Wintersemester 2025/26

Do 14-16 Uhr Bachelorseminar Exemplarische Textanalyse II

Faust – von Goethe bis Aydemir

Wer kennt ihn nicht – den Gelehrten, der einen Pakt mit dem Teufel schließt? Im Zentrum des Seminars stehen die verschiedenen Fassungen von Johann Wolfgang Goethes berühmtem Faust I (1770-1808) sowie Fatma Aydemirs feministische Neuinterpretation Doktormutter Faust (2024). Anhand dieser beiden Dramen werden grundlegende Techniken der Dramenanalyse erarbeitet. Zudem bietet das Seminar einen Überblick über die historische Entwicklung des Dramas vom Sturm und Drang bis zur Gegenwart. Begleitend erfolgt eine Einführung in propädeutische Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens.
 

Mi 8-10 Uhr Masterseminar Medienkulturwissenschaft ohne LUM

Trans*. Nichtbinäre Geschlechtsidentitäten in der Gegenwartsliteratur und Literaturvermittlung

Kaum ein sprachliches Thema polarisiert derzeit so stark wie die geschlechtersensible Sprache. Während die einen etwa durch Gendersternchen, Neopronomen oder neutrale Formulierungen alle Geschlechter sprachlich sichtbar machen wollen, kritisieren andere diese Praxis als bevormundend, spaltend oder ästhetisch fragwürdig – darunter auch prominente Stimmen wie der Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Besonders stark entzündet sich die Debatte an der Sichtbarmachung von Geschlechtern jenseits der Kategorien „Mann“ und „Frau“. Die Existenz von trans* oder nichtbinären Identitäten stellt dabei nicht nur sprachliche, sondern auch gesellschaftliche Ordnungen in Frage – und wird oft zum Auslöser heftiger Kontroversen.

Das Seminar nähert sich diesem komplexen Diskurs aus literatur- und medienkulturwissenschaftlicher Perspektive. Zunächst klären wir, was unter „Gendersprache“ verstanden wird und welche Deutungen, Ängste und politischen Positionen sich in der öffentlichen Debatte daran knüpfen. Anschließend analysieren wir am Beispiel von Kim de l’Horizons Blutbuch (2022), mit welchen ästhetischen Mitteln trans* und nichtbinäre Identitäten in der Gegenwartsliteratur dargestellt werden – etwa durch Genderzeichen, Neopronomen, experimentelle Erzählperspektiven oder grammatikalische Modifikationen. Im dritten Schritt richten wir den Blick auf die Literaturvermittlung: Wie greifen Literaturkritik, Feuilleton und Medienberichte über Preisverleihungen nicht-binäre Selbst- und Figurenbezeichnungen auf? Welche Formen der Anerkennung, aber auch des Widerstands lassen sich hier beobachten?

 

Do 8-10 Masterseminar "Wissenschaftspraxis" für LuM

Literaturkritik – von den Moralischen Wochenschriften bis Social Media

Wie wir über Bücher sprechen, hat sich im Lauf der Zeit stark verändert – stets im engen Zusammenspiel mit den Medien, durch die Literaturkritik vermittelt wird. Ob in den Moralischen Wochenschriften des 18. Jahrhunderts, im Feuilleton großer Tageszeitungen oder in Fernsehsendungen wie Das Literarische Quartett, bis hin zu digitalen Plattformen wie BookTok, BookTube oder Bookstagram: Literaturkritik verfolgt je nach Kontext unterschiedliche Ziele, spricht verschiedene Zielgruppen an und nutzt eigene ästhetische und multimodale Ausdrucksformen. Im Seminar zeichnen wir diese Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart nach und analysieren, wie sich Aufgaben und Erscheinungsformen der Literaturkritik in Abhängigkeit von medialen Rahmenbedingungen verändert haben. Ergänzend bietet das Seminar Raum für eigene praktische Erprobungen.

 

Di 16-18 Uhr Bachelorseminar Literarhistorisches Seminar

Kindsmord im Drama

Mütter, die ihre Kinder töten – ein radikaler, schockierender Stoff, der bereits in der Antike mit Euripides' Medea die Bühne betritt. Seit dem Sturm und Drang widmet sich das deutschsprachige Drama diesem Thema immer wieder: nicht nur als Einzelfall psychischer Ausnahmelage, sondern auch als Spiegel gesellschaftlicher Zwänge. Im Zentrum stehen Fragen nach sozialer Ungleichheit, sexueller Gewalt, starren Geschlechternormen und rigiden Heiratsregeln – Faktoren, die uneheliche Mütter in ausweglose Situationen treiben. Gleichzeitig erproben die Dramen literarische Strategien der Mitleidserzeugung: So nimmt in Heinrich Leopold Wagners Die Kindermörderin (1776) die verzweifelte junge Mutter auf offener Bühne „eine Stecknadel, und drückt sie dem Kind in Schlaf [in die Schläfe], das Kind schreyt ärger.“ Im Seminar lesen wir Dramen vom Sturm und Drang bis zum Naturalismus und diskutieren die Entwicklung dramatischer Darstellungen von Schuld, Gewalt und gesellschaftlicher Verantwortung: Johann Wolfgang von Goethe: Faust I (1770/1808), Heinrich Leopold Wagner: Die Kindermörderin (1776), Jakob Michael Reinhold Lenz: Die Soldaten (1776), Friedrich Hebbel: Maria Magdalena (1844), Gerhart Hauptmann: Rose Bernd (1903).