Pressespiegel

Hallimasch
Hallimasch ist Hensels erstes Prosa-Werk und wurde gerade auch deshalb in der Presse diskutiert, wobei sich positive und negative Meinungen die Waage halten. So schreibt Konrad Franke in der Süddeutschen Zeitung (14.11.1989), „die acht Prosa-Texte bleiben durch anschauliche, einleuchtende einzelne Sätze in Erinnerung“, „aber da sind auch Unentschiedenheit und Verschwendung zu erkennen, ein Schwanken zwischen grobem und feinem Empfinden, ein bedenkenloses Anhäufen von Fakten, von Charakterzügen, von Haltungen, die sich oft gegenseitig ihre Wirkung nehmen. In der Literatur hilft viel nicht viel“. Er zieht daraus den Schluss, dass Hensel eine bessere Lyrikerin als Prosa-Autorin ist. Angelika Keune schreibt in Neues Deutschland (7./8.4.1990), dass Hensels Geschichten „nah an den Leser gehen“ und zwischen Realität und Phantastischem schweben. Besonders hervorgehoben wird von Keune das Sprachtalent der Autorin: „Gerade in der Beschreibung kritikwürdiger Zustände mit satirisch-karnevalesken Mitteln, ohne das Erzählen zu diskreditieren, spürt man das Sprachtalent der Lyrikerin. Gekonnt wird Atmosphäre erlebbar gemacht. Jedes Wort trifft. Obwohl die Erzählgegenstände zutiefst beunruhigend sind, ist es ein Genuß, Kerstin Hensels Texte zu lesen“. Die Rezensentin betont abschließend: „dieses Buch sei zur Lektüre empfohlen“.

Auditorium panoptikum
Das Romandebüt von Kerstin Hensel fand in der Presse nur wenig, dafür aber überwiegend lobende Beachtung. Gegen das überwiegend positive Meinungsbild stellt unter anderem Johannes Saltzwedel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (22.11.1991) heraus, dass es in dem Roman „am Erzählen hapert“. So wird weiter kritisiert, dass der Roman nicht Hensels erzählerischen Fähigkeiten gerecht wird: „Überrollt von Detail-Lawinen, sieht der Leser fast nur noch auf geisterhaften Szenen einige blasse Karikaturen herumstapfen. […] Bei Kerstin Hensels Talent zu Wortkonzentraten hätte man Besseres erwartet.“ Auch Christel Berger in der Berliner Zeitung (05.02.1992) schränkt ihr Lob ein: „Manches schien [mir] des Guten zu viel. Alles hat sein Maß, und nicht alle Probleme dieser Welt können auf annähernd 300 Seiten zum Maskenball antreten. In der zweiten Hälfte des Romans kam [mir] der rote Faden zeitweise gar sehr abhanden“. Positiv kennzeichnet Berger Auditorium Panoptikum jedoch als „verrücktes Buch“, bei dem sie vor allem Hensels Sprache beeindruckt: „Sie ist sinnlich und prägnant, farbig und diszipliniert“. Auch Horst H. Lehmann in Neues Deutschland (2./3.11.1991) ist von Kerstin Hensels Stilsicherheit überzeugt: „Der konsequent durchgehaltene Stil ist in all seiner Metaphorik und Phantastik dicht und konzentriert“. Lehmann attestiert Hensels Debüt zudem, dass es „ein anspruchsvoller, den Leser fordernder und nicht so schnell auszuschöpfender Text [ist], dessen Sprache […] höchsten Anforderungen genügt“.

Angestaut
Zeitgleich mit Im Schlauch erscheint die Erzählung Angestaut, die im Feuilleton deshalb wohl weniger Beachtung erhält. Das Urteil fällt insgesamt eher negativ aus. So übt Franke Meyer-Grosau in Die Zeit (04.06.1993) harsche Kritik an Angestaut. „Die Identifikation mit einem feudalen Zeiten angehörenden ‚Amt des Dichters‘ verführt Kerstin Hensel zu Kapriolen, in denen statt der gewesenen nun einfach eine ‚neue Diktatur‘ herrscht, westliche ‚Mode‘ zu ‚Zensur‘ und die DDR zu einem kunstbegeisterten Leseland wird, in dem ‚geschaffen‘ werden konnte – ‚man mußte nur können und wollen‘. Diesen politisch gemeinten Salti stehen sprach-logische leider nicht nach.“ Auch Ursula Püschel (Neue Deutsche Literatur, 08.1993) äußert sich verhalten. Für sie finden sich zwar auch gute Elemente in Angestaut, vor allem im Rahmen der lyrischen Beiträge, aber „[…]geschrieben ist vieles davon schlampig.“. Kritik übt Püschel vor allem an den enthaltenen Essays. Diese seien sprachlich und inhaltlich oft schwach und auch wenn Hensel das Genre neu für sich entdeckt habe, könne man in den auf die Jahre zwischen 1990 und 1992 datierten Essays keine Steigerung erkennen. Ausschlaggebend für Püschels Urteil ist hier allerdings die Sprache der Essays: „Kerstin Hensel hat für gewöhnlich ihre individuelle Essay-Sprache, keine in die wissenschaftliche Verallgemeinerung hin entindividualisierte, neutralisierte. Daher wirkt es als Schlag auf die Magengrube, wenn sie weit ins allgemeine Blabla abdriftet[…].

Tanz am Kanal
Das Feuilleton ist sich über Kerstin Hensels zweite Prosaarbeit einig. Die Erzählung Tanz am Kanal bekommt durchweg positive Kritiken. So spricht Jürgen Berger in der Badischen Zeitung (28.01.1995) der Autorin zum Beispiel „ein wohldurchdachtes Spiel mit zwei Erzählsträngen und Zeitebenen“ zu. Diese „zwei Erzählstränge wechseln sich ab, durchdringen, überholen einander und sind gleichzeitig mit so genauem literarischem Raffinement komponiert, daß man nichts entflechten muß […]“ (Der Freitag; 25.11.1994, Nr. 48, S. 19). Alexander von Bormann beschreibt in der Frankfurter Rundschau (01.10.1994, Nr. 229, S. 4) die Erzählung als intensiv aber überzeugend. Das Kerstin Hensel weder etwas beschönigt, aber auch nicht schematisiert stellt Alexander von Bormann ebenfalls als positiv heraus. Die „literarischen Stärken“ Kerstin Hensels bleiben auch Walter Hinck in der Frankfurter Allgemeine Zeitung (02.11.1994, Nr. 255) nicht verborgen. Er spricht sogar davon, dass die Autorin ein Lehrwerk der Sprache mit ihrer Sachlichkeit und Präzision liefert. Thomas Kraft geht sogar im Tagesspiegel (23.10.1994, Nr. 15070) noch einen Schritt weiter, indem er Kerstin Hensels Erzählung bescheinigt, dass sie „die Auflösungserscheinung feudaler Lebensformen […] anhand der Biographie eines Mädchens […] für das sozialistische Deutschland geleistet“ hat.

Gipshut
Hensels Roman Gipshut hat ein durchaus beachtenswertes Echo in der Presse erhalten, obwohl dieses nicht unbedingt einstimmig ausgefallen ist. Die Meinungen gehen auseinander, vor allem wenn es um die Struktur des Romans und dessen hohes Maß an Metaphern und Symbolen geht. Michael Schweizer (Berliner Zeitung, 05.02.2000) lobt gerade die Symbolhaftigkeit des Romans und hebt die Leitmotive wie den Vulkan und den See positiv hervor: „Der Roman ist sehr genau konstruiert. […] Es gibt nichts Eindimensionales […]. Trotzdem liest sich alles ganz leicht“. Eben dieser Sachverhalt wird von Kathrin Schmidt (Freitag, 08.10.1999) heftig kritisiert, für sie „wurden die Zutaten für ein bewährtes Rezept zusammengesucht“. Doch diese für Schmidt zu erkennbare, zu durchscheinende Planung ist nicht alles, was sie bemängelt. Es gebe zu viele und zu komplexe Metaphern, die die Qualität des Romans beeinträchtigen, so „[…] dass man sich in acht nehmen muss vor den Bedeutungsklumpen, mit denen geworfen wird“. Die positiven und negativen Urteile zu den sehr präsenten Metaphern halten sich in den Artikeln weitestgehend die Waage, ebenso wie die zu dem von Michael Schweizer als gut befundenen Stil. Schweizer ist nicht der einzige, der den Erzählstil lobt, auch Kristina Maidt-Zinke (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.02.2000) urteilt: „Hensel versteht es, den Leser einstandslos in ihren Erzählfluss hineinzuziehen und ihn bei Laune zu halten“. Die Erzählung sei „rührend, traurig“ und Hensel schaffe es, Stimmungen leicht und überzeugend zu vermitteln, insbesondere die „schläfrige Nachkriegs-Sommerstimmung“. Konrad Franke (Süddeutsche Zeitung, 8/9.01.2000) geht sogar noch einen Schritt weiter: „Kerstin Hensel, die literaturkundige Erfinderin, hat uns ein Gleichnis geben wollen“. Diese positiven Einschätzungen werden allerdings von ebenso vielen skeptischen begleitet. Mehrfach wird erwähnt, Hensels Ton in Gipshut sei von ihrem bisherigen, für sie charakteristischen Stil abgewichen. Diese Einschätzung vertritt auch Birgit Dahlke (Neue Deutsche Literatur, 1.2.2000): „Da, wo sich der immer wieder durchbrechende Henselsche Erzähltrieb aus ihrem symbolisch zugeschnürten Korsett befreit, erinnert ‚Gipshut‘ an die Expressivität und Sinnlichkeit früherer Texte“.

Im Spinnhaus
Hensels Roman Im Spinnhaus erhielt ein relativ großes Presseecho und wurde überwiegend positiv bewertet. Allerdings finden sich auch Stimmen, die den Roman kritisch diskutieren. So bezeichnet Petra Kohse (Frankfurter Rundschau vom 2.6.2003, Nr. 126, S. 12)  Hensels Sprache zwar durchaus positiv als „lakonische Poesie“, jedoch fügen sich für sie die einzelnen Kapitel nicht zu einem Roman zusammen, sondern eher zu einer „Art heimatkundliche[m] Bilderbogen“. Positiv hervorgehoben werden die „Passagen von schlichter Seltsamkeit“, die jedoch von dem Leitmotiv des Bären, der laut Kohse eher dem „Charakter einer Plage“ gleichkommt, beeinträchtigt werden. Hierzu gehört für Kohse auch das Wiederauftauchen einzelner Figuren, wobei diese nicht zu altern scheinen. Dementgegen wird Hensels Roman in anderen Artikeln gerade aufgrund der unorthodoxen Art positiv besprochen. So schreibt Claudia Keller in Der Tagesspiegel (19.3.2003), dass Hensel „ein Heimatroman im besten Sinne“ gelungen sei und Eckhard Fuhr bezeichnet den Roman als „ein Gewebe kleiner Geschichten, eine literarische Klöppelarbeit“ und greift so direkt den Inhalt des Romans auf. Uta Beiküfner schreibt in der Berliner Zeitung (25.8.2003), dass die Bezeichnung als Roman irreführend sei. Es sei vielmehr „ein soziales Schreiben, eines, das der Wirklichkeit der Armen, der Ausgebeuteten und der Benachteiligten gilt und eines, das an die Gleichheit aller glaubt. Allein die Sprache schöpft die Autorin aus der Landschaft und ihren Bewohnern. Die Alten ‚schlurfen, hutschen und kräbeln‘ und kommentieren den Lauf der Weltgeschichte mit ‚Mei lieber Schrulli‘. Die Jungen kauen, schlucken und schnäbeln und sagen nur ‚Was is lus? Schalt mer mol die Nachrichten an‘". Das sei engagiert, originell und witzig. Sobald Kerstin Hensel jedoch den vertrauten Tonfall verlässt, gar ins Politische abschweift, werden ihre Geschichten zu einem "dirrs Geprassel", wie es in einem anderen Zusammenhang heißt. Übrig bleibe ein Skelett von Meinungen, zu dem auch das Gutgemeinte gehört.

Falscher Hase
Im Gegensatz zu früheren Prosawerken von Kerstin Hensel wird der Roman Falscher Hase im Feuilleton fast ausschließlich positiv wahrgenommen und kommentiert. Besonders hervorgehoben, aber nicht immer ausschließlich als positiv bewertet, wird die Erzählweise des Romans. So schreibt Petra Kohse (Frankfurter Rundschau, 18.05.2005), „dieses Buch liest sich, als ob es einem Jemand ins Ohr raunte. Schnell, drängend, irgendwie geduckt“. Diese schnelle Sprache und das ebenso schnelle Erzähltempo werden vielfach hervorgehoben und obwohl sie meist lobend angemerkt werden, gibt es auch kritische Stimmen. Cornelia Staudacher (Süddeutsche Zeitung, Nr. 78, 3. April 2006) ist der Meinung, „Hensels realistische Erzählweise taugt nicht zum Gestalten avantgardistisch absurder Welten, in denen das Sinnlose und Sinnwidrige […] zu einer Welt an sich erhoben wird“, obwohl insbesondere der Roman Falscher Hase ein großes Augenmerkt auf surreale Darstellung von persönlichen Wahnvorstellungen und Wirklichkeiten legt.
Neben der Erzählweise wird bezüglich dieses Romans vor allem die Darstellung der menschlichen Psyche hervorgehoben. Für Thomas Rothschild (Die Presse, 23.04.2005) ist der Roman „ein Meisterstück psychologischer Schreibkunst“. Gleichzeitig merkt Rothschild allerdings kritisch an, dass das Ende des Romans, welches keine eindeutige Aufklärung bietet, irritierend ist und zu sehr in den „gestörten Sinneseindrücke(n) ihres Helden“ versinkt.

Lärchenau
Im Feuilleton herrscht Einigkeit über Hensels Roman Lärchenau. Monika Melcher (Sächsische Zeitung, 07.06.2008) geht soweit, Lärchenau „Hensels größter Wurf bisher“ zu bezeichnen. Positiv hervorgehoben wird von Melcher vor allem die Tatsache, dass der Roman ein gelungenes Beispiel für Hensels schriftstellerische Vorliebe für das „bös-witzige Groteske“ sei. Vor allem aber zeige der Roman anhand des fiktiven Ortes Lärchenau die Probleme der ostdeutschen Nachkriegsgeschichte. Melcher betitelt Lärchenau als „ein Buch, das mehr über unsere unmittelbare Vergangenheit weiß als jede Geschichtsdarstellung […]“. Diese Meinung teilt auch Nicole Henneberg (Der Tagesspiegel, 28.05.2008), die ebenfalls die Geschichte des Dorfes über die Lebenswege der einzelnen Figuren stellt und behauptet, „die wahre Hauptfigur des Romans […] ist das Dorf selbst“. Einig ist sich der Feuilleton auch darüber, dass es Hensel in ihrem Roman Lärchenau gelingt, eine durchweg skurrile, groteske und surreale Stimmung aufzubauen, die als Fortsetzung und Verbesserung des Stils ihrer bisherigen Werke verstanden werden kann.
Lärchenau setzt eindrucksvoll die Geschichtsschreibung mit mythologischem Unterton fort, die schon Hensels letzte Bücher prägte“ (Henneberg, Der Tagesspiegel, 28.05.2008).

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