Teilprojekt Deutsch als Zweit- und Fremdsprache

Bildungssprachliche Interaktion im Sach- und Geschichtsunterricht gestalten

Thomas Kania & Prof. Dr. Heike Roll

Der Übergang vom integrierten Sachunterricht in der Primarstufe zum differenzierten Sachfachunterricht ist auch aus sprachlicher Sicht ein Einschnitt. Spätestens mit dem Wechsel zur weiterführenden Schule rückt die Vermittlung bildungssprachlicher Kompetenzen in den Fokus, die insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache eine besondere Herausforderung darstellen. Die Ausbildung bildungssprachliche Kompetenzen stellt nicht nur ein allgemeines Entwicklungsziel der Schule dar, sondern ist auch für die Kompetenzentwicklung in den Fächern von Bedeutung. Die Integration neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler ist eine zusätzliche Herausforderung im heterogenen Klassenraum

Die lehrerseitige Unterstützung durch sog. „Scaffolding“ (Gibbons 2002) stellt einen etablierten Ansatz dar, den Fachunterricht bildungssprachförderlich zu gestalten. Neben der Ebene der Unterrichtsplanung (Makroscaffolding) spielt dabei die konkrete Unterrichtsinteraktion (Mikroscaffolding) eine wichtige Rolle, z. B. in Hinblick auf die Variation von Interaktionsmustern, die mündliche Fehlerkorrektur oder die Rekodierung alltagssprachlicher Schüleräußerungen im bildungssprachlichen Register.

Zunächst ist zu klären, unter welchen Bedingungen Kommunikation in der Institution Schule stattfindet, welche wiederkehrenden Handlungen sprachliche Muster (Diskursarten) herausbilden und welche interaktionalen Besonderheiten diese aufweisen. Im Bereich der linguistischen Pragmatik hat es bereits zahlreiche Untersuchungen zur tatsächlichen sprachlichen Gestaltung von Unterricht gegeben. Ein Desiderat stellt jedoch die Frage nach den Kompetenzen dar, die die angehenden Lehrkräfte zu dessen Gestaltung entwickeln müssen und inwiefern diese sich fach- und schulformspezifisch unterscheiden. Neben der Auswertung bisheriger Studien zur Unterrichtsinteraktion sollen anhand einzelner qualitativer Fallstudien eigene Daten erhoben werden. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, mit welchen diversen sprachlichen und fachlichen Anforderungen die Lehrerinnen und Lehrer in heterogenen Klassen konfrontiert werden, wie sie diesen in der Praxis begegnen und welche Kompetenzen sie dafür ausgebildet haben müssen. Daraus sollen hochschuldidaktische Implikationen für die Vermittlung ebendieser Kompetenzen in der ersten Phase der Lehrerbildung abgeleitet und in einem weiteren Schritt erprobt werden.

Nach Riebling (2013) gestalten insbesondere diejenigen Lehrkräfte ihren Unterricht bildungssprachförderlich, die von der Wirksamkeit entsprechender Unterrichtsmaßnahmen überzeugt sind und andererseits ihre bereichsspezifischen Kenntnisse als angemessen empfinden. Die in der Untersuchung von Hamburger Naturwissenschaftslehrkräfte gewonnenen Erkenntnisse sollen auf ihre fachübergreifende Gültigkeit überprüft und erweitert werden. Dazu sollen Lehrkräfte befragt werden, die Sachunterricht in der Grundschule oder ein gesellschaftswissenschaftliches Fach in der Sekundarstufe I unterrichten. Dabei sollen die nordrhein-westfälischen Lehramtsstudiengängen dahingehend evaluiert werden, dass der Zusammenhang zwischen den im Studium evtl. besuchten DaZ-Modulen und den Selbsteinschätzungen sowie angegebenen Sprachbildungspraxis untersucht wird.