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Kontaktelektrifizierung

Kontaktelektrifizierung und Reibungselektrizität sind allgegenwärtige Phänomene, die uns auch im täglichen Leben häufig begegnen, z.B. wenn man einen Türgriff berührt und einen leichten elektrischen Schlag bekommt. Überraschenderweise sind die zugrundeliegenden Prozesse noch immer nicht vollständig verstanden.

In unserer Gruppe haben wir eine neue experimentelle Technik ausgearbeitet, die es ermöglicht den Ladungstransfer zwischen zwei Objekten, die in Kontakt kommen, präzise zu analysieren. Grundlage dafür sind neu entwickelte elektronische Verstärker, die es erlauben sehr kleine Ladungen auf einer Zeitskala von Mikrosekunden zu messen. Zur Analyse der Kontaktelektrifizierung werden in dem Experiment kleine Kugeln mit einem Durchmesser von einem Millimeter aus einer Höhe von ein paar Zentimetern auf eine Platte fallen gelassen, so dass sie mehrfach aufspringen. Wenn man dabei die induzierte elektrisch Ladung misst, kann man genau bestimmen, welche Ladungen bei der Berührung übertragen werden.

Das Foto zeigt das Innere des experimentellen Aufbaus. Auf der linken Seite sieht man das Rad, das dazu benutzt wird, die Kugeln an den Ausgangspunkt einer in dem Bild verdeckten Kugelbahn zu bringen. Die Kugeln fallen dann durch ein kleines Loch in einen Plattenkondensator und springen dann mehrfach auf der unteren Platte. Diese ist mit einem elektronischen Verstärker verbunden, der es erlaubt, die kleine in der Platte induzierte Ladung zu messen.

Das Video zeigt mit der roten Kurve stark verlangsamt den zeitlichen Verlauf des Messsignals. Daraus lässt die blau dargestellte, geometrische Flugbahn berechnen. Zwischen aufeinanderfolgenden Kontakten bleibt das Verhältnis der beiden Größen konstant, es ist bis auf eine durch die Geometrie bestimme Konstante durch die elektrische Ladung auf der Kugel gegeben.

Elektronische Eigenschaften von Heterostrukturen

In unseren Experimenten können wir zeigen, dass sich das aus der Festkörperphysik wohlbekannte Phänomen der Entstehung von Bandlücken bei geeigneten Probensystemen direkt auf der Oberfläche beobachten lässt. Hierzu untersuchen wir unter dem Rastertunnelmikroskop (STM) monoatomar dünne Salzinseln auf ausgewählten einkristallinen Edelmetallen. Kristallographisch ist dieses Wachstum mehr als knifflig, da die kubische Anordnung der Natrium- und Chlorionen des Salzkristalls geometrisch nicht zur hexagonalen Oberfläche der Edelmetalle passt. Es kommt zu mechanischen Verspannungen, die nur durch die Ausbildung eines Verzerrungsgitters gelöst werden können. Dieses eindimensionale periodische Gitter erinnert in seiner Form an ein Waschbrett, bestehend aus parallelen in gleichmäßigem Abstand angeordneten Streben.

Wir interessieren uns nun insbesondere für die elektronischen Eigenschaften dieser Oberfläche. Die von uns untersuchten Edelmetalle bilden einen wohlbekannten Oberflächenzustand aus, der auch durch die sehr dünnen Lagen Salz hindurch als Grenzflächenzustand überlebt. Die Elektronen in diesem elektronischen Zustand sind nahe der Festkörperoberfläche lokalisiert, können sich parallel zu ihr jedoch frei bewegen.

Das Probensystem bietet uns durch seine Natur somit die Möglichkeit, ein zweidimensionales Elektronengas in einem eindimensionalen periodischen Potential zu untersuchen.

Einem ähnlichen Problem nahm sich schon vor knapp 100 Jahren im Jahr 1928 Felix Bloch an, der sich für die Quantenmechanik der Elektronen in Kristallgittern interessierte. In der hieraus entstandenen Theorie „quasifreier Elektronen“ wird die Entstehung einer Bandlücke und ein Phasensprung in den zugehörigen Elektronenwellen vorhergesagt. Eben dies konnten auch wir in unserem Probensystem durch Messung der elektronischen Zustandsdichte beobachten. Wir stellten zugleich aber auch vermeintliche Widersprüche zur „Textbuchtheorie“ fest. So gibt die Dispersionsrelation eines quasifreien zweidimensionalen Elektronengases eigentlich vor, dass der k-Vektor der Elektronenwellen, der proportional zum Kehrwert der Wellenlänge ist, quadratisch mit der Energie ansteigt; nur im Bereich der Bandlücken gibt es Abweichungen. Unsere Beobachtungen zeigen jedoch, dass es sich für die durch das Waschbrett verursachten Wellen oberhalb der ersten Bandlücke völlig anders verhält. Ziel unserer aktuellen Forschung ist es deshalb, dem Geheimnis des Waschbretts auf den Grund zu gehen und die interessante und komplexe Physik hinter dem Offensichtlichen zu verstehen.

Links: Ein aus einer Bildserie von differentiellen Leitfähigkeitsmessungen erstelltes Video.

Rechts: Für jedes Bild der Messreihe wurde eine Fouriertransformation erstellt, wobei durch Wahl einer geeigneten Maske nur die Bereiche der NaCl-Insel in die Berechnung einfließen. Die Erhöhung der Tunnelspannung führt zu einer Verkleinerung der Wellenlänge der streuenden Elektronenwellen. Im reziproken Raum hat dies eine Vergrößerung des Radius zur Folge. Das Verzerrungsmuster bleibt sowohl im Ortsraum (Streifen behalten den gleichen Abstand) als auch im Wellenzahlraum (die 2 diskreten Punkte ändern ihre Position nicht) von der Energieänderung unbeeinflusst. Nur bei einer bestimmten Energie verschwindet das Verzerrungsmuster kurz, um im Folgenden mit einer Phasenverschiebung von π wieder zu erscheinen.

 

Zwei gegeneinander verzögerte THz-Pulse (blau) induzieren ultraschnelle Spannungstransienten in dem Tunnelübergang, um die Dynamik einzelner Nanoobjekte (grün) zu analysieren.

Terahertz STM

Ultraschnelle Dynamik adsorbierter Nanoobjekte

Aufgrund seiner hohen räumlichen Auflösung ist die Rastertunnelmikroskopie (STM) die Methode der Wahl einzelne Nanoobjekte auf Oberflächen zu untersuchen, bzw. zu adressieren oder zu manipulieren. Viele solcher Nanoobjekte, sein es Atome, Moleküle oder Nanostrukturen, zeigen eine reiche Dynamik, wie z.B. Ladungstransfer, Spin- oder Schwingungsanregung oder auch Konformationsänderungen, die meist zu schnell abläuft, um sie mit einem konventionellen STM auflösen zu können.  Dies ist darin begründet, dass die eigentliche Messgröße, der Tunnelstrom, relativ klein ist und damit verbunden der Nachweis relativ langsam ist (mit einer Zeitauflösung in der Größenordnung von Millisekunden)

Das Problem der zeitlichen begrenzten Auflösung der Detektion kann überwunden werden, indem man stroboskopische Techniken, wie z.B. im Feld der ultraschnellen Optik, einsetzt. Dazu werden Pump- und Probe-Spannungspulse mit einer einstellbaren Verzögerung verwendet. Werden diese Pulspaare in hoher Anzahl wiederholt, kann die Dynamik des Systems aus dem Verlauf des quasistatischen Signals als Funktion der Verzögerungszeit analysiert werden. Loth und Mitarbeiter haben dieses Konzept für ein STM in einem komplett elektronischen Schema realisiert. Sie konnten eine zeitliche Auflösung in der Größenordnung von  10 ns erreichen, die im Wesentlichen durch die Transmissionseigenschaften der elektrischen Zuleitungen bestimmt ist.

(c) CENIDE, AG Möller

CO Phasen wie Strickmuster

Es sind Bilder aus dem Mikroskop, und doch sehen sie aus wie aus dem Handarbeitsheft: Im einen Moment erscheint ein Perlmuster, im nächsten ein Lochmuster. Zusammen mit unseren Kooperationspartnern aus Barcelona und San Sebastian haben wir unsere Eergebnisse zum strukturellen Phasenübergang von CO Schichten auf Cu(111) in Nano Letters veröffentlicht. Darin zeigen wir, dass man mit atomarer Präzision einen strukturellen Phasenübergang von CO Schichten manipulieren kann und damit Muster auf Oberflächen schreiben kann. Sogenannte „Phasenübergänge“  begegnen uns im Alltag regelmäßig: Als Wasser, das aus dem Kochtopf verdampft oder auch in Form von Schokoladeneis, das uns in der Sommerhitze über die Hand läuft. das Team um  Ben Wortmann und Dr. Christian Bobisch haben nun erstmals ganze Oberflächenbereiche einer Probe nach Belieben zwischen den Phasen hin- und hergeschaltet und den Vorgang in Echtzeit beobachtet. Die Probe besteht dabei aus einer Unterlage aus Kupfer und einer darauf liegenden geschlossenen Lage aus Kohlenstoffmonoxid-Molekülen. Mit der feinen metallischen Spitze eines Rastertunnelmikroskops kann man elektrische Felder an die Probe anlegen und so ganze Flächen innerhalb von Sekundenbruchteilen umschalten – beliebig häufig und im Gegensatz zu einer Handarbeit in einem einzigen Schritt. Die Bilder dazu sind so hoch aufgelöst, dass auch ein Laie einzelne Moleküle erkennen kann, die wie Maschen in einem winzigen Strickmuster erscheinen.  Die Entdeckung schließt eine Lücke: Gegenwärtig werden elektronische Bauteile immer kleiner, und sogar einzelne Atome oder Moleküle werden bereits als Schalter diskutiert. Aber es ist technisch sehr aufwendig und daher in großem Maßstab kaum umzusetzen, einzelne Moleküle zu manipulieren. Indem man aber – wie hier geschehen – gezielt scharf umrissene Bereiche schaltet, die nur eine Moleküllage dick sind, wird die Kombination aus miniaturisierten Bauteilen und einfacher Bedienung realistischer.

(link zur Pressemeldung von Cenide)

 Das Bild zeigt die beiden Phasen von Kohlenstoffmonoxid (CO) auf Kupfer (Cu), aufgenommen mit einem Rastertunnelmikroskop. Der Bildausschnitt zeigt eine Fläche von 6 x 6 nm; es sind einzelne Moleküle zu erkennen