Über das Projekt

Idee und theoretischer Hintergrund

Das CLIPSS-Projekt fokussiert die Entwicklung und Evaluation von videobasiertem Unterrichtsmaterial für den Erwerb von handlungsbezogenem Professionswissen mit dem Schwerpunkt des Wissens um Klassenführung und ist im Arbeitsfeld CaseLab des Projekts „Professionalisierung für Vielfalt (ProViel) – dynamisch | reflexiv | evidenzbasiert“ der UDE verortet, welches das fallbasierte Lernen thematisiert. Zentrale Ziele des Teilprojekts sind die (Weiter-)Entwicklung von Beratungs- und Förderstrukturen, um die Kompetenzentwicklung der Lehrer/innenpersönlichkeit zu unterstützen, die Professionalisierung des Lehrer*innenhandelns durch die Reflexion von Lehr- und Lernsituationen sowie die Schaffung von Lernräumen frei von Handlungsdruck.

Das Professionswissen von Lehrkräften gilt als eine wesentliche Voraussetzung erfolgreichen Unterrichtens (z. B. Lenske, Voss, Kunter, Seiz, Hoehne & Baumert, 2014). Als Teilbereich des pädagogisch-psychologischen Wissens, also des fächerübergreifenden Wissens um Strategien und Mittel zur Genese und Erhaltung lernförderlicher Bedingungen (Baumert & Kunter, 2006), stellt das Wissen um Klassenführung einen zentralen Bestandteil von Lehrerprofessionswissen dar (Voss et al., 2014). Bisher verfügen Lehramtsstudierende im Bereich des bildungswissenschaftlichen Professionswissens jedoch über unzureichende Kompetenzen auf dem Gebiet der Klassenführung. Insbesondere unerfahrene Lehrkräfte fühlen sich in Bezug auf Klassenführung nicht ausreichend vorbereitet (Evertson & Weinstein, 2006).

Daher fokussiert das Teilprojekt die Optimierung der Ausbildung Studierender und Lehramtsanwärter/innen hinsichtlich des pädagogisch-psychologischen Professionswissens. Die häufig bemängelte fehlende Verzahnung zwischen Theorie und Praxis innerhalb der Lehrerbildung soll dadurch optimiert werden, dass bereits in der Studienphase durch den Einsatz innovativer Lehr-Lernmaterialien praxisnah Klassenführungskompetenzen erworben werden. Durch den Einsatz von realistischem Videomaterial werden wissenschaftlich reflektierte Erfahrungen mit realen Herausforderungen der Schulpraxis ermöglicht.

 

Umsetzung und Ziele

In einem ersten Schritt werden relevante Handlungsfelder und Handlungsstrategien in Bezug auf Klassenführung ausgewählt, die im Anschluss durch passende alltagsnahe Situationen aus dem Unterricht in Form eines Drehbuchs skizziert werden. Nach Rekrutierung potenzieller Schulen werden auf Basis dieser Drehbücher sowohl positive als auch kritische Videosequenzen für die Bereiche Primar- und Sekundarstufe im Rahmen von Theater-AGs gespielt, gedreht und im Anschluss für den Einsatz in der Lehre aufbereitet. Zu jeder Unterrichtssituation wurde zum Zwecke der Kontrastierung im Rahmen der Lehrerbildung jeweils ein Drehbuch mit gelungener Umsetzung ausgewählter Klassenführungsstrategien (positive Variante) und mit eher kritischer Umsetzung (negative Variante) geschrieben.

Die Realisierung im Rahmen von Theater-AGs schafft die notwendigen (datenschutz-)rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Ergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt in unterschiedlichen (ggf. auch öffentlichen) Kontexten einzusetzen.

Auf Basis des Materials soll ein innovatives Konzept zur Reflexion von Lehr-Lernsituationen mit dem Ziel der individuellen Weiterentwicklung professionellen Führungshandelns in Unterrichtssituationen entstehen. Das Material wird anschließend in bildungswissenschaftlichen Seminaren der UDE eingesetzt und evaluiert. Hierbei werden unterschiedliche Arten der Videobearbeitung (z.B. Signaling, Segmenting) und des Videoeinsatzes (z.B. Bild- und Ton separat) experimentell auf ihre Effekte auf das Klassenführungswissen und die Motivation der Teilnehmenden geprüft. Nach erfolgreicher Evaluation werden die Videos sowie ausgewählte Projektmaterialien zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit allen Lehrenden der UDE sowie anderer Universitäten und Bildungseinrichtungen auf einem Videoportal der UDE sowie auf dieser Homepage zur Einbindung in die Lehrkräftebildung zur Verfügung gestellt. Die bislang erzielten Befunde verdeutlichen, dass mit dem Einsatz der Videos das anwendungsbezogene Klassenführungswissen signifikant gesteigert werden kann und die staged Videos von den Teilnehmenden überwiegend als authentisch bzw. realistisch beurteilt werden.

 

Zur Relevanz

Das Professionswissen von Lehrer*innen gilt als eine wesentliche Voraussetzung erfolgreichen Unterrichtens (Lenske, Voss, Kunter, Seiz, Hoehne & Baumert, 2014). Als Teilbereich des pädagogisch-psychologischen Wissens, also des fächerübergreifenden Wissens um Strategien und Mittel zur Genese und Erhaltung lernförderlicher Bedingungen (Baumert & Kunter, 2006), stellt das Wissen um Klassenführung einen zentralen Bestandteil des Lehrerprofessionswissens dar (Voss et al., 2014). In einem Vorgängerprojekt zur Genese und Wirkung von Professionswissen (ProwiN-Professionswissen in den Naturwissenschaften), konnten wir bereits zeigen, dass das pädagogisch-psychologische Professionswissen mediiert über die Qualität der Klassenführung die Schülerleistung und deren situatives Interesse positiv beeinflusst. Empirische Studien deuten zudem darauf hin, dass das pädagogisch-psychologische Professionswissen von Lehrkräften mediiert über die Klassenführungsqualität das situationale Interesse und die Leistung der Schüler*innen positiv beeinflusst (Lenske et al., 2016; Lenske, Wirth & Leutner, 2017).
 Eine gute Klassenführung gilt als notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für erfolgreiches Lernen (zsf., Helmke 2017; Hattie, 2009). Darüber hinaus findet sich ein Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der eigenen Klassenführungskompetenz und der Berufszufriedenheit sowie dem Wohlbefinden (Dicke et al., 2014). Bisher verfügen Lehramtsstudierende im Bereich des bildungswissenschaftlichen Professionswissens jedoch über unzureichende Kompetenzen auf dem Gebiet der Klassenführung. Insbesondere unerfahrene Lehrkräfte fühlen sich in Bezug auf Klassenführung nicht ausreichend vorbereitet (Evertson & Weinstein, 2006). Mit dem Fokus auf die Förderung von anwendungsbezogenem Klassenführungswissen setzt unser Projekt genau hier an.

 

Kooperationen

Da die Bedeutung von Neuen Medien sowie des Praxisbezugs in der Lehrkräfteaus-, fort- und -weiterbildung wächst, kooperiert das CLIPSS-Projekt mit den ZfsLs der zugehörigen Ausbildungsregion der Universität Duisburg-Essen. Darüber hinaus findet eine enge Kooperation mit Video-Projekten anderer universitärer Standorte statt (der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der Freien Universität Berlin, der Goethe – Universität Frankfurt am Main, der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Technischen Universität München und der Universität zu Köln), um ein gemeinsames Metaportal für die Lehrkräftebildung zu schaffen.

 

Literatur

Baumert, J., & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift Für Erziehungswissenschaft, 9, 469–520.
Dicke, T., Parker, P. D., Marsh, H. W., Kunter, M. [M.], Schmeck, A., & Leutner, D. (2014). Self-efficacy in classroom management, classroom disturbances, and emotional exhaustion: A moderated mediation analysis of teacher candidates. Journal of Educational Psychology, 106, 569.
Evertson, C. M., & Weinstein, C. (2006). Classroom management as a field of inquiry. In C. M. Evertson & C. Weinstein (Eds.), x (pp. 3–15). New York: Routledge.
Hattie, J. A. C. (2009). Visible learning: A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement (Reprinted.). London: Routledge.
Lenske, G., & Mayr, J. (2015). Das Linzer Konzept der Klassenführung (LKK). Grundlagen, Prinzipien und Umsetzung in der Lehrerbildung. Jahrbuch Für Allgemeine Didaktik, 1–14.
Lenske, G., Wagner, W., Wirth, J., Thillmann, H., Cauet, E. & Leutner, D. (2016): Die Bedeutung des pädagogisch-psychologischen Wissens für die Qualität der Klassenführung und den Lernzuwachs der Schüler/innen im Physikunterricht. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 19(1), 211-233.
Lenske, G., Wirth, J. & Leutner, D. (2017). Zum Einfluss des pädagogisch-psychologischen Professionswissens auf die Unterrichtsqualität und das situationale Interesse der Schülerinnen und Schüler. Zeitschrift für Bildungsforschung, 7, 229-253.
Voss, T., Kunter, M., Seiz, J., Hoehne, V., & Baumert, J. (2014). Die Bedeutung des pädagogisch-psychologischen Wissens von angehenden Lehrkräften für die Unterrichtsqualität. Zeitschrift Für Pädagogik, 60, 184–201.