Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Ehemaliger Rektor starb im Alter von 70 Jahren

Die Universität trauert um Karl Rohe

[22.06.2005] Die Mitglieder der Universität Duisburg Essen trauern um Karl Rohe. Nach schwerer Krankheit ist er im Alter von 70 Jahren am Dienstag (21. Juni) gestorben.

Der Politikwissenschaftler hatte der Universität Essen seit ihrer Gründung im Jahre 1972 und bis zu seiner Emeritierung zum 1. April 2000 angehört. Von Oktober 1996 bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Hochschuldienst war er Rektor der Universität.

Karl Rohe hatte dieses Amt in einer schweren Zeit übernommen. Der von der damaligen Wissenschaftsministerin Gabriele Behler eingesetzte Expertenrat bereiste das Land, um in allen Hochschulen die Qualität ihres Lehrangebots und ihrer Forschung, aber auch die Qualität ihrer Zukunftsplanung zu begutachten. Es war das ehrgeizige Ziel des Rektors und seiner Kollegen im Rektorat, die Universität Essen dafür in eine unanfechtbare Ausgangsposition zu bringen – ein Vermächtnis an die Nachfolger, denn sie würden mit den Konsequenzen aus der Expertenbegutachtung umgehen, letztlich also die Fusion der bis dahin selbstständigen Universitäten in Duisburg und Essen meistern müssen.

Schon bei seiner Wahl ins Rektoramt hatte Rohe erkennen müssen, dass die Universität im Bemühen um ihre Zukunftssicherung harten Kämpfen entgegen ging. Dafür setzte Rohe auf eine starke akademische Selbstverwaltung, auf Öffentlichkeit als Element vorausschauenden Krisenmanagements, auf eine „Belebung der akademischen Republik“, auf einen „Lebensraum Universität“, der attraktiv genug sein sollte, ihre Mitglieder an die Institution zu binden, aber auch auf die feste Verknüpfung der Hochschule mit der Region. Das hatte für Rohe mit Provinzialismus nichts zu tun, vielmehr mit dem Beitrag der Wissenschaft zum Strukturwandel im alten Industriegebiet. Hierher gehörte auch das immer wieder vorgebrachte Plädoyer für die „kulturelle Übersetzungsleistung“, die eine Universität zu erbringen habe, für das Verständlichmachen komplizierter Sachverhalte in einer Zeit, in der Wissenschaftler fast nur noch die Fachsprache der eigenen, aber nicht mehr die der benachbarten Disziplin verstehen. Und wie könnte dann ein Laienpublikum noch die Wissenschaftler verstehen?

Die Auslobung des „Essener Universitätspreises“, der anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Hochschule 1997 zum ersten Mal vergeben wurde – an das Team der WDR-Sendung mit der Maus – war sichtbarer Ausdruck der Förderung gelungener Übersetzungsleistungen. Der Dies academicus geriet damals nach dem offiziellen Festakt zu einem fröhlichen Fest auf dem Campus. Und so ist er seither geblieben und macht den „Lebensraum Universität“ für alle ihre Mitglieder attraktiver. Da hat sich ein Stück Programm erfüllt.

Aber auch das trat ein: Die vorausgeahnten Kämpfe um die Zukunft der Fächer in einer Zeit des knappen Geldes. Die Auseinandersetzungen insbesondere mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung, wie es damals hieß, mussten geführt werden und erreichten im letzten Jahr des „Rektorats Rohe“ ihren Höhepunkt. Im Rahmen ihres „Qualitätspaktes“ forderte die Wissenschaftsministerin von der Universität 127 Stellen ein. Dass es auch unter diesem Druck gelang, die Hochschule zusammen zu halten und ein gemeinsames Strukturkonzept zu entwickeln, war auch der bereits lange zuvor aufgenommenen Diskussion zwischen Hochschulleitung und Fachbereichen über ihre Perspektiven zu verdanken – lebendige akademische Republik eben. Auch hier hat sich ein Stück Programm erfüllt.

Karl Rohe hatte seine wissenschaftliche Ausbildung mit dem Studium in Freiburg und Münster begonnen. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1964 in Münster war er von 1965 bis 1967 Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft am St. Antony College in Oxford. 1969, als Assistent an der Universität Münster, erhielt er den Ruf auf die Professur für Politikwissenschaft an die Pädagogische Hochschule Ruhr, einer Vorgängereinrichtung der späteren Universität-Gesamthochschule Essen.

Von 1972 bis 1982 gehörte Rohe hier dem Gründungssenat an. 1987/88 nahm er eine einjährige Gastprofessur am St. Antony College in Oxford wahr. In den Jahren 1990 bis 1992 war er an der Universität Potsdam für den Aufbau der Sozialwissenschaften verantwortlich. Dafür zeichnete ihn die Fakultät 1994 mit der Ehrendoktorwürde aus. 1995 übernahm Rohe den Vorsitz in der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft.

In seiner Forschungstätigkeit beschäftigte sich Karl Rohe vor allem mit dem politischen System Großbritanniens, der politischen Gesellschaft des Ruhrgebiets, der Parteienforschung und der Politischen Kulturforschung. Seine letzte, 1992 erschienene Buchveröffentlichung zu den kulturellen Grundlagen der Parteien und Parteiensysteme in Deutschland fand auch in Nachbardisziplinen wie der Soziologie und der Geschichtswissenschaft starke Beachtung.

Hinweis für die en: Ein Foto von Herrn Professor Rohe stellen wir Ihnen im jpg-Format unter der Adresse
www.uni-duisburg-essen.de/aktuelles/pi_fotos.shtml
honorarfrei zur Verfügung. Wir bitten Sie aber, den Namen des Fotografen – Andre Zelck – anzugeben.

Redaktion: Monika R?gge, Tel.: (0201) 183?2085

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