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RP1: Umfassende Modelltestung für die verschiedenen Formen von spezifischen Internetnutzungsstörungen und andere süchtige Verhaltensweisen

Das I-PACE Modell (I-PACE steht für Interaction of Person-Affect-Cognition-Execution) bildet einen theoretischen Rahmen für die Forschungsgruppe zu spezifischen Internetnutzungsstörungen (INS), wobei Kernmechanismen und Interaktionseffekte vor dem Hintergrund theoretischer Ansätze aus der Suchtforschung und aktueller empirischer Befunde integriert werden.

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Das Modell fokussiert auf Interaktionen zwischen prädisponierenden Personenmerkmalen sowie affektiven und kognitiven Prozessen, die in die Entscheidung münden, eine spezifische Applikation zu nutzen. Wenngleich die aktuellen empirischen Befunde in das Rahmenmodell integriert werden können und aktuelle Studien einzelne Hypothesen des Modells zu bestätigen scheinen, muss konstatiert werden, dass die Mehrheit der Studien auf einzelne Aspekte einer spezifischen INS fokussieren, ohne systematisch Interaktionen (Moderations- und Mediationseffekte) mittels einer umfangreichen Erhebung von Variablen und über verschiedene spezifische INS hinweg analysiert zu haben. Das Projekt beabsichtigt, theoretische Modellannahmen der Forschungsgruppe, die auf dem I-PACE Modell basieren, zu prüfen. Dazu sollen alle Variablen, die mittels einer Kernbatterie von Tests und Fragebögen in allen Projekten RP2-RP8 erhoben werden und Daten von Personen mit verschiedenen Formen einer INS umfassen, in RP1 ausgewertet werden. Dies erlaubt die Prüfung der Hypothesen zur Rolle von Prädiktoren, Moderatoren und Mediatoren zur Erklärung der Symptomschwere von spezifischen INS. Unterschiede und Gemeinsamkeiten von spezifischen INS sollen mittels Strukturgleichungsmodellen analysiert werden. Die Transition von riskanter zu pathologischer Nutzung, wie z.B. die vermutete stärkere Reizreaktivität und die zusätzliche Bedeutung von reduzierter reizassoziierter Inhibitionskontrolle in späteren Phasen des Suchtprozesses, soll im Querschnitt durch die Betrachtung von Personen mit riskanter und pathologischer Nutzung von Applikationen im Kontext der vier angenommenen Formen einer INS erreicht werden. Die Ergebnisse in den Laborstudien zu verschiedenen verhaltensauslösenden Reizen und berichteten Erfahrungen im Alltag sollen mittels ambulanter Erfassung von Variablen im Alltag der Probanden validiert werden. Eine Nachbefragung sechs Monate nach der Laboruntersuchung soll es ermöglichen, den Zusammenhang zwischen affektiven und kognitiven Komponenten und der Symptomentwicklung zu untersuchen. RP1 kann als zentrales wissenschaftliches Projekt der Forschungsgruppe aufgefasst werden, da es die Daten der Kernbatterie aus den Projekten RP2-RP8 integriert und auswertet. RP1 gibt die Ergebnisse zurück an die einzelnen Projekte, die sie sodann in ihre eigenen Auswertungen integrieren können.

Projektrelevante Publikationen

Antons, S., Müller, S. M., Wegmann, E., Trotzke, P., Schulte, M. M. & Brand, M. (2019). Facets of impulsivity and related aspects differentiate among recreational and unregulated use of Internet-pornography. Journal of Behavioral Addictions, 8, 223-233.

Brand, M., Antons, S., Wegmann, E. & Potenza, M. N. (2019). Theoretical assumptions on pornography problems due to moral incongruence and mechanisms of addictive or compulsive use of pornography: Are the two “conditions” as theoretically distinct as suggested? Archives of Sexual Behavior, 48, 417-423.

Brand, M., Wegmann, E., Stark, R., Müller, A., Wölfling, K., Robbins, T. W. & Potenza, M. N. (2019). The Interaction of Person-Affect-Cognition-Execution (I-PACE) model for addictive behaviors: Update, generalization to addictive behaviors beyond Internet-use disorders, and specification of the process character of addictive behaviors. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 104, 1-10.

Brand, M., Young, K. S., Laier, C., Wölfling, K. & Potenza, M. N. (2016). Integrating psychological and neurobiological considerations regarding the development and maintenance of specific Internet-use disorders: An Interaction of Person-Affect-Cognition- Execution (I-PACE) model. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 71, 252-266.

Laier, C., Wegmann, E. & Brand, M. (2018). Personality and cognition in gamers: Avoidance expectancies mediate the relationship between maladaptive personality traits and symptoms of Internet-gaming disorder. Frontiers in Psychiatry, 9, 304.

Snagowski, J., Laier, C., Duka, T. & Brand, M. (2016). Subjective craving for pornography and associative learning predict tendencies towards cybersex addiction in a sample of regular cybersex users. Sexual Addiction & Compulsivity, 23, 342-360.

Trotzke, P., Starcke, K., Müller, A. & Brand, M. (2015). Pathological buying online as a specific form of Internet addiction: A model-based experimental investigation. PLoS ONE, 10, e0140296.

Trotzke, P., Starcke, K., Pedersen, A. & Brand, M. (2014). Cue-induced craving in pathological buying: Empirical evidence and clinical implications. Psychosomatic Medicine, 76, 694-700.

Wegmann, E., Stodt, B. & Brand, M. (2018). Cue-induced craving in Internet-communication disorder using visual and auditory cues in a cue-reactivity paradigm. Addiction Research & Theory, 26, 306-314.

Wegmann, E., Stodt., B. & Brand, M. (2015). Addictive use of social networking sites can be explained by the interaction of Internet use expectancies, Internet literacy, and psychopathological symptoms. Journal of Behavioral Addictions, 4, 155-162.

Projekt Mitarbeitende

Projektleitung: Prof. Dr. Matthias Brand

 

Weitere Mitarbeitende: Dr. Silke M. Müller, Annika BrandtnerAndreas Oelker (assoziiert) 

RP2 Logo

RP2: Der Transfer von zielgerichtetem zu automatisiertem Verhalten und moderierende Effekte von akutem Stress bei der Computerspielstörung und der Störung des Kaufverhaltens

Der Einfluss konditionierter Stimuli auf instrumentelles Verhalten ist ein robuster Befund in Tier- sowie Humanstudien und wird als ein wichtiger Aspekt bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von süchtigem Verhalten betrachtet. Bezüglich der Internetnutzungsstörungen geht man davon aus, dass Pavlovsche Konditionierungsprozesse zu einer Intensivierung motivationaler Verhaltensweisen führen und belohnungsassoziiertes Verhalten aktivieren.

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Das Wissen bezüglich des Einflusses konditionierter Stimuli auf instrumentelles Verhalten und weiterer moderierender Faktoren (z. B. akuter Stress) ist bei riskantem oder problematischem Gebrauch von spezifischen Internetapplikationen gegenwärtig sehr begrenzt. Während im Bereich substanzbezogener Störungen die Rolle von Stress als möglicher aufrechterhaltender Faktor und Auslöser für Rückfälle bereits gezeigt werden konnte, fehlen bislang Studien zu Internetnutzungsstörungen. Das Projekt beabsichtigt, den Einfluss konditionierter Stimuli auf instrumentelles Verhalten und mögliche Effekte von akutem Stress im Kontext früher Stadien der Entwicklung einer Computerspielstörung und einer Störung des Kaufverhaltens zu untersuchen. Es werden vier Gruppen von Personen untersucht (je 64 Probanden): Personen mit 1) riskanter Nutzung von Computerspielen, 2) riskanter Nutzung von Shoppingapplikationen, 3) nicht-problematischer Nutzung von Computerspielen und 4) nicht-problematischer Nutzung von Shoppingapplikationen. Die Erhebung umfasst die diagnostischen Instrumente und experimentellen Aufgaben der Kernbatterie. Im Anschluss wird ein Pavlovian-Instrumental-Transfer (PIT) Paradigma mit Stimuli und Belohnungen mit Bezug zu Computerspielen und Shoppingapplikationen verwendet. In der Pavlovschen Konditionierungsphase lernen die Probanden, dass zwei neutrale Stimuli entweder mit Computerspielen oder mit Shoppingapplikationen assoziiert sind. In der zweiten, unabhängigen Phase lernen die Probanden, dass durch das Drücken verschiedener Tasten Belohnungen entweder mit Bezug zu Computerspielen oder Shoppingapplikationen erzielt werden können. In der dritten Phase, der Transferphase, werden dann erstmals die konditionierten Stimuli aus der Pavlovschen Phase gezeigt, während das instrumentelle Verhalten weiterhin ausgeführt werden kann. Nach der ersten Hälfte der Transferphase werden die Belohnungen devaluiert. Zur standardisierten Stressinduktion wird vor der Transferphase der Trier Social Stress Test durchgeführt. Die Aufmerksamkeit auf die experimentellen Stimuli, gemessen mittels Eyetracking, sowie subjektive Angaben zur Belohnungserwartung erfassen die konditionierte Reaktion und die Reaktionstastenwahl und Frequenz der Tastendrücke das instrumentelle Verhalten. RP2 hat Synergien mit RP3 und RP6, die ebenfalls Facetten von Reizreaktivität adressieren, zu RP4, das ebenfalls Reizreaktivität und akuten Stress beinhaltet und zu RP5, das Effekte von Stress auf Reizreaktivität bei Personen mit Störungen des Kaufverhaltens fokussiert.

Projektrelevante Publikationen

Czapla, M., Baeuchl, C., Simon, J., Richter, B., Kluge, M., Friederich, H.-C., … Loeber, S. (2017). Do alcohol-dependent patients show different neural activation during response inhibition than healthy controls in an alcohol-related fMRI go/no-go-task? Psychopharmacology, 234, 1001- 1015.

Czapla, M., Simon, J. J., Richter, B., Kluge, M., Friederich, H.-C., Herpertz, S., ... Loeber, S. (2016). The impact of cognitive impairment and impulsivity on relapse of alcohol-dependent patients: implications for psychotherapeutic treatment. Addiction Biology, 21, 873-884.

Loeber, S., & Duka, T. (2009). Acute alcohol impairs conditioning of a behavioural reward seeking response and inhibitory control processes – implications for addictive disorders. Addiction, 104, 2013-2022.

Müller, A., Mitchell, J. E., Crosby, R. D., Cao, L., Claes, L., & de Zwaan, M. (2012). Mood states preceding and following compulsive buying episodes: An ecological momentary assessment study. Psychiatry Research, 200, 575-580.

Müller, A., Steins-Loeber, S., Trotzke, P., Vogel, B., Georgiadou, E., & de Zwaan, M. (2019). Online shopping in treatment-seeking patients with buying-shopping disorder. Comprehensive Psychiatry, 94,152120.

Steins-Loeber, S., Madjarova, R., Lörsch, F., Herpertz, S. C., Flor, H., & Duka, T. (2019). An experimental study on spontaneous recovery of conditioned reward expectancies and instrumental responding in humans. Behavior Research and Therapy, 118, 54-64.

Trotzke, P., Starcke, K., Müller, A., & Brand, M. (2019). Cue-induced craving and symptoms of online-buying-shopping disorder interfere with performance on the Iowa Gambling Task modified with online-shopping cues. Addictive Behaviors, 96, 82-88.

Vogel, B., Trotzke, P., Steins-Loeber, S., Schäfer, G., Stenger, J., de Zwaan, M., … Müller, A. (2019). An experimental examination of cognitive processes and response inhibition in patients seeking treatment for buying-shopping disorder. PLoS ONE, 14, e0212415.

Vogel, V., Dittrich, M., Horndasch, S., Kratz, O., Moll, G. Erim, Y., … Steins-Loeber, S. (2019). Pavlovian-to-instrumental-transfer in Anorexia Nervosa: A pilot-study on conditioned learning and instrumental responding to low- and high-calorie food stimuli. European Journal of Neuroscience [Epub ahead of print]

Vogel, V., Kollei, I., Duka, T., Snagowski, J., Brand, M., Müller, A., & Loeber, S. (2018). Pavlovian-to-instrumental transfer: A new paradigm to assess pathological mechanisms with regard to the use of internet applications. Behavioural Brain Research, 347, 8-16.

Projekt Mitarbeitende

 

RP3 Logo

RP3: Appetitive Extinktionsdefizite und das Risiko der Entwicklung einer Pornographienutzungsstörung und Computerspielstörung

Appetitive Konditionierungs- und Extinktionsprozesse werden als wichtige Komponenten für die Entwicklung, Aufrechterhaltung und Genesung einer Suchtstörung angesehen. Während einer Suchtentwicklung werden ehemals neutrale Reize durch Pavlovsche Konditionierung mit der Substanzeinnahme oder dem Suchtverhalten assoziiert. Das Erlernen und Verlernen von suchtbezogenen Assoziationen lassen sich durch appetitive Konditionierungsexperimente untersuchen, die eine Konditionierungsphase, eine Extinktionsphase und eine Extinktionstestphase beinhalten.

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Während der Konditionierungsphase wird ein konditionierter Reiz (CS+) wiederholt mit einem belohnenden, unkonditionierten Reiz (UCS) gepaart, während ein zweiter neutraler Reiz (CS-) die Abwesenheit einer Belohnung vorhersagt. Nach einigen Durchgängen erzeugt der CS+ stärkere konditionierte Reaktionen als der CS- wie z.B. erhöhte Hautleitfähigkeits- oder neuronale Reaktionen. Auf hirnphysiologischer Ebene spiegelt sich der appetitive Wert des CS+ in der Reaktivität des orbitofrontalen Kortex wider, während die Amygdala mit der Assoziationsbildung und der Nucleus accumbens mit der Belohnungsantizipation in Verbindung gebracht werden. Während des Extinktionslernens werden der CS+ und der CS- wiederholt ohne den UCS präsentiert, was zu einer Abnahme der konditionierten Reaktionen führt, wodurch sie sich am Ende des Extinktionslernens nicht mehr unterscheiden. Nach einer gewissen Zeit wird während der Extinktionstestphase überprüft, ob das Extinktionslernen weiterhin erfolgreich ist.In der vorliegenden Studie soll die Hypothese überprüft werden, ob Betroffene, die eine riskante oder pathologische Pornographienutzung oder eine riskante oder pathologische Nutzung von Computerspielen aufweisen, suchtspezifische Defizite im Extinktionslernen und im -test aufweisen. Bislang wurden Extinktionsprozesse im Kontext einer Pornographienutzungsstörung und einer Computerspielstörung nicht hinreichend untersucht. Dieser Vergleich ist jedoch besonders interessant, da hierdurch die Bedeutung primärer und sekundärer Verstärker verglichen werden kann.Fünf Gruppen sollen eingeschlossen werden: 1) Personen mit Pornographienutzungsstörung, 2) mit riskanter Pornographienutzung, 3) mit Computerspielstörung, 4) mit riskanter Nutzung von Computerspielen und 5) Personen mit unproblematischer Nutzung von Pornographie und Computerspielen. Unterschiede der neuronalen Aktivierung zwischen den Gruppen werden mittels fMRT untersucht. An Tag 1 führen Probanden die appetitive Konditionierungsphase und die Extinktionsphase durch. Eine Woche später wird der Extinktionserfolg mit einer Extinktionstestphase überprüft. Dieses Projekt hat Synergien mit RP2, RP4 und RP6. Während sich die anderen RPs vornehmlich auf die Verarbeitung und Reaktionen auf das relevante Stimulusmaterial fokussieren, erweitert das hiesige RP3 diese Sicht um die Untersuchung der aufrechterhaltenden Faktoren der Störungsbilder durch (gestörte) Extinktionsprozesse.

Projektrelevante Publikationen

Alexander, N.*, Klucken, T.*, Koppe, G., Osinsky, R., Walter, B., Vaitl, D., . . . Hennig, J. (2012). Interaction of the serotonin transporter-linked polymorphic region and environmental adversity: Increased amygdala-hypothalamus connectivity as a potential mechanism linking neural and endocrine hyperreactivity. Biological Psychiatry, 72, 49–56.

Kagerer, S., Wehrum-Osinsky, Klucken, T., Walter, B., Vaitl, D., & Stark, R. (2014). Sex attracts: Investigating individual differences in attentional bias to sexual stimuli. PLoS ONE, 9, e107795.

Klucken, T., Kruse, O., Klein, S., Kampa, M., Tapia León I., & Stark, R. (2019). The relationship between neuroticism and appetitive conditioning. Neurobiology of Learning and Memory, 164, 107068.

Klucken, T., Kruse O., Schweckendiek, J., Kuepper, Y., Mueller, E. M., Hennig, J., & Stark, R. (2016). No evidence for blocking the return of fear by disrupting reconsolidation prior to extinction learning. Cortex, 79, 112-122.

Klucken, T., Kruse O., Wehrum-Osinsky, S., Schweckendiek, J., Hennig, J., & Stark, R. (2015). Impact of COMT Val158Met polymorphism on appetitive conditioning and amygdala/prefrontal effective connectivity. Human Brain Mapping, 36, 1093–1101.

Klucken, T., Wehrum, S., Schweckendiek, J., Merz, C. J., Hennig, J., Vaitl, D., & Stark, R. (2013). The 5-HTTLPR polymorphism is associated with altered hemodynamic responses during appetitive conditioning. Human Brain Mapping, 34, 2549–2560.

Stark, R., Kagerer, S., Walter, B., Vaitl, D., Klucken, T. & Wehrum-Osinsky, S. (2015). Trait Sexual Motivation Questionaire: Concept and validation. Journal of Sexual Medicine, 12, 1080- 1091.

Stark, R., Klein, S., Kruse, O., Weygandt, M., Leufgens, L.K., Schweckendiek, J., & Strahler, J. (2019). No sex difference found: Cues of sexual stimuli activate the reward system in both sexes. Neuroscience, 416, 63-73.

Stark, R., Klucken, T., Potenza, M. N., Brand, M., & Strahler, J. (2018). A current understanding of the behavioral neuroscience of compulsive sexual behavior and problematic pornography use. Current Behavioral Neuroscience Reports, 5, 218-231.

Stark, R., Wolf, O.T., Tabbert, K., Kagerer, S., Zimmermann, M., Kirsch, P., Schienle, A., & Vaitl, D. (2006). Influence of the stress hormone cortisol on fear conditioning in humans: Evidence for sex differences in the response of the prefrontal cortex. NeuroImage, 32, 1290-1298.

Projekt Mitarbeitende

 

RP4 Logo

RP4: Reizreaktivität bei Computerspielstörung und Pornographienutzungsstörung: Verhaltens- und neurale Korrelate und Effekte akuten Stresses

Reizreaktivität und Verlangen sind Kernkonzepte der Forschung zu substanzbezogenen Störungen und süchtigem Verhalten, ebenso wie Reduktionen exekutiver Funktionen und des Entscheidungsverhaltens. Der Zusammenhang zwischen akutem Stress und süchtigem Verhalten könnte durch exekutive Funktionen moderiert sein.

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Die Computerspielstörung wurde als Störung durch süchtiges Verhalten in das ICD-11 aufgenommen. Die Pornographienutzungsstörung könnte als Subkomponente einer Störung durch zwanghaftes sexuelles Verhalten (aufgenommen ins ICD-11) aufgefasst werden. Einige Autoren und Autorinnen sehen jedoch eher Parallelen zwischen der spezifischen Problematik, den Pornographiekonsum zu kontrollieren, und süchtigem Verhalten und argumentieren, die Pornographienutzungsstörung als Subfacette einer Internetnutzungsstörung, vergleichbar mit der Computerspielstörung, aufzufassen. Studien mittels fMRT zu Reizreaktivität bei Computerspielstörung und Pornographienutzungsstörung zeigten Aktivitäten im ventralen Striatum und weiteren Strukturen fronto-striataler Schaltkreise. Bislang existieren keine Studien, die Verhaltens- und neurale Korrelate von Reizreaktivität bei der Computerspielstörung mit denen bei der Pornographienutzungsstörung verglichen haben. Dies zu adressieren ist bedeutsam, da pornographiebezogene Reize als natürliche Verstärker und computerspielbezogene Stimuli als sekundäre Verstärker erachtet werden können. Dieses Projekt adressiert: 1) Verhaltens- und neurale Korrelate von Reizreaktivität bei der Computerspielstörung und Pornographienutzungsstörung, 2) Effekte akuten Stresses auf Reizreaktivität und Verlangen, 3) Interaktionen zwischen Reizreaktivität, akutem Stress und exekutiven Funktionen. Es sollen fünf Gruppen eingeschlossen werden (je 52 männliche Probanden): Personen mit 1) Computerspielstörung, 2) riskanter Computerspielnutzung, 3) Pornographienutzungsstörung, 4) riskanter Pornographienutzung, und 5) Kontrollpersonen, die Computerspiele und Pornographie unproblematisch nutzen. Die Studie soll aus drei Teilen bestehen. Zunächst werden zu t1 die Diagnostik und die experimentellen und Standardverfahren der Kernbatterie durchgeführt. Im zweiten Teil von t1 werden die Probanden entweder der Stressbedingung des Trier Social Stress Tests oder der Kontrollbedingung zugeteilt, bevor sie ein Paradigma zur Reizreaktivität und eine Entscheidungsaufgabe mit suchtassoziierten Stimuli bearbeiten. Zu t2 soll ein fMRT-Experiment (34 Personen pro Gruppe) mit einem modifizierten Paradigma zu Reizreaktivität durchgeführt werden. RP4 hat Synergien mit RP2, RP3 und RP6, die ebenfalls Facetten von Reizreaktivität adressieren, mit RP7, das Inhibitionskontrolle und exekutive Funktionen fokussiert, und mit RP5, das auch Effekte akuten Stresses auf Reizreaktivität untersuchen soll.

Projektrelevante Publikationen

Antons, S., Müller, S. M., Wegmann, E., Trotzke, P., Schulte, M. M. & Brand, M. (2019). Facets of impulsivity and related aspects differentiate among recreational and unregulated use of Internet-pornography. Journal of Behavioral Addictions, 8, 223-233.

Antons, S. & Brand, M. (2018). Trait and state impulsivity in males with tendency towards Internet-pornography-use disorder. Addictive Behaviors, 79, 171-177.

Brand, M., Snagowski, J., Laier, C. & Maderwald, S. (2016). Ventral striatum activity when watching preferred pornographic pictures is correlated with symptoms of internet pornography addiction. NeuroImage, 129, 224-232.

Kamping, S., Andoh, J., Bomba, I., Diers, M., Diesch, E., & Flor, H. (2016). Contextual modulation of pain in masochists: involvement of the parietal operculum and insula. Pain, 157, 445-455.

Pabst, S., Brand, M., & Wolf, O. T. (2013). Stress effects on framed decisions: There are differences for gains and losses. Frontiers in Behavioral Neuroscience, 7, 142.

Schwabe, L., Dickinson, A., & Wolf, O. T. (2011). Stress, habits, and drug addiction: A psychoneuroendocrinological perspective. Experimental and Clinical Psychopharmacology, 19, 53-63.

Snagowski, J., Laier, C., Duka, T. & Brand, M. (2016). Subjective craving for pornography and associative learning predict tendencies towards cybersex addiction in a sample of regular cybersex users. Sexual Addiction & Compulsivity, 23, 342-360.

Starcke, K., Antons, S., Trotzke, P. & Brand, M. (2018). Cue-reactivity in behavioral addictions: A meta-analysis and methodological considerations. Journal of Behavioral Addictions, 7, 227- 238.

Starcke, K. & Brand, M. (2016). Effects of stress on decisions under uncertainty: A meta-analysis. Psychological Bulletin, 142, 909-933.

Yilmaz*, P., Diers*, M., Diener, S., Rance, M., Wessa, M., & Flor, H. (2010). Brain correlates of stress-induced analgesia. Pain, 151, 522-529. *Both authors contributed equally to this work.

Projekt Mitarbeitende

Projektleitung: Prof. Dr. Matthias BrandProf. Dr. Oliver Tobias WolfProf. Dr. Martin Diers

 

Weitere Mitarbeitende: Dr. Stephanie Antons, Lukas Mallon, Kjell Büsche (assoziiert)

RP5 Logo

RP5: Effekte akuten Stresses auf Reizreaktivität und implizite kognitive Mechanismen bei einer Störung des Kaufverhaltens und einer Sozialen-Netzwerks-Nutzungsstörung

Reizreaktivität und das Verlangen, eine Substanz zu konsumieren, werden als zugrundeliegende Mechanismen bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Substanzkonsumstörungen beschrieben. Ebenso gelten implizite kognitive Mechanismen als Schlüsselkomponenten eines suchtartigen Verhaltens, einschließlich Aufmerksamkeitsverzerrungen und impliziten Assoziationen gegenüber einer Substanz.

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Das I-PACE (Interaction of Person-Affect-Cognition Execution) Modell bietet einen theoretischen Rahmen zur Beschreibung zentraler Komponenten der Entwicklung und Aufrechterhaltung eines suchtartigen Verhaltens, welches auch das Zusammenspiel von Reizreaktivität, Verlangen und impliziten Kognitionen beinhaltet. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass Stress die affektiven und kognitiven Reaktionen von Personen mit einer Verhaltenssucht, wie beispielsweise einer Internetnutzungsstörung, beeinflussen kann. Eine der bedeutsamsten Veränderungen des Kaufumfelds ist die Verlagerung des traditionellen Warenerwerbs in den Online-Handel, was zu einer heutzutage überwiegend online ausgeführten Störung des Kaufverhaltens beitragen kann. Auch das Kommunikationsverhalten ist online-dominiert und Personen berichten vermehrt von negativen Konsequenzen durch und einer beeinträchtigten Kontrolle über ihre Nutzung von Online-Kommunikationsanwendungen. Mit der Aufnahme der Computerspielstörung in das ICD-11 als Störung durch suchtartiges Verhalten werden auch die Störung des Kaufverhaltens und die Soziale-Netzwerks-Nutzungsstörung (SNNS) als spezifische Formen von Internetnutzungsstörungen diskutiert. Bisherige Studien zeigen bereits die Relevanz von Reizreaktivität und Verlangen bei beiden Störungsbildern sowie von impliziten Kognitionen bei einer Störung des Kaufverhaltens auf. Studien zur Bedeutsamkeit von impliziten Kognitionen bei SNNS sowie von akutem Stress und der Interaktion aller Variablen bei beiden Störungsbildern fehlen. Dieses Projekt befasst sich mit dem Einfluss akuten Stresses auf die Reizreakvität, das Verlangen und implizite Kognitionen in vier Gruppen; Frauen mit einer 1) Störung des Kaufverhaltens und 2) SNNS im Vergleich zu Frauen mit 3) unproblematischem Kaufverhalten und 4) unproblematischer Nutzung sozialer Netzwerke. Neben den diagnostischen Verfahren und experimentellen, neuropsychologischen Paradigmen der Kernbatterie werden der Implizite Assoziationstest und die Dot-Probe-Aufgabe mit suchtbezogenen Stimuli durchgeführt. Akuter Stress wird mittels rier Social Stress Test und einer nicht-stressindizierenden Kontrollbedingung untersucht. Das Forschungsprojekt ist eng verknüpft mit RP2 und RP4, in denen die Auswirkungen akuten Stresses auf die Reizreaktivität bei einer Störung des Kaufverhaltens (RP2), Computerspielstörung und Pornographienutzungsstörung (RP4) adressiert werden. Weitere Synergieffekte gibt es mit RP8 bezüglich der Erfassung impliziter Kognitionen in SNNS und mit RP7 zur Erfassung impliziter Assoziationen in verschiedenen (Verhaltens-) Süchten.

Projektrelevante Publikationen

Müller, A., Mitchell, J. E., Crosby, R. D., Cao, L., Claes, L., & de Zwaan, M. (2012). Mood states preceding and following compulsive buying episodes: An ecological momentary assessment study. Psychiatry Research, 200, 575-580.

Müller, A., Steins-Loeber, S., Trotzke, P., Vogel, B., Georgiadou, E., & de Zwaan, M. (2019). Online shopping in treatment-seeking patients with buying-shopping disorder. Comprehensive Psychiatry, 94, 152120.

Schwabe, L. & Wolf, O. T. (2013). Stress and multiple memory systems: From 'thinking' to 'doing'. Trends in Cognitive Sciences, 17, 60-68.

Schwabe, L., Dickinson, A., & Wolf, O. T. (2011). Stress, habits, and drug addiction: A psychoneuroendocrinological perspective. Experimental and Clinical Psychopharmacology, 19, 53-63.

Starcke, K., Wolf, O. T., Markowitsch, H. J., & Brand, M. (2008). Anticipatory stress influences decision making under explicit risk conditions. Behavioral Neuroscience, 122, 1352-60.

Vogel, B., Trotzke, P., Steins-Loeber, S., Schäfer, G., Stenger, J., de Zwaan, M., Brand, M., & Müller, A. (2019). An experimental examination of cognitive processes and response inhibition in patients seeking treatment for buying-shopping disorder. PLoS ONE, 14, e0212415.

Voth, E. M., Claes, L., Georgiadou, E., Selle, J., Trotzke, P., Brand, M., ... Müller, A. (2014). Reactive and regulative temperament in patients with compulsive buying and non-clinical controls measured by self-report and performance-based tasks. Comprehensive Psychiatry, 55, 1505-1512.

Wegmann, E. & Brand, M. (2016). Internet-communication disorder: It’s a matter of social aspects, coping, and Internet-use expectancies. Frontiers in Psychology, 7, 1747.

Wegmann, E., Mueller, S. M., Ostendorf, S., & Brand, M. (2018). Highlighting Internet-communication disorder as further Internet-use disorder when considering neuroimaging studies. Current Behavioral Neuroscience Reports, 5, 295-301.

Wegmann, E., Stodt, B., & Brand, M. (2018). Cue-induced craving in Internet-communication disorder using visual and auditory cues in a cue-reactivity paradigm. Addiction Research & Theory, 26, 306-314.

Projekt Mitarbeitende

 

RP7 Logo

RP7: Implizite Assoziationen und veränderte reizassoziierte Impulskontrolle in einer Computerspielstörung, Glücksspielstörung und Alkoholkonsumstörung

Dual-Prozess-Theorien der Suchtforschung differenzieren zwischen expliziten und impliziten Kognitionen. Sie unterscheiden zwischen einem kontrollierten (reflektiven) und automatischen (impulsiven) System und unterstreichen, dass die kontrollierte Verarbeitung mit expliziten Kognitionen und die automatische Verarbeitung von Reizen mit impliziten Kognitionen verknüpft ist.

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Explizite Kognitionen werden häufig mit Exekutivfunktionen assoziiert, die als Top-Down gesteuerte Prozesse des präfrontalen Kortex fungieren und möglicherweise einen Effekt auf implizite Kognitionen und affektive Prozesse wie dem Suchtverlangen und der Belohnungssalienz aufweisen. Defizite in Exekutivfunktionen werden dabei als mögliche Risikofaktoren sowie als Folgen eines Suchtverhaltens erachtet. Darüberhinaus wird argumentiert, dass das Entscheidungsverhalten, charakterisiert als Interaktion affektiver Prozesse (z.B. Verlangen) und expliziter Kognitionen (z.B. Inhibitionskontrolle), sowohl bei einer substanzbezogenen Störung als auch bei suchtartigem Verhalten beeinträchtigt ist und zu einer Präferenz kurzfristiger Belohnung trotz langfristig negativer Konsequenzen führen kann. Dieses Projekt untersucht die Beziehung zwischen impliziten Kognitionen, stimulusspezifischer Inhibitionskontrolle, stimulusspezifischer Monitoringfähigkeiten und dem Entscheidungsverhalten bei Konfrontation mit suchtassoziierten Reizen bei Personen mit Computerspielstörung, Glücksspielstörung und Alkoholkonsumstörung. All diese Störungen wurden bereits im ICD-11 in die Kategorie der Störungen aufgrund von Substanzkonsum und süchtigem Verhalten aufgenommen. Es gibt außerdem zahlreiche Studien und Meta-Analysen, die die Relevanz veränderter impliziter und expliziter Kognitionen in den jeweiligen Störungsbildern untersuchten. Die meisten Studien fokussierten dabei jedoch einzelne Aspekte und weniger die Interaktion zwischen den Konstrukten. Diese Interaktionen sollen nun in diesem Projekt adressiert und zwischen den drei Störungen verglichen werden. Dabei werden vier Gruppen inkludiert: Patienten 1) mit Computerspielstörung, 2) mit Glücksspielstörung, 3) mit Alkoholkonsumstörung und 4) gesunde Kontrollprobanden. Neben den Befragungen für die Diagnostik und den experimentellen, neuropsychologischen Paradigmen werden ein Impliziter Assoziationstest, die Balance-Switching-Task, die Iowa Gambling Task mit zusätzlicher Messung der Hautleitfähigkeit verwendet. Alle Aufgaben nutzen suchtassoziierte Reize. Das Forschungsprojekt ist eng verknüpft mit RP4 zur Erfassung des Entscheidungsverhaltens unter Ambiguität bei Computerspielstörung und Pornographienutzungsstörung, RP5 zur Erfassung impliziter Kognitionen bei Störung des Kaufverhaltens und der Nutzung von sozialen Netzwerken und RP8 zur Erfassung impliziter Kognitionen bei der problematischen Nutzung sozialer Netzwerke und der Tabaknutzungsstörung.

Projektrelevante Publikationen

Czapla, M., Baeuchl, C., Simon, J. J., Richter, B., Kluge, M., Friederich, H.-C., … Loeber, S. (2017). Do alcohol-dependent patients show different neural activation during response inhibition than healthy controls in an alcohol-related fMRI go/no-go-task? Psychopharmacology, 234, 1001-1015.

Czapla, M., Simon, J. J., Richter, B., Kluge, M., Friederich, H.-C., Herpertz, S., … Loeber, S. (2016). The impact of cognitive impairment and impulsivity on relapse of alcohol-dependent patients: Implications for psychotherapeutic treatment. Addiction Biology, 21, 873-884.

Czapla, M., Simon, J. J., Friederich, H.-C., Herpertz, S. C., Zimmermann, P., & Loeber, S. (2015). Is binge drinking in young adults associated with an alcohol-specific impairment of response inhibition? European Addiction Research, 21, 105-113.

Duven, E., Müller, K. W., Beutel, M. E. & Wölfling, K. (2015). Altered reward processing in pathological computer gamers – ERP-results from a semi-natural Gaming-Design. Brain and Behavior, 5, 13-23.

Loeber, S., Croissant, B., Nakovics, H., Zimmer, A., Georgi, A., Klein, S., … Flor, H., (2007). The startle-reflex in alcohol dependent patients: Changes after cognitive-behavioral therapy and predictive validity for drinking behaviour. Psychotherapy and Psychosomatics, 76, 385- 390.

Müller, K. W., Beutel, M. E., Egloff, B., & Wölfling, K. (2014). Investigating risk factors for Internet gaming disorder: A comparison of patients with addictive gaming, pathological gamblers and healthy controls regarding the big five personality traits. European Addiction Research, 20, 129-136.

Thalemann, R., Wölfling, K. & Güsser, S. M. (2007). Specific cue-reactivity on computer game related cues in excessive gamers. Behavioral Neuroscience, 121, 614-8.

Wölfling, K., Mörsen, C. P., Duven, E., Albrecht, U., Grüsser, S. M., & Flor, H. (2011). To gamble or not to gamble: At risk for craving and relapse – learned motivated attention in pathological gambling. Biological Psychology, 87, 275-281.

Wölfling, K., Müller, K. W., & Beutel, M. E. (2011). Reliability and validity of the scale for the assessment of pathological computer-gaming (CSV-S). Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 61, 216–224.

Wölfling, K., Müller, K. W., Dreier, M., Ruckes, C., Deuster, O., Batra, A., ... & Beutel, M. E. (2019). Efficacy of short-term treatment of internet and computer game addiction: A randomized clinical trial. JAMA psychiatry, 76(10), 1018-1025.

Projekt Mitarbeitende

Projektleitung: Prof. Dr. Sabine Steins-Löber, Dr. Klaus Wölfling

Weitere Mitarbeitende: Nanne Dominick

RP8: Implizite Kognitionen, Nutzungserwartungen und Gratifikation bei einer Sozialen-Netzwerks-Nutzungsstörungen und Tabaknutzungsstörung

Soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram werden zahlreich genutzt. Mit der Aufnahme der Computerspielstörung in das ICD-11 als Störung durch süchtiges Verhalten wird auch die problematische Nutzung von sozialen Netzwerken als weitere spezifische Form der Internetnutzungsstörungen diskutiert.

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Das I-PACE (Interaction of Person-Affect-Cognition-Execution) Modell bietet einen theoretischen Rahmen zur Beschreibung zentraler Konzepte und deren Interaktion bei der Entstehung und Aufrechterhaltung süchtigen Verhaltens. Implizite Kognitionen wie implizite Assoziationen und Annäherungstendenzen, welche Kontrollmechanismen reduzieren und zielgerichtete Inhibitionsprozesse erschweren können, werden auch im I-PACE Modell als wichtig erachtet. Nutzungserwartungen verweisen auf subjektive Überlegungen hinsichtlich des Effekts einer Substanzeinnahme oder der Ausübung eines spezifischen Verhaltens. Diese Erwartungen werden implizit oder explizit erlebt und basieren auf zugrundeliegenden kognitiven Prozessen. Positives Nutzungserleben kann dabei in positive (implizite) Assoziationen sowie dem Erleben von Gratifikation und Kompensation spezifischer Bedürfnisse resultieren. Studien zeigen bereits die Relevanz von impliziten Kognitionen bei substanzbezogenen Störungen (z.B. Tabaknutzungsstörung) sowie bei Computerspielstörungen und Pornographienutzungsstörung. Befunde zur Bedeutsamkeit impliziter Kognitionen bei einer Sozialen-Netzwerks-Nutzungsstörung (SNNS) fehlen. Weitere empirische Arbeiten unterstreichen die Relevanz der Nutzungserwartungen bei einer Tabaknutzungsstörung und SNNS. Es fehlen Untersuchungen zur Interaktion mit impliziten Kogntionen und dem Erleben von Gratifikation und/oder Kompensation. Ziel dieses Projektes ist es, die Relevanz von 1) impliziten Kognitionen bei der Konfrontation mit suchtbezogenen Reizen, 2) das Erleben von Gratifikation und Kompensation bei der Nutzung sozialer Netzwerke und 3) Nutzungserwartungen bei einer SNNS und Tabaknutzungsstörung zu untersuchen. Dabei werden zum ersten Mal Personen mit einem problematischen Gebrauch von sozialen Netzwerken und Personen mit einer Tabaknutzungsstörung verglichen. Es sollen vier Gruppen untersucht werden: Personen mit 1) Störung der Nutzung sozialer Netzwerke, 2) riskanter Nutzung sozialer Netzwerke, 3) unproblematischer Nutzung und 4) Tabaknutzungsstörung. Neben der Diagnostik und den experimentellen, neuropsychologischen Aufgaben der Kernbatterie werden ein Impliziter Assoziationstest und in den darauffolgenden zwei Wochen eine Online-Anwendung zur Datenerfassung des Erlebens von Gratifikation und Kompensation im Alltag angewandt. Das Projekt hat Synergien mit RP7, welches implizite Kognitionen bei Personen mit einer Alkoholkonsumstörung, Computerspielstörung und einer Glücksspielstörung untersucht. Ebenso gibt es Synergien mit RP5, das implizite Assoziationen bei einer SNNS und einer Störung des Kaufverhaltens adressiert.

Projektrelevante Publikationen

Besser, B., Loerbroks, L., Bischof, G., Bischof, A., & Rumpf, H.-J. (2019). Performance of the DSM-5-based criteria for Internet addiction: A factor analytical examination of three samples. Journal of Behavioral Addictions, 8, 288-294.

Montag, C., Blaszkiewicz, K., Lachmann, B., Sariyska, R., Andone, I., Trendafilov, B., & Markowetz, A. (2015). Recorded behavior as a valuable resource for diagnostics in mobile phone addiction: Evidence from psychoinformatics. Behavioral Science, 5, 434-442.

Montag, C., Blaszkiewicz, K., Sariyska, R., Lachmann, B., Andone, I., Trendafilov, B., … Markowetz, A. (2015). Smartphone usage in the 21st century: Who is active on WhatsApp? BMC Research Notes, 8, 331.

Montag, C., Markowetz, A., Blaszkiewicz, K., Andone, I., Lachmann, B., Sariyska, R., ... Markett, S. (2017). Facebook usage on smartphones and gray matter volume of the nucleus accumbens. Behavioural Brain Research, 329, 221-228.

Rumpf, H.,-J., Vermulst, A. A., Bischof, A., Kastirke, N., Gurtler, D., Bischof, G., … Meyer, C. (2014). Occurence of internet addiction in a general population sample: A latent class analysis. European Addiction Research, 20, 159-166.

Wegmann, E. & Brand, M. (2016). Internet-communication disorder: It's a matter of social aspects, coping, and Internet-use expectancies. Frontiers in Psychology, 7, 1747.

Wegmann, E., & Brand, M. (2019). A narrative overview about psychosocial characteristics as risk factors of a problematic social networks use. Current Addiction Reports.

Wegmann, E., Stodt, B., & Brand, M. (2015). Addictive use of social networking sites can be explained by the interaction of Internet use expectancies, Internet literacy, and psychopathological symptoms. Journal of Behavioral Addictions, 4, 155-162.

Sevelko, K., Bischof, G., Bischof, A., Besser, B., John, U., Meyer, C., & Rumpf, H.-J. (2018). The role of self-esteem in Internet addiction within the context of comorbid mental disorders: Findings from a general population-based sample. Journal of Behavioral Addictions, 7, 976- 984.

Zadra, S., Bischof, G., Besser, B., Bischof, A., Meyer, C., John, U., & Rumpf, H.-J. (2016). The association between Internet addiction and personality disorders in a general population-based sample. Journal of Behavioral Addictions, 5, 691-699.

Projekt Mitarbeitende

Projektleitung: Prof. Dr. Christian Montag, PD Dr. Hans-Jürgen Rumpf, Dr. Elisa Wegmann

Weitere Mitarbeitende: Lasse David Schmidt