Menschen - Kompetenzen - Kollaborationen

Auftakt des „Urban Innovation Forum“ Von Herdenintelligenz zur kollaborativen Stadt

Am 17. Juni fand der Auftakt des Urban Innovation Forum im Impact Hub in Essen statt – eine Initiative des JUS in enger Partnerschaft mit dem Initiativkreis Ruhr. Vertreter:innen aus Stadtgestaltung, Bürgerinitiativen, Wissenschaft und Gründerszene diskutierten über „Menschen – Kompetenzen – Kollaborationen“ für die Stadt. Im September steht das nächste Forum an.  

Im Souterrain des Impact Hub in Essen fand am 17. Juni das erste Urban Innovation Forum statt. Die Initiative des Joint Centre Urban Systems (JUS) der Universität Duisburg-Essen ist eine auf Dauer angelegte Plattform, die Menschen aus unterschiedlichen Bereichen der Stadtgestaltung an verschiedenen Orten mit  weiteren Interessierten zusammenbringt und dazu einlädt, gemeinsam ins Gespräch über die aktuellen Herausforderungen des urbanen Raums zu kommen. Für den Auftakt lud JUS-Geschäftsführer Klaus Krumme fünf Gäste auf das Podium: Dr. Anette Bickmeyer, Geschäftsführerin der Initiativkreis Ruhr GmbH, Prof. Dr. Frederik Ahlemann, Inhaber des JUS-Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und Strategisches IT-Management, Svenja Noltemeyer, Vorstandsmitglied bei die Urbanisten e. V., Martina Nies, Geschäftsführerin von herdenintelligenz – co-kreative Projektentwicklung und Beratung sowie Ulrike Trenz, Mit-Gründerin und Geschäftsführerin des Impact Hub Ruhr.  

Dass der Veranstaltungstitel „Menschen-Kompetenzen-Kollaborationen“ ganz bewusst als Impuls zum übergeordneten Thema des Essener Wissenschaftssommers „Intelligente Stadt“ gewählt war, klärte Krumme eingangs auf: Denn was eigentlich ist die intelligente Stadt? Sind es Technologien oder Menschen, die eine Stadt „smart“ machen? Und was ist eigentlich das Idealbild einer kollaborativen Stadt? Das Forum startete also No-Tech, beim Menschen und der Form von Intelligenz, die es benötigt. Zum Beispiel brachte Gast Martina Nies die „Herdenintelligenz“ in die Gesprächsrunde, für die jedes Individuum seine Stärke in die Gemeinschaft mit einbringt und die auch auf Stadtgestaltungsebene übertragbar ist. Bei ihrer Arbeit in der nachhaltigen Stadtentwicklung stellt Nies sich jedoch oft die Frage, wie man Menschen einbinden kann, die nicht den langen Atem haben, regelmäßig und aktiv in einer Bürgerinitiative zu sein.

Anette Bickmeyer arbeitet indes auf Hochtouren daran, im Auftrag der unternehmerischen Interessensgemeinschaft Initiativkreis Ruhr, den Stadtteil Duisburg-Hochfeld lebenswerter zu machen. Das ambitionierte Vorhaben läuft unter dem Namen „Urbane Zukunft Ruhr“ gemeinsam mit der Stadt Duisburg. Eine besondere Herausforderung dabei ist, die Bürger:innen für diesen Prozess zu gewinnen, anstatt von oben herab zu gestalten. Das neue Leitprojekt des Initiativkreises Ruhr folgt dabei keinem starren Masterplan, sondern wird seine Teilprojekte im Prozess konkretisieren. Bickmeyer ist überzeugt: Solange die Hochfelder Bürger positive Veränderungen wahrnehmen, mitgestalten und erhalten, sei es die Arbeit wert gewesen. 

Einen anderen Ansatz wählen die Urbanisten in Dortmund: Hier wird der Mensch vor allem durch Gemeinschaftsprojekte, z.B. „ganz profan“ durch Gemeinschaftsgärten, mit anderen zusammengebracht und manchmal auch „transformiert“, so Svenja Noltemeyer. Bei den Urbanisten entstehen Kollaborationen vor allem durch die Arbeit im Quartier, insbesondere mit anderen Kulturschaffenden und Kreativen im Unionviertel in Dortmund.

Ulrike Trenz, zu Gast im eigenen Impact Hub, verfolgt mit ihrem Team bei der Frage der kollaborativen Stadt vor allem die Gründerszene im Bereich „Social Entrepreneurship“, also Geschäftsideen, die nicht nur wirtschaftlich tragfähig sind, sondern auch einen positiven sozial-ökologischen Einfluss haben. Hier zählt die Devise „einfach machen“, also den Mut für Veränderung aufbringen, manchmal auch Fehler begehen und daran wachsen.

Diese Mentalität ist nicht überall gegeben: In der langjährigen Arbeit mit Kommunen brachte Frederik Ahlemann insbesondere die fehlende Kompetenz der Mitarbeiter:innen in Stadtpolitik und -verwaltung zur Sprache: Es fehlt an Wissen und Verständnis, um die großen Herausforderungen der nächsten Jahre wirklich anzugehen. So sei gewissermaßen ein Innovationsstau entstanden. Der nötige „Kulturwandel“ könnte auch eine Aufgabe der Universitäten werden, so Ahlemann. Darauf aufbauend verlagerte die Diskussion sich auf die Bildungsfrage: vom Schulkind bis zum ausgebildeten Stadtverwalter – bestehe ein großer Druck, die Entscheider:innen von heute und morgen zu unterstützen und zu fördern, um eine lebenswerte Stadtgemeinschaft aufzubauen und zu erhalten. Dass dies nicht mit konventionellen Unterrichtsmethoden oder Weiterbildungszertifikaten funktionieren könne, war für alle Podiumsgäste selbstredend. Vielleicht könnte es helfen, zu verstehen, dass solche Initiativen nicht rein ideologisch, sondern auch wirtschaftlich tragend sein können, so Nies.