diese Theaterehe eine glückliche Verbindung. Kriegenburg inszeniert nicht am Text entlang und bleibt doch bei ihm“. Sigrid Löffler sieht die Einführung einer Blaubärtin als besondere Neuerung des Stücks an und äußert sich ebenfalls positiv über die Zusammenarbeit von Autorin und Regisseur: „Allemal erstaunlich, mit wieviel Zeter und Mordio der Regisseur Kriegenburg den innersten Leerraum von Lohers Stück zuzuwirbeln imstande ist. Unentwegt wird uns gezeigt, wo der Blaubartl den Most holt. Es gibt kein Geheimnis, aber das wird immerhin furios gelüftet“.

Adam Geist (1998)
Die Uraufführung von Adam Geist unter der Regie von Andreas Kriegenburg in Hannover muss neben einzelnen positiven Stimmen, wie der Einschätzung Gottfried Kriegers in der Stuttgarter Zeitung (02.03.1998), welcher die Inszenierung als „großes Theater“ beschreibt, harte Kritik hinnehmen. Vor allem die Länge der Inszenierung fällt bei den Rezensenten fast durchweg negativ ins Gewicht. So schreibt Mechthild Lange in der FR (04.03.1998): „[D]ie Inszenierung auf vier Stunden zu strecken, hieß den Text weidlich überstrapazieren“. Damit einhergehend wird mangelndes Durchhaltevermögen des Regisseurs in seiner Bearbeitung des Textes von Ralph Hammerthaler in der SZ (03.03.1998) festgestellt: „Nach der Hälfte der vierstündigen Aufführung verklumpt die Phantasie, schwindet die Kraft. Kriegenburg ist jetzt weder für noch gegen den Text, er hängt eine Szene lustlos an die andere und hofft, daß er so durchkommt“. Auch Barbara Burckhardt von Theater heute (04/98) empfindet die, wenn auch insgesamt „intelligent formalisiert[e]“ Art der Inszenierung stellenweise so „[a]ls habe Kriegenburg das gehäufte Elend des Dea Loher-Szenarios nicht mehr ertragen können [und so] flüchtet er sich, je länger der vierstündige Abend währt, immer häufiger in den szenischen Kalauer und auch am Text vorbei, in den wortwörtlichen“. Dea Lohers Stücktext an sich wird zwar von Friedemann Krusche in der Welt (04.03.1998) als „sprachmächtiges, klug disponiertes Stationendrama“ angesehen, doch stellt es hingegen für Andreas Schäfer von der Berliner Zeitung (03.03.1998) „eine enttäuschende, hochdramatische Totgeburt“ dar. Er sieht im Aufzeigen eines ganzen Lebens nur den Vorwand, sich nicht auf Einzelheiten einlassen zu müssen und fällt das vernichtende Urteil: „[D]aß die Autorin bei Tankred Dorst, dem Großmeister des kunsthandwerklichen Nichtsagens studiert hat, ist auf jeder Seite zu spüren“. Auch wenn für Dirk Schümer von der FAZ (03.03.1998) zumindest in den lakonischen Schilderungen sozialer Katastrophen noch Lohers Talent aufblitz, kritisiert er ebenfalls, dass sie ihren Blick zu weit schweifen lasse und dabei auf genaue Schilderungen verzichte: „Statt mit ihren präzisen sprachlichen Mitteln die Tragik einer Gossenexistenz auszuleuchten und sich auf überschaubare Schauplätze und Personengruppen zu beschränken, mußte hier gleich die ganze Welt erklärt werden.“ Während Dea Loher für Barbara Burckhardt mit ihrer „lyrisch verdichteten, pathosgeladenen Sprache bisweilen nur haarscharf am Kitsch vorbei schrammt“, entgehe sie laut Dirk Schümer dem „sauren Kitsch“ nicht. Seiner Meinung nach gehe das „zähe Stück“ in seinem „überflüssigen O Mensch!-Pathos […] vollends den Bach hinunter“. Sein Fazit: „[Z]uwenig Adam und zu viel Geist“.
Dennoch titelt die Presse drei Monate später: Dea Loher erhält für „Adam Geist“ den Mülheimer Dramatikerpreis. Im Zuge der 23. Mülheimer Theatertage wird Dea Loher für ihr Stück von der Jury mit dem zu dieser Zeit mit 20 0000 Mark dotierten Mülheimer Dramatikerpreis ausgezeichnet, welcher nicht die Inszenierung, sondern den Text prämiert. Mit fünf zu einer Stimme kann sie sich letztendlich gegen das vom Publikum favorisierte Ein Sportstück von Elfriede Jelinek durchsetzen, obwohl, wie Rolf C. Hemke in der SZ (08.06.1998) schreibt, Adam Geist „nicht als großer Wurf gefeiert [wurde], den es nun zwingend zu prämieren gegolten hätte.“ Arnold Hohmann spricht in der Westfälischen Rundschau (06.06.1998) über die Vorführung des Stücks bei den Mülheimer Theatertagen sogar von dessen „Erduldung“ und sieht „Zumutung“ als eines der Kriterien der Jury für ihre Entscheidung an. Für die Jury zählte jedoch, so Rolf C. Hemke in der SZ (08.06.1998), dass Loher eine „unmittelbar sinnhaft erfahrbare Geschichte geschrieben“ hat und sie lobt die Autorin, dass sie sich „getraut [hat] ein ‚Passionsstück‘ zu schreiben, das mit seiner ‚barocken Dramaturgie‘ das Theater ganz bewusst überfordere“.
Noch im selben Jahr findet eine Neuinszenierung von Adam Geist in Mannheim unter der Regie von Erich Sidler statt, der laut Ralph Hammerthaler von der SZ (20.10.1998) ganz im Gegenteil zu Andreas Kriegenburg lediglich die Essenzen des Stücks herausdestilliere und auch nach Michael Buselmeier von Theater heute (01/99) auf „entschiedene Verknappung, Stilisierung, ja auf groteske Übertreibung des Spiels“ setze. Es folgt die Karlsruher Inszenierung (1999) von Peter Schroth, die hingegen eine starke Banalisierung der vertrackten Figur Adams zeige (Jürgen Berger, Theater heute, 07/99,). In Krefeld (2000) lautet das ambivalente Urteil zur Inszenierung der Regisseurin Friderike Vielstich in der Rheinischen Post (28.03.2000) von Dirk Richerdt: „Wer sich in der Pause davonstahl, verpasste nicht allzu viel, obwohl der Regisseurin mit ‚Adam Geist‘ ein imposanter, von eindringlichen Bildern strotzender Theaterabend gelungen ist.“ Zur Berliner Inszenierung von Gabriele Heinz im theater 89 heißt es in der Welt (Unbekannter Autor, Unterm Tisch: Dea Lohers Adam Geist im Theater 89, 22.05.2001) resümierend: „Auch wenn die Suche des Adam Geist nach Erleuchtung erfolglos bleibt – das Theater 89 hat dieses Stück der Dramatikerin erhellend und voll Geist inszeniert.“ Von der Frankfurter Fassung (2002) unter der Regie von Sandra Strunz zeigt sich Eva Behrendt in Theater heute (04/02) beeindruckt: „Staunend hechelt man ihnen und ihren Bildern hinterher, die Augen aufgerissen, den Unterkiefer auf die Brust geklappt.“ Ein ganz besonderes Projekt stellt die Inszenierung von Dino Mustafic in der ausgebrannten Nationalbibliothek in Sarajevo (2005) dar. Florian Malzacher von Theater heute (02/05) zeigt sich begeistert von der Idee des Ortes. Ihm scheint „Lohers an Parzifal angelehnte Geschichte von einem jungen Mann, der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens immer wieder mit beiden Füßen in der Gewalt stecken bleibt, der immer Täter und Opfer und Opfer und Täter zugleich ist, geradezu für diesen Ort geschrieben – nicht nur weil Adam Geist schließlich konkret als Söldner im Bosnienkrieg landet“. Die jüngste Inszenierung findet am Wiener Akademietheater (2009) unter der Regie von David Bösch statt. Als „Star“ wie ihn Barbara Petsch in der Presse (08.09.2009) bezeichnet, inszeniere er das Stück nach ihrer Auffassung „krass, gut“ und bediene sich, laut Eva Maria Klinger auf nachtkritik.de (06.09.2009), „spielerisch verschiedener Stile. Er mischt epische Elemente des Brecht-Theaters mit brutalen Szenen à la Quentin Tarantino und kann dabei wahrhaft poetisch vom Unglück eines Ausgestoßenen erzählen“.

Manhattan Medea (1999)
Die Uraufführung von Manhattan Medea im Oktober 1999 zieht überwiegend kritische Reaktionen auf Text und Regiekonzept nach sich. In der FAZ (25.10.1999) zeigt sich Ulrich Weinzierl, der von „Provinz in des Wortes schlimmster Bedeutung“ schreibt, ausgesprochen ratlos über den Sinn der Aufführung. Für ihn bleibe die Frage nach dem ‚Wozu‘ ohne schlüssige Antwort. Auch Hartmut Krug erachtet die Aufführung in der Welt (25.10.1999) als gescheitert: „Kein starkes Stück der Autorin ist diese deutsch-balkanische US-Medea. Und die in Zusammenarbeit mit dem Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin entstandene Grazer Uraufführung deckt die Schwächen des Stücks erst richtig auf“. Gottfried Krieger moniert in der Stuttgarter Zeitung (27.10.1999) das verfehlte Regiekonzept: „[…], der realistische Anstrich, den ihnen [den Figuren] die Inszenierung verleiht, ist jedoch kein guter Einfall“. In der SZ (28.10.1999) zieht Uwe Mattheis die Bilanz einer „werktreuen Verpfuschung“. Der Regisseur liefere eine unkommentierte Reihung und verlange von seinen Schauspielern etwas, das sie unverdient an den Rand der Lächerlichkeit bringe. Christoph Funke vom Tagesspiegel (02.11.1999) charakterisiert die Uraufführung eher wertungsneutral als „[…] eine auf szenische Effekte völlig verzichtende, mitunter hörspielhaft karge Aufführung, die emotionale Steigerungen bewusst der Musik überlässt“. In der Berliner Zeitung (04.11.1999) spricht Roland Koberg von einem „Inszenierungs-Fake“. Er wünscht dem „Stück, das ein gut geschriebenes und annehmbar gebautes Stück mit eigentlich kräftig gezeichneten Figuren ist“, eine neue Aufführung. In Theater heute (12/1999) übt Franz Wille dagegen deutliche Kritik an Lohers Text: „Moderne Mythen laufen Gefahr, ihre Opfer mit archaischer Kraft in blutige Klischees zu stürzen.“ Zu einer Tragödie sei das Stück durch die Regie und die Schauspieler geworden, was das zeitweise Abgleiten in „eine traurige Farce“ jedoch nicht ausschließe.

Klaras Verhältnisse (2000)
Über die Besprechungen der Uraufführung von Klaras Verhältnisse lässt sich zunächst sagen, dass keiner der hier berücksichtigten Kritiker den Stücktext Dea Lohers und die Inszenierung von Christina Paulhofer lobt. Sie plädiern entweder für das eine oder das andere. Einzelne sprechen sich sogar gegen beide aus. So schreibt Karin Cerny in der Berliner Zeitung (03.04.2000): „In Dea Lohers jüngstem Stück gibt es nur wenige Szenen, die gut funktionieren“. Vor allem kritisiert sie den hohen Monologanteil, in dem die Figuren sich selbst erklären: „Das Stück liegt sozusagen auf der Couch und analysiert sich selbst. Für Geheimnisse ist absolut kein Platz, freizügig und ungefragt breiten die Figuren in kleinen referatartigen Monologen aus, was mit ihnen los ist.“ Auch die Inszenierung findet bei ihr keinen Anklang. Die Regisseurin Christina Paulhofer wisse „nicht so recht etwas anzufangen mit dem Text“. Und die Lebendigkeit, um die es im Stück gehe, sei in Paulhofers Inszenierung „völlig gestrichen, die Figuren [erscheinen Cerny nur] monochrom und kalt“. Ähnlich vernichtend urteilt Ulrich Weinzierl in der FAZ (03.04.2000) über das Stück und seine Uraufführung. Auch er moniert, dass die Figuren sprachlich zu viel über sich selbst Preis geben: „Dies füllt gut zwei Stunden und nimmt den Figuren jede psychologisch überzeugende Dimension.“ Er hält die Aufführung für „oberflächliche Theaterei“ und resümiert: „Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so. Zumindest nicht so fabelhaft uninteressant, wie uns Dea Loher und Christina Paulhofer glauben machen wollen.“ In anderen Kritiken hingegen wird Dea Lohers Stück weitaus positiver besprochen. „Loher ist mit Klaras Verhältnisse ein vielschichtiges politisches Zeitstück gelungen, das jenseits des tagespolitischen Geplänkels Kernfragen unseres Lebens thematisiert, in dem es eben keine Gebrauchsanleitung für das Glück gibt“, heißt es von Wolfgang Reiter in der Welt (04.04.2000). In der Presse (Unbekannter Autor, Wie man eine blendende Satire mit viel Aufwandstück verschenkt, 03.04.2000) wird es sogar als „boshaftes Meisterstück“ bezeichnet. Die Regisseurin sei es, welche das Stück mit ihrer Inszenierung „hinrichte“. So wird in der Presse kritisiert, dass Paulhofer sich vorwiegend zahlreicher Effekte, wie bspw. eines brennenden Bügeleisens, bediene und daher die Inszenierung lediglich so wirke, „als hätte eine Regisseurin gemeint, sie müsse die vielen Möglichkeiten einer Staatsbühne ‚abarbeiten‘“. Cornelia Niedermeier weist in der Tageszeitung (02.04.2000) außerdem darauf hin, dass es „für die im Wesentlichen ungekürzte Wiedergabe der Monologe […] einer Inszenierungsidee [bedarf], die die Trennung der Sprachebenen aufnimmt“. Diese fehle bei Paulhofers Inszenierung. Auch Reinhard Karger ist in der Stuttgarter Zeitung (12.04.2000) der Auffassung, dass für die langen Monologpassagen „eine ganz andere Erzählperspektive [hätte] gefunden werden müssen“. Stattdessen wird laut Karger aus Lohers Stück unter der Regie Paulhofers ein „steife[s] Aufsagetheater“, welches ihn zu dem Schluss kommen ließ: „Lohers Stück hätte eine dramaturgisch schlüssigere Umsetzung verdient.“ Im Kontrast dazu stehen die Aussagen der Kritiker von der SZ, der Zeit und dem Tagesspiegel. So urteilt C. Bernd Sucher in der SZ (03.04.2000): „Der Text ist ein Debakel. Keines ist Christina Paulhofers Inszenierung.“ Sie nähere sich dem Stückentwurf ganz spielerisch, nehme „ganz leicht, was Dea Loher schwer erdacht, schwer gemacht“ habe, so Sucher. Für ihn bleibe Loher „entsetzlich ernst“, während Paulhofer sich „vorsichtig [über die Figuren mit ihren Problemen] lustig“ mache. Das sei „Lohers Rettung“. Als solche sieht auch Andres Müry von der Zeit (06.04.2000) die Inszenierung der Regisseurin. Denn seiner Meinung nach gelingt es ihr, die im Stück enthaltenen komischen Ansätze auszubauen und so eine bloße Neuauflage von Botho Strauß‘ Groß und klein, mit dem Klaras Verhältnisse in vielen Kritiken vergleichen wird, zu verhindern. Denn „Klara (Judith Hofmann) bekommt anstelle des abendländischen Herzens einen hochtourigen Comedy-Motor eingepflanzt“. Ebenso zeigt man sich im Tagesspiegel (Unbekannter Autor, Sechs Personen suchen eine Liebe, 05.04.2000) von der Inszenierung, statt von der Vorlage begeistert: „Regisseurin Christina Paulhofer versteht es überzeugend, Dea Lohers Versuchsanordnung […] von ihrem steifen Erklärungscharakter zu befreien. Sie unterlegt das Geschehen mit atmosphärischen Hintergrundgeräuschen und verhilft ihm zu einer fast musikalisch strukturierten Bewegtheit und theatralischen Leichtigkeit.“ Selbst die Streichung des Stückschlusses, der vorsieht, dass Klara sich umbringen möchte und von einem Chinesen gerettet wird, wird im Tagesspiegel als guter Eingriff in Lohers Vorlage angesehen. So heißt es: „Anders (und richtiger) als in der Buchfassung […] endet das Stück in Wien mit offenem Schluss: zwischen hoffnungsfroh und hoffnungslos.“
Weitere Inszenierungen finden u.a. in Zürich (2000), Hamburg (2000), Darmstadt (2001), Bonn (2002), Paris (2004), München (2004) und Lüneburg (2013) statt. Doch fällt mit Blick auf die Kritiken bei vielen Folgeinszenierungen auf, dass Lobeshymnen auch hier meist ausbleiben. So bemerkt Barbara Villiger Heilig von der NZZ (16./17.12.2000) bei der Inszenierung des Intendantenduos Crescentia Dünsser und Otto Kulka im Züricher Theater Neumarkt, dass sich die Aufführung „nach einem leichtfüßigen Auftakt immer angestrengter von Bild zu Bild arbeitet“ und „gewisse Klischees leider […] zünftig plattgewalzt werden“. Auch die im Jahr darauf folgenden Vorführung von Lohers Text in der Inszenierung von Dünsser und Kulka im Finale der Mülheimer Theatertage wird in den Ruhr Nachrichten (Unbekannter Autor, Vertändelt vertrödelt, vertan, 12.06.2001) kritisiert: „Fast zwei Stunden lang Zustandsbeschreibungen, statt gelebter Zustände. Wahrhaft schlimme Verhältnisse.“ Als regelrechter Verriss kann die Rezension Blasse Blumen von Dirk Fuhrig in der FR (23.04.2001) über die Inszenierung von Thomas Janßen am Staatstheater Darmstadt benannt werden. Darin spricht Fuhrig davon, dass Janßen das Stück „uninspiriert auf die Bühne“ bringt. Er moniert vor allem, dass der Regisseur „wenig Mühe darauf verwendet, die Figuren zu konturieren. Nur selten wirken die Bilder scharf umrissen, leuchtet darin etwas von einer Idee, der Idee des Stückes gar, auf“. Ähnlich ergeht es der Bonner Inszenierung in den Kammerspielen Bad Godesberg unter der Regie von Beat Fäh. Dieser schenkt die Presse zwar verhältnismäßig viel Beachtung, allerdings ebenfalls mit überwiegend negativen Urteilen. Ulrich Deuter kritisiert in der SZ (16.12.2002) auf metaphorische Weise: „Klara ist ein Buchstabengeschöpf, getippt von ihrer Autorin Dea Loher, und aus diesem relativ trockenen Substrat hat Beat Fäh keine heiße, kräftige Suppe gekocht, was durchaus möglich gewesen wäre, sondern er hat es aufs Papier seiner Inszenierung geschüttet, um es dort auseinander und damit in Bedeutungslosigkeit zu ziehen.“ Darüber hinaus diagnostiziert er Fäh‘s Inszenierung Beliebigkeit, die Langeweile schaffe. Rainer Hartmann unterstellt der Regie im Kölner Stadtanzeiger (16.12.2002) sogar „sich wichtig zu machen durch interpretatorisches (Über-)Treiben“. Im General-Anzeiger (16.12.2002) wirft Hans-Christoph Zimmermann Fäh außerdem vor, dass seine Figuren „so langsam zwischen Ernst und Absurdität hin und her [changieren], bis man keine Regung mehr für bare Münze nimmt“. Damit stimmt auch Gudrun Norbisrath in der WAZ (17.12.2002) überein und kritisiert außerdem, dass der Regisseur auf „modischen Murks und verkrampfte Theatralik“ setze. Deutlich positiver fallen die Kritikerurteile bspw. zur Regiearbeit von Stephan Rottkamp in den Müncher Kammerspielen aus. Denn Thomas Thieringer von der SZ (13./14.03.2004) ist der Auffassung, dass Rottkamp zwar fast keine Chance habe, Leben aus dem „spröden Text“ zu gewinnen, „aber er nutz[t]e sie“. Nach einem „äußerst zäh[en]“ Start, wurde, seiner Meinung nach, „die Aufführung richtig schön und fast zu gewichtig für diesen Text“. Marion Ammicht spricht in der FR (13.03.2004) von Stephan Rottkamp sogar als „virtuose[n] Textbearbeiter“ und hält seine Idee für die Kulisse, welche aus unterschiedlich nutzbaren Papiertapeten besteht, für „großartig“. Allerdings scheitert „das Klara-Experiment an diesem Abend letztendlich“ für sie, aufgrund der „faden Type[n]“, weil der Regisseur mit seinem Konzept seinen Schauspielern „jeglichen Witz“ nehme.  

Der dritte Sektor (2001)
Dea Lohers Dritter Sektor, ursprünglich unter dem Titel Anna und Martha erschienen, wird am Hamburger Thalia Theater in der Gaußstraße unter der Regie von Dimiter Gottscheff uraufgeführt. Die Reaktionen darauf fallen sehr unterschiedlich aus. Während Ulrich Fischer in der Saarbrücker Zeitung (18.05.2001) Der dritte Sektor als Lohers „bislang bestes Stück“ bezeichnet und sogar von einer „Repolitisierung des deutschen Gegenwartsdramas, die aufhorchen lässt“ spricht, hält Ralph Hammerthaler von der SZ (18.05.2001) es für einen „kleinen Text“, welchen Gottscheff „in komischen Nummer zu retten“ versuche. Dies gelinge ihm jedoch nicht, da „man am Ende nicht mehr als den Eindruck bekommt: alles wurscht“. Außerdem weist er kritisch daraufhin, dass Loher für ihre Figur Xana bei Büchner das Sterntaler-Märchen aus dem Woyzeck „geklaut“ habe. Für Fischer hingegen zeigt Loher sich in ihren Anspielungen auf Büchner, aber auch auf Beckett und Genet als „Kennerin der europäischen Dramen-Geschichte“. Doch auch Ulrike Kahle vom Tagesspiegel (21.05.2001) sieht die auffallenden Anleihen an bekannten Stücken eher negativ: „Ein verbrauchter Stoff, aus dem Loher trotz ihrer kraftvollen Sprache keinen neuen Funken schlägt. Und den Regisseur Dimiter Gottscheff mit seiner stilisierten Umsetzung noch schwächt.“ Auch Eberhard Rathgeb urteilt negativ in der FAZ (18.05.20001), dass der Regisseur das Stück mit „mondfahlem sozialen Ernst“ inszeniere und Stefan Grund bemängelt in der Welt (18.05.2001), dass Gottscheff durch zu hohem Aufwand und zu vielen Effekten „zu einer dem Text unangemessenen Handlung“ gelange. Er „will mehr und erreicht weniger“, so Grund. Im Rheinischen Merkur (Unbekannter Autor, Hamburg Thalia Theater: „Der dritte Sektor“ von Dea Loher, Autor 25.05.2001) heißt es sogar, dass Gottscheff das Stück „umbringe“. Ganz im Gegenteil dazu argumentieren Frauke Hartmann in der FR (19.05.2001) und Klaus Witzeling in der Tageszeitung (19./20.05.2001). Zwar behandle Gottscheff mit seinen Streichungen, Zusammenfassungen und Umschreibungen „Lohers Text nicht sonderlich ehrfurchtsvoll“, dennoch hebe der Regisseur mit seinen Veränderungen die Stärken des Stückes hervor, so Hartmann. Insbesondere betont sie die Vollendung „der wunderbaren Wortbilder“ Lohers durch die Regie. Ebenso sieht Witzeling in der Uraufführungsinzenierung, dass Gottscheff Lohers kraftvolle Worte „zum Fliegen und zielsicheren Treffen“ bringe.
Im Jahr 2013 wird das Stück unter dem Titel Anna und Martha. Der dritte Sektor vom Projekttheater Vorarlberg unter der Regie Susanne Lietzows neu inszeniert. Das Projekttheater gastiert damit nach der Premiere, auch am Wiener Theater Nestroyhof Hamakom und am Kleinen Theater in Salzburg. Vor allem die Schauspielkunst der zwei Darstellerinnen Maria Hofstätter und Martina Spitzer, welche das eigentliche Vier-Personen-Stück allein bestritten, werden in den Rezensionen fokussiert. Geradezu „beängstigend real“ gelangen, laut Christa Dietrich von den Vorarlberger Nachrichten (21.01.2013), den Schauspielerinnen ihre Darstellungen in einer „äußerst geglückten Reanimation“ des Stückes. Nach Norbert Mayer von der Presse (20.02.2013) halte Hofstätter als Martha „das Kunstwerk in Balance“, welches zur Übertreibung neige. Darüber hinaus attestiert er beiden Protagonistinnen trotz der Anleihen an Stücken wie Genets Zofen „genug Eigenleben, um zu entzücken“. Ebenso sieht Dagmar Ullmann-Bautz von Kultur, der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft (20.03.2013), die beiden als „absolutes Dream Team“, welches es verstehe, „die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen“. Über die Arbeit der Regisseurin resümiert Kai Krösche in der Wiener Zeitung (21.02.2013): „Mit wenigen Mitteln und sich auf das scharf konturierte Spiel der Schauspielerinnen konzentrierend, gelingt Lietzow eine intensive und mitreißende Interpretation des beunruhigenden Textes.“ Völlig begeistert von dem „beeindruckende[n] Text, [den] überzeugenden Schauspielerinnen sowie [der] einfallsreiche[n] Regie“, spricht er der Neuauflage von Lohers Der dritte Sektor eine „(alp-)traumhafte[…] Sog[wirkung]“ zu.

Unschuld (2003)
Dea Lohers Unschuld in der Inszenierung von Andreas Kriegenburg am Hamburger Thalia Theater löst sowohl regelrechte Begeisterungsstürme, als auch absolut vernichtende Urteilsäußerungen seitens der Presse aus. „Großartig“, lautet Stefan Grunds Urteil in der Welt (13.10.2003) zur Uraufführung des Stückes. Seiner Meinung nach habe das „erprobte Team Loher & Kriegenburg“ mit Unschuld „einen neuen Höhepunkt der Gegenwartsdramatik“ erarbeitet. „[E]ine[s] der schönsten Dramen der letzten Zeit“, schrieb Peter Michalzik in der FR (18.10.2003). Ebenfalls beeindruckt äußert sich Michael Börgerding im Theater heute-Jahrbuch (2003): „Dea Loher scheint angekommen zu sein. Sie verfügt über die Mittel, ihre Geschichten so zu erzählen, wie sie erzählt werden müssen.“ Mit regelrechter Euphorie lobt Christine Dössel in der SZ (14.10.2003) die Arbeit von Loher und Kriegenburg. So schreibt sie über das Werk der Autorin: „Unschuld ist ihr wahrscheinlich bester, dichtester, privatester und zugleich welthaltigster Text, eine poetische Elegie von sprachlicher Schönheit und Kraft, getragen von dunkler Wehmut ebenso wie von sarkastischem Grimm.“ Kriegenburg, als „ideale[r] Regisseur“, habe dieses Stück „bravourös“ zur Uraufführung gebracht. „Wie er spielerisch alles Schwere leicht macht und aus dem Daseinsunglück der Figuren ein Theaterglück zaubert, ist eine inszenatorische Meisterleistung“, so Dössel. Beeindruckt zeigt sie sich außerdem von dem gelungenen hochnotkomische[n] Balanceakt zwischen Tragödie und Farce“ und dem Wechsel „[l]eise berührender Szenen“ mit „hinreißenden Slapsticknummern“. Die Leichtigkeit der Inszenierung imponiert auch Willy Theobald von der Financial Times Deutschland (13.10.2003). Dem Ensemble und der Regie gelingt nach seiner Auffassung „ein leichtfüßiges poetisches Märchen aus Licht, Schatten, Projektionen und Musik“, das das Publikum „verzaubere“, wenngleich das Stück selbst ihn nicht überzeugt. Ganz und gar nicht verzaubert zeigt sich Irene Bazinger in der FAZ (13.10.2003), weder von Lohers Stück noch von Kriegenburgs Inszenierung. Als „dürftige […] Kolportage trockene[r] Boulevard-Lesefrüchte [mit] feuchtfröhlich-süßliche[n] Erbaulichkeiten“ und „dubios-dreiste Klischeefolge“ bezeichnet sie Unschuld. „Alles taucht auf, doch nichts bewegt“, resümiert Bazinger. Und diesem Prinzip folgend lasse Kriegenburg „das Ensemble unverbindlich, aber gefällig, ausgefeilt, aber nichtssagend drei Stunden eifrig Schaum schlagen“. Der vom Stücktext überzeugte Peter Michalzik fügt in der FR (18.10.2003) als weiteren Kritikpunkt zur Inszenierung hinzu, dass Lohers „dialogische Qualitäten“ unter der Regie von Kriegenburg verschwänden, weil er „Textflächen“ inszeniere. Darüber hinaus fragt Barbara Burckhardt in Theater heute (12/03) im Hinblick auf die Inszenierung: „Wo ist Lohers Traurigkeit geblieben und ihre kleine Hoffnung auf Güte?“ Denn Kriegenburg drücke sich vor dem „abgründig melancholischen Realismus“ in Lohers Unschuld. Somit zieht sie das Fazit: „Kriegenburgs panische Angst vorm Kitsch garantiert auch diesmal einen gelungenen Theaterabend. Von Schuld und Sühne, Hoffnung und Versagen will er allerdings lieber nicht zuviel wissen.“
Von den nachfolgenden Inszenierungen in Köln (2004), Freiburg (2006), Kassel (2010), Berlin (2011), Münster (2013) und Bremen (2013) findet vor allem die Berliner Inszenierung von Michael Thalheimer am Deutschen Theater Anklang in der Presse. Mit einem neuen, raueren Ton inszeniere Thalheimer laut Anke Dürr auf Spiegel online(30.09.2011), Dea Lohers Unschuld. Christine Wahl vom Tagesspiegel (30.09.2011) hebt v.a. die „genaue Textarbeit“ und das „[s]ouverän[e] [U]mschiffen […] jedwede[r] Pathosfalle“ durch den Regisseur und sein Ensemble hervor. Iris Alanyali von der Weltlobt: „Das Stück ist komprimiert, das Timing perfekt, das Erstarren in Posen und Verweilen in Sprechblasen angemessen komisch und ironisch.“ Das Problem der Inszenierung sei aber, dass sie nicht berühre. Sie sei „[n]ur immer sehr ‚interessant‘. Und vor allem: sehr mechanisch“. Dirk Pilz von der NZZ (04.10.2011) hält die Inszenierung aber insgesamt für eine „geglückte Erstbegegnung“ des Regisseurs mit der Dramatikerin.
Für Schlagzeilen sorgt außerdem die zwei Jahre später erfolgte Inszenierung von Alexander Riemschneider am Bremer Theater. Der Spiegel online (30.09.2013) titelt: Autorin untersagt Inszenierung ihres Stückes. Dea Loher und ihr Verlag werfen dem Theater „massive Urheberrechts- und Vertragsverletzungen“ sowie „mangelndes Bewusstsein für dramaturgische Verantwortung“ vor, weil die Figur Ella in dieser Inszenierung gestrichen wurde. Dadurch fehle „die tragende Struktur“ und der „Sinnzusammenhang des Stücks“ sei nicht mehr gegeben, so Dea Loher laut Spiegel online. Daraufhin einigen sich das Bremer Theater und der Verlag der Autoren darauf, dass Ella wieder in das Stück integriert werden muss. So heißt es schon am 01.10.2013 auf Spiegel online: Die „Unschuld“ kommt in Reinform zurück.

Das Leben auf der Praça Roosevelt (2004)
Für die Arbeit an Das Leben auf der Praça Roosevelt, welches ebenfalls unter der Regie von Andreas Kriegenburg am Thalia Theater in Hamburg uraufgeführt wurde, hat Dea Loher vor Ort in São Paulo recherchiert. Mit ihrem Computer werden Loher die Manuskripte zum Stück in Brasilien allerdings gestohlen, sodass sie eine neue Fassung erst drei Wochen vor Probenbeginn fertigstellen kann. Laut Werner Schulze-Reimpell von den Ruhr-Nachrichten (09.06.2004) merke man den so entstandenen Zeitdruck dem Stück an: „Offenbar blieb keine Zeit, das ausufernde Manuskript zu raffen und zu konzentrieren.“ Dennoch liefern Loher und Kriegenburg für Frauke Hartmann von der FR (04.06.2004) mit einer „triumphalen“ Uraufführung des Stücks einen „neue[n] Beweis [ihrer] überaus produktiven Zusammenarbeit“. Auch Werner Theurich von Spiegel online (03.06.2004) zufolge bilden Loher und Kriegenburg „eine fast symbiotische Einheit und hoben Das Leben auf der Praça Roosevelt optimal aus der Taufe“. Das Spiel auf der Bühne lief seiner Meinung nach „mit größtmöglicher Präzision, höchst explosiv und zutiefst dramatisch“ ab. Insbesondere hebt er die Schilderung der Ermordung des Polizistensohnes hervor, welche er in ihrer „schauerliche[n] Länge und quälende[n] Genauigkeit“ mit Mel Gibsons Passion Christi vergleicht. Von dem Stück Lohers und seiner Umsetzung (man kann schon fast sagen: gewohnt) unbeeindruckt zeigt sich hingegen das Feuilleton der FAZ (04.06.2004) mit der Kritik Elend satt von Eberhard Rathgeb. Das Leben auf der Praça Roosevelt bestehe aus „Geschichten ohne Gesichter“, so der Kritiker. Es fehle an wirklichen Figuren, weil aus den Menschen durch ihr Elend bei Loher „nur Fälle“ werden. Auch die Dauer von drei Stunden sei übertrieben. So kommt Rathgeb das Stück „elend lang“ vor und er resümiert: „Nach den drei Stunden ist uns konsequenter Weise ganz elend zumute. Nicht, weil wir dank des Theaters an das Elend in der Welt denken mußten. Sondern, weil wir sehen, daß aus Elend ohne Gesicht und Geschichte nur ein greller Elendsbühnenfall wurde“. Doch auch Christine Dössel von der SZ (04.06.2004), die Unschuld noch über alle Maßen lobte, stellt Mängel bei der Inszenierung dieses Stückes fest. So empfindet sie es ebenfalls „mit drei Stunden episch breit und entschieden zu lang“. Außerdem urteilt die Kritikerin: „Der Rhythmus holpert, Szenen fransen aus, es gibt abrupte Brüche, und die Auftritte geraten nicht selten zur Nummer.“ Das Ende mit der Schilderung des Mordes hingegen ist auch für Dössel wieder ganz große Kunst: „Die Szene ist von jener bezwingenden Kraft, die unbeschönigt aus dem Leben schöpft.“
In Kriegenburgs Inszenierung gelangt Das Leben auf der Praça Roosevelt auch bei den Mülheimer Theatertagen 2005 zur Aufführung. Von diesem Auftritt zeigt sich die regionale Presse durchweg begeistert. Britta Humbold beurteilt in den Ruhr-Nachrichten (26.05.2005) den Auftritt als ein „intensives Theatererlebnis“. Margitta Ulbricht ist sogar der Auffassung, dass Kriegenburg hiermit ein „Meisterstück“ gelungen sei, „bei dem er die ganze Klaviatur der Theaterkunst“ bediene. Das „Zusammenspiel von Text und Regie“ überwältigt aber auch Katrin Pinetzki in der Westfälichen Rundschau (26./27.05.2005). Sie zieht das Fazit: „Das Stück lärmt und tut weh, es berührt – als reiner Text, und erst recht in dieser Inszenierung.“ 
Im selben Jahr kehrt Das Leben auf der Praça Roosevelt zurück zu seinem Ursprung. Zur Eröffnung der Kunst-Biennale in São Paulo wird es in der Inszenierung des Theaters Espaco Os Satyros, unter der Leitung von Rodolfo Garcia Vazquez aufgeführt und laut Michael Laages in Theater heute (10/05) von der lokalen Kritik als „Meisterwerk“ gefeiert. Der Einschätzung Laages zufolge spüre Vazquez noch deutlicher als Kriegenburg „den tief verzweifelten Heiterkeiten in Dea Lohers Text nach“, weshalb er mutmaßt: „So entspannt wie hier klang Loher vielleicht noch nie.“ Nur das Ende wirke in dieser Umsetzung noch finsterer. Vazquez inszeniere das Stück „mehr als Passion und weniger als Menetekel vom hingeschlachteten, verlorenen Sohn wie bei Kriegenburg, nicht kalt und sprachlos, sondern hoch emotional als Schrei der Verzweiflung, endet das Stück in Sao Paulo“, so Laages.
Zum Auftakt der neuen Intendanz von Michael Börgerding wird Das Leben auf der Praça Roosevelt auch am Bremer Theater von der Regisseurin Alize Zandwijk in einer Koproduktion mit dem Ro-Theater Rotterdam inszeniert (Bilder zur Inszenierung hier). Stefan Grund von der Welt (03.10.2012) beurteilt den Neubeginn für das Theater Bremen mit Lohers Stück sehr positiv. Auch Johannes Bruggaier von der Kreiszeitung (01.10.2012) schreibt im Hinblick auf die Inszenierung von einem gewagten, aber gelungenen Start für das Theater Bremen. Nicht ausschließlich negativ, aber differenzierter äußeren sich Micheal Laages vom Deutschlandfunk (01.10.2012) und Andreas Schnell auf nachtkritik.de (29.09.2012) zur Bremer Inszenierung. Laut Laages habe Zandwijk Lohers Text „vielleicht ein wenig schwergängig genommen, und zuweilen gelingt ihr auch nicht wirklich der Sprung vom erzählerischen Ton in die szenische Vision. Dafür zieht sie das Stück mit einiger Energie weg vom Lokalkolorit; Sao Paulo ist hier überall“. Schnell zufolge hätten der „Inszenierung ein paar gründliche Aufräumarbeiten gut getan“. Der ganzen Umsetzung unterliege eine „Zähigkeit, die sich zwischendurch nur selten und erst am Ende ganz verflüchtigt“. Doch der Schluss überzeugte auch hier. So attestierte Schnell ihm eine „enorme Wucht“ und spricht von einem „fulminanten Finale“.

Das letzte Feuer (2008)
Die Uraufführung im Januar 2008 bringt Loher und Kriegenburg ein größtenteils positives Presseecho ein. Eine der Ausnahmen bildet Christian Stöcker auf Spiegel online (27.01.2008), demzufolge „der Text nicht viel mehr zu bieten hat als einen mit Schmerzverstärkern aufgepumpten Albdruck“. Dank Kriegenburg aber habe „das Publikum ein buchstäblich schwindelerregendes Schaustück erlebt, eine vitale Demonstration dessen, was das Theater heute noch kann“. Frauke Hartmann zeigt sich auf nachtkritik.de (26.01.2008) überwältigt von der Uraufführung, die ein großer Abend gewesen sei. Sie lobt Loher nicht nur als „Meisterin der Sprache“, sondern sieht in der Vorstellung „einen neuen Beweis für die traumwandlerisch funktionierende kongeniale Zusammenarbeit“ von Autorin und Regisseur. Auch Peter Michalzik von der FR (28.01.2008) schreibt begeistert von einem großen Text Lohers. Lange sei die Frage nach Gefühlen, Verständnis und Vertrauen nicht mehr so intensiv gestellt worden. Auch das Regiekonzept überzeugt ihn. Matthias Heine lobt in der Welt (28.01.2008) Kriegenburgs Stärke, den Humor in Lohers Stücken zu finden. Er zweifelt allerding daran, „ob Lohers Stück wirklich die Sterne erreicht, nach denen es greift“. Katrin Ullmann vom Tagesspiegel (28.01.2008) moniert Kriegenburgs Regie als zu technisch, sodass Inhalt, Sprache und Stimmung auf der Strecke blieben. In der SZ (29.01.2008) äußert sich Christine Dössel positiv über „ein organisches, atmendes, schmerzvoll poetisches Kaleidoskop menschlichen Lebens“, das eine Sogwirkung entfalte. Simone Kaempf von der taz (29.01.2008) sieht, wenn auch mit einigen Abstrichen, die Zusammenarbeit Lohers und Kriegenburgs als erfolgreich an und resümiert die Aufführung als einen Abend, der „kleine Flämmchen, aber kein großes Feuer“ entfacht habe. Für die Financial Times Deutschland (29.01.2008) zieht Willy Theobald zudem die lobende Bilanz, dass es der Inszenierung an nichts gefehlt habe.
Als Dea Loher im Rahmen der Mülheimer Theatertage mit Das letzte Feuer zur Dramatikerin des Jahres 2008 gewählt wird, gehen mehrere Rezensenten davon aus, dass die Inszenierung Kriegenburgs – obwohl offiziell nicht berücksichtigt – ihren Beitrag zum Sieg des Textes geleistet hat. (Stefan Keim, FR, 26.5.2008; Rolf Pfeiffer, Westfälische Rundschau, 26.05.2008; Unbekannter Autor, Das Leben ist eine Tretmühle, Ruhr Nachrichten, 26.05.2008.)

Diebe (2010)
Mit Diebe kommt ein Stück Dea Lohers erstmals an das Deutsche Theater in Berlin, dessen Intendant seit 2009 Ulrich Khuon ist. Dieser brachte bereits während seiner Intendanz in Hannover und Hamburg Lohers Werke auf die Bühne. Auch bei dieser Uraufführung führt Andreas Kriegenburg Regie. Das Stück der Dramatikerin stellt vor allem eines für die gesamte Presselandschaft dar: eine Überraschung. Denn „Diebe ist für Lohers Verhältnisse ungewöhnlich komisch“, urteilt Ulrich Weinzierl von der Welt (18.01.2010). Peter von Becker hält es im Tagesspiegel (17.01.2010) teilweise sogar für „saukomisch“. Auch Simone Kaempf von der taz (19.01.2010) erkennt überrascht: „Gelächter passt bei Lohers Figuren also auch.“ Und Dirk Pilz von der NZZ (20.01.2010) sieht den „Versuch eines Neuansatzes: Das Komische mischt sich hier mit dem Tragischen, auf Kunst- treffen Kasperlfiguren.“ Ebenfalls in den Fokus der Aufmerksamkeit gerät Kriegenburgs „monumentales Mühlrad“ (Ulrich Weinzierel, Die Welt, 18.01.2010), welches er als Bühnenbild erbauen ließ. Das drehende Schaufelrad gibt nacheinander den Blick auf die unterschiedlichen Spielflächen und Figuren frei. Ein Großteil der Kritiker zeigt sich sehr beeindruckt von der Idee Kriegenburgs. Diese Art des Bühnenbilds liefere laut Simone Kaempf in der taz „schöne metaphorische Bilder“. Peter von Becker vom Tagesspiegel sieht darin hingegen lediglich die Fortführung von Kriegenburgs bisheriger effektvollen Bühnenkonstruktionen. Außerdem wirke in diesem Fall „die Inszenierung wie ihre Figuren auch gefangen in dieser allmählich erschöpfenden, vorhersehbar unabänderlichen Mühlradmechanik“, so Becker. Hinzu kommt, dass auch die Dauer dieses Stückes mit ca. vier Stunden ausgesprochen lang ist. Zwar empfinden weder Ulrich Weinzierl von der Welt noch Stefan Kirchner von der Berliner Morgenpost (17.01.2010) – beide feiern Diebe als „Triumph“ – die enorme Länge des Abends als solche, äußert Kirchner doch bspw.: „[I]n diesem Fall – toller Text, hervorragende Schauspieler, erstklassiger Regisseur – ist die Länge des Abends kein Thema.“ Doch berichten andere Kritiker von Ermüdungserscheinungen, die das Stück mit fortschreitender Zeit zum einen bei ihnen als Zuschauer auslöse und zum anderen im Text und auf der Bühne für sie sichtbar werde. Michael Laages von Deutschlandradio Kultur (15.01.2010) moniert in dieser Hinsicht am Text Lohers: „[M]it der Zeit [beginnt sich] die offene Struktur des lose miteinander verbundenen Materials gegen die Wirkung des Stückes selber zu wenden.“ Außerdem verliere der Text gegen Ende hin „auch deutlich an poetischer Kraft“. Somit werden für Laages die fast vier Stunden der Inszenierung „lang und länger“. Außerdem trete laut Tobi Müller in der FR (18.01.2010) eine „allmählich Redundanz der Themen auf“. Mit dem Fortschreiten des Theaterabends gerate aber auch die Komik zunehmend überzeichnet, so Simone Kaempf in der taz. Dies habe ihrer Meinung nach die Störung der „rädchenartige[n] Zusammengehörigkeit der Figuren“ zur Folge und verstelle „den Blick auf den Kern von Lohers Stück“. Auch Dirk Pilz argumentiert in der NZZ: „Sein [Kriegenburgs] vierstündiger Abend will Tragikomödie sein, versickert jedoch zwischen Ulk und Pathos.“ Für ihn komme Diebe „auf der Text- wie auf der Regieseite nicht über eine Nummernrevue hinaus“. Und Elena Philipp schließt ihre Rezension auf nachtkrtitik.de (15.01.2010) mit den Worten: „Was vom Abend bleibt, ist gehobene Ermüdung. Nur das Bühnenbild dreht sich im Kopf wie ein Karussell weiter.“

Am Schwarzen See (2012)
Die Uraufführung im Oktober 2012 wird in der deutschen Presselandschaft sehr kontrovers diskutiert. Auf nachtkritik.de (26.10.2012) moniert Simone Kaempf ein Regiekonzept, das sich zu sehr in der Hoffnungslosigkeit verbohrt habe. Auch Eberhard Spreng vom Deutschlandfunk (27.10.2012) kann die Aufführung nicht überzeugen. Er wirft Lohers „lyrischem Requiem“ vor, seinem Gegenstand ständig auszuweichen. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (28.10.2012) schreibt Volker Corsten dagegen, dass sich Loher die Zeit nehme, „den Kern der Tragödie, aber auch die gewachsene Tragik jeder einzelnen Figur kunstvoll zu entblättern.“ Andreas Schäfer vom Tagesspiegel (28.10.2012) befindet, dass der Schritt „vom Ausstellen des Leidens zum Gestalten des Schmerzes, den der Text macht“ Regisseur Andreas Kriegenburg nur halb gelungen sei. In der Welt (29.10.2012) zeigt sich Matthias Heine begeistert von der Uraufführung, die er „eine vielschichtige Meisterleistung“ nennt. Mit ihrem neuen Stück unterstreiche Dea Loher, „dass sie neben René Pollesch und Marius von Mayenburg die wichtigste und dauerhafteste Stimme des deutschen Gegenwartsdramas ist“. Irene Bazinger hingegen schreibt in der FAZ (29.10.2012) von einem „dramatisch verfahrenen Karren“. Ihre harsche Kritik richtet sich in erster Linie gegen Lohers Text, den Kriegenburg trotz aller Bemühungen „der Belanglosigkeitsfalle zu entrinnen“, nicht habe retten können. In der SZ (30.10.2012) sieht Peter Laudenbach die Problematik der Aufführung darin, dass ihr eigentlicher Kern, die Frage nach den Gründen des Selbstmordes „von all diesen gestelzten Äußerlichkeiten zugetüncht“ werde. Gerhard Jörder zieht in der Zeit (31.10.2012) ein sehr positives Fazit: Ein starker Text stoße auf eine starke künstlerische Handschrift. Nichtsdestoweniger habe Lohers Stück durch Kriegenburg etwas an Bedeutung eingebüßt. In der FR (01.11.2012) resümiert Ulrich Seidler die Vorstellung mit den Worten „Qualität-Qual-Kunst aus gutem Hause, goutiert mit Bravo und Applaus“. Till Briegleb von Theater heute (12/2012) sieht die Schwächen des Textes durch die Regie Kriegenburgs nicht aufgefangen. Detlev Baur von der Deutschen Bühne (12/2012) zufolge bleibt der besondere Reiz des Textes in Kriegenburgs Regie weitgehend auf der Strecke.
Im Hinblick auf die Besprechungen der Uraufführung erweist sich als auffällig, dass mehrere Rezensenten Am Schwarzen See mit den Stücken Yasmin Rezas, besonders Der Gott des Gemetzels, in Verbindung bringen.

Prosa

Hundskopf (2005)
Irene Bazinger äußert in der FAZ (16.03.2005) Gefallen an Lohers Texten: „Sie ist nahe dran am Geschehen und scheint, obwohl die tatsächliche Fädenzieherin, keinen Finger zu rühren. Alles passiert wie von selbst – und mit überzeugender narrativer Triftigkeit.“ Martin Krumbholz moniert in der NZZ (26./27.03.2005) die zum Teil abgebrochen wirkenden Schlüsse der Geschichten und wertet den Desillusionismus der Texte insgesamt als etwas unterkühlt daherkommend. In der Sendung Mikado von hr 2 (12.04.2005) schließt Hanne Kulessa ihre Buchbesprechung mit der dringenden Empfehlung, Lohers Prosaband zu lesen. Sibylle Cramer von der FR (08.06.2005) vermisst mitunter „Farben, die Atmosphäre, die Tiefenschärfe, die Stimmungen und Charaktere“, bezeichnet dies jedoch als einen Einwand, der angesichts der Stärken Lohers leicht wiege. In der SZ (13.06.2005) zeigt sich Kai Wiegandt begeistert von Loher, die er als eine vielseitige und begnadete Geschichtenerzählerin bezeichnet. In der Berliner Zeitung (23.06.2005) bilanziert Michael Schweizer: „Die Geschichten sind technisch perfekt, bühnenwirksam ohne Bühne.“ Für Claudia Kramatschek vom Deutschlandfunk (04.07.2005) erweise sich Loher mit diesen Geschichten als Spezialistin der Tragikomik des Lebens. Ihre Erzählkunst bestehe darin, nicht psychologisch erzählen zu müssen, um Geschichten zu schaffen, die „vom psychologischen Feingefühl für das Menschliche und das Zwischenmenschliche“ lebten. Thomas Krafts Fazit in der Tageszeitung (12.07.2005) fällt ebenfalls positiv aus: „Als Leser wünscht man sich jedenfalls der Autorin wieder zu begegnen, allen kleinen Einwänden zum Trotz.“ In der literarische Welt (01.04.2006) sieht Uwe Wittstock in Hundskopf „Grund genug, nicht nur vor der Dramatikerin, sondern auch vor der Erzählerin Dea Loher den Hut zu ziehen“.

Bugatti taucht auf (2012)
Mit ihrem Romandebüt Bugatti taucht auf erhält Dea Loher ein riesiges, nahezu durchweg positives Medienecho und bekommt einen Platz auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2012. Neben den Buchbesprechungen im Feuilleton zahlreicher Zeitungen sowie Kultursendungen im Fernsehen und Radio, gelingt es dem Schweizer Sender SRF in der Literatursendung 52 beste Bücher die sonst eher medienscheue Autorin selbst für ein Interview (von Kulturjournalistin Franziska Hirsbrunner) inklusive Lesung einiger Textpassagen in einem Radiobeitrag (19.08.2012) zu gewinnen. Die Kritiker zeigen sich geradezu begeistert von Lohers Roman, der sich an realen Ereignissen – dem Selbstmord des Tierbildhauers Rembrandt Bugattis am 02.01.1916, dem tödlichen Angriff auf den 22-jährigen Studenten Damiano Tamagni auf dem Tessiner Karneval in Locarno am 01.02.2008 und der Bergung eines Bugatti Typ 22 Brescia aus dem Lago Maggiore am 12.07.2009 – orientiert. Laut Sabine Doering in der FAZ (11.06.2012) habe Loher die Fakten „zu einer kunstvollen Studie über Gewalt und Selbstbeherrschung, über ehrgeizige Träume und kühne Pläne, Fluchten aus dem Alltag, Zwänge des Berufs- und Familienlebens und die Schönheit verrückter Ideen verwoben“. Besonders positiv hebt Doering die „durchweg überzeugende Stimme“, welche Loher dem depressiven Rembrandt Bugatti in den erfundenen Tagebuchaufzeichnungen gebe, sowie die „souveräne Erzählperspektive“ im dritten Teil des Romans, „die nicht an eine einzige Figur gebunden ist und die einzelnen Personen […] auch in wörtlicher Rede selbst zu Wort kommen lässt“, hervor. Während sie hingegen eher kritisch bemerkt, dass die kommentarlose Aneinanderreihung von Zeugenaussagen und Verhörprotokollen „in umständlichen Satzgefügen“ im zweiten Teil so wirke, „als verbiete die unmittelbare Darstellung brutaler Gewalt jede Wertung“, zeigt Christoph Schmidt in Theater heute (07/2012) sich von dieser Szene am meisten beeindruckt: „In seiner schmerzhaften Intensität gehört diese Passage, in der sie die Akten sprechen lässt, aber zum bitteren Zeugnis von Ohnmacht und Hilflosigkeit verdichtet, dem pseudo-objektiven Nachvollzug einer Eskalation der Gewalt zum Atemberaubendsten, was man seit langem gelesen hat.“ Nach seiner Auffassung dekonstruiere die Sprache sich hier selbst, werde der „nüchterne Bericht zur kunstvollen Totenklage“. Insgesamt gelangt Schmidt zu dem Fazit: „Was sich hinter dem dünnen Blech dieser Fakten verbarg, hat Dea Loher in ihrem großartigen Roman ans Licht geholt und in Literatur verwandelt. Ihr Buch ist nichts Geringeres als ein Riesending, ein Zartes.“ Von der „enormen Sogkraft“ des Buches ergriffen, urteilt auch Jutta Parson von der SZ (28./29.2012) überaus positiv: „Mit formaler Präzision bringt Dea Loher die nur scheinbar disparaten Textteile zum Schwingen wie eine übers Wasser gelegte Pontonbrücke.“ Nahezu alle Kritiker sind trotz des „eigenwilligen Romankonstrukts, dessen Lektüre kein Cabrio-Ausflug, sondern ein eher strenges Vergnügen“ sei, wie Kristina Maidt-Zinke in der Zeit (29.03.2012) bemerkt, hingerissen von Lohers erstem Roman. Auch Martina Sulner weist in der Hannoverschen Zeitung (12.04.2012) darauf hin, dass der Leser „viele Leerstellen zu füllen“ habe, sich gerade daraus aber „der Reiz der Romans“ ergebe. Ebenso ist Bugatti taucht auf für Elmar Krekeler in der Berliner Morgenpost (30.03.2012) ein „wunderliches Buch. Aber schön“. Mit ihrem Romandebüt stellt die eigentliche Dramatikerin Dea Loher nach ihrem Erzählband Hundskopf somit für die Medien noch einmal unter Beweis, wie Wolfgang Schneider von Deutschland Radio Kultur (07.05.12) erkennt, „dass sie ebenso gut erzählen kann“.

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