5. Keramische Herstellungsverfahren

Freeze casting

Freeze Casting, auch als Gefrierstrukturierung bezeichnet, ist ein Verfahren zur Herstellung poröser Materialien mit kontrollierter Mikrostruktur. Dabei wird eine Suspension eingefroren, wobei das Lösungsmittel (meist Wasser oder organische Flüssigkeiten) als Gerüstbildner dient. Während des Gefrierprozesses wachsen Eiskristalle und verdrängen die Feststoffpartikel in die dazwischenliegenden Bereiche. Nach dem vollständigen Einfrieren wird das Lösungsmittel durch Sublimation (Gefriertrocknung) entfernt, wodurch ein poröser „Grünkörper“ entsteht, dessen Porenstruktur die Morphologie der ursprünglichen Eiskristalle widerspiegelt. Die Porosität, Porengröße und Orientierung lassen sich gezielt durch Parameter wie Abkühlrate, Temperaturgradient und Art des Lösungsmittels steuern. Durch anschließendes Sintern erhält das Material seine mechanische Festigkeit. Freeze Casting wird vor allem in der Biomedizintechnik, der Filtration, der Energietechnik und für leichte Strukturwerkstoffe eingesetzt.  Der große Vorteil des Verfahrens liegt in der Möglichkeit, hierarchisch aufgebaute, anisotrope Porennetzwerke ohne komplexe Formen oder Additive zu erzeugen.

Ansprechpartner: Dr. Miriana Vadalà, Prof. Doru C. Lupascu

Feldunterstützte Sintermethoden

Traditionelles Sintern von Keramiken (je nach Kontext auch „Brennen“ genannt) erfolgt in den meisten Fällen bei hohen Temperaturen (>1000 °C) über lange Zeit (> 4 Stunden). Der Energieverbrauch dieses Schritts fällt damit normalerweise sehr hoch aus, wobei die meiste Energie als Wärmeenergie verwendet wird. Industriell wird nahezu immer ein fossiler Energieträger verwendet, sodass die Herstellung von Keramiken etwa 1 % der industriellen CO2 Emissionen der EU ausmacht. Global ergeben Schätzungen sogar einige Prozent des weltweiten Gesamtausstoßes.

Feldunterstützes Sintern (eng. Field Assisted Sintering) umfasst eine ganze Familie an Sintermethoden, die den Energieverbrauch drastisch reduzieren können, und primär durch (erneuerbare) Elektrizität betrieben werden. An unserem Institut forschen wir an zwei Methoden aus dieser Familie:

„Flash sintering“ ist eine Methode, die gezielt Strom durch den Probekörper führt, und diesen aus dem Inneren durch joulsche Wärme rapide erhitzt. Die Vorteile dieser Methode sind sehr hohe Heizraten von bis zu tausend Grad Celsius pro Minute, und kurze Haltezeiten:
Je nach Material kann eine einfache Keramik innerhalb von wenigen Minuten vollständig gesintert werden. Trotz ihres hohen Potentials kann die Methode bisher nur sehr einfache und kleine Geometrien verarbeiten: Ein erfolgreiches Hochskalieren ist bis dato die wichtigste offene Herausforderung der Methode.

„Ultrafast high-temperature sintering (UHS)“ ist die zweite Methode, die an unserem Institut untersucht wird und Verwendung findet: Hier wird der Strom nicht durch die Probe selbst, sondern durch eine sehr leichte Graphitfasermatte um die Probe herum geführt. Die Graphitfasermatte kann extreme Heizraten von Zehntausenden Grad Celsius pro Minute erreichen, sodass der gesamte Sinterprozess innerhalb von wenigen Sekunden durchgeführt werden kann.

Ansprechpartner: Dr. Daniil Lewin, Prof. Doru C. Lupascu