Prädiktoren von visuellem Modellverständnis in der Chemie und den Ingenieurwissenschaften

Antragsteller:
Stefan Rumann, Maria Opfermann, Martin Lang und Carsten Schmuck,
alle Universität Duisburg-Essen

Projektmitarbeiter:
Thomas Dickmann

Das Modellverständnis wird als zentrale Komponente für den Konzeptaufbau in der Chemie und den Ingenieurwissenschaften gesehen. Insbesondere die vielfältige Verwendung visueller Modelle in chemischen und technischen Lehrbüchern wirft die Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen diese lernförderlich sind. Folgt man theoretischen Modellen wie der Cognitive Load Theory (Sweller, Van Merriënboer & Paas, 1998), dem Integrierten Modell des Text-Bild-Verständnisses (Schnotz, 2005) oder der Cognitive Theory of Multimedia Learning (Mayer, 2009), wird deutlich, dass hierbei primär die instruktionale Gestaltung von Lehrmaterialien sowie individuelle Voraussetzungen der Lernenden wirken.

Im beantragten Projekt werden daher Prädiktoren des visuellen Modellverständnisses in der Chemie und in den Ingenieurwissenschaften fokussiert. Diese beinhalten auf der Darstellungsebene die Visualisierungen selbst (z.B. ikonische vs. symbolische Modelle) und auf der Ebene der Lernenden deren individuelle Voraussetzungen wie Vorwissen, visuell-räumliche Fähigkeiten, logisches Schlussfolgern, mathematische Fähigkeiten, epistemologische Überzeugungen oder metakognitive Strategien. Dabei soll zunächst eine Forschungslücke geschlossen werden, indem für grundlegende Literatur der Studieneingangsphase untersucht wird, welche Visualisierungen eingesetzt werden. Es wird davon ausgegangen, dass in den Ingenieurwissenschaften vorwiegend abstrakte, symbolische Visualisierungen (Schaltkreise, Diagramme etc.) eingesetzt werden, während konkrete Abbildungen eher selten zu finden sind. In der Chemie werden ebenso symbolische Visualisierungen zu finden sein (z.B. Lewis-Formeln, Reaktionsgleichungen), zusätzlich sollte hier aber ein höherer Anteil an ikonischen Visualisierungen (z.B. Molekül-Modelle) vorherrschen.

Die unterschiedlich hohen Anteile an verschiedenen visuellen Modellen sollten in Anlehnung an die o.g. Theorien ebenfalls dazu führen, dass die individuellen Voraussetzungen, welche als Prädiktoren für das Modellverständnis im jeweiligen Fach fungieren, unterschiedlich gelagert sind. So wird erwartet, dass für das Verständnis der in Chemielehrbüchern vorherrschenden ikonischen und oft dreidimensional angelegten Visualisierungen vor allem visuell-räumliche Fähigkeiten eine tragende Rolle spielen, während für das Verständnis der symbolischen Visualisierungen in den Ingenieurwissenschaften vor allem schlussfolgerndes Denken und mathematische Fähigkeiten prädiktiv sind.

In Anlehnung an die gewonnenen Erkenntnisse zur differentiellen Lernwirksamkeit verschiedener Visualisierungen sowie zur Interaktion von instruktionalem Design und Lernereigenschaften soll eine grundlegende theoretische Fundierung der Verwendung unterschiedlicher Arten von Visualisierungen für zukünftige Instruktionsmaterialien erfolgen. Perspektivisch tragen die Erkenntnisse dazu bei, Lehr- und Lernmaterialien für Studierende mit unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen lernförderlicher zu gestalten.

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