Katharina Hacker
Pressespiegel
(in Auswahl)
Insgesamt haben Katharina Hackers Romane und Erzählungen alle eine Resonanz in der Presse erhalten, wenn auch unterschiedlich stark.
Zu Tel Aviv. Eine Stadterzählung (1997) hat sich die Kritik kaum geäußert. Zudem sind die Rezensionen eher verhalten und nicht direkt von der Erzählung überzeugt. Harald Hartung (Frankfurter Allgemeine Zeitung http://www.faz.net/-gr4-tpk7, 31.01.1998) bedauert, dass der Text leider nicht halte, was er verspreche. So heißt es gleich zu Beginn der Erzählung: „Will man von einer Stadt sprechen, so kann man ihr verschiedene Sätze anprobieren. […] Von einem richtigen Satz hängt alles ab. Das ist eine Überzeugung, der man unbedingt anhängen muß.“ (S. 9) Doch erreiche man mit dem bloßen Poetisieren nicht automatisch Poesie, Hacker habe Tel Aviv mit „Figuren à la Chagall ausstaffiert“, die zudem „lauter Merkwürdiges und Ausgefallenes denken und träumen“ müssen und selbst beim Streiten Lyrik produzieren würde. So unterliege alles „dem Diktat der Poetosierung“: „die Monate lächeln“, „Alle Dinge lachen“.
Gut acht Jahre später erscheint in Der Freitag http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ein-ganz-normales-leben (4. August 2006) eine Rezension, sozusagen ein Aufruf, sich Hackers Erzählung noch einmal zuzuwenden, da der brisante Konflikt zwischen Israel und Palästina in eine weitere Runde gegangen ist. Beat Mazenauer betont, dass Hacker „den Schrecken des Nahostkonflikts nur durch die Hintertüre“ hereinlasse. Die Stadterzählung irritiere aufs Entschiedenste. So wirke die Poetisierung auf den ersten Blick unangemessen und die „Biedermeiermöbel“ würden ebenfalls nicht ins Bild passen. Doch die politische Aktualität verleihe dem Buch „unwillkürlich einen doppelten Boden“. Die Figuren sind zu sehr mit sich selbst und ihrer Einsamkeit beschäftigt. Dadurch streue Hacker immer wieder Signale in ihren Text ein, dass der „Nicht-Krieg“ sowie dessen Umkehrung nicht interessieren würden und macht „das grausige Dilemma deutlich“.
2011 wurde Tel Aviv in abgewandelter Form als Theaterstück http://www.theaterzeitung-koeln.de/archiv/akt23-mai-2011/kritisiert-im-mai-2011/tel-aviv/ im Kölner Theater der Keller http://www.theater-der-keller.de/ aufgeführt. (zum Trailer http://www.youtube.com/watch?v=BvlJagKgISQ)
In Morpheus oder der Schnabelschuh (1998) versetzt Katharina Hacker die Figuren der griechischen Mythologie in unsere Gegenwart. Die Erzählungen wurden von den wenigen Feuilletons, die sie beachtet haben, durchweg positiv rezensiert.
In Die Zeit http://www.zeit.de/1999/02/28941 vom 07.01.1999 nennt Martin Lüdke Hackers Vorgehen eine „listige Wiederholung“. So erzähle sie die Mythen nicht nur simpel nach, wie es viele andere vor ihr gemacht hätten, sondern sie gehe radikal zu Werke, indem sie die „mythologischen Gestalten unserem modernen Bewußtsein“ aussetze. Auch Martin Halter (Frankfurter Allgemeine http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/rezension-belletristik-der-schatten-der-toten-1386154.html, 29.03.1999) äußert sich positiv. Er betont vor allem, dass Hacker sich den verstoßenen Figuren, die nicht wissen, was sie in unsere heutige Zeit verschlagen hat, liebevoll annehme. „Sie stellt die poetischen Lügen richtig, trägt Unterschlagenes und Vergessenes nach, schreibt ihre Geschichten auf und fort.“ Dennoch würden die Erzählungen manchmal „an den Haaren herbeigezogen“ wirken und die „elegisch-morbide Poesie“ sei ein bisschen zu stark gesucht. Trotzdem spüre man den fast heiligen und unzeitgemäßen Ernst einer begabten Erzählerin und „ihre unheilbare Melancholie“.
Deutlich mehr Beachtung von der Presse hat Hackers Debütroman Der Bademeister (2000) erfahren. Er wurde begeistert aufgenommen und die Kritik lobte vor allem Hackers ruhigen, sachlichen Erzählstil. Hajo Steinert (Die Zeit http://www.zeit.de/2000/43/Platzende_Kacheln, 19.10.2000) ist begeistert: „Der Bademeister ist eine beeindruckende Charakterstudie.“ Und dadurch, dass der Roman das Hallenbad als einzigen Schauplatz habe, entstehe eine atmosphärische Dichte, die die Leistung des Romans sei. Folglich solle die Leserin/der Leser besser ein Handtuch in der Nähe haben, so nass gehe es im Roman zu. Die unterschiedlichen „Anspielungen auf Ereignisse der deutschen Zeitgeschichte“ würden den Roman jedoch ebenfalls zu einem Buch für Nichtschwimmer machen. Hacker habe eine glaubwürdige Einsamkeitsfigur geschaffen und überzeuge, so Steinert, sowohl mit der Erzählperspektive als auch mit den sprachlichen Eigenheiten des Romans. Auch Verena Auffermann (Süddeutsche Zeitung, 06.12.2000) ist von Hackers Romandebüt begeistert. Sie lobt vor allem die ruhige Erzählweise und den sachlichen Ton der Autorin. Auch dass Hacker trotz der monotonen Wiederholungen kein Wort zu viel verwende, bemerkt sie positiv. Ebenfalls positiv äußert sich Simone Müller (Wochenzeitung, 28.06.2001). So weise der behutsam geschriebene Roman „präzise Psychologie, atmosphärische Dichte, [und] strenge Fokussierung auf einen wortkargen Einzelgänger“ auf. Die unzähligen wiederholten Sätze würden „Hackers Prosa den ihr eigenen Rhythmus“ verleihen und eine gewisse Spannung erzeugen. Der Bademeister „ist das Porträt eines Gescheiterten, dessen persönliche Tragik eng mit (deutscher) Geschichte verknüpft ist.“ So entstehe die Sogkraft des endlosen Monologes vor allem durch die „gekonnte Überlagerung von Schwimmbadrealität und symbolischer Bedeutung des Wassers“, schreibt Müller enthusiastisch. Auch Beatrix Langner (Neue Zürcher Zeitung, 14.09.2000) gefällt Der Bademeister. Sie lobt die ersten Sätze, ihrer Meinung nach fange eine gute Geschichte genau so an: „Ich bin der Bademeister, ich habe nie viel gesprochen. Das Schwimmbad ist geschlossen. Seit Wochen steht das Gebäude leer.“ (S. 7) Der Roman sei „ein Monolog von beklemmender Intensität“ und der Text verkehre paradox das „Auferstanden aus Ruinen“, aus der Nationalhymne der DDR. „Auf Schuld häufte sich neue Schuld, aus Ruinen wuchsen neue Ruinen.“ Maike Albath (Frankfurter Rundschau, 25.11.2000) beschreibt den Bademeister als „die verzweifelte Rede eines Menschen, der aussortiert wurde und nun versucht, über das Sprechen seine Würde zurück zu gewinnen.“ Monoton wie das Schwappen des Wassers am Beckenrand seien die rhetorischen Fragen und stereotypen Wiederholungen, nur ab und zu tauchen Erinnerungsfetzen auf. „Hacker unterstreicht auf diese Weise die gespenstische Macht des Verdrängten – es bleibt dem Leser überlassen, die richtigen Schlüsse zu ziehen.“ Mit wachsender Beklemmung begreife man als Leserin die Verzweiflung des Bademeisters und frage sich zugleich, warum er sich nie gewehrt habe. Kulturgeschichtlich gesehen habe das Wasser eigentlich eine reinigende Funktion, doch Hugo, der Bademeister, ist nie gern geschwommen. Werner Jung (taz, 24.10.2000) zieht inhaltliche und formale Spuren zu Thomas Bernhard http://www.thomasbernhard.at/ und Gerhard Köpf http://www.munzinger.de/search/portrait/Gerhard+K%C3%B6pf/0/18811.html. Seiner Meinung nach sei der Roman vor allem durch seine „oszillierende Mehr- und Vieldeutigkeit“ spannend, die in dem Diskurs über die Zeit, der dem Monolog des Bademeister zugrunde liege, verankert sei. So würden in Hackers Zeitroman „Facetten einer Philosophie der Zeit zur Sprache“ kommen: „Die Zeit ist wie das Wasser: flüchtig, unauffällig, glatt und gefährlich!“ Daher brauche es beispielsweise auch die ermüdend wirkenden Wiederholungen, das Mäandernde, durch das die atmosphärische Dichte entstehe. In Der Tagesspiegel (01.10.2000) schreibt Carsten Hueck, dass auch wenn der Plot von Der Bademeister beinahe banal wirke, eindeutig das Gegenteil der Fall sei: „Sie [Hacker] erzählt vom Untergang eines Menschen, der in seinem kleinen Leben Urgewalt und Schicksalskraft erfährt.“ So berühre die traurige Gestalt Hugos. In seiner „Ausgesetztheit“ sei er mit den „Figuren Becketts oder Kafkas verwandt“, doch in seiner Sprache sei er die einzigartige Schöpfung Hackers. So sei Der Bademeister, dessen Biographie eng an die Schuld der Elterngeneration geknüpft ist, „auch ein Buch über das Verdrängte in der deutschen Geschichte.“
Auch die Pressestimmen für Eine Art Liebe (2003) fallen überwiegend positiv aus. Sabine Peters (Frankfurter Rundschau http://www.fr-online.de/literatur/kain-und-abel--revisited,1472266,3229286.html, 29.10.2003) drückt der Autorin gegenüber ihre Anerkennung aus. Denn „er [der Roman] will sich nicht anmaßen, das Schicksal eines Überlebenden der Shoa zu erzählen, sondern folgt der Aufforderung, Jeans Leben wiederzugeben oder eben zu erfinden.“ Es sei die Geschichte über die Freundschaft von Moshe und Jean, sozusagen Kain und Abel, und gleichzeitig die Geschichte über das schwierige Verhältnis von Juden und Deutschen, Christen- und Judentum. Schade sei nur, dass die Ich-Erzählerin nur schemenhaft gezeichnet sei und ihre Motive, warum sie nach Israel gegangen sei, nicht geschildert werden würden. Silja Ukena (Kultur Spiegel http://www.spiegel.de/spiegel/kulturspiegel/d-29284693.html, Dezember 2003) zieht konkrete Bezüge zu Hackers Biographie und findet in ihren Büchern die „unaufdringliche, aber nachdrückliche Forderung, sich nicht zu verabschieden aus der deutsch-jüdischen Vergangenheit“ – so wie Hacker es vermutlich selbst auch nicht tue. Hacker habe versucht die Geschichte aufzuschreiben „in ständiger Sorge vor den typischen Peinlichkeiten, die drohen, wenn man als Deutsche versucht, eine jüdische Biographie zu erzählen.“ Doch laut Ukena sei ihr dieser Versuch mehr als gelungen: „Eine Art Liebe ist ein Buch, das man nicht vergisst.“ Katrin Kruse (taz http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2003/12/22/a0188, 22.12.2003) reflektiert die Absichten Hackers und dass es ihr um „das Aufspüren einer ,vergessenen Prägung‘“ gehe, d.h. um Erinnerungen und wie diese zu vermitteln seien. So sei das Erinnern ein zentraler Bestandteil des Romans, da sich beispielsweise Sophie schreibend an Moshes Erinnerungen erinnert. Hacker schätze es, vom Schreiben-Können zu Leben und wolle „die Leute nicht belästigen mit Büchern, die nichts zu sagen haben; die man nach der Lektüre ,schüttelt, weil man hofft, es fällt noch was raus.‘“ Thomas Kraft (Die Welt, 10.04.2004) beschreibt den Roman als die Versuche der Erzählerin, das Leben ihres Freundes zu fassen, was ihr jedoch nur „bruchstückhaft“ gelinge. So würde auch dem Leser ein „Verwirrspiel um Identitäten und Perspektiven“ eröffnet, das jedoch kunstvoll erzählt sei. So hält er fest: „Eine Art Liebe ist eine Geschichte über den schwierigen Umgang mit Biografien – aus der Sicht einer Nachgeborenen und einer Autorin –, die die Konsequenz des Denkens mit der Nonchalance einer sicheren Erzählerin verbindet.“
Nur Jörg Magenau (FAZ http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/abel-lebt-doch-kain-muss-sterben-1135171.html, 07.10.2003) und Steffen Martus (Süddeutsche Zeitung, 28.11.2003) äußern sich leicht kritisch zu Hackers Roman, obwohl auch sie ein paar lobende Worte finden. Magenau fragt sich, warum Moshe Sophie seine Erinnerungen erzähle, was er damit bezwecke. So würde der Text viele Fragen aufwerfen und eine „kleine Prise ,Narziß und Goldmund‘ […] [sei] in dieser klösterlichen Elegie enthalten.“ Hacker erzähle in einer „nüchternen“, „zurückhaltenden“ Sprache die Geschichte von Freundschaft und Schuld, dem Holocaust sowie auch der jüngsten Gegenwart in Israel und schaffe „eindrückliche Bilder“. Martus hält den Roman eher nicht für eine ,große‘ Erzählung, dafür sei alles zu bruchstückhaft erzählt. Die Tonlage des Romans sei geprägt von den „typischen Kurzsätzen der jüngeren Prosa“, doch auch wenn der Roman an einigen Stellen fast ins Kitschige verfallen würde („die Blätter der Olivenbäume schimmerten matt im Mondlicht“), so schaffe er es doch Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu knüpfen, indem die historischen Ereignisse in einem dichten Netz dargestellt werden würden und es um die Frage nach Verrat, Schuld und Verantwortung gehe.
Die Kritik zu Die Habenichtse (2006) fällt sehr positiv aus. Die Rezensent*innen loben Hackers Roman, der nicht nur Zeitgeschichte und eingehend eine Generation porträtiere, sondern auch wichtige Fragen und Themen aufgreife. Laut Claudia Voigt (Der Spiegel http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46237055.html, 13.03.2006) ist der Roman auf beunruhigende Weise „von unterschwelliger Gewalt, Erotik und Einsamkeit“ durchzogen. Auch das Schriftbild, dicht und fast absatzlos, entspreche der „düsteren und vollgepackten Geschichte.“ Dennoch oder gerade deswegen sei es ein fesselnder Roman. Die Habenichtse sei etwas Besonderes, findet Ursula März (Frankfurter Rundschau http://www.fr-online.de/literatur/wand-an-wand-mit-sara,1472266,3232456.html, 15.03.2006), auch deshalb, da er „einen Fortschritt in der deutschen Gegenwartsliteratur“ markiere, nämlich die „Verschmelzung von Ästhetik und Engagement.“ Krass seien allerdings die sozialen Verhältnisse, die in dem Roman aufeinander treffen würden: „Hauswand an Hauswand“ lebt die gutsituierte Mittelschicht neben der sozial schwachen Alkoholikerfamilie. Doch gerade Isabelle und Jakob, denen es materiell an nichts fehlt, wollen nicht sehen und hören, was im Nachbarhaus geschieht, denn sie sind „beschäftigt mit ihrer Leere und damit, sie mit geliehenen Intensitäten aufzufüllen“. Außerdem sei der Roman von großer „erzählerischer“ und „geistiger“ Weite, stellt die Rezensentin begeistert fest. Auch Verena Auffermann (Die Zeit http://www.zeit.de/2006/12/L-Hacker-TAB, 16.03.2006) lobt Die Habenichtse. Hacker schreibe kunstvoll von der Macht der Gefühle und Bedrohungen. „Ein paar wohlsituierte und ein paar heruntergekommene junge Leute treffen falsche Entscheidungen, sie scheitern an der Liebe und ihren Möglichkeiten.“ Hacker fixiere die Gegensätze, „Gut und Böse, bürgerlich und asozial, fleißig und verwahrlost“, die sie „Wand an Wand“ platziert habe. Somit sei Die Habenichtse ein zeitkritischer Roman, der die Geschichte von „Gewalt, Drogen, Fremdheit und Radikalität als Fortsetzung der allgemeinen Diskussion um Krieg und Frieden“ erzählt, lobt die Rezensentin. „Nichts wird gut“ lautet der treffende Titel von Friedmar Apels Rezension in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/nichts-wird-gut-1307492.html (25.03.2006). Hacker überrasche mit der Darstellung „ihrer“ Generation in Die Habenichtse. Die Autorin habe den Schauplatz gut vorbereitet, „auf dem sich die Katastrophe der Teilnahmslosigkeit abspielen wird“. Apel ist sehr angetan von dem neuen Roman einer „der begabtesten Erzählerinnen dieser Generation“. Laut Meike Fessmann (Süddeutsche Zeitung, 05.04.2006) ist Die Habenichtse ein „streng konstruierter, szenenstarker Roman, der in einer Art negativen Theologie durchspielt, wie armselig das Leben in den Metropolen der Gegenwart aussieht.“ Das Buch sei verstörend und desorientierend, doch gehe es um die ganz großen Themen: „Tod, Liebe, Schuld. Wie ihre weibliche Hauptfigur versucht auch sie [Hacker], mit ,unerbittlicher Ziellosigkeit‘ hinter das Geheimnis der Existenz zu kommen.“ Dennoch oder gerade deswegen sei es ein gutes Buch. Für Hans Pleschinski (Die Welt, 22.04.2006) ist der Roman „das Epochen- und Mahnbild unserer Zeit“. Er lobt immer wieder Hackers Erzählkunst, wie sie beispielsweise souverän die Schauplätze London und Berlin sowie „die Schicksale zweier Ausprägungen von Habenichtsen […], nämlich die seelisch Armen und materiell Benachteiligten“, verschränke. Durch das kunstfertige Erzählen der Autorin erdrücken die Szenarien die Leser*innen jedoch nicht zu sehr. Da sie mit ihrer „behutsam greifenden Sprache“ ihren Figuren nachdenklich Gerechtigkeit erfahren lasse. Mit äußerster Sorgfalt und Achtsamkeit folge Hacker ihren Figuren, „minuziös schildert sie die verschiedenen Milieus in London“, stellt Roman Buchely (Neue Zürcher Zeitung http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/als-alles-anders-wurde-1.32499, 16.05.2006) fest. Dennoch würden die Figuren teils nur schemenhaft bleiben und als Leser*in erfahre man nur soviel, wie die Figuren auch selbst über sich wissen – eindeutig eine Stärke des Romans. Auch das Zeitgeschehen habe Hacker unaufdringlich in ihren Roman mit eingeflochten; Irak-Krieg, DDR, Holocaust. „Es macht den Zauber dieses Buches aus, dass uns am Ende auf diese Frage [ob es jetzt anders und besser wird] ebenso wenig wie auf viele andere auch, die dieser Roman aufgibt, eine Antwort gegeben wird.“
Im Herbst 2006 wurde Katharina Hacker für Die Habenichtse mit dem Deutschen Buchpreis http://www.deutscher-buchpreis.de/de/119308?template_id=2101 des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Der mit 25.000 € dotierte Preis „werde ihr helfen, vom Schreiben leben zu können“, es werde sich dadurch jedoch nicht viel in ihrem Leben ändern, sagte die Preisträgerin und frisch gebackene Mutter http://www.faz.net/-gr0-toe1.
Überlandleitung. Prosagedichte (2007). Die Prosagedichte Hackers wurden vom Feuilleton eher wenig und dann auch nicht so positiv bedacht. Tobias Lehmkuhl (Süddeutsche Zeitung, 19.11.2007) schreibt, dass Hacker, die erfolgreiche Autorin von Die Habenichtse, mit den Prosagedichten einen überraschenden Weg eingeschlagen habe. Doch mache sie es kunstvoll, da sie sowohl die Erwartungen an Prosa als auch an Lyrik unterlaufe und sich somit „weder den Anforderungen der einen noch der anderen Gattung“ stelle. Naturbeschreibungen und „der leise Ton“ würden vorherrschen und die beiden Zyklen – wie es sich für Zyklen gehöre – „vom Werden und Vergehen, von der ewigen Wiederkehr“ sprechen. Doch die dritte Abteilung, die einzelnen Gedichte, seien leider „die schwächsten Texte des Bandes“, da sie dort doch versuche, Lyrik mit einem tieferen Sinn zu verfassen. Auch Jochen Jung (Der Tagesspiegel http://www.tagesspiegel.de/kultur/ich-eine-blindschleiche/1130892.html, 30.12.207) ist der Meinung, dass die Texte im letzten Teil unverhohlene „Gedicht-Gedichte“ sind, denen mit großen Worten Bedeutung beigemessen werde. Er kommt zu dem Schluss, dass es sich bei den vierzig Seiten Gedichten um „gute Prosa“ handle, „detailreich und mit Empathie vorgetragen“ – jedoch nicht um gute Prosagedichte.
Alix, Anton und die anderen (2009). Mit dem Roman, der auf Die Habenichtse folgte, konnte Hacker die Mehrheit der Feuilletons eher nicht für sich gewinnen. Viele Kritiker*innen fanden das Lesen der zwei Spalten als ermüdend und verwirrend, fühlten sich von der Autorin allein gelassen. Auch der Streit mit dem Suhrkamp-Verlag findet in den Kritiken immer wieder Erwähnung und wird teilweise als Eitelkeit der Autorin aufgefasst. Dennoch gibt es auch eine positive Rezensionen.
Patrick Bahners (Frankfurter Allgemeine Zeitung http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/katharina-hacker-alix-anton-und-die-anderen-schicksal-ist-der-schuldzusammenhang-von-lebendigem-1882150.html, 21.11.2009) bezeichnet Hackers Roman Alix, Anton und die anderen als einen philosophischen Roman, in dem Schicksal, Schuld und Tod eine Rolle spielen. Ihm gefällt sowohl der Roman als auch seine Aufmachung, die beiden ungleichen Spalten. Nicht nur die Figuren würden „Beobachtungen buchstäblich vom Rand aus“ machen, sondern auch die Leserschaft. So erweist sich dieser „zweispaltige Umbruch […] als elegantes Mittel, das dem Roman jene Dimension der philosophischen Reflexion wieder erschließt, die die Höhepunkte der Gattung auszeichnet.“
Laut dem Rezensenten Elmar Krekeler (Literarische Welt http://www.welt.de/welt_print/kultur/literatu
/article5282611/Den-Tod-im-Nacken.html, 21.11.2009) können wir LeserInnen den Roman nicht kennen, weder nach dem ersten noch dem zweiten Lesen. So wird der „Roman ohne Hauptfiguren“ in zwei parallelen Strängen erzählt, die sich „umschlingen, ergänzen, spiegeln sollen.“ Dabei gehe es hier um mehr als Layout, Ästhetik und Spielerei, Hacker wolle „konsequent ausbrechen aus dem Gefängnis des literarischen Nacheinander ins […] Nebeneinander, in die Gleichzeitigkeit.“ Die Mittvierziger, von denen Hacker erzählt, sind eine „Parallelgeschichte der ,Habenichtse‘“, denen es an sich gut geht, die jedoch auf der Suche nach dem Glück sind und immer stärker die Leere und den ,nahenden‘ Tod wahrnehmen würden. So haben die Figuren alle Geheimnisse, tragen Schuld, Wunden und Verletzungen mit sich herum, durch die sie auch miteinander verbunden werden. Der Rezensent ist nach dem „Ende, das keines ist“ auf die Fortsetzung gespannt. Dennoch fühlte er sich beim Lesen allein gelassen und hält das mit den zwei Spalten für keine gute Idee.
Meike Fessmann (Süddeutschen Zeitung (21./22.2009) steht Hackers neuem Roman eher kritisch gegenüber. So erzähle sie – wie auch in Die Habenichtse – von der Desorientierung einer Generation, die sich auch auf die Leser*innen übertragen würde, nicht nur wegen des Layouts. Doch gerade in den Randnotizen stecken oft wichtige Informationen, die man als Leser jedoch „mühsam“ zusammenfügen müsse. Daher hält Fessmann das Konzept des Romans eher für eine Notlösung, für eine Skizze des Romanprojekts. Auch Gerrit Bartels (Der Tagesspiegel http://www.tagesspiegel.de/kultur/roman-schnee-im-kopf/1842052.html, 24.11.2009) möchte wissen, wie es mit den Figuren weiter gehen wird, allerdings „nicht in der von Katharina Hacker gewählten Form“, da dies doch mühselig und kein „formvollendeter Roman“ sei. So gibt es seiner Meinung nach nichts im Text, was nicht auch in einem „normalen Textblock“ hätte stehen können. Folglich stelle sie sich „mit ihrer avantgardistischen Erzählweise eher ein Bein“, als dass sie der Handlung und den Figuren zuträglich wäre. Ebenfalls zweifelnd äußert sich Ursula März (Die Zeit, 03.12.2014) zu Alix, Anton und die anderen. So seien diese Generationendarstellungen ein gängiges Sujet und bereits von Ralf Rothmann https://www.uni-due.de/autorenlexikon/rothmann, Ulrich Peltzer http://www.fischerverlage.de/autor/ulrich_peltzer/17382 und vielen anderen bekannt. Und so sei nicht nur in diesem Buch, in dem es unter anderem um Schuld und Kinderlosigkeit gehe, „etwas aus dem Lot geraten“ sondern auch drum herum, mit den Eitelkeiten der Autorin, dem Bruch mit dem Verlag, der den Roman gegen Hackers Willen veröffentlichte. So zweifle niemand, dass Hacker „hervorragend Charaktere, Schauplätze, Szenen entwerfen“ könne, jedoch besser ohne „exotische Romankonstruktion“ mit eher „unexotischem Romanpersonal“. Nicht ganz so kritisch rezensiert Sibylle Birrer in der Neuen Zürcher Zeitung http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur/berlin-bewoelkt-bis-stuermisch-1.4906931 (11.02.2010) den Roman. So sei es erst der Anfang eines „mehrteiligen Romangeflechts, dass die Leserschaft literarisch in das Lebensgefühl einer individualistisch fragmentierten, hedonistisch ruhelosen und in Sachen Lebenssinn gänzlich desorientierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts führt.“ Obwohl Hacker eine Meisterin des Erzählens von „menschlicher Destabilisierung“ sei, vermöge sie der Roman nicht komplett zu überzeugen. Doch bleibe umso mehr auf die folgende Veröffentlichung im S.Fischer Verlag zu hoffen. Nicole Henneberg (Frankfurter Rundschau http://www.fr-online.de/literatur/katharina-hackers-umstrittener-roman-risse-im-eis,1472266,3015148.html, 24.11.2009) äußert sich überaus positiv zu dem Roman. So sei es ihrer Meinung nach fatal, dass die beiden Spalten nicht – wie von Hacker geplant – gleich seien, da es gerade in der verkleinerten rechten Spalte um die wichtigen Fragen nach „Schuld, Scham und Lebensangst“ gehe, die den Roman leitmotivisch durchziehen würden. Der zwischen den Textspalten entstehende freie Raum zeige, wie brüchig und haltlos das Leben von Alix und den anderen sei. „Die vielen Unfälle, das Ertrinken, die Vergiftungen, das Überfahren werden“ lese sie als Ankündigungen von einer viel größeren Katastrophe, die in diesem Roman jedoch nicht mehr eintreffen wird. Man darf gespannt sein, wie das Roman-Projekt weitergehen wird.
Mit dem Roman Die Erdbeeren von Antons Mutter (2010), dem ersten im S.Fischer Verlag http://www.fischerverlage.de/ veröffentlichten Buch, konnte Hacker die Kritik wieder überzeugen und begeistern. In Die Erdbeeren von Antons Mutter ist „nichts kompliziert gedacht und konstruiert“ – wie in Alix, Anton und die anderen, stellt Judith von Sternburg begeistert in der Frankfurter Rundschau http://www.fr-online.de/literatur/katharina-hacker-ueber-einen-mittvierziger-von-menschen-und-schnecken,1472266,4463646.html (25.05.2010) fest. So investiere Hacker nun in „raffinierte Perspektivwechsel“, um die Geschichte um Alix und ihre Freunde weiter zu führen. Doch hinter dem so harmlos klingenden Titel tue sich ein „so seltsames wie realistisches Panorama der Bedrohungen auf.“ Diese Bedrohungen liegen in der Demenz von Antons' Mutter, dem Exfreund Lydias und dessen Freund sowie den Schnecken, die am Ende des Buches Die Erdbeeren von Antons Mutter vernichtet werden. Und so geraten ein paar Dinge aus den Fugen, leise – wie es im Roman heißt – und die Geschichte scheint mit dem Ende des Buches noch nicht zu Ende zu sein. Fast schmerzlich, so Sternburg, wirft Hacker eine sanfte, doch unerbittlich düstere Perspektive auf die Mittvierziger-Generation, der sie selbst angehört. Auch Meike Fessmann (Süddeutsche Zeitung, 28.05.2010) ist von Hackers neuem Roman begeistert. So erinnert sie zunächst noch einmal an den Streit mit dem Suhrkamp-Verlag, der Alix, Anton und die anderen gegen Hackers Willen veröffentlichte. Dies sei jedoch geradezu „ein Lehrstück“ um zu zeigen, „wie heikel und verletzlich kreative Prozesse sind“. In Die Erdbeeren von Antons Mutter folge Hacker nun ganz „den strengen Formgesetzen der Novelle“ und schaffe es so, die Geschichte von Anton, der hin- und hergerissen zwischen Berlin mit seiner neuen Liebe und der Demenz seiner Eltern ist. „Zum Showdown zieht man gemeinsam aufs Erdbeerfeld, unterlegt vom Basso continuo einer Bedrohung, die Katharina Hacker hier wie in all ihren Büchern mit einer großen ,Bangnis' um die Verletzlichkeit des Glücks inszeniert.“ Man darf gespannt sein, ob die Geschichten um Alix, Anton, Bernd und Jan fortgesetzt werden. Friedmar Apel (Süddeutsche Zeitung http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/katharina-hacker-die-erdbeeren-von-antons-mutter-mit-den-erdbeeren-wachsen-1999051.html, 18.06.2010) ist ebenfalls angetan von dem Roman. So beschreibt er sie als „leicht, klug und im besten Sinne unzeitgemäß“. Auch wenn die Geschichte von Alix, Anton und die anderen weiter erzählt wird, wird die Kenntnis des Buches nicht vorausgesetzt – der Roman ist ein eigenständiges Werk. Den kinderlosen Mittvierzigern gehe es eigentlich gut und dennoch seien sie „eigentümlich heikel und gefährdet“. „Mit ,Bangigkeit, mit Schrecken und schlechtem Gewissen' wird ihm [Anton] im Anblick seiner Mutter fasslich, wie einem das Leben enteignet werden kann.“ Mit Raffinesse setze Hacker die Geschehnisse und Stimmungen in Beziehung, während über allem die Erdbeeren als „dämonisch schillernde Symbole der Gleichzeitigkeit allen Werdens und Vergehens, von Hingabe und Vergeblichkeit, von Lust und Liebe, Angst und Trägheit des Herzens“ stehen. Auch Rezensentin Sibylle Birrer (Neue Zürcher Zeitung http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/im-wurzelwerk-des-zusammenlebens-1.7205159, 14.08.2010) lobt den neuen Roman. Sie ist begeistert von der gekonnten Inszenierung von „Hoffnung und Verzweiflung, Glück und Enttäuschung“ und feiert Hacker ein weiteres Mal als „Meisterin der Beschreibung menschlicher Destabilisierung.“ Besonders die unterschiedlichen Szenen, in denen aus wechselnder Sicht die Erfahrungen der fortschreitenden Demenz erzählt werden, findet sie eindrucksvoll. So zeige Hacker ihr Talent, „das emotionale Wurzelwerk der Gegenwart auszuleuchten – mit den langsamen, forschenden Suchbewegungen einer Anthropologin sowie der sprachlichen Präzision und dramaturgischen Finesse einer herausragenden Literatin zugleich.“
Die Pressestimmen zu Eine Dorfgeschichte (2011) fallen größtenteils positiv aus. Nur vereinzelt gibt es Kritik. Die lobenden Rezensenten erwähnen immer wieder die trügerische Idylle, die in dem Dorf vorherrscht und die Erzählkunst Hackers, mit der sie die Stimmungen und Bilder heraufbeschwöre. „Einfühlsam und ohne je in ein Klischee abzurutschen“ erzähle Hacker ihre Dorfgeschichte, so Maike Albath (dradio.de http://www.dradio.de/kultur/sendungen/kritik/1569865, 05.10.2011). Die Ich-Erzählerin erzähle von dem Dorf im Odenwald, von der Welt, in die es gebettet ist. Die Rezensentin wurde sofort von der Atmosphäre gefangen genommen, von der trügerischen Idylle. Hacker vermittele die Zeit der Kindheit, die Lebensphase, „in der Fantasien, Ängste, Wünsche ebenso real sind, wie die konkrete Wirklichkeit“ auf wunderbare Weise. Auch in Die Welt http://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article13662031/Vom-schwermuetigen-Jaeger-gelernt.html (15.10.2011) äußert sich Maike Albath zur Dorfgeschichte. So ähnle die äußere Welt „einem impressionistischen Gemälde“ und „wie Glasperlen“ würden sich die Sommertage der Kinder aneinanderreihen. Gegenwart und Vergangenheit scheinen miteinander zu verschmelzen und ohne „es zu verstehen, agieren die Kinder in ihren Spielen das Verdrängte“ der Eltern und Großeltern aus. So belebe Hacker mit ihrer Dorfgeschichte „das alt-ehrwürdige Genre der Idylle neu“ und erzähle in „lose gestaffelten Prosaschüben“ von den Sommertagen auf dem Land. Tobias Becker (Spiegel Online http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,791883,00.html, 17.10.2014) lobt die Erzählung ebenfalls. So erzähle Hacker „lakonisch“ von einer Kindheit, einem Kindheitsparadies im Odenwald. „Die dunklen Wälder waren reich an Wild und reich an dunklen Erinnerungen, unter den Buschwindröschen lagen Soldatenhelme und Patronenhülsen.“ Laut Becker ist es ein stilles Büchlein, „so wortkarg, dass es einen gruseln kann […], aber auch trösten.“ Dass die Ich-Erzählerin später auch einmal auf dem Dorffriedhof liegen wolle, findet er eine „der schönsten Liebeserklärungen“ an einen Ort. Judith von Sternburg (Frankfurter Rundschau Literatur-Magazin http://www.fr-online.de/literatur/katharina-hacker-ueber-einen-mittvierziger-von-menschen-und-schnecken,1472266,4463646.html, Herbst 2011) brauchte einen Moment, bis sie „von dieser stillen Erzählung und Erzählweise“ gefesselt wurde. Die Erzählung ist voll von Erinnerungen, von Unheimlichkeiten, der Vergangenheit der Großeltern, Flucht und Vertreibung. Sternburg macht aufmerksam, dass auch die Nacktschnecken – bekannt aus Die Erdbeeren von Antons Mutter oder auch Skizze über meine meine Großmutter – „wieder unterwegs [sind], aber chancenlos“. So schaffe Hacker es mühelos, dass die Dorfgeschichte auch ein „hingetupftes Generationenporträt [ist], in dem sich viele Altersgenossen wiedererkennen werden.“ Sehr lobenswert findet auch Christoph Schröder (Der Tagesspiegel http://www.tagesspiegel.de/kultur/geruch-von-hunden/5802968.html, 06.11.2011) Hackers „rätselhafte Familiengeschichte“, die zeitlich größtenteils in der Nachkriegszeit angesiedelt ist. In dem Dorf gebe es Flurnamen wie „Totenkopf“, Galgenhügel“ oder Geiersberg“ und die Figuren seien „märchenhaft bedrohlich“, überhöht, realistisch. Hacker setze eine Erinnerungsporträt „des Dorfes und der eigenen Familie zusammen und unternimmt zugleich eine Bestandsaufnahme der Gegenwart.“ Über allem liege jedoch der Schatten des Todes, da die Großeltern, Eltern und auch der ältere Bruder bereits verstorben sind. So gelinge Hacker mit ihrer Erzählung ein „Balanceakt zwischen kindlicher Lust am Geheimnis und Reflexion der Erwachsenenzeit“. Beatrice von Matt (Neue Zürcher Zeitung http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur/scherben-der-vergangenheit-1.13382001, 22.11.2011) beschreibt Hackers Dorfgeschichte als ein „Erinnerungsexperiment“, in dem sich die Figuren schattenhaft bewegen, „Inseln inmitten von Unbekanntem.“ Es sei keine zusammenhängende Geschichte, nichts werde geklärt, nur manchmal würden sich „Ansätze zu Geschichten“ abzeichnen; die „Schrecken der Nazizeit“ werden nebenbei erwähnt. Doch gerade durch die karge Poesie und den „Verzicht auf allen herrischen Umgang mit der Vergangenheit“ besteche die Erzählung.
Eher kritisch rezensiert Thomas Steinfeld (Süddeutsche Zeitung, 13.10.2011) Hackers Dorfgeschichte. So erinnere es ihn eher an eine Stickarbeit, wenn sich Literatur mit Handarbeiten vergleichen ließe. Auch dieses diffuse „Wir“, von dem man seiner Meinung nach gar nicht wisse, wen es meine, findet er gewöhnungsbedürftig. Er habe zwar nichts gegen autobiographisches Schreiben, allerdings gefalle ihm das Vermischen des echten und halbechten in der Erzählung nicht, da Erinnerungen und Geschichten, keineswegs das Gleiche seien.