FORSCHUNGSSCHWERPUNKT DEMOCRATIC GOVERNANCE

Im Fokus dieses Forschungsschwerpunktes stehen die Institutionen und Prozesse der Politik in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Hintergrund wachsender Komplexität hinsichtlich der relevanten Akteure und Politikfelder. Der Mehrebenenproblematik wird dabei sowohl in subnationaler Hinsicht (Stichworte Föderalisierung und Kommunalisierung) als auch in internationaler und supranationaler Hinsicht (Stichwort Europäisierung) Rechnung getragen. Andere etablierte Demokratien werden in vergleichender Perspektive analysiert. Probleme der Effizienz politischen Entscheidungshandelns motivieren die Analyse von Fragestellungen der Verwaltungsreform und des Regierungsmanagements. Probleme der Legitimation von Entscheidungen, Akteuren und Institutionen der Demokratie führen zur Auseinandersetzung mit den Konsequenzen zunehmender Erfahrungsferne und Intransparenz politischer Entscheidungsprozesse für die politische Involvierung und die Willensbildung der Bürger. Die Untersuchung von Institutionen, Akteuren und Prozessen der Politikvermittlung und öffentlichen Meinung verknüpft diese beiden Forschungsstränge.

Aus verwaltungswissenschaftlichem Blickwinkel und mit vorrangigem Bezug auf reale Veränderungen der Verwaltungslandschaft werden Aspekte der Verwaltungsmodernisierung untersucht. Das Verhältnis Bürger-Verwaltung bildet dabei einen besonderen Akzent. Neben grundlegenden Fragen der Beziehungsqualitäten im Hinblick auf Macht, Legitimation, Partizipation, Problemlösungsfähigkeit, Dienstleistungsqualität geht es auch um politikfeldbezogene Besonderheiten (Sozial- und Gesundheits-, aber auch Umwelt- und Steuerpolitik) und um die Bedingungen einer "bürgernahen" öffentlichen Verwaltung. Dabei gilt den Meso- und Makroarchitekturen öffentlicher Aufgabendurchführung (Organisation, Personal, Finanzen) besondere Aufmerksamkeit. Untersucht werden administrative Anpassungsprozesse an die Europäisierung der Vorbereitung, Herstellung und Umsetzung verbindlicher Entscheidungen ebenso wie Grundprobleme der Kommunalisierung staatlicher Aufgabenerfüllung. Analysen der Entwicklung, des Einsatzes und der politischer Implikationen neuer sozio-technischer Informationssysteme leisten einen prägnanten Beitrag zur Auseinandersetzung mit den Themen eGovernment und eDemocracy. Das Institut für Politikwissenschaft arbeitet auf diesem Gebiet in enger Verbindung mit dem Duisburger Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung e.V. (RISP).

Unter dem Stichwort Moderne Regierungsforschung geht es um die Untersuchung des Handelns der Inhaber von Machtpositionen in ihrem jeweiligen institutionellen Umfeld – seiner Rationalitäten und Strategien im Management von Prozessen der Zielfindung, Entscheidung und Legitimation, im Bund und in den Ländern. Besonderes Interesse gilt dabei der Reformpolitik in Perioden der Knappheit. Ziel dieser Forschung ist die Analyse der organisatorischen und kommunikativen Voraussetzungen von Regieren sowie der individuellen Führungsstile und Managementtechniken von Akteuren im Hinblick auf Grundlagen, Instrumente und Techniken sowie Strategien und Taktiken des Regierens. Vorrangige Aufmerksamkeit gilt, vor dem Hintergrund zunehmender Professionalisierung und Personalisierung der politischen Landschaft der Bundesrepublik, der Analyse politischer Führung in Form der Untersuchung der individuellen Führungstätigkeit politischer Spitzenakteure. Dabei geht es um Systemmerkmale politischer Führung und deren Wandel im Spannungsfeld von Verhandlungs- und Mehrheitslogik, aber auch öffentlicher und nicht-öffentlicher Logik, um Voraussetzungen und Merkmale der politischen Praxis von Spitzenakteuren und um Maßstäbe für deren Bewertung. Diese werden vorrangig in drei Arenen des Politikmanagements untersucht: der parlamentarischen, der administrativen sowie der öffentlichen Arena.

Typisch für "governance"-Prozesse in der modernen Demokratie ist der Einsatz von Kommunikation anstelle hierarchischer Macht und Rechtssetzung als Modus zur Verwirklichung politischer Ziele. Überzeugungskommunikation ist nicht nur in Verhandlungssituationen, sondern auch in der öffentlichen Politikdarstellung unverzichtbar, um politische Ziele zu erreichen. Analysen von Politikvermittlung und öffentlicher Meinung in der Mediendemokratie interessieren sich für die Strategien, Instrumente und Inhalte der "Darstellungspolitik" politischer Akteure (politische Institutionen, Organisationen und Individuen) und für die Rolle traditioneller Medien der Massenkommunikation (Presse und Rundfunk), aber auch neuer Medien (z.B. Internet) als "Medien und Faktoren" der öffentlichen politischen Kommunikation. Legitimatorische Implikationen moderner Muster der Politikvermittlung thematisieren Untersuchungen der politischen Kommunikation und ihrer Bedeutung für die Bildung und Entwicklung der öffentlichen Meinung. Kampagnen politischer Akteure, Massenmedien, aber auch die persönliche Alltagskommunikation beeinflussen Wahrnehmungen, Einstellungen, Entscheidungen und Partizipationsstile von Wählern. Analysiert werden Gestalt und Implikationen solcher Prozesse in kurzfristiger Perspektive im Hinblick auf Wahlen und ihre Ergebnisse, aber auch in langfristiger Perspektive im Hinblick auf die politische Kultur.

 

Die Forschungsschwerpunkte im Bereich "democratic governance" finden ihre Widerspiegelung im Forschungs- und Lehrkonzept der NRW School of Governance. Anwendungsorientiert – innerhalb der Agenda des democratic governance – präsentiert sich das School-Konzept besonders im Bereich der Exzellenzförderung. In der Verbindung von Theorie und Empirie wird professionelle Orientierung durch die NRW School of Governance angeboten.

Lehr- und Forschungseinheiten