Fachworkshop 14./15. Mai 09: Autoritäre Konsolidierung

Am 14. und 15. Mai 2009 fand im Mercator-Haus der Universität Duisburg-Essen der Fachworkshop „Autoritäre Konsolidierung" statt, an dem rund 20 Expertinnen und Experten aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen.

Zweck des Fachworkshops war die Diskussion über Perspektiven zukünftiger Forschung zu autoritären Regimen, wobei der Begriff der „autoritären Konsolidierung" als eine mögliche Option ins Zentrum der Debatten gerückt wurde. Außerdem sollte die Frage nach einem spezifisch „deutschen" Beitrag zum US-amerikanisch dominierten Mainstream diskutiert werden.

Die Workshopbeiträge repräsentierten die gesamte theoretische und empirische Spannbreite des Forschungsfeldes. Steffen Kailitz (TU Dresden) eröffnete den Workshop mit einem Vortrag zum Stand der Autokratieforschung, wobei er mit der deutschen Totalitarismusforschung und den US-amerikanisch geprägten Comparative Politics zwei ideengeschichtlich unterschiedliche Stränge miteinander verband. Er schloss, dass die

vergleichende Autoritarismusforschung gut daran täte, die legitimitätstheoretische Perspektive der Totalitarismusforschung stärker zu berücksichtigen. Im Anschluss präsentierten Christian Göbel und Daniel Lambach (beide Universität Duisburg-Essen) ihr Konzept autoritärer Konsolidierung. Dieses verbanden sie mit dem Begriff der Responsivität eines Regimes, also dessen Bereitschaft, politische Probleme ohne den despotischer Macht zu bewältigen.

Im zweiten Panel stellte Rolf Frankenberger (Universität Tübingen) einen systemtheoretischen Vergleich der schleichenden Autokratisierungsprozesse Russlands und Venezuelas an. Er kam zu dem Ergebnis, dass eine Parson'sche Systemtheorie geeignet ist, um autoritäre Konsolidierung zu erfassen, da diese verschiedene Konsolidierungsebenen zu unterscheiden helfe. Andreas Heinemann-Grüder (BICC) präsentierte seine Überlegungen zu den „Betriebsweisen" von Staat und Gesellschaft in autoritären Regimen. Dabei differenzierte er Legitimations- und Kontrollmechanismen von Regimen und bezog diese auf die Kongruenz zwischen staatlichen Governancemustern und gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen.

Das dritte Panel stellte unterschiedliche Perspektiven auf autoritäre Regime in der arabischen Welt nebeneinander. Zunächst verglich Thomas Richter (GIGA) die Entwicklungen in vier arabischen Ländern und stellte fest, dass der oft verwendete Rentierstaatsansatz die Persistenz dieser Regime nicht vollständig erklären könne. Er plädierte dafür, weniger auf die Einnahmen- als vielmehr auf die Ausgabenseite zu schauen, um dadurch auch Versuche des Regimes zu erkennen, sich die Loyalität der Bevölkerung zu „erkaufen". Leonie Holthaus und Kerstin Schrader (Universität Marburg) diskutierten anschließend den Wert des Golf-Kooperationsrates zur Legitimierung der in ihm vereinten Monarchien. Sie stellten fest, dass der Rat weniger konkrete Integrationsziele verfolgt als vielmehr ein Vehikel der arabisch geprägten Golfstaaten zur diplomatischen Ausgrenzung des als Bedrohung empfundenen, persischen Iran darstellt.

Im letzten Panel stellte Heike Holbig (GIGA) ein auf Vorarbeiten von Jeremy Beetham basierendes Konzept zur Operationalisierung von Legitimation vor. Dabei erweiterte sie Beethams Ansatz um die Ebene externer Legitimation, die bislang zu wenig berücksichtigt wurde, aber für autoritäre Regime von besonderem Wert ist. Danach präsentierten Julian Junk und Matthias Mayr (Universität Konstanz) eine Fallstudie des Sudans, wobei sie sich die Frage stellten, warum das Bashir-Regime trotz sehr ungünstiger Voraussetzungen und gegen alle theoretischen Vorhersagen, seine Macht seit über 20 Jahren verteidigen kann. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es dem Regime gelungen sei, seine Ressourcenbasis in Krisenzeiten durch die externe Patronage Chinas abzusichern und so seine Herrschaft zu stabilisieren.

In der Abschlussdiskussion wurde nochmals die Frage aufgeworfen, in welche Richtung sich die Forschung künftig entwickeln sollte und ob „autoritäre Konsolidierung" ein sinnvolles Konzept zur Strukturierung des Forschungsfeldes darstellt. Grundsätzlich wurde ein großer Pluralismus an Methoden und regionalwissenschaftlicher Expertise festgestellt, was als Vorteil begrüßt wurde. Dieser theoretischen und empirischen Vielfältigkeit zum Trotz wurde jedoch deutlich, dass die Legitimationsbasis autoritärer Regime ein ebenso wichtiges wie bislang vernachlässigtes Thema darstellt. Zwar blieben Zweifel, ob „autoritäre Konsolidierung" eine geeignete Klammer für die Weiterentwicklung des Forschungsfeldes als Ganzes darstellt, dennoch wurde der Wert dieses Konzepts durchaus anerkannt. Da viele der diskutierten Projekte sich noch in einer Frühphase befinden, bestand nicht zuletzt der große Wunsch nach einer Fortsetzung des in Duisburg begonnenen Austauschs. Dies unterstreicht die Bedeutung des Workshops für unser Projekt ebenso wie für die deutschsprachige Forschung zu autoritären Regimen eindrucksvoll.

 

           

 

weitere Informationen:

Homepage des Projekts "Autoritäre Konsolidierung"

Pressemeldung der Universitäts-Homepage