Geotechnik im Fakultätsschwerpunkt "Human-Centered Cyber Physical Systems" (HCPS)

Das Fachgebiet Geotechnik befasst sich mit der angewandten Mechanik von Böden und den damit verbundenen bautechnischen Konstruktionen, sieht sich aber auch in der Lage, Fragestellungen mit vergleichbaren Materialen, wie porösen oder granularen Medien zu behandeln. Es werden sowohl theoretische Grundlagen als auch Anwendungen in der Geotechnik und Geophysik behandelt, die sich auch auf vergleichbare Materialen und Systeme übertragen lassen. Zur verwendeten Methodik gehören die Auswertung mechanischer Erhaltungsätze, die Aufstellung konstitutiver Beziehungen sowie die numerische Lösung von Rand- und Anfangswertproblemen.

Die Ansätze können zum Beispiel genutzt werden zur numerischen Bestimmung von Parametern und Zuständen, zur Konzeption und Auswertung zerstörungsfreier Prüfmethoden, Aufstellung und Lösung inverser Problemstellungen sowie zur Optimierung von Systemen durch zirkuläre rechnerische Modellierungen mit Monitoring und Adaption der Systeme.

Im Fokus der Forschung steht die Formulierung von Gleichungen, die das mechanische Verhalten granularer Stoffe mit Ansätzen der Kontinuumsmechanik beschreiben und zur Formulierung von Anfangs- und Randwertproblemen verwendet werden. Dabei spielt insbesondere die Rückrechnung von Material- oder Systemparametern mit Hilfe der Formulierung Inverser Problemstellungen eine Rolle. Inverse Problemstellungen entstehen zum Beispiel aus der Frage, welche Kombination von Materialparametern (z.B. Durchlässigkeit, Steifigkeit, Festigkeit) zu einem Ergebnis führen können, das in situ gemessen wurde.

Je nach Konstellation haben inverse Problemstellungen nicht genau eine Lösung, sondern es gilt zu klären, ob überhaupt eine Lösung existiert, ob es nicht mehrere oder gar beliebig viele Lösungen gibt und ob Lösungen unempfindlich auf Störungen reagieren, also stabil sind. Das Lösen derartiger Problemstellungen besteht im Vergleichen von Messungen in situ und Berechnungen, die aufgrund zahlreicher Rechenoperationen in der Praxis nur von Computern durchgeführt werden können. Dennoch lassen sich Lösungen nicht ohne die punktuelle Entscheidung verantwortlicher Ingenieure gewinnen – der Computer übernimmt also nur die Routinearbeit und stellt somit lediglich eine Entscheidungshilfe für den Menschen dar. Häufig sind die Algorithmen zur Problemlösung qualitativ hochwertig – die Schnittstelle zum Menschen jedoch unterentwickelt.

Derzeit gehören zwei Projekte am Fachgebiet Geotechnik zum Fakultätsschwerpunkt Human-Centered Cyber Physical Systems (HCPS).

Wellenausbreitung in Böden
Wellenausbreitung in Böden

Forschungsprojekt Low-Frequency Hydrocarbon Indication in Reflection Seismic Data

In Kooperation mit der Universität Stavanger wird das Projekt „Low-Frequency Hydrocarbon Indication in Reflection Seismic Data“ bearbeitet. Ein Projekt zur Rückrechnung von Baugrundeigenschaften aus Systemverhalten (AG: straßen.NRW) mit Hilfe der Formulierung und Lösung Inverser Problemstellungen konnte erfolgreich abgeschlossen werden. Bei zukünftigen Arbeiten zu diesem Thema wird ein wichtiger Aspekt die Zusammenarbeit mit der Numerischen Mathematik sein.

Grundwasserströmung – Modellierung
Grundwasserströmung – Modellierung

Forschungsprojekt Inverse Problemstellungen zur Modellierung von Grundwasserströmungen

Auf der Basis vom FEM-Berechnungen und analytischen Lösungen für Sonderfälle wurden empirische Näherungsformeln entwickelt, mit denen Potenziale für Randwertprobleme mit umströmten Verbauwänden in ausreichender Genauigkeit gelöst werden können. Derzeit werden Inverse Problemstellungen formuliert, bei denen aus in-situ-Messwerten auf die Verteilung von Materialeigenschaften (v.a. Durchlässigkeiten oder Anisotropien) oder Geometrien (z.B. Wandeinbindung) geschlossen werden soll. Bei der Lösung von derartigen inversen Problemstellungen wird zu diskutieren sein, wie viele Messstellen erforderlich sind, wo diese Messstellen optimal liegen sollen und wie groß unvermeidliche Messungenauigkeiten sein dürfen. Es sollen dabei auch nachvollziehbare Kriterien erarbeitet werden, um zu jedem Zeitpunkt beurteilen zu können, welche Messgeber aktiv sind und plausible Ergebnisse liefern – odermöglicherweise ausgefallen oder anderweitig problembehaftet sind. Die dazu gewonnenen Algorithmen sollen in eine mit MATLAB programmierte Software umgesetzt werden.