Uni-Colleg - Sommersemester 2009

Jeweils mittwochs, 19.30 Uhr, Campus Duisburg, Raum MD 162

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24. Juni: Prof. Dr. med. Raimund Erbel

Herzklappenerkrankungen im Fokus der Kardiologie

Während die Behandlung der koronaren Herzerkrankung seit 30 Jahren zunehmend in den Blickpunkt der Kardiologie gerückt ist, waren Erkrankungen der Herzklappen nicht mehr im Fokus der Kardiologie. Nach der Diagnostik war die Therapie in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien der Herzchirurgie vorbehalten.

Die Fortschritte in der interventionellen Kardiologie und insbesondere der Mikrotechnik haben dazu beigetragen, dass auch die Herzklappenerkrankungen in den Fokus der Kardiologie rückten. Dies wurde stimuliert durch eine Übersicht der europäischen Gesellschaft für Kardiologie die ergab, dass über 30 % der Patienten, die eigentlich einer Operation hätten zugeführt werden müssen, nicht operiert worden waren. Hauptursache war das fortgeschrittene Erkrankungsstadium, das hohe Lebensalter und bestehende Begleiterkrankungen. Es waren also die klinischen patientenbezogenen Gründe, die zur Entwicklung neuer Techniken führten.

Die Aortenklappe, die eine Ventilfunktion zwischen der linken Herzkammer und der Hauptschlagader besitzt, zeigt im höheren Lebensalter eine zunehmende Degeneration die sich an einer Verdickung, Sklerosierung und Verkalkung der Klappe zeigt. Die Erkrankung bleibt lange Zeit ohne Symptome. Mit Auftreten von Zeichen der Herzinsuffizienz, Angina-pectoris und Synkopen sinkt die Lebenserwartung dramatisch. Perkutan über die Arterien oder transapikal über die Herzspitze können heute interventionell Herzklappen implantiert werden, die aus selbstexpandierendem Nitinol oder ballonexpandierenden Stahlgerüsten bestehen, in die Bioprothesen, d.h. Materialien aus Schweine- oder Rinderperikard, eingefügt sind. Bisher werden diese Klappen nur bei denjenigen eingesetzt, die nicht für eine Operation in Frage kommen und damit ein hohes Lebensalter haben. Weltweit sind bereits über 6000 Klappen eingesetzt worden und die Zahl der Berichte steigt exponentiell an.

Während in den Entwicklungsländern die Verengung der Mitralklappe im Vordergrund der Erkrankungen steht (Mitralstenose), ist die in westlichen Ländern aufgrund der antibiotischen Therapie der Kinder und damit auch möglichen Erkrankungen, fast vollständig verschwunden. Umso mehr haben Klappenundichtigkeiten Bedeutung, die in den Fokus der Kardiologie gerückt sind, nachdem erkannt wurde, dass auch mittelschwere Undichtigkeiten langfristig zu erheblichen Schäden führen können. Zum Teil von Chirurgen selbst angestoßen, sind neue interventionelle Techniken entwickelt worden, die sich im Anfangsstadium der Erprobung bei Patienten befinden. Neben dem Zugang über den Koronarsinus und der Verminderung des Mitralklappenringes von außen, gibt es interventionelle Methoden, die auch von der Innenseite des Herzens aus eine Raffung des Mitralklappenringes und damit der Abdichtung der Mitralklappe erreichen. Zusätzlich sind Verfahren in der Erprobung, bei denen die Klappe selbst erfasst und der Durchmesser der Undichtigkeit vermindert wird. Viele verschiedene Verfahren werden derzeit getestet. Ein Durchbruch ist allerdings noch nicht erzielt worden. Besonders vielversprechend erscheinen Clipverfahren, die über den Vorhof vorgeführt, die Mitralklappenränder fassen und zusammenziehen.

Nicht nur erworbene, sondern auch angeborene Herzklappenfehler sind im Fokus der Kardiologie. Hervorgehoben werden sollte der Nachfahre von Dietrich Bonhoeffer, der als Kinderkardiologe in London tätig ist und die ersten Klappen bei angeborenen Herzfehlern  zwischen dem rechten Ventrikel und der Pulmonalarterie eingesetzt hat. Bei diesen Patienten handelt es sich meist um schon voroperierte und mehrfach behandelte Patienten, an denen eine Operation und damit ein erneuter Eingriff erspart werden soll. Die Einsetzung der Herzklappen, meist ballonexpandierende Klappen, haben bisher schon hervorragende Ergebnisse gezeigt und gehören bereits zum Standardverfahren für die Behandlung von angeborenen Herzfehlern.

Summary:

Die interventionelle Therapie von Herzklappenerkrankungen ist in den Fokus der Kardiologie gerückt. Dies wurde ermöglicht durch hervorragende technische Leistungen. In Zusammenarbeit mit der Medizin konnten neue Möglichkeiten erarbeitet werden, die ausgesprochen schnell in die Klinik umgesetzt wurden. Erneut gelingt der Kardiologie die minimal-invasive Behandlung von Erkrankungen, die bisher nur operativ saniert werden konnten.