Bauen im Bestand

Beurteilung von Bestandsbauwerken

Zur Beurteilung von Bauwerken im Bestand sind, neben der Akquisition aller relevanten Informationen über das Bauwerk (Bestandsunterlagen, Nutzungsgeschichte etc.), im Bedarfsfall gezielte individuelle Untersuchungen der Substanz erforderlich. Dies beinhaltet beispielsweise die Erfassung konstruktionsspezifischer Schwachstellen oder die zerstörende oder zerstörungsfreie Materialanalytik und Bauteilprüfung. Mittels zerstörender Methoden werden physikalische oder chemische Werkstoffeigenschaften wie z. B. Druck- und Zugfestigkeit, Elastizitätsmodul, Carbonatisierungstiefen oder Chloridbelastung bestimmt. Zerstörungsfreie Methoden eignen sich beispielsweise zur Erfassung der Rissbildung, zur Ortung von schlaffer und vorgespannter Bewehrung, zur Bestimmung der Oberflächenrauigkeit oder auch der Betondruckfestigkeit in situ mittels Rückprallhammer. Alle genannten Untersuchungsmethoden gestatten eine Momentaufnahme der Bauwerkseigenschaften, die für die Beurteilung eines Bauwerks eine hinreichende Grundlage bieten können – etwa bei Konstruktionen des üblichen Hochbaus, die im Regelfall einer quasi-statischen Beanspruchung bei gleichbleibenden klimatischen Bedingungen ausgesetzt sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, etwa bei Brückenbauwerken, ist es erforderlich, Veränderungen der Eigenschaften oder des Verhaltens einer Struktur durch den Einsatz geeigneter Sensorik zu messen. Die Akquisition solcher Messdaten, die Gewinnung von Informationen aus den Messdaten und die Bewertung der gewonnenen Erkenntnisse werden als Monitoring- oder Überwachungssystem bezeichnet.

Sämtliche für die vorgenannten Untersuchungen erforderlichen stationären und instationären experimentellen Einrichtungen und Messgeräte sind am Institut für Massivbau ebenso vorhanden wie ein modernes Monitoringsystem einschließlich eines Datenerfassungssystems mit kabelgebundenen oder drahtlosen Datenübertragungstechniken. Zur Modellbildung werden sowohl physikalische (Finite-Elemente-Modelle) als auch nichtphysikalische Modelle (Clusteranalysen, neuronale Netze, Regressionsanalysen, usw.) verwendet.

Bauwerkmessungen, speziell auch nach der DAfStb-Richtlinie "Belastungsversuche an Betonbauwerken", wurden vom Institut bisher an über 80 Bauwerken des Hoch- und Ingenieurbaus durchgeführt. Für mehrere Brückenbauwerke wurden Dauerüberwachungsmaßnahmen mittels Monitoringsystemen durchgeführt.


Literatur

Schnellenbach-Held, M., Peeters, M.: Einwirkungen und Schäden von Massivbrücken erfassen und bewerten. In: Tagungshandbuch 1. Brückenkolloquium „Beurteilung, Ertüchtigung und Instandsetzung von Brücken“, Technische Akademie Esslingen, 24. und 25. Juni 2014, Ostfildern.

Winter, G., Schnellenbach-Held, M., Gusia, P.: Ausführungsqualität von Stahlbeton- und Spannbetonbrücken an Bundesfernstraßen. Beton- und Stahlbetonbau 107, Heft 3, März 2012, S. 146-153.