Doing Gender

Warum "doing gender"?

Wie kommt es zu der Zweiteilung der Gesellschaft in Frauen/Männer, in weibliche Räume/männliche Räume und damit auch in Normen wie sich Frauen und Männer zu verhalten haben? Angesichts der empirischen Vielfalt von Menschlichkeit und der Tatsache, dass niemandden Normen von Weiblichkeit und Männlichkeit entsprechen kann, erklärungsbedürftig.

Das Konzept des Doing Gender geht auf Candace West und Don Zimmerman zurück. Es verweist darauf, das Geschlechter verschieden sind, weil sie unterschieden werden - d.h. als verschieden betrachtet werden. Geschlecht ist ein Tun. Wie manifestiert sich das Tun? In dem wir Geschlecht

  • gekonnt wahrnehmen und zuschreiben
  • —gekonnt darstellen
  • —im Alltag stets reproduzieren (z. B. durch Klischees als Brücken)

—

Als Mitglieder der Gesellschaft möchten wir in dem Punkt kompetent sein, andere in ihrer Geschlechtlichkeit erkennen. Wir tun dies scheinbar selbstverständlich und messen andere an ihrer gekonnten oder nicht gekonnten Darstellung.

Ein Tun ist im Fluss, ein Prozess, kein Sein.

Jenseits der sex und gender - Unterscheidung

Um auf die kulturellen und sozialen Aspekte von Geschlecht zu verweisen, wird der englische Begriff gender verwendet - in Abgrenzung zum biologischen "sex". Welche Probleme diese Zweiteilung bedeutet, darauf verweist die Frage unten:

 

Um den Raum dazwischen analytisch zu präzisieren, fügen Candace West und Don Zimmerman eine dritte Kategorie hinzu, jene der sex category:

  • „sex": die Geburtsklassifikation des körperlichen Geschlechts aufgrund sozial vereinbarter biologischer Kriterien.
  • —  „sex-category": die soziale Zuordnung zu einem Geschlecht im Alltag aufgrund der sozial geforderten Darstellung einer erkennbaren Zugehörigkeit zur einen oder anderen Kategorie. Diese muss der Geburtsklassifikation nicht entsprechen.
  • —  „gender": die intersubjektive Validierung in Interaktionsprozessen durch ein situations-adäquates Verhalten und Handeln im Lichte normativer Vorgaben.

(West/Zimmermann 1987)

Was bedeutet "doing gender" konkret an einem Beispiel?

West und Zimmermann veranschaulichen ihre Differenzierung am Beispiel von Garfinkels Fallstudie „Agnes".

Agnes wuchs als Junge auf und entschied im Alter von 17 Jahren, eine weibliche Identität auszubilden, was sie einige Jahre später durch eine Operation körperlich abschloss. Das Beispiel zeigt, wie Agnes in die Dreiteilung des Doing Gender eingeordnet werden kann:

  • „sex": Aufgrund ihres biologischen Geschlechts besitzt Agnes nicht die sozial vereinbarten Kriterien, um in die Kategorie des biologisch weiblichen Geschlechts eingeordnet zu werden.
  • „sex-category": Anges ordnet sich der weiblichen sex-category zu. Dies ist möglich da die Kategorisierung keines positiven Tests des tatsächlichen biologischen Geschlechts bedarf. Durch ihre Kleidung und Styling stellt sie sicher von anderen als „normale" Frau wahrgenommen zu werden.
  • „gender": Gender zu zeigen bedeutet sich so zu verhalten, wie es für das jeweilige Geschlecht in der jeweiligen Situation als sozial und normativ angemessen gilt.

Beispiel: Für einen Mann bedeutet Doing Gender, dass er beispielweise der Frau ein schweres Paket abnimmt. Für Agnes, dass sie zulässt, dass der Mann ihr das Paket abnimmt.

West und Zimmerman betonen, dass Agnes' gender nicht durch ihr sex vorgegeben ist (dann wäre sie dem männlichen gender zuzuordnen), sondern durch soziale Interaktion (sie kleidet und verhält sich wie eine Frau) entwickelt wird. Das soziale Geschlecht ist demnach nicht einfach gegeben, sondern wird durch soziale Interaktionen konstruiert und strukturiert zugleich die Interaktionen.

Zusammenfassend: Geschlecht ist eine soziale Konstruktion. Es ist kein natürliches oder erworbenes Personenmerkmal. Ein Geschlecht hat man nicht einfach, man muss es „tun", um es zu haben. Die Geschlechtszugehörigkeit gilt demnach nicht als Ausgangspunkt für Unterschiede im Handeln, Verhalten und Erleben von Menschen (wovon bei der sex-gender-Unterscheidung ausgegangen wird). Sie ist vielmehr Ergebnis komplexer Prozesse.

Diskussion an Loriot

Anschließend wurde das Video "Die Spielwaren" dem Plenum gezeigt, wobei eine Gruppe auf den Mann und die andere Gruppe auf die Frau achten sollte. Es fiel auf, dass die Frau das Kind nach Alter, Geschlecht und Kleidung kategorisiert.

Reflexion:

Die Diskussion im Plenum ging um die Spielwaren heutzutage. Es fiel auf, dass hauptsächlich geschlechtsspezifisches Spielzeug nur noch zu kaufen gibt. Mädchen Spielzeug ist glitzernd rosa und bunt, Jungen Spielzeug hingegen neutral und hat meist was mit dem Thema "Kampf" zu tun. Im Laufe der Diskussion wurde herauskristalisiert, dass es "in Ordnung" ist, wenn Mädchen mit Jungen Spielzeug spielen wohingegen Jungen, die mit Mädchen Spielzeug spielen "diskriminiert" werden. Dies geschieht bereits schon vor Beginn des Kindergartens.

Woran liegt also dieser Unterschied, dass Jungen diskriminiert werden, Mädchen hingegen nicht?

Männertypische Gegenstände und Verhalten werden immer in unserer Gesellschaft als mächtig und toll dargestellt. Sie sind besser, als das Verhalten und Gegenstände von Frauen. Frauen gelten als SCHWACH und Männer als STARK. Aufgrund dessen kommt es unter anderem zu solchen positiven oder negativen Zuschreibungen bereits im Kleinkindalter. Bereits mit der Geburt werden den Kindern ihr dem Geschlecht entsprechendem Verhalten vorgelebt und gezeigt. Somit beginnt der Mensch bereits mit der Geburt sich dem Verhalten des "Doing Gender" anzupassen und es später an die nächste Generation weiterzugeben. Dadurch kommt es auch zu Ausgrenzungen von Menschen, die sich ihrem Geschlecht entsprechend nicht Verhalten, wie es die Gesellschaft von einem erwartet. Es handelt sich hierbei um ein immer fester werdendes Konstrukt, was sich inzwischen in beinahe allen Bereichen des Lebens und Alltags wiederspiegeln. Dies wird auch an dem Beispiel des Spielzeugs sichtbar, weil es erst seit ein paar Jahren immer geschlechtstypischer wird und immer weniger neutrales Spielzeug vorhanden ist.

Fazit: Aufgrund des Alltagswissens um die Zweigeschlechtlichkeit muss jede Person eine eindeutige Geschlechtsidentität haben!

Die Autorinnen studieren Erwachsenenbildung/Bildungsberatung an der UDE.

Die Seite ist im Rahmen des Seminars Managing Gender und Diversity in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung entstanden.