Social Media in der Krisenkommunikation

Forschungsfeld: Social Media in der Krisenkommunikation

Zentrale Fragestellungen

Massenunglücke oder Naturkatastrophen sind extreme Szenarien mit psychischen und physischen Auswirkungen. Unsicherheit, Angst oder Mitgefühl sind typische Empfindungen, die Menschen in solchen Situationen durchleben: Geht es meiner Familie gut? Wie weitreichend ist dieses Unglück? Werde ich selbst betroffen sein? Wie geht es den Menschen, die betroffen sind? Solche oder ähnliche Fragen spiegeln (Informations-)Bedürfnisse von Menschen in Krisensituationen wider, die sie mit Hilfe von Medien befriedigen können. War man früher als Betroffener oder Interessierter auf die Berichterstattung von traditionellen Medien wie TV oder Radio angewiesen, so kann man heute mit Hilfe des Internets selbstständig Informationen suchen und damit Unsicherheiten oder Ängste schneller reduzieren. Eine neue Situation ergibt sich, seitdem Menschen nicht nur Informationen suchen und konsumieren, sondern auch in den sogenannten sozialen Medien (Social Media) auf einfache Weise produzieren können. Vor diesem Hintergrund gilt unser Forschungsinteresse der Frage, wie Menschen partizipative Plattformen wie Facebook, YouTube oder Twitter in solchen Extremsituationen nutzen, welche Funktionen solche Medien übernehmen und welche Wirkungen sich aus deren Nutzung ergeben können. Zur Untersuchung dieser Fragen werden medienpsychologische und kommunikationswissenschaftliche Theorien herangezogen, die in diesem spezifischen Kontext von Krisensituationen überprüft und erweitert werden sollen. Auf Basis der Grundlagenforschung können und sollen Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen für Krisenkommunikatoren im Kontext sozialer Medien formuliert werden. So wurde beispielsweise im Jahre 2011 ein Gutachten für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erstellt, zur Frage, inwieweit Social Media in der Krisenkommunikation genutzt werden können und wie deren Handhabung im Rahmen der Lükex (Länder übergreifende Krisenmanagement-Übung/Exercise) eingeübt werden kann.

Erste Ergebnisse

Im konkreten Zusammenhang mit der Massenpanik bei der Loveparade 2010 wurde die Rolle von Social Media multimethodologisch erforscht: Eine Inhaltsanalyse von Loveparade-Gruppen auf sozialen Netzwerkseiten zeigte, dass emotionsbehaftete Inhalte wie Beileid oder die eigene Trauer die Hauptthemen des Austausches in solchen Gruppen waren. Dennoch verdeutlichten qualitative Interviews und eine Online-Befragung, dass das Mitteilen von eigenen Emotionen hinsichtlich der Massenpanik lediglich eine kleine Facette der Social Media-Nutzung in dem Kontext darstellte: Menschen nutzten Social Media eher zur Information (z.B. um Erfahrungsberichte von Betroffenen zu lesen) und weniger zur Partizipation (z.B. der Austausch mit anderen). Die befragten Nutzer_innen gaben ferner an, dass soziale Medien für sie eine Ergänzung zu traditionellen Medien bilden, in denen sie schneller an Informationen aus erster Hand gelangen.

Aktuelle und ehemalige Bearbeiter_Innen

Imgp0545 Small  Imgp0646 Small  Imgp0608 Small  Imgp0675 Small

 

Publikationen

Neubaum, G., Rösner, L., Rosenthal-von der Pütten, A. M., & Krämer, N. C. (2014). Psychosocial functions of social media usage in a disaster situation: A multi-methodological approach. Computers in Human Behavior, 34, 28–38. doi:10.1016/j.chb.2014.01.021

Krämer, N. C., Neubaum, G., & Rösner, L. (2013). „Statusupdate: Das Wasser steht nun im ersten Stock“. Das Potenzial von Sozialen Medien in der Krisenkommunikation. In C. Unger, T. Mitschke, Freudenberg, D. (Hrsg.), Krisenmanagement – Notfallplanung – Bevölkerungsschutz. Festschrift anlässlich 60 Jahre Ausbildung im Bevölkerungsschutz (S. 307-325). Berlin: Duncker & Humblot.

Neubaum, G., Rösner, L., Rosenthal-von der Pütten, A. M., & Krämer, N.C. (accepted). Psychosocial functions of social media usage in a disaster situation: A multi-methodological approach. Computers in Human Behavior.

Neubaum, G., Rösner, L., Presting, P. Muraa, G., von der Pütten, A. & Krämer, N.C. (2012). The role of social media usage related to the stampede at the Love Parade 2010. Paper accepted for the International Communication Association, Phoenix, May 2012.

Neubaum, G., Rösner, L. von der Pütten, A. M., Krämer, N. C., Presting, P. & Muraa, G. (2012). Krise 2.0: Welche Rolle übernahm das Social Web im Zuge der Massenpanik bei der Loveparade 2010? Vortrag auf dem 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, September, Bielefeld.

Rösner, L., Krämer, N. C., Neubaum, G., & Rosenthal-von der Pütten, A. M. (2013, October). Psychosocial functions of social media usage in a disaster situation: A multi-methodological approach. Paper presented at 3rd International Conference on Crisis Communication in the 21st Century, Erfurt, Germany.