Sommersemester 2024

Sturm und Drang
Mi 16-18

Im Seminar beschäftigen wir uns mit der literarischen Epoche des Sturm und Drang. Zunächst werden wir den Epochenbegriff kritisch diskutieren und Merkmale der Epoche erarbeiten. Anschließend analysieren wir exemplarische Texte der Epoche und fragen, wie der Sturm und Drang neue, politisch-soziale Themen (wie z.B. Freiheit, Sexualität, Kindsmord, Mobilität) auf eine ästhetisch neue Art zum Ausdruck bringt. Dabei werden wir aktuelle literaturwissenschaftliche Forschungsperspektiven auf den Sturm und Drang einbeziehen und auch die Verhandlung der Epoche in der Schulpraxis thematisieren.

Johann Wolfgang Goethe: Prometheus, 1775
Johann Wolfgang Goethe: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand, 1773
Heinrich Leopold Wagner: Die Kindermörderin, 1776
Friedrich Maximilian Klinger: Sturm und Drang, 1776
Friedrich Schiller: Die Räuber, 1781
Johann Wolfgang Goethe: Die Leiden des jungen Werther, 1774

 

Rassismus(-kritik) in der Literatur- und Kulturgeschichte
Mi 18-20

Von Natur aus gibt es keine menschlichen ‚Rassen‘. Dass das Konzept der ‚Rasse‘ das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung darstellt, ist heute wissenschaftlicher Konsens („Jenaer Erklärung“). Im Seminar verfolgen wir die historische Konstruktion von ‚Rassen‘ in literarischen und anthropologischen Texten: Wie die Menschheit in verschiedenfarbige ‚Rassen‘ eingeteilt wird, wie diese ‚Rassen‘ mit vermeintlich natürlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen verknüpft und daraus angeblich ‚höher‘ und ‚tiefer‘ stehende, ‚schönere‘ und ‚hässlichere‘ Menschengruppen abgeleitet werden. Diese Konstruktion von ‚Rassen‘ dient nicht zuletzt der Legitimation von Kolonialisierung und Sklaverei. Zum anderen analysieren wir die zeitgenössische Kritik, die sich an solchen als rassistisch zu bezeichnenden Verfahren immer schon entzündet. Historisch schlagen wir dabei einen weiten Bogen vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Daniel Defoe: Robinson Crusoe, 1719
Friedrich Schiller: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua, 1783
August von Kotzebue: Die Negersklaven, 1796
Heinrich von Kleist: Das Erdbeben in Chili, 1807
Wolfgang Koeppen: Tauben im Gras, 1974 (im Workshop)
Olivia Wenzel: 1000 Serpentinen Angst, 2020 (im Workshop)

 

Revolutionsdramen
Do 10-12

Das Seminar geht der Inszenierung politischer Revolutionen auf der deutschsprachigen Bühne nach: von der Französischen Revolution über die Haitianische Revolution bis zur deutschen Novemberrevolution. In der Literatur ist der revolutionäre Kampf von einer ambivalenten Faszination zwischen befreiendem Versprechen und blutigem Schrecken geprägt. Auf der einen Seite begeistern hehre Ziele wie Unabhängigkeit, Menschenrechte oder Befreiung aus der Sklaverei, auf der anderen Seite drohen gewalttätige, chaotische Verhältnisse. Im Seminar erarbeiten wir zunächst grundlegende Techniken der Dramenanalyse, um zu untersuchen, mit welchen dramaturgischen Mitteln die Revolutionen und ihre Helden inszeniert werden. Dabei stellen wir uns nicht zuletzt die Frage, wie sich die Dramen zum Revolutionsgeschehen positionieren: als agitatorischer Eingriff in ihre Gegenwart oder Deutung aus der historischen Distanz.  

Friedrich Schiller: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua, 1782
Carl Philipp von Reitzenstein: Die Negersclaven, 1793 (lieferbar beim Wehrhahn Verlag)
Georg Büchner: Dantons Tod, 1835
Bertolt Brecht: Trommeln in der Nacht, 1919
Peter Weiss: Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats, 1964
Heiner Müller: Der Auftrag, 1979

 

Krieg und Frieden. Literatur zum Ersten Weltkrieg
Do 14-16

Der erste Weltkrieg gilt für Europa als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“: Die technische ‚Modernisierung‘ und Totalisierung des Kriegs führt zu einem beispiellosen Massentöten. Die Literatur vor, im und nach dem Ersten Weltkrieg dokumentiert, reflektiert, idealisiert oder kritisiert den Krieg, ist Medium der Aushandlung von Fronterfahrungen und von Deutungsmöglichkeiten. Im Seminar lesen wir Texte, die sich der allgemeinen Kriegsbegeisterung zu Beginn des Krieges nicht anschließen, sondern im Gegenteil die Unmenschlichkeit, Grausamkeit und Absurdität immer neuer Tötungsarten thematisieren. Im Mittelpunkt des Seminars wird die Frage stehen, mit welchen ästhetischen Verfahren die Texte (und ihre aktuellen Adaptionen als Graphic Novel oder Spielfilm) sich positionieren, gegen Techniken des Tötens agitieren oder gar Frieden propagieren.

Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!, 1889
Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit, 1919 (Bühnenfassung des Autors, Suhrkamp Taschenbuch)
Dazu: Reinhard Pietsch: Die letzten Tage der Menschheit. Eine Graphic Novel nach Karl Kraus, 2014
Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues, 1928
Dazu: Im Westen nichts Neues (Film), Regie: Edward Berger, 2022