Expertise: Auf dem Weg zur geschlechtergerechten Hochschule

Cover: Leitbild Demokratische und Soziale Hochschule

Die Hans-Böckler-Stiftung hat 2010 ihr Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule" vorgestellt. Es setzt sich mit zentralen Fragen der Entwicklung von Hochschule und Forschung auseinander und formuliert Alternativen, die auf mehr Demokratie und soziale Teilhabe setzen.

Das Thema Geschlechtergerechtigkeit wurde in allen Bereichen als Querschnitt behandelt. Prof. Dr. Anne Schlüter (UDE) hat nach diesem Prozess die Expertise "Auf dem Weg zur geschlechtergerechten Hochschule - Bedingungen, Potentiale und Instrumente der Entwicklung" erstellt, welche die Frage der Umsetzung einer geschlechtergerechten Hochschule explizit aufgreift.

Nach wie vor, so die Ausgangsthese Schlüters, seien Hochschulen ungerecht in Bezug auf ihren Zugang und auf die Verteilung der Geschlechter auf die einzelnen Fachbereiche sowie Statusgruppen. Auch an der Universität Duisburg-Essen zeigt sich eine ungleiche Verteilung.

Dies ist nicht nur eine Momentaufnahme oder dem Zufall geschuldet – als Institutionen sind sie an der Reproduktion der Ungleichheit beteiligt. Die Kultur der Wissenschaft prägen bestimmte Frauen- und Männerbilder (16, 23 f.), die den Alltag in Forschung und Lehre sowie die Entscheidungen der Akteure (mit)prägen. Hochschulen sind ein Feld in dem es um Anerkennung, Macht und Positionen geht. Hier bestimmen Bilder über „die“ Frauen und Männer die Arbeitsteilung, Kompetenzzuschreibungen und damit Chancen auf Karriere- und Lebenswege. Sich dessen bewusst zu sein ist eine Voraussetzung für Veränderung. Eine weitere sind gezielte Maßnahmen der Gleichstellung und ihre weitere Implementierung in die Strukturen der Hochschule. Schlüter fordert hochschulweit eine Verständigung über die sozialen Bedingungen, Potentiale und Instrumente. Darüber hinaus sollte man sich vergewissern, was bereits an Vorleistungen aus über 30 Jahren Gleichstellungsarbeit vorhanden ist um eine soziale und geschlechtergerechte Hochschule zu realisieren (S. 7).

Schlussfolgerungen von Prof. Dr. Anne Schlüter:

  • Die Arbeitsbedingungen von Frauen in der Wissenschaft sind ungleich aufgrund der sozialen Erwartungen und der in der Gesellschaft verbreiteten eindimensionalen Arbeitsteilung, insbesondere in Bezug auf Elternschaft, an sie. Vor allem in der Lebensphase wenn sich junge Erwachsene für die Gründung einer Familie entscheiden.
  • Hierfür ist ein Wandel der Wissenschafts- und Hochschulkultur notwendig. Angebote einer familienfreundlichen Hochschule gilt es daher auszubauen. Von ExpertInnen erstellte Handreichungen zur Integration von Genderaspekten in die Curricula von Bachelor- und Masterstudiengängen liefern darüber hinaus Möglichkeiten, einen fachkulturellen Wandel anzustoßen (S. 21).
  • Hochschulleitungen integrieren vielerorts Genderfragen in das Leitbild der Universität beschließen zwar zahlreiche Gleichstellungsmaßnahmen, ihre Umsetzung hapert insbesondere auf der Ebene der Fakultäten. So werde beispielsweise das Instrument der Frauenförderpläne nach wie vor nicht angemessen ernst genommen bzw. findet keine angemessene und durchschlagende Anwendung. (S. 18, 20)
  • Führungsposten innerhalb der Hochschule, v. a. auf Ebene der Dekanate, so Schlüter, sollten nur jene Personen haben, die ein gewisses Kommittent für Geschlechtergerechtigkeit mitbringen (27).
  • Vor allem Dekanate gelte es professionell in Gleichstellungsfragen zu stärken (54).
  • Fach- und Wissenschaftskultur können sich von den Ansätzen der Genderforschung und Gleichstellungsarbeit inspirieren lassen, v. a. in Bezug auf neue Managementkonzepte, den Umgang miteinander in der Institution Hochschule.