Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Neues Heft der Essener UNIKATE:

Wir und unser Gehirn

[15.12.2003] „Wir und unser Gehirn“ – unter diesem Titel ist an der Universität Duisburg-Essen die 22. Ausgabe des Wissenschaftsmagazins ESSENER UNIKATE erschienen. Die Federführung hatte der Neurochirurg Dietmar Stolke.

„Diese Ausgabe der ESSENER UNIKATE wird einen Einblick in das Arbeiten und das Wirken der neurowissenschaftlich tätigen Kliniken und Institute ermöglichen. So sollen hier nicht nur Form und Funktion des Hirns und des Kleinhirns dargestellt werden, sondern auch die steuernden Hormone und deren Wirkung auf das Immunsystem“, führt Dietmar Stolke in die Thematik des Magazins ein. Dargestellt werden auch die verbesserten bildgebenden Verfahren und die Fortschritte, die es in der Einschätzung und in der Behandlung von Schlaganfällen gegeben hat, sowie die Volkskrankheit Kopfschmerzen. „Darüber hinaus werden Ausführungen über die Alterspsychiatrie, die Sucht und die Abnormitäten der Reaktionen des Hirns bei kranken Straftätern behandelt“, schreibt Stolke. Außerdem werden die ethischen Aspekte, die klinisch tätige Neurowissenschaftler zu beachten haben, thematisiert.

Neurowissenschaften

Zu Beginn beschäftigt sich der Neurobiologe Christoph Redies mit der Entwicklung und Struktur des Gehirns, des komplexesten Organs des menschlichen Körpers. Die Wissenschaft ist weit davon entfernt, das reife Gehirn in seiner Komplexität auch nur annähernd zu erfassen

oder zu verstehen. Dennoch lassen sich einige Strukturen und Funktionen auf eine Reihe von einfachen Regeln zurückführen.
Die Neurologen Dagmar Timmann-Braun und Matthias Maschke setzen sich mit der Struktur des Kleinhirns auseinander. Das Volumen des Kleinhirns beträgt in etwa ein Siebtel des Großhirns. Das geringere Volumen kann leicht über die weitreichende Bedeutung des Kleinhirns für die Funktion des Nervensystems hinwegtäuschen – ist doch das Kleinhirn der wichtigste Zuarbeiter des Großhirns.

Mit Hormonen als Vermittler zwischen Zentralnervensystem und peripheren Organen beschäftigen sich die Endokrinologen Klaus Mann und Stephan Petersenn. Hypothalamus und Hypophyse bilden die Schnittstelle zwischen zentralem Nervensystem und hormongesteuerten Organen. Der Hypothalamus als Teil des Gehirns steuert die Hypophyse als übergeordnete Hormondrüse. Aus der Hypophyse ausgeschüttete Hormone wiederum beeinflussen die Funktion vieler Organe und fast aller weiteren Hormondrüsen. Hormone nehmen so Einfluss auf fast alle Aspekte des Lebens.

In dem Beitrag „Tiefe Einsichten und schonende Eingriffe“ stellen die Neuroradiologen Michael Forsting und Isabel Wanke Aspekte der Neuroradiologie dar. Der Neuroradiologe beschäftigt sich mit der Diagnostik und interventionellen Therapie von Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Wie kaum ein anderes Fach profitierte die Neuroradiologie von den technischen Neuerungen in den letzten zehn Jahren.

Die Essener Schlaganfallforschung steht im Mittelpunkt des Beitrags der Neurologen Elmar Busch, Hans-Christoph Diener, Gereon Nelles und Christian Weimar. Die moderne Schlaganfallbehandlung wurde erst durch große Forschungsanstrengungen im letzten Jahrzehnt ermöglicht. Die Erforschung der Schadenskaskade während eines Schlaganfalls führte zu der Erkenntnis, dass eine frühe und konsequente Therapie den Schlaganfall verkleinern und neurologische Behinderungen verhindern kann. Aufgrund der hohen Anforderungen wird die moderne Schlaganfallbehandlung inzwischen am besten auf Schlaganfallspezialstationen, so genannten Stroke Units, koordiniert.

Die Essener Kopfschmerzforschung ist Thema des Beitrags der Neurologen Hans-Christoph Diener, Astrid Eikermann, Volker Limmroth und Zaza Katsarava. In der Praxis niedergelassener Allgemeinmediziner spielen Kopfschmerzen nach Erkältungskrankheiten und Rückenschmerzen die drittwichtigste Rolle. Daher hat sich vor zehn Jahren eine Forschungsgruppe an der Neurologischen Universitätsklinik in Essen etabliert, die die Ursachen, die Ausprägung und die Behandlung verschiedener Formen des Kopfschmerzes untersucht.

Den Einzug des Computers in den Operationssaal bei der Behandlung neurochirurgischer Patienten, die Neuronavigation, beschreiben Thomas Gasser und Dietmar Stolke, beide Neurochirurgen am Universitätsklinikum. Die Medizin und die elektronische Datenverarbeitung stellen Themenbereiche dar, die augenscheinlich miteinander nur wenig gemein haben, doch hat sich die Behandlung von Patienten maßgeblich durch den Einsatz elektronischer Systeme gewandelt.

Obwohl mehr als eine Millionen Menschen in Deutschland an Demenzerkrankungen leiden, ist im Allgemeinen wenig über diese Krankheiten bekannt. Am Essener Universitätsklinikum werden die Demenzerkrankungen älterer Menschen eingehend untersucht. Markus Jüptner, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, beschäftigt sich in seinem Beitrag „Verliere ich den Verstand?“ mit der Psychiatrie im Alter.

Die Behandlung Opiatabhängiger ist Thema des Aufsatzes „Der Essener Weg“ von Norbert Scherbaum, ebenfalls Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Das Hilfesystem für Drogenabhängige in Essen ist breit gefächert. Parallel zum Ausbau der Hilfen für Drogenabhängige wurde an den Rheinischen Kliniken auch eine Arbeitsgruppe zur klinischen Suchtforschung aufgebaut.

Mit psychisch kranken Rechtsbrechern befassen sich Norbert Leygraf und Dieter Seifert, beide vom Institut für Forensische Psychiatrie. Im psychiatrischen Maßregelvollzug werden die Straftäter untergebracht, die aufgrund einer psychischen Störung bei einer Straftat nicht, beziehungsweise vermindert schuldfähig waren. Eine Entlassung erfolgt erst dann, wenn die entscheidungsbefugten Richter dies auf Empfehlung der Therapeuten befürworten. Für diese komplexe und höchst verantwortungsvolle Aufgabe wird es keine unfehlbaren Entscheidungskriterien geben, jedoch ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierendes Vorgehen.

Den Abschluss des Heftes bildet ein Beitrag der Neurochirurgin Beate Schoch: Sie thematisiert die ethischen Aspekte der Neurochirurgie. Die spannungsreiche Beziehung zwischen Realität und ethischer Idee charakterisiert den klinischen Alltag. Jede Einzelentscheidung bedeutet eine Gratwanderung, Scheitern und Gelingen mit einschließend. Nur im kontinuierlichen Dialog zwischen allen sich mit ethischen Fragen beschäftigenden Wissenschaftsdisziplinen liegt die Chance, über das jeweilige Fachgebiet hinausreichende Prinzipien zu entwickeln, die allgemein gesellschaftliche Anerkennung finden.

Die aktuelle Ausgabe der ESSENER UNIKATE (ISSN 0944-6060) ist ab sofort im Buchhandel zum Preis von 7,50 Euro erhältlich.

Redaktion: Daniela Endrulat, Tel.: (0201) 183?4518

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