Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Neue Studie zur Qualität von Begutachtungsverfahren

Gutachten sind schlechter als ihr Ruf

[01.02.2005] Ohne Gutachten geht gar nichts bei der Beurteilung wissenschaftlicher Arbeiten. Auf der Strecke bleibt dabei allerdings zunehmend die Qualität der Expertisen. Gründe dafür sind Zeitmangel, fehlende Anreize und Eigeninteressen, so dass in vielen Fällen zu wenig Mühe auf die Begutachtung und Qualitätskontrolle wissenschaftlicher Publikationen gelenkt wird, kritisiert Dr. Christoph Weller vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) der Universität Duisburg-Essen in einer gerade erschienenen Studie*.

„Die Beurteilungsverfahren müssen aufgewertet und sich mehr an Qualitätsstandards orientieren“, so Weller. Dazu schlägt er fünf Indikatoren zur Qualitätskontrolle vor. In seiner systematischen Untersuchung des Begutachtungsverfahrens für wissenschaftliche Aufsätze bei der Zeitschrift für Internationale Beziehungen zeigt Weller auf, dass verschiedene Gutachter ein und dasselbe Manuskript häufig sehr unterschiedlich bewerten. „Dabei gibt es jedoch keine systematischen Verzerrungen der Beurteilung, weder bezogen auf das Geschlecht noch auf das Qualifikationsniveau der Autoren oder der Gutachter“, so Weller.

Dies ist im wesentlichen auf die doppelte Anonymität des Verfahrens zurückzuführen: Nur wenn die Gutachter nicht wissen, wer der Verfasser des zu beurteilenden Manuskripts ist, wirken sich Geschlecht, Status und Macht nicht auf die Bewertung aus. Und nur wenn alle Gutachter darauf vertrauen können, dass sie für die Verfasser der beurteilten Manuskripte anonym bleiben, sind sie bereit und in der Lage, ehrliche Gutachten zu schreiben.

NachwuchswissenschaftlerInnen liefern Qualität

Die statistische Auswertung von über 450 Gutachten zeigt aber auch, dass die Gutachten von höchst unterschiedlicher Qualität sind. Zumeist schreibt der wissenschaftliche Nachwuchs (Doktoranden, Promovierte und Privatdozenten) die qualitativ höherwertigen Gutachten im Vergleich zu den Professoren, die sich nur in seltenen Fällen der Mühe unterziehen, den Anforderungen eines Peer-Review-Verfahrens gerecht zu werden, in dem FachkollegInnen wissenschaftliche Arbeiten anonym begutachten.

Nur wenn die Leistungen von Gutachtern auch angemessen honoriert werden, lässt sich eine Qualitätssteigerung des Peer-Review-Verfahrens zur Begutachtung wissenschaftlicher Publikationen erwarten.

Dafür eignen sich nach Wellers Auffassung vor allem Verbesserungen des Verfahrens:

- dass die Herausgeber von Zeitschriften eine systematische Qualitätskontrolle von Gutachten durchführen

- den GutachterInnen entsprechende Rückmeldungen geben,

- dass sehr sorgfältigen GutachterInnen öffentlich für ihre Arbeit und Mühe gedankt wird, und

- dass die Gutachten zu publizierten Manuskripten auch veröffentlicht werden, etwa über die Homepage der entsprechenden Zeitschrift, um damit die innerdisziplinäre Kommunikation zu verbessern und zu intensivieren.

* Dr. Christoph Weller, Beobachtungen wissenschaftlicher Selbstkontrolle: Qualität, Schwächen und die Zukunft des Peer-Review-Verfahrens, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, Nr. 2/2004, Nomos-Verlag Baden-Baden, ISSN 0946-7165

Redaktion: Beate H. Kostka, Tel 0203/379-2430

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