Transgender

Der Begriff Transgender (trans = lat. „jenseits“; gender = engl. „Geschlecht“, meist im Sinne von „soziales Geschlecht“) bezeichnet Menschen, die sich mit dem ihnen bei der Geburt zugeschriebenem Geschlecht nicht (vollständig) identifizieren können oder beschrieben fühlen. Manche von ihnen streben eine körperliche (Hormone, Operationen) und/oder soziale (z.B. entgegen zum Geburtsgeschlecht gewählter Name und Pronomen, Einnehmen der entsprechenden soziale Rolle) Angleichung an das gefühlte Geschlecht an. Dieser Prozess wird auch als Transition bezeichnet. Der Begriff Transgender entstand als Alternative zu den medizinischen Begriffen Transsexualität bzw. Geschlechtsidentitätsstörung, die oft als pathologisierend empfunden werden. Die beiden Begriffe haben gemein, dass sie ihren Ursprung in der medizinischen/psychologischen Diagnostik haben (Transsexualität im Diagnoseschlüssel der Weltgesundheitsorganisation; Geschlechtsidentitätsstörung im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders). Demnach gilt Transsexualität als psychische Krankheit, deren Symptom u.a. ein Leidensdruck hinsichtlich der Abweichung des gefühlten vom biologischen Geschlecht darstellt. Transsexuelle identifizieren sich – laut Diagnose – nicht mit ihrem Geburtsgeschlecht, sondern mit dem jeweils anderen Geschlecht. Oft geht damit eine Körperdysphorie (Ablehnung des eigenen Körpers) einher.

An dieser Definition bzw. Diagnose wird Kritik geübt, nicht nur von Transgender-Personen, sondern auch aus medizinischer Sicht.

Zum einen wird in Frage gestellt, ob Transsexualität bzw. Geschlechtsidentitätsstörung überhaupt als Krankheit angesehen werden sollte. Diese Pathologisierung einer vom biologischen Geschlecht abweichenden Geschlechtsidentität zeigt, wie stark der Glaube an eine Übereinstimmung zwischen körperlichem und gefühltem Geschlecht in der Gesellschaft verhaftet ist. Auch die gesetzlichen Regelungen im Transsexuellengesetz, die bis 2011 galten, zeigen dies. Bis zum Jahr 2011 musste ein transsexueller Mensch zur Änderung des Personenstandes (Änderung des Geschlechtseintrags im Personenregister) sich sterilisieren und Operationen im Intimbereich durchführen lassen, obwohl diese Operationen als risikoreich gelten. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings diese Regelungen als nicht haltbar eingestuft und somit die Möglichkeit zu einer individuellen Entscheidung gestärkt.

Zum anderen wirkt der Begriff Transsexualität irreführend, da er fälschlicherweise – ähnlich wie Hetero-, Homo- und Bisexualität usw. – auf eine Ausprägung der sexuellen Orientierung hindeutet. Transsexualität beschreibt allerdings eine Facette der Geschlechtsidentität, sodass als Alternative zu Transsexualität der Begriff Transidentität vorgeschlagen wurde (Vgl. Rauchfleisch). Die Differenzierung zwischen Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung impliziert auch, dass Transgender jede mögliche sexuelle Orientierung leben können und nicht zwingend heterosexuell sein müssen, wie früher geglaubt wurde.

Eine weitere Folge der medizinischen Kategorie Transsexualität ist die Etablierung einer Norm, wie Transsexuelle zu sein haben. Die Diagnose umfasst z.B. die Überzeugung, dem jeweils anderen Geschlecht anzugehören und den Wunsch, sich durch Operationen und hormonelle Maßnahmen angleichen zu lassen.  Durch diese enge medizinische Diagnose fallen allerdings Menschen aus dem Raster, die keine geschlechtsangleichenden Maßnahmen durchführen lassen wollen, sich jenseits der Geschlechter „Mann“ und „Frau“ definieren, oder sich als zwischen den Geschlechtern wechselnd, bzw. als männlich und weiblich gleichzeitig fühlen. Diese Vorstellungen sind in einer Gesellschaft, die im Alltagswissen lediglich die Kategorien „Mann“ und „Frau“ kennt und der Ansicht ist, nicht zum einen Geschlecht zu gehören, bedeute automatisch, zum anderen zu zählen, schwer vorstellbar. Der Begriff Transgender soll auch die Lebensweisen mit einschließen, die sich jenseits der Zweigeschlechtlichkeit bewegen oder sich einer geschlechtlichen Kategorisierung generell entziehen (z.B. Trans*Menschen ohne angestrebte Transition, weder*nochs, genderqueere Menschen).

Trans* ist der Versuch, den Begriff Transgender noch weiter zu öffnen. Das * stammt dabei aus der Informatik, in der es jedes beliebige Zeichen ersetzen kann. Der Begriff Trans* bezieht somit beispielsweise auch Identitäten ein, die (zeitweise) Geschlechterrollen in Frage stellen oder mit ihnen spielen. Dazu könnten zum Beispiel Transvestiten oder Drag-Künstler*innen zählen.

 

Es bleibt festzuhalten, dass schätzungsweise so viele verschiedene Lebensweisen von Transidentität existieren, wie es Trans*Menschen gibt.

Nachfolgend eine kleine Auswahl an Medien zum Thema:

Medien

Spielfilme und Serien

Boys Don’t Cry
Film über die wahre Geschichte von Brendon Teena

Hit & Miss
Serie über eine Trans*Auftragskillerin

Romeos
In Köln spielender Film über den schwulen Trans*Mann Lukas

Tomboy
Film über ein Kind, das sich entgegen seines Geburtsgeschlechts als Junge ausgibt

Transpapa
Film über das Verhältnis einer Trans*Frau zu ihrer Tochter.

 

Bücher

Buschbaum, Balian – Blaue Augen bleiben blau
Biographie von Balian Buschbaum, ehemaliger Olympia-Teilnehmer im Stabhochsprung

Fehér, Christine: Body: Im falschen Körper
Coming-Out Roman aus der Sicht eines jungen Trans*Manns

Verschiedene Autoren – Begegnungen auf der Trans*Fläche
Kurze Geschichten aus dem Alltag von Trans*Menschen

 

Internetseiten

Bundeszentrale für Politische Bildung – Aus Politik und Zeitgeschichte: Geschlechtsidentität

Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V.

TransMann e.V.

 

Quellen

Degele, Nina. Gender/Queer Studies. Stuttgart: UTB GmbH, 2008.

Licht, Martin. TM-Brevier – Das Handbuch für Transmänner. Hamburg: tredition, 2012.

polymorph. (K)ein Geschlecht oder viele? Transgender in politischer Perspektive. Berlin: Querverlag. 2002.

Rauchfleisch, Udo. Transsexualität, Transidentität: Begutachtung, Begleitung, Therapie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2006.

Die Autor*in studiert Kulturwirtschaft und BWL an der UDE.

Bilder: © Christian

Die Seite ist im Rahmen des Blended-Learning-Seminars “Gender is […] something you do...” entstanden. Studierende haben hier im Gender-Portal Raum, ihre Arbeitsergebnisse und Lern- bzw. Forschungsinteressen vorzustellen.