6.-18. Juni 2016 Psalmen und das Land – eine afrikanische Perspektive

Prof. Dr. Dirk Human mit Essener Studierenden

Dr. Kathrin Gies, Prof. Dr. Dirk Human, Prof. Dr. Aaron Schart

 

 

„Contextualisation!“ – So lautete das Hauptanliegen der Auseinandersetzung mit den Psalmen in den Sitzungen des Seminars „Psalmen und das Land – eine afrikanische Perspektive“ mit unserem Gastdozenten aus Südafrika, Herrn Prof. Dr. Dirk Human, Head of Old Testament Studies of the Faculty of Theology in Pretoria.

Während in der deutschsprachigen Exegese Fragen der Kontextualisierung eher marginal diskutiert und in den Bereich des Außeruniversitären verschoben werden, ist die südafrikanische Exegese stärker kontextuell interessiert. Am Beispiel der Frage nach dem Land übten sich die ca. 40 Teilnehmer und Teilnehmerinnen des ökumenisch ausgerichteten Seminars mit der Unterrichtssprache Englisch von Prof. Dr. Aaron Schart, Institut für Evangelische Theologie der Uni DUE, und Dr. Kathrin Gies, Institut der Katholischen Theologie der Uni DUE, in kontextuellen Lektüren ausgewählter Psalmen.

Land gibt Menschen Würde, Identität, wirtschaftliche Macht und Reichtum und gewährleistet ein kulturelles Erbe. Die Psalmen verheißen das Land gerade den Armen und Bedürftigen; die Menschen sind aufgefordert, das Gute zu tun (Ps 37). Obwohl die ersten demokratischen Wahlen in Südafrika 1994 die politische Freiheit brachten, haben sich die Gegensätze von arm und reich, gebildet und ungebildet verschärft. Es stellt sich die Frage nach der wirtschaftlichen Freiheit und der Bildungsfreiheit. Die Psalmen sprechen von der Sehnsucht nach gerechter Herrschaft, die das Land zum Erblühen bringt (Ps 72). „African people find meaning of life in land because it offers them dignity, ego and integrity. Concerning the topic of the land, the vocabulary that is used in Ps 72, draws a connection between the king and the land. He will be as nutrious as the rain to the fields of the farmers.“ (Katherine Pilgrim, Studentin). Wie kann so eine gerechte Herrschaft aussehen? Muss der Psalm messianisch-eschatologisch verstanden werden? An anderer Stelle ist die Rede davon, dass Menschen Land nie endgültig besitzen, sondern es Gottes Eigentum ist (Ps 95). Eine entscheidende Frage in Südafrika ist, wie Landenteignung entschädigt werden kann. Thema der Psalmen ist die Frage nach der göttlichen Gegenwart angesichts der Katastrophe des Landverlustes (Ps 105 und 106), denn das Land ist Ort der Beziehung von Gott und Mensch (Ps 105). In südafrikanischer Perspektive heißt dies: Bedarf es eines völligen (apokalyptischen) Neuanfangs oder kann eine Versöhnung angesichts des erlittenen Unrechts in der Vergangenheit erfolgen? – Solche und andere Fragen wurden im Laufe der Sitzungen erörtert. Damit fragten Studierende und Dozierende nicht nur nach der Bedeutung der biblischen Texte in der Gegenwart, sondern übten den Perspektivwechsel ein. So bilanziert ein Student: „To have a look from another perspective is very interesting and it helps to understand the other better.“ (Rene Jansen).