Promotionen
Nina Lohmann, M.A.
Arbeitstitel der kooperativen Promotion
„Zum Nutzen von Rap-Workshops für Jugendliche und junge Erwachsene. Eine ethnografische Nutzer*innenforschung zu einem Angebot der Sozialen Arbeit.“
Erstgutachterin: Prof.in Dr.in Nina Thieme
Zweitgutachter: Prof. Dr. Dierk Borstel (FH Dortmund)
Kontakt
FH Dortmund
Emil-Figge-Str. 38
44227 Dortmund
Telefon: 0231 91124982
E-Mail: nina.lohmann@fh-dortmund.de
Abstract
Die Soziale Arbeit steht häufig vor einem Legitimationsproblem, da ihre Angebote selten evaluiert und auf deren Nutzen hin untersucht werden. Die Arbeit mit Menschen in Problemlagen erschwert Aussagen über die Wirkungsweisen der angewandten Methoden, da die Adressat*innen bei gelungener Arbeit nicht wiederkommen. So stellen die Angebote der Sozialen Arbeit, wie Andreas Schaarschuch (vgl. u. a. 1998) herausstellt, eine Besonderheit im Dienstleistungssektor dar, da es eben nicht um langfristige Kund*innenbindung, sondern um ein möglichst kurzes Nutzen des spezifischen Angebots geht.
Wurde sich bis in die 1970er Jahre primär an den Institutionen und Professionellen des sozialen Sektors und deren Ansicht darüber, was gut für ihre Adressat*innen ist, orientiert, fand in den letzten 30 Jahren ein Paradigmenwechsel statt. Es wurde erkannt, dass Angebote nur dann angenommen und als nützlich erachtet werden, wenn sie zu den Bedürfnissen und zu der Lebenssituation ihrer Adressat*innen passen. Folgerichtig wird sich sowohl in der Forschung als auch in der Praxis zunehmend an der Lebenswelt der Adressat*innen orientiert und im Zuge dessen auch die praktische Soziale Arbeit zunehmend am Lebensort ihrer Inanspruchnehmenden angesiedelt. So entstanden beispielsweise die Quartiersarbeit und die Schulsozialarbeit, welche in den letzten Jahren stark ausgebaut wurden. Vor dem Hintergrund der Lebensweltorientierung muss die Frage gestellt werden, wie Angebote konzipiert sein müssen, damit sie einen tatsächlichen Nutzen für diejenigen haben, für die sie entwickelt werden.
Da Deutsch-Rap die aktuell beliebteste Musikrichtung bei Jugendlichen darstellt, kann sie als Teil deren Lebenswelt betrachtet werden. Zudem spielt Musik in der Lebensphase Jugend eine besondere Rolle sowohl für Identifikations- und Gruppenbildungsprozesse als auch bei der Emotionsregulierung. Von Erwachsenen wie Eltern und Lehrer*innen lösen sich Heranwach-sende ab der Pubertät zunehmend ab und wenden sich der Peergroup und Gleichgesinnten zu, um einen eigenen Lebensentwurf zu entwickeln. Der Entwicklungspsychologe Erik H. Erikson spricht bei der Persönlichkeitsentwicklung von aufeinander aufbauenden Krisen, die es zu bewältigen gilt. In der Lebensphase Jugend befinden sich die Heranwachsenden durch die körperlichen Veränderungen und die neuen individuellen sowie gesellschaftlichen Herausforderungen in der Krise, welche er „Identität versus Identitätsdiffusion“ (Erikson 1981: 96) nennt. Ins-besondere in diesem krisenhaften Prozess kann eine Unterstützung durch die Soziale Arbeit indiziert sein, beispielsweise in Form von Rap-Workshops mit dem Ziel des Empowerments. Der Fokus dieser Arbeit soll auf dem Empowerment von Mädchen in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf liegen, da diese eine relevante Zielgruppe sozialarbeiterischer Ange-bote darstellen. Die Soziale Arbeit hat den politischen Auftrag, die Schwächsten der Gesellschaft zu unterstützen, da es diesen zumeist sowohl an ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital nach Bourdieu fehlt (vgl. Bourdieu 1992: 49 f.) und sie daher von professioneller Seite bei Partizipationsprozessen unterstützt werden sollen.
In dem Großteil der Texte männlicher Mainstreamrapper unterliegen Frauen noch immer klaren Rollenbildern und so begegnen Mädchen auf der Suche nach pubertärer Orientierung überholt geglaubten Geschlechterstereotypen, die medial immer wieder neu aufgelegt werden. Die eigene Nutzung von Rap soll die Mädchen befähigen, ihre eigene Geschichte zu erzählen und sowohl für ihre Rechte als auch den eigenen Lebensentwurf einzustehen.
Das Ziel der Promotion ist es, den Nutzen sozialpädagogischer Angebote für die Adressat*innen herauszuarbeiten und dabei die Fragestellung zu beantworten, unter welchen Bedingungen Angebote stattfinden müssen, damit sie die gewünschte Nutzung erzielen. Von Interesse ist dabei sowohl welche Faktoren Aneignungsprozesse begünstigen, als auch welche diese be- oder gar verhindern. Die als Forschungsgegenstand ausgewählten Rap-Workshops für Mädchen mit dem Ziel des Empowerment stellen dabei ein Angebot mit Lebensweltbezug der Adressat*innen dar, was – so die Theorie – Aneignungsprozesse begünstigt. Anhand des ausgewählten Beispiels soll die Frage beantwortet werden, welche Angebote wie und von wem unter welchen Bedingungen angenommen werden und somit eine für die Soziale Arbeit relevante Fragestellung beantwortet werden.
Literatur
Bourdieu, P., 1992. Ökonomisches Kapital - Kulturelles Kapital - Soziales Kapital. In: P. Bourdieu, Hrsg. Die verborgenen Mechanismen der Macht. Hamburg: VSA, S. 49 - 80.
Erikson, E. H., 1981. Jugend und Krise. Stuttgart: Klett-Cotta.
Schaarschuch, A., 1998. Theoretische Grundelemente Sozialer Arbeit als Dienstleistung. Perspektiven eines sozialpädagogischen Handlungsmodus. Universität Bielefeld: Habilitationsschrift.