FORSCHUNGSSCHWERPUNKT GOVERNANCE AND GOVERNMENT IN WORLD REGIONS

Mit Konzentration auf drei verschiedene Weltregionen pflegt dieser Forschungsschwerpunkt die spezifische Tradition der Regionalstudien (area studies), durch welche sich die Duisburg-Essener Politikwissenschaft seit langem auszeichnet.

Die erste ist die Region Ost- und Südostasien. Im Mittelpunkt der Forschungen steht China, sodann Japan, Korea, Vietnam und überhaupt der Raum Ost- und Südostasien. Ihre herausragenden Feldforschungsaktivitäten zeichnen die Duisburg-Essener Asien-Forschung auch international aus. Diese wird in enger Verbindung mit dem Institut für Ostasienwissenschaften der Universität Duisburg-Essen (infO) realisiert. Im Fokus der Forschungen zum Thema "East Asia: The modern turn in governance – understanding institutions, actors and cognitive patterns" steht die vergleichende Analyse binnenstaatlicher Strukturen unter dem Gesichtspunkt der Herausbildung komplexer Steuerungs- und Regelungsmechanismen in demokratischen und insbesondere auch in nicht-demokratischen Staaten. Von Interesse sind die Gestaltungsspielräume und die Reformfähigkeit der Regierungen in Ost- und Südostasien sowie die Herstellung und Implementation politischer Entscheidungen unter Bedingungen internationaler Interdependenz, zunehmender Verflechtung von Politikfeldern, Ressourcenknappheit und sich ändernder Ansprüche der Bevölkerung. Zu den Forschungsthemen gehören, neben Problemen der Transformationsprozesse, Fragen der politischen Kultur, der Verwaltungsmodernisierung einschließlich des Einsatzes neuer Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Managementprobleme des Regierens, d.h. Fragen institutioneller Arrangements und politischer Steuerung, sowohl auf nationaler wie auch subnationaler Ebene (lokal, untergliedert in eine ländliche und städtische Dimension, "rural / urban governance").

Ein weiterer regionaler Akzent liegt auf der Politik des sub-saharischen Afrika. Im Mittelpunkt der Forschung stehen die spezifischen Institutionen der afrikanischen Staaten und deren Bedeutung sowohl für die Konsolidierung fragiler politischer Ordnungen als auch für wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Institutionen können dabei formaler und informeller Art sein, wobei die Afrikaforschung gerade zur komplementären Rolle beider Typen von Institutionen interessante Erkenntnisse beisteuern kann. Prinzipiell werden im Rahmen des afrikabezogenen Forschungsschwerpunkts sowohl nationale Institutionen, wie Regierungs-, Wahl-, und Parteiensystem, wie auch sub-nationale (föderale oder dezentrale Organisation von Staaten, local governance) und internationale Institutionen analysiert, z.B. im von afrikanischen regionalen Abkommen ausgehenden Anpassungsdruck auf nationale Governance-Strukturen (NEPAD). Institutionen werden einerseits als unabhängige Variablen begriffen, deren Einfluss zwischen Ländern und Großregionen variiert. Gerade aus entwicklungstheoretischer Perspektive sind Institutionen jedoch auch als abhängige Variablen von großem Interesse. Unterstellt man nämlich, dass politische Institutionen tatsächlich wirkungsmächtig sind und über Stabilität und Entwicklung mitentscheiden, wird ihre bewusste Reform (design) und das Verständnis für Prozesse institutionellen Wandels von großer Bedeutung für die entwicklungspolitische Praxis. Innerhalb Afrikas besteht ein Schwerpunkt auf der Erforschung des südlichen und östlichen Afrikas.

Die Forschungen im Rahmen der dritten regionalen Säule widmen sich Problemen der "regional governance" in der Politik Europas und der Europäischen Union. Die europäische Integration wird unter verschiedenen Blickwinkeln analysiert. Zunächst ist klar, dass die Europäisierung stets bei Analysen der nationalen Politik in den EU-Mitgliedsländern mitbedacht wird, nicht zuletzt auch im Hinblick auf ihre problematischen Implikationen im Hinblick auf die Legitimation politischen Handelns im europäischen Mehrebenen-System. Es handelt sich insoweit um einen festen Bestandteil von "democratic governance". Neben Problemen der Erweiterung – der Osterweiterung, insbesondere aber auch des Beitritts der südosteuropäischen Länder und der Türkei – und der Integration der Europäischen Union gilt überdies auch der Regional- und Strukturpolitik der EU, ihrer Finanzpolitik sowie Minderheitenproblemen in Europa das besondere Interesse der Forschung in dieser Säule. Das besondere Interesse der Duisburger Europa-Forschung gilt schließlich auch einem Kernproblem heutiger Politik, das auch im Forschungsschwerpunkt "global governance" im Mittelpunkt steht – der Bewältigung inner- und zwischenstaatlicher Konflikte. Vorrangige Aufmerksamkeit wird dabei der Region Südosteuropa (Ex-Jugoslawien, Griechenland, Türkei, Zypern) zuteil. Damit stehen die Analysen in diesem Schwerpunkt an der Schnittstelle von Integrations- Transformations-, Friedens- und Konflikt- sowie außen- und sicherheitspolitischer Forschung.

Lehr- und Forschungseinrichtungen