Trag- und Verformungsverhalten von Beton, Stahl- und Spannbeton

Durchstanztragverhalten von Stahlbetonplatten


Das Durchstanztragverhalten punktförmig gestützter Stahlbetonplatten ist bereits seit den 1960er Jahren Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Studien. Daher stehen umfangreiche Ergebnisse experimenteller und numerischer Untersuchungen zur Verfügung, die die Grundlage für die in den Eurocodes hinterlegten Ansätze zur Bestimmung der Durchstanztragfähigkeit bilden. Diese decken die Standardfälle von Innen-, Rand- und Eckstützen an Stahlbetonplatten unter Gleichflächenlast mit hinreichender Sicherheit und Genauigkeit ab. Neue Bauweisen und Konstruktionselemente werfen jedoch immer wieder neue Fragestellungen auf, die sich mit den in den Stahlbetonnormen enthaltenen Bemessungsansätzen nicht zutreffend oder nicht exakt genug erfassen lassen. Daher ergeben sich in dem vordergründig gut untersuchten Themenfeld des Durchstanztragverhaltens von Stahlbetonplatten fortwährend neue Problemstellungen, die einer wissenschaftlichen Klärung bedürfen. Dies betrifft beispielsweise die Wirksamkeit neuartiger Bewehrungsformen, den Einfluss großer Einzellasten im Durchstanzbereich, die Interaktion zwischen punktförmig belasteten Gründungselementen und Baugrund, den Einfluss von in der Platte liegenden Leitungen aus der Haustechnik oder auch die Form und Größe der Lasteinleitungsfläche.

Am Institut für Massivbau werden derartige Fragestellungen durch numerische und experimentelle Untersuchungen beleuchtet. Hierzu steht ein spezieller Durchstanzversuchstand (max. Prüflast 2 MN) zur Verfügung, an dem das Tragverhalten rotationssymmetrisch belasteter Flachdeckenausschnitte untersucht werden kann. Hierzu werden im Versuch neben der Last die Plattenverschiebung,  die Rissentwicklung und die Rissbreiten, die Betonstauchungen an der Plattenunterseite und die Dehnungen der oberen Bewehrung messtechnisch erfasst. Ergänzt durch Videoaufzeichnungen der Rissentwicklung an der Plattenoberseite und durch Sägeschnitte nach abgeschlossenem Versuch ergibt sich auf diese Weise ein nahezu vollständiges Bild des Durchstanztragverhaltens. Dieses wird ergänzt durch physikalisch nichtlineare Simulationen, die durch einen virtuellen Blick in den Versuchskörper ein vertieftes Verständnis der bruchmechanischen Prozesse gestatten. Die heutzutage zur Verfügung stehende Software für Finite-Elemente-Simulationen erlaubt eine bestechend präzise Abbildung der Versuche in der Simulation, bei der sich üblicherweise Abweichungen zwischen Messwerten und Simulationsergebnissen im unteren einstelligen Prozentbereich zeigen.


Literatur

Welsch, T.: Zur Durchstanztragfähigkeit lochrandgestützter Platten mit kleiner Lasteinleitungsfläche. Fraunhofer IRB Verlag; Stuttgart, 2013. ISBN 978-3-8167-9002-0.

Welsch, T., Held, M.: FEM-basierte Untersuchungen zur Durchstanztragfähigkeit lochrandgestützter Platten mit kleiner Lasteinleitungsfläche. Bauingenieur 03/2013, S. 131-146.

Welsch, T.: FEM-Simulationen zur Durchstanztragfähigkeit lochrandgestützter Platten mit kleiner Lasteinleitungsfläche. In: Breitenbrücher, R. und Mark, P. (Hg.): Beiträge zur 1. DAfStb-Jahrestagung mit 54. Forschungskolloquium; 07./08.  November 2013, Ruhr-Universität Bochum.

Held, M., Mucha, R., Schnellenbach-Held, M., Welsch, T.: Auswirkungen von Material- und Elementvariationen in der numerischen Simulation am Beispiel des Anschlusspunkts Stütze – Deckenplatte. In: Massivbau im Wandel - Festschrift zum 60. Geburtstag von Josef Hegger, Lehrstuhl und Institut für Massivbau, RWTH Aachen, 2014, S. 519 - 530.