Eine Rezension zu Dominique Klevinghaus "Villa am Wasser" Kein Weg durchs Dickicht

(von Melina Grundmann)

 

Es ist so eine Sache mit Gleichnissen und Parabeln und überhaupt mit Geschichten, die andere etwas lehren sollen. Von der Bibel über Äsop bis hin zum Kleinen Prinzen: Literatur, die den Menschen durch sprachliche Bilder auf Fehlverhalten oder auf andere Missstände aufmerksam machen möchte, gibt es zu Hauf. Und das ist auch gut so. Dominique Klevinghaus jedoch ist weder Äsop, noch Prophet. Und doch versucht er, mit seiner Geschichte Villa am Wasser den Menschen etwas beizubringen. Den Zeigefinger, den er hier erhebt, hätte er aber lieber bei sich behalten sollen.

In der Geschichte folgt ein Ich-Erzähler einer Spur im Sand hinter seinem Haus, landet in einem dschungelartigen Wald und begegnet auf einer Lichtung, in einer Hängematte liegend, einem Mann, der von sich behauptet, ein König des Meeres zu sein. Nach einem kurzen Gespräch, in dem der Protagonist von seiner Villa am Strand und ihren Flügeltüren schwärmt, nimmt der Mann ihn mit ans Wasser und überzeugt ihn schließlich auch, hineinzugehen. Plötzlich brechen jedoch riesige Wellen aus, die ihn vollkommen umspülen und für längere Zeit unter Wasser ziehen. Am Ende wird der Ich-Erzähler von dem Mann an Land gerettet, der ihm daraufhin grinsend entgegnet, er hätte ihm nur die Möglichkeiten seiner Sinne zeigen wollen. „Beschränkt bist du, Krüppel" (S. 67), ruft ihm der Mann noch entgegen, aber der Protagonist rennt davon, zurück zu seiner Villa.

Nicht nur der Protagonist folgt am Anfang der Geschichte den Spuren ins Dickicht, auch der/die LeserIn muss sich unweigerlich durch einen Dschungel an Sprachverästelungen, verschachtelten und aufgedunsenen Sätzen schlagen, ohne am Ende jedoch irgendwo anzukommen. So verwendet Klevinghaus zu viele Adjektive, die die Sprache unnötig aufplustern: „milder Morgen", „feine Rillen im feuchten Sand" „leerer Strand" und noch einmal: „feuchter Sand" (S. 61). Und das innerhalb der ersten vier Sätze.

Der merkliche Versuch, einen eigenen Ton zu finden, ist restlos missglückt. Stattdessen klingt der Text nach einem Psalm aus der Bibel: „Ich sah ihren Kamm noch über mir brechen, doch just in dem Moment tauchte ich ein in den Bauch der Welle und stille wurde es um mich [...] Fort wünscht ich mich noch ans gelobte Ufer, wo meine Füße fest mich hielten und nicht wie Blei strebten nach der Tiefe, die mich ertränken wollte" (S. 65). Der hohe Ton, den Klevinghaus hier anschlägt steht außerdem im Kontrast zu dem banalen Inhalt des Textes. So wirkt die ganze inhaltliche Ebene samt ihrer Dialoge deplaziert. An einer Stelle heißt es zum Beispiel: „[…] ‚Du bist nicht dumm! Aber hier eine Aufgabe: Schließe einmal die Augen. Suche den Grund der Natur zu ertasten und merke, wie an deinen eigenen Finger du greifst – aber besser noch, kannst du tauchen?‘ ‚Nicht lang‘ – ‚Dein Glück, komm einmal mit‘" (S. 64).

Dominique Klevinghaus versucht mit seinem Text ein Gleichnis zu erzählen, das Kritik an einer Gesellschaft üben soll, die nur noch die materiellen Dinge (Villa) kennt und dadurch sinnliche und spirituelle Gedanken verkümmern lässt. Das tut er jedoch auf eine derart ungeschickte Art und Weise, dass das einzige, was zu kritisieren bleibt, sein Text ist.

Bibliographische Angabe:
Dominique Klevinghaus: Villa am Wasser. In: 23. open mike. Internationaler Wettbewerb junger deutschsprachiger Prosa und Lyrik. München: Allitera Verlag 2015. S. 61-67.