Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Ergebnisse der Umfrage in Essen liegen vor

Leben mit Hartz IV? Sehr negativ!

[23.02.2006] Wie finden die Betroffenen der Arbeitsmarktreform Hartz IV ein Leben mit den Neuregelungen? Das herauszufinden ist Ziel eines Lehrforschungsprojekts unter der Leitung des Soziologen Prof. Dr. Gerhard Bäcker. In Duisburg ist hierzu gerade eine Umfrage vor den JobCentern gestartet. Für Essen, wo Studierende der Sozialwissenschaften vor einem Jahr EmpfängerInnen zu den persönlichen Folgen der neu eingeführten Leistung „Arbeitslosengeld II (ALG II)“ befragt hatten, liegen nun erste Ergebnisse vor. Das Fazit dürfte nicht überraschen: sehr negativ.

Insgesamt waren 663 ALG II-EmpfängerInnen in Essen bereit, den Studierenden Rede und Antwort zu stehen. Die Hälfte der Befragten gab an, seit Einführung der Neuregelungen deutlich weniger Einkommen zur Verfügung zu haben. Knapp ein Drittel hatte nach eigenen Angaben mehr Geld.

„Verlierer“ der Reform sind demnach vor allem die vormaligen BezieherInnen von Arbeitslosengeld, aber auch von Arbeitslosenhilfe, insbesondere ältere Befragte und (Ehe-)Paare ohne Kinder. Weniger drastische Auswirkungen hat die Reform hingegen für ehemalige Sozialhilfe-EmpfängerInnen, in dieser Gruppe hält sich der Anteil der Reformgewinner und -verlierer in etwa die Waage. Allerdings waren knapp vier Fünftel der Befragten mit ihrer finanziellen Situation nicht zufrieden und fühlten sich durch die neue Leistung auch nicht ausreichend abgesichert.

Die Betreuung und Beratung in den JobCentern kritisierten rund 30 Prozent der Befragten. Sie bemängelten das unverständliche, komplizierte Antragsformular, Probleme mit der Sachbearbeitung sowie fehlerhafte oder ausbleibende Leistungszahlungen.

Den Erfolg der Arbeitsmarktreform

2005 eingeführt, um laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales „mehr Menschen in Arbeit zu bringen“ – bezweifelten die meisten. Mehr als zwei Drittel der Befragten schätzten ihre Wiedereingliederungschancen als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ ein. Fast alle älteren Befragten (97%) äußerten sich entsprechend pessimistisch.

Zu den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, wie den Eingliederungsvereinbarungen oder 1-Euro Jobs, lieferte die Befragung keine aussagekräftigen Ergebnisse. Grund: Der frühe Befragungszeitpunkt zwischen Februar und April 2005. In dieser Zeit, so Professor Bäcker, habe sich die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) aus Sozialamt und Arbeitsagentur der Stadt Essen noch in der Übergangsphase befunden. Der Einsatz von Eingliederungsmaßnahmen hätte in den ersten Monaten nach der Einführung der Neuregelungen wohl nur eine geringe Rolle gespielt. Umso gespannter sehen Wissenschaftler und Studierende der Auswertung der aktuellen Umfrage in Duisburg entgegen. Ein erstes Resümee soll im Spätherbst vorliegen.

Die zentralen Ergebnisse des Projektes „Die neue Arbeitsmarktpolitik

Eine Befragung zur Einführung des Arbeitslosengeldes II in Essen“ sind im Internet zu finden: www.algII-in-essen.de

Redaktion: Ulrike Bohnsack, Tel. 0203/379-2429

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